Keine Haftung für Zugausfall
AG Bonn: Keine Haftung für Zugausfall
Vorliegend buchte der Kläger für sich und seine Ehefrau, bei der Beklagten, eine Flussfahrt. Da in dem Reisepreis An-und Abreise mit der Bahn enthalten waren, wies die Beklagte daraufhin, dass sie nicht für Verspätungen oder Zugausfällen hafte. Als es bei der Anreise zu einem Zugausfall und Verspätung kam, verpasste der Kläger und seine Frau die Abreise des Schiffs. Sie erreichten dieses nur mit Mehrkosten einen Tag später. Er verlangt von Beklagten Schadensersatz.
Das Amtsgericht Bonn sprach dem Kläger keinen Anspruch auf Schadensersatz zu, da die Beklagte mehrmals darauf hingewiesen hat, dass sie nicht für Zugausfälle und Verspätungen hafte.
AG Bonn | 113 C 41/11 (Aktenzeichen) |
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AG Bonn: | AG Bonn, Urt. vom 31.08.2011 |
Rechtsweg: | AG Bonn, Urt. v. 31.08.2011, Az: 113 C 41/11 |
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Leitsätze:
2. Wenn Reisende ihre Verbindungen selbst zusammenstellen, sind sie auch selbst verantwortlich dafür rechtzeitig anzukommen.
Die Verspätung beziehungsweise der Ausfall von Zügen oder Flügen liegt außerhalb des Geschäftsbereichs der Reiseveranstalter, denn sie kann beides nicht beeinflussen.
Zusammenfassung:
3. Vorliegend buchte der Kläger bei einer Reiseveranstalterin, der Beklagten, eine Flussfahrt. In dem Reisepreis waren An- und Abreise mit der Bahn enthalten. Die Beklagte wies mehrmals daraufhin, dass nicht für die Folgen von Verspätungen oder Zugausfällen eintrete und dass das Schiff nicht auf verspätete Gäste warten könne.
Als der Kläger mit seiner Frau die Reise antrat, kam es zu einem Zugausfall und weiteren Verzögerungen. Sodann erreichten sie das Schiff erst einen Tag später und mussten dadurch Mehrkosten in Kauf nehmen. Er verlangt nun von der Beklagten Schadensersatz.
Das Amtsgericht Bonn spricht dem Kläger keinen Anspruch auf Schadensersatz zu. Ob ein Reiseveranstalter für Zugverspätungen haften muss ist zwar streitig, doch kommt es vor allem darauf an, wie ein durchschnittlicher Reisender das Angebot des Reiseveranstalters versteht. Hier hat die Beklagte mehrmals darauf hingewiesen, dass sie nicht für Verspätungen haftet. Nur so konnte der Reisende, hier der Beklagte, dies verstehen. Die Verspätung beziehungsweise der Ausfall von Zügen oder Flügen liegt außerhalb des Geschäftsbereichs der Beklagten, denn sie kann beides nicht beeinflussen, wenn die Reisenden ihre Verbindungen selbst zusammenstellen. Die Klage ist mithin unbegründet.
Tenor:
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 105 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 105 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
5. Der Kläger klagt auf Schadensersatz aus einem Reisevertrag, den er mit der Beklagten schloss. Er buchte für sich und seine Ehefrau die Reise „Schöne blaue Donau“, eine Flussfahrt, die vom 24. – 31.07.2010 dauern und 2.618,00 Euro kosten sollte.
6. In dem Reisepreis waren An- und Abreise mit der Bahn enthalten. Bei dem Fahrschein für die Bahn handelte es sich um ein sogenanntes S b G-Ticket, das ab jedem Bahnhof in Deutschland nach Q galt, wo die Schiffsreise begann. In ihrem Prospekt wies die Beklagte darauf hin, dass die Reisenden Fahrplanauskünfte und Platzreservierungen bei der Bahn erhielten und dass die Bahnanreise eine Leistung der E C AG war, deren Beförderungsbedingungen galten. Außerdem erklärte die Beklagte, sie könne nicht für die Folgen von Verspätungen oder Zugausfällen eintreten, Blatt 42 der Akte.
7. In einem weiteren Hinweis, den der Kläger und seine Ehefrau mit den Tickets erhielten, wiederholte die Beklagte diese Hinweise und fügte hinzu, das Schiff könne auf verspätet eintreffende Gäste nicht warten, Blatt 41 der Akte.
