Fluglotsenstreik als außergewöhnlicher Umstand

AG Rüsselsheim: Fluglotsenstreik als außergewöhnlicher Umstand

Weil sein Flug, wegen eines Fluglotsenstreiks, mehr als 3 Stunden Verspätung hatte, verlangt ein Fluggast nun eine Ausgleichszahlung von seiner Airline.

Das Amtsgericht Rüsselsheim hat die Klage abgewiesen. Das Luftfahrtunternehmen sei für die Folgen eines Fluglotsenstreiks nicht verantwortlich.

AG Rüsselsheim 3 C 305/13 (31) (Aktenzeichen)
AG Rüsselsheim: AG Rüsselsheim, Urt. vom 27.11.2013
Rechtsweg: AG Rüsselsheim, Urt. v. 27.11.2013, Az: 3 C 305/13 (31)
Fragen & Antworten zum Thema
Verwandte Urteile
Weiterführende Hinweise und Links
Hilfe und Beratung bei Fragen

Hessen-Gerichtsurteile

Amtsgericht Rüsselsheim

1. Urteil vom 27. November 2013

Aktenzeichen: 3 C 305/13 (31)

Leitsätze:

2. Ein Fluglotsenstreik begründet keinen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 261/204.

Liegt ein außergewöhnlicher Umstand vor, so haben Fluggäste keinen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung gemäß Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger buchte einen Flug von Agadir nach Frankfurt am Main. Dieser Flug wurde jedoch, entgegen der Ankündigung, nicht planmäßig durchgeführt. Grund hierfür war ein Streik der Fluglosten. Aus diesem Grund begehrt der Kläger von der Beklagten, dem Luftfahrtunternehmen, eine Ausgleichszahlung wegen der Flugverspätung gemäß Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004. Die Beklagte weigert sich der Zahlung und behauptet, dass sie in diesem Fall von der Zahlung befreit sei, da der Fluglotsenstreik einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 begründe.

Das Amtsgericht Rüsselsheim hat der Beklagten Recht zugesprochen. Bei einer Flugverzögerung von mehr als 3 Stunden stehe Fluggästen in der Regel eine Ausgleichszahlung zu. Eine Ausnahme hiervon bilde ein außergewöhnlicher Umstand gemäß Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004. Ein solcher liege vor, wenn der Grund für die Flugverspätung ein Vorkomniss war, welches außerhalb der Einflussmöglichkeiten der Airline liege.

Vorliegend streikte das Personal am Flughafen. Es lag außerhalb der Möglichkeiten der Fluggesellschaft eine Alternativlösung ohne Zeitverzögerung zu organisieren. In der Verschiebung des Fluges auf einen Ersatzflughafen, sei die einzige dem Unternehmen zumutbare Lösung zu sehen. Da die Airline diese unverzüglich eingeleitet habe, sei sie von der Haftung befreit.

Tenor:

4. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

5. Von der Ausführung des Tatbestandes wird gem. § 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

6. Die Klage ist unbegründet.

7. Der Kläger hat gegen die Beklagte wegen der nicht planmäßigen Durchführung einer Flugreise vom 28.02.2012 (Flug …) von Agadir nach Frankfurt/M. keinen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung gem. Artikel 7 Abs. 1b der Verordnung (EG) Nr. 261/2004.

8. Die vom erkennenden Gericht durchgeführte Beweisaufnahme hat ergeben, dass die Beklagte sich zu Recht auf außergewöhnliche Umstände wegen der nicht planmäßigen Durchführung des streitgegenständlichen Fluges berufen hat. Diese Umstände führen zu einer Leistungsfreiheit gemäß Artikel 5 Abs. 3 der vorgenannten Verordnung.

9. Die Vernehmung des Flugdienstberaters, des Zeugen F., hat ergeben, dass für den Zeitraum vom 26.02. bis 01.03.2012 Streikmaßnahmen der Gewerkschaft der Flugsicherung angekündigt waren, die auch die Abwicklung des Flugverkehrs auf dem Flughafen Frankfurt/M. beinträchtigen könnten. Betroffen waren insoweit die Dienste der Vorfeldkontrolle und der Vorfeldaufsicht. Die Streikmaßnahmen erfolgten auch. Der Flugverkehr war beeinträchtigt.

10. Streikmaßnahmen von Mitarbeitern eines Flughafens sind als außergewöhnliche Umstände im Sinne von Artikel 5 Abs. 3 der Verordnung einzustufen. Die insoweit von der Beklagten auf Bitten des Flughafenbetreibers getroffene Maßnahme, den Flug auf einen anderen Flughafen umzuleiten, der von Streikmaßnahmen nicht betroffen ist, ist daher gerechtfertigt. Die hierdurch entstehende verspätete Ankunft am Zielort müssen die Fluggäste hinnehmen.

11. Die Klage war daher aus vorstehenden Gründen mit der Kostenfolge gem. § 91 ZPO abzuweisen.

12. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gem. §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Fragen zu diesem Urteil? Diskutiere in unserem Forum.

Fragen & Antworten zum Thema

Fragen & Antworten zum Thema: AG Rüsselsheim: Fluglotsenstreik als außergewöhnlicher Umstand

Verwandte Entscheidungen

AG Bremen, Urt. v. 04.08.2011, Az: 9 C 135/11
AG Köln, Urt. v. 25.10.2010, Az: 142 C 153/10
AG Düsseldorf, Urt. v. 22.06.2011, Az: 25 C 10228/10

Berichte und Besprechungen

Focus: Kein Anspruch auf Entschädigung bei Streik
Focus: Wird bei Flugverspätungen entschädigt?
Sueddeutsche Zeitung: Flugverspätung: Welche Rechte Passagiere haben
Forum Fluggastrechte: Keine Ausgleichszahlung bei Fluglotsenstreik
Passagierrechte.org: Airlines haften nicht für Verspätungen wegen Streiks

Rechtsanwälte für Reiserecht

Hilfe bei rechtlichen Fragen: Rechtsanwälte für Reiserecht oder Rechtsanwälte für Fluggastrechte.