Haftung des Reiseveranstalters für Diebstahl auf einer Segelyacht
LG Frankfurt: Haftung des Reiseveranstalters für Diebstahl auf einer Segelyacht
Die Klägerin buchte beim Beklagten eine Segelyachtreise zwischen den Kapverdischen Inseln. Wärhend zwei verschiedener Aufenthalte in Häfen wurden der Klägerin Gepäckstücke aus ihrer Kabine an Bord des Schiffes gestohlen. Die Klägerin forderte vom Beklagten Schadenersatz für die entwedeten Sachen.
In erster Instanz wies das AG Frankfurt die Klage, mangels Haftung des Beklagten für die Diebstähle, zurück. Auch in der Berufung wies das LG Frankfurt die Klage zurück.
LG Frankfurt | 2-24 S 419/98 (Aktenzeichen) |
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LG Frankfurt: | LG Frankfurt, Urt. vom 19.08.1999 |
Rechtsweg: | LG Frankfurt, Urt. v. 19.08.1999, Az: 2-24 S 419/98 |
AG Frankfurt, Urt. v. 13.07.1998, Az: 29 C 1040/98-46 | |
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Leitsätze:
2.Wird ein Reisender während einer Segelyachtreise auf der Segelyacht bestohlen, haftet der Veranstalter nach Seerecht. Geschieht der Diebstahl während eines Aufenthalts in einem Hafen, haftet der Veranstalter nur, wenn der Beförderer das Gepäck übernommen hat.
Der Beförderer haftet bei Kabinengepäck, was während der Beförderung vermisst gemeldet wurde, nur bei Verschulden. Der Urlaubsreisende kann nicht erwarten, dass die Segelyacht während des Hafenaufenthalts verschlossen wird, dass eine Wache die Yacht beaufsichtigt oder dass in seiner Kabine ein verschließbarer Kleiderschrank bereitgesetellt wird.
Zusammenfassung:
3. Die Klägerin buchte bei dem beklagten Reiseveranstalter eine Pauschalreise. Gegenstand der Pauschalreise war der Flug ab und nach Frankfurt, sowie die Unterbringung auf einer Segelyacht und die damit verbundene Beförderung zwischen den Kapverdischen Inseln. Die Klägerin wurde zweimal, jedes Mal bei einem Aufenthalt in einem Hafen, bestohlen. Der Diebstahl ereignete sich an Bord der Yacht, während die Klägerin an Land war. Sie verlangt von dem Reiseveranstalter Schadenersatz für die entwendeten Sachen.
Das AG Frankfurt wies in erster Instanz die Klage zurück, da seiner Auffassung nach der Reiseveranstalter nicht für die Diebstähle im Hafen zu haften hatte. Das LG Frankfurt wies die Klage in der Berufung aus den gleichen Gründen ab.
Tenor:
4. Die Berufung der Klägerin gegen das am 13.Juli 1998 verkündete Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main, Az.: 29 C 1040/98-46, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand:
5. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe:
6. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.
7. Wie das Amtsgericht zutreffend festgestellt hat, kann die Klägerin von der Beklagten keinen Schadenersatz wegen der Diebstähle, die sich auf der Segeljacht „…“ am 12.11.1997 und am 18.11.1997 ereignet haben, verlangen.
8. Denn die Beklagte haftet der Klägerin nicht als Seebeförderer gemäß der §§ 664 ff. HGB für den erlittenen Verlust.
9. Die Klägerin hatte bei der Beklagten eine Pauschalreise, deren Gegenstand der Flug ab und an Frankfurt, sowie die Unterbringung auf dem Boot und Beförderung zwischen den Kapverdischen Inseln gem. des festgelegten Programms war gebucht. Da damit Gegenstand des Reisevertrages der Parteien auch die Seebeförderung war, haftet der Reiseveranstalter während der Seebeförderung für Körper- und Gepäckschäden zunächst nach Seerecht (Seyderhelm, Reiserecht, § 651 f. Rdnr. 27).
10. Als Seebeförderer haftet die Beklagte gem. Art. 2 der Anlage zu §§ 664 ff. HGB für Kabinengepäck im Sinne des Art. 1 Nr. 6 der Anlage zu § 664 HGB nur für Schäden während der Beförderung. Beförderung liegt hinsichtlich des Kabinengepäcks – dabei handelt es sich um das Gepäck, das der Reisende in seiner Obhut hat, insbesondere das in seiner Kabine befindliche Gepäck – aber nur dann in einem Hafen vor, wenn der Beförderer das Gepäck übernommen hat, Art. 1 Nr. 8 b der Anlage zu § 664 ff. HGB. Dies war aber bezüglich des entwendeten Gepäcks der Beklagten nicht der Fall. Unstreitig war dieses Gepäck in ihrer Kabine und damit in ihrer Obhut. Beide Diebstähle fanden statt, während das Schiff in einem Hafen lag. Dafür, dass der Beförderer das Gepäck übernommen und den Reisenden nicht wieder ausgehändigt hat, sprechen auch die Tatsachen, wie sie die Klägerin vorträgt, nicht. Damit scheitert eine Haftung der Beklagten bereits aus diesem Grund.
11. Darüber hinaus haftet der Seebeförderer bei vermisstem Kabinengepäck während der Beförderung nur bei Verschulden, Art. 2 Nr. 1 der Anlage zu § 664 HGB. Ein solches Verschulden der Beklagten ist aber, wie auch für das Amtsgericht, nicht feststellbar. Angesichts der Beschaffenheit der vertraglich vereinbarten Beförderungsleistung, nämlich die Reise auf einer Segelyacht, konnte die Beklagte nicht erwarten, dass die Segelyacht, wenn sie im Hafen lag, wie ein Gebäude für Nachtzeit „abgeschlossen“ wurde. Denn dies ist nicht üblich. Mangels ausdrücklicher Vereinbarung zu diesem Punkt kann aber nur davon ausgegangen werden, dass die Beklagte das schuldete, was üblicherweise erwartet werden kann. Ebenso konnte die Klägerin angesichts des Zuschnitts der Reise auch nicht erwarten, dass auf der Segelyacht eine Nachtwache vorhanden war. Ebenso konnte auf einer Segelyacht nicht ein abschließbarer Schrank für das normale Reisegepäck erwartet werden, da Segelyachten angesichts der naturgemäß beengten Verhältnisse nicht über Kleiderschränke im üblichen Sinne verfügen. Eine Haftung der Beklagte für die gestohlenen Gegenstände in analoger Anwendung des § 701 BGB kommt ebenfalls nicht in Betracht. Zum einen gingen auch einer solchen analogen Anwendung die Regelung des HGB’s vor; zum anderen fehlt es für die analoge Anwendung an der vergleichbaren Interessenlage.
12. Ansprüche aus reisevertraglicher Gewährleistung stehen der Klägerin ebenso nicht zu, da in diesem Fall auch nicht festgestellt werden kann, dass ein Reisemangel vorliegt, da – wie bereits dargelegt – die Beklagte nicht verpflichtet war, besondere Sicherheitsvorkehrungen für das Gepäck der Klägerin zu treffen. Da damit keine nachteilige Abweichung der Ist-Beschaffenheit von der Sollbeschaffenheit der Reise vorliegt, liegt auch ein Reisemangel nicht vor. Vielmehr stellen sich reisevertraglich die beiden Diebstähle als eine Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos, für die der Reiseveranstalter nicht haftet, dar. Da die Berufung der Klägerin damit in vollem Umfang erfolglos bleiben muss, hat sie auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.
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