8. Der Kläger erwarb für seine Ehefrau und sich Platzkarten für 9,00 Euro.
9. Sein Reisebüro suchte die Zugverbindungen heraus. Danach sollten der Kläger und seine Ehefrau mit dem Zug um 07:10 Uhr ab H-X fahren und in F2 Hauptbahnhof umsteigen.
10. Der Zug ab 07:10 Uhr fuhr nicht; wie sich später herausstellte, war er ausgefallen. Um 07:30 Uhr fuhr ein Zug ab, in den der Kläger und seine Ehefrau in der Meinung einstiegen, es handele sich um ihren Zug, der Verspätung habe. Der fragliche Zug fuhr jedoch nach P. Von dort aus nahmen die Reisenden den nächsten Zug nach F2, wo sie ihren Anschlusszug jedoch verpassten. Es gab keine Zugverbindung mehr, die sie pünktlich nach Q gebracht hätte. Aus diesem Grund fuhren sie mit einem Taxi für 30,00 Euro zurück nach Hause und nutzten ihren Pkw, um nach Q zu gelangen. Das Schiff war schon abgefahren, als sie ankamen. Es entstanden weitere Kosten für Parken (1,20 Euro), Abendessen (37,60 Euro), Übernachtung und Frühstück (62,00 Euro), eine Woche Parken am Hotel in Q (20,00 Euro), eine Bahnfahrt von Q nach M (29,80 Euro), eine Taxifahrt vom Bahnhof Q in den Hafen wo das Schiff lag (12,00 Euro) und Benzinkosten für Hin- und Rückfahrt (262,01 Euro).
11. Diese Beträge sowie Platzreservierungskosten von 9,00 Euro verlangen die Kläger als Schadensersatz.
12. Außerdem fordern sie Schadensersatz für einen Tag der Reise, den sie verpassten (342,57 Euro).
13. Die Reise sollte in Q enden, planmäßig wäre das Schiff um 14:00 Uhr in S1 abgefahren und am nächsten Tag um 11:00 Uhr in Q angekommen. Aufgrund eines Schadens an dem Schiff endete die Reise schon in M.
14. Die Kläger fordern aus diesem Grund weiterhin eine „pauschale“ Entschädigung von 50,00 Euro pro Person.
15. Der Kläger machte mit Anwaltsschreiben vom 18.03.2010 Ansprüche unter anderem in Höhe der Klageforderung geltend, Blatt 19-23 der Akte. Die Beklagte erstattete 220,00 Euro für das Bahnticket und für die Verpflegungskosten an den ersten beiden Tagen pauschal 70,00 Euro.
16. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Beklagte für den Zugausfall einzustehen hat und ob der Kläger den Anschlusszug nach F2 erreicht hätte, wenn er sofort mit einem Pkw nach F2 gefahren wäre.
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 836,18 Euro nebst 5 Prozent Zinsen über dem Basiszins seit dem 19.09.2010 zu zahlen.
die Klage abzuweisen.
19. Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt das Gericht auf den Akteninhalt Bezug.
Entscheidungsgründe:
20. Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Zahlungsanspruch aus § 651 f Abs. 1 BGB zu.
21. Der Kläger hat zwar nicht alle vereinbarten Leistungen erhalten. Hierfür haftet die Beklagte jedoch nicht, weil die E C AG nicht ihre Erfüllungsgehilfin war.
22. Die Frage, ob Reiseveranstalter für Verspätungen beziehungsweise Ausfälle von Verkehrsmitteln einzustehen haben, wenn sie S b G-Tickets gewähren, ist streitig. Für die Haftung spricht, dass die Reisenden ihre Fahrkarten nur deshalb günstiger erhalten, weil sie sie in Verbindung mit der Reise kaufen (AG Erfurt, Urteil vom 21.08.2007, 5 C 36/07 im Falle einer Klage gegen die E C AG). Außerdem ist die Vergütung für die Fahrkarte im Gesamtreisepreis enthalten (AG Erfurt am angegebenen Ort; LG Frankfurt am Main, Urteil vom 17.12.2009, 24 S 109/09).
23. Das erkennende Gericht folgt jedoch der abweichenden Ansicht, nach der keine Haftung besteht (so im Fall von S b G-Tickets LG Hannover, Urteil vom 02.10.2009, 4 S 21/09; AG Duisburg, Urteil vom 18.03.2010, 35 C 5102/09; AG Neuwied, Urteil vom 09.10.2002, 14 C 649/02).
24. Entscheidend ist, wie ein durchschnittlicher Reisender das Angebot der Reiseveranstaltenden versteht. Es muss eindeutig klar sein, dass diese keine Haftung für Verspätungen und Ausfälle der Beförderungsmittel übernehmen, sondern insoweit lediglich Leistungen vermitteln (so auch LG Frankfurt am Main am angegebenen Ort; Führich, Reiserecht, 5. Auflage 2005, Randziffer 106), § 651 a Abs. 2 BGB.
25. Im vorliegenden Fall wies die Beklagte- anders als die Reiseveranstalterin in dem von dem AG Frankfurt entschiedenen Fall – in ihrem Katalog und nochmals mit den übersandten Tickets klar darauf hin, die Reisenden müssten selbst dafür sorgen, pünktlich da zu sein , sie stehe für Verspätungen und Ausfälle nicht ein und es handele sich um eine Leistung der E C AG.
26. Dieses Ergebnis entspricht der Billigkeit.
27. Wenn Reisende ihre Verbindungen selbst zusammenstellen, sind sie auch selbst verantwortlich dafür rechtzeitig anzukommen. Die Verspätung beziehungsweise der Ausfall von Zügen oder Flügen liegt außerhalb des Geschäftsbereichs der Beklagten, denn sie kann beides nicht beeinflussen (so AG Duisburg und Neuwied am angegebenen Ort). Die Reisenden, die ihre Anreise selbst organisieren und planen, müssen auch Verspätungen selbst einkalkulieren (AG Duisburg und Neuwied am angegebenen Ort). Für die Ausfälle eines Zuges gilt nichts anderes.
28. Umgekehrt kann der Reiseveranstalter nur dann, wenn er die Verbindungen selbst zusammenstellt, eine ausreichende Vorsorge treffen. Zum Beispiel kann er die Verbindungen so zusammenstellen, dass nach dem eingeplanten Zug beziehungsweise Flug immer noch ein Anderer vorhanden ist, mit dem die Reisenden den vorgesehenen Anschluss noch erreichen oder die Reiseveranstaltenden können planwidrige Verzögerungen vermeiden, indem sie störungsträchtige Strecken vermeiden oder weniger belastete Reisezeiten wählen.
29. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Schadensersatz aus § 651 f Abs. 2 BGB gegen die Beklagte zu, weil das Schiff auf der Rückfahrt nur bis M fuhr.
30. Der Kläger will erkennbar Ersatz wegen entgangener Urlaubsfreude geltend machen, was sich an der pauschalen Bemessung sowie daran zeigt, dass er die Ansprüche auf beide Reisenden aufgliedert. Die Höhe entspricht auch nicht dem bekannten Reisepreis mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Q nach M.
31. Ein derartiger Anspruch setzt jedoch nach dem Gesetz voraus, dass die Reise wesentlich beeinträchtigt ist. Dies ist erst ab einem Minderungsbetrag von 50 Prozent anzunehmen.
32. Diese Minderungsquote ist im vorliegenden Fall nicht erreicht.
33. Die Fahrt von S1in Richtung Q, die um 14:00 Uhr begann, fand zum Teil statt. Etwa die Hälfte der Strecke legte das Schiff zurück. Aus diesem Grund verpassten die Reisenden die Fahrt am Nachmittag und Abend des vorletzten Reisetages nicht, sondern lediglich die am Morgen des letzten Tages.
34. Eine Minderungsquote von 50 Prozent für einen Tag rechtfertigt dies nicht. Die Fahrt endete planmäßig etwa um 11:00 Uhr. Die Reisenden waren zumindest zeitweise mit ihrer Morgentoilette, dem Frühstück und Packen beschäftigt. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Reisepreis für den ersten und letzten Reisetag zu einem Tag zusammengefasst ist. Die Beklagte gibt in ihrem Katalog die Reisedauer immer einen Tag kürzer an, das heißt rechnet An- und Abreisetag als einen Tag.
35. Bei der Bemessung spielt es keine Rolle, dass der Kläger und seine Ehefrau die Strecke von M nach Q bereits auf der Hinfahrt verpasst haben. Wie ausgeführt, hatte die Beklagte dies nämlich nicht zu vertreten.
36. Der genaue Minderungsbetrag kann dahingestellt bleiben, weil der Kläger keine Minderungsansprüche geltend macht.
37. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Ziff. 11, 711 ZPO.
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