Minderung des Reisepreises wegen Kakerlaken

AG Kleve: Minderung des Reisepreises wegen Kakerlaken

Ein Urlauber verlangt von seinem Reiseveranstalter eine nachträgliche Preisminderung, weil in seinem Hotelzimmer zunehmend Kakerlaken auftauchten.

Das Amtsgericht Kleve hat dem Kläger Recht zugesprochen. In einem erhöhten Schädlingsaufkommen sei ein Reisemangel im Sinne von §651c BGB zu sehen, der zu einem Anspruch auf Preisminderung berechtige.

AG Kleve 36 C 65/01 (Aktenzeichen)
AG Kleve: AG Kleve, Urt. vom 19.10.2001
Rechtsweg: AG Kleve, Urt. v. 19.10.2001, Az: 36 C 65/01
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Amtsgericht Kleve

1. Urteil vom 19. Oktober 2001

Aktenzeichen: 36 C 65/01

Leitsatz:

2. Erhöhtes Ungezieferaufkommen stellt Reisemangel im Sinne von §651c BGB dar.

Zusammenfassung:

3. Ein Reisender buchte bei einem privaten Veranstalter einen Hotelurlaub. Im Hotel angekommen musste er feststellen, dass im Zimmer vermehrt Ungeziefer auftauchte. Selbst nach mehrmaliger Reklamation war es dem Hotelier nicht möglich, das Kakerlaken-Aufkommen zu reduzieren.

In der Folge verlangt er von dem Reiseveranstalter eine nachträgliche Minderung des Reisepreises. Dieser weigert sich der Zahlung. Kakerlaken seien in der Urlaubsregion keine Besonderheit und würden keinen Mangel begründen.

Das Amtsgericht Kleve hat dem Kläger Recht zugesprochen. Nach §651c BGB sei eine Reise mangelhaft, wenn sie mit einem Fehler behaftet ist, der ihren Wert oder ihre Tauglichkeit mindert.
In tropischen Urlaubsregionen sei das Aufkommen von Ungeziefer in einem gewissen Maße nicht zu verhindern. Die von dem Kläger gerügte Anzahl an Kakerlaken übersteige diesen Wert jedoch erheblich.

Bei einem Aufkommen von mehr als 10 Kakerlaken am Tag sei der Wohlfühlfaktor des Hotelzimmers erheblich gemindert. Diese Minderung gelte es im Rahmen einer Preisreduzierung zu berücksichtigen.

Tenor:

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 322,30 DM nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über den Basiszinssatz seit dem 30.03.2001 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 75 % und die Beklagte 25 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

5. Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 313 a ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

6. Die Klage ist teilweise begründet.

7. Die Beklagte hat an die Klägerin 322,30 DM zu zahlen, da die in der Zeit vom 10.08. bis 24.08.2000 nach Ägypten in das Zielgebiet Hurghada in die Hotelanlage der gehobenen Mittelklasse L B durchgeführte Urlaubsreise durch das übermäßige Auftreten von Kakerlaken in der zugewiesenen Unterkunft in ihrem Wert gemindert war.

8. Das Vorhandensein von täglich mindestens 10 Kakerlaken im Hotelzimmer überschritt das hinzunehmende Maß und führte zu einer Minderung des Reisepreises (3.223,00 DM) um 10 %. Dass dieser Mangel vorgelegen hat, steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest. Denn der Zeuge H. hat die entsprechende Behauptung der Klägerin in seiner schriftlichen Aussage bestätigt. Bei der Bemessung der Minderung war nach Maßgabe des § 472 BGB das Verhältnis entscheidend, in welchem der Wert der Reise im mangelfreien Zustand zum wirklichen Wert gestanden hat. Dabei ist der Wert sämtlicher von dem Reiseveranstalter erbrachten Leistungen in Betracht zu ziehen. Unter Berücksichtigung der unbeanstandet gebliebenen Leistungen der Beklagten (Verpflegung, Hotelausstattung, Sport- und Fitnessangebot, Unterhaltungsprogramm usw.) war der oben genannte Minderungsbetrag zuzusprechen, § 287 Abs. 2 ZPO.

9. Eine weitergehende Minderung kam dagegen nicht in Betracht, §§ 651 d, 651 c BGB.

10. Die von den Angaben in der Reisebestätigung abweichende Flugzeit am Anreisetag stellte keinen Reisemangel dar. Denn die ursprünglich mitgeteilten Flugzeiten sind nicht Vertragsbestandteil geworden. In der Reisebestätigung hat die Beklagte die mitgeteilten Flugdaten ausdrücklich als unverbindlich bezeichnet. Eine Einstandspflicht für deren Einhaltung wollte sie hiermit erkennbar nicht übernehmen. Erst mit der Übersendung der Flugscheine wurde die von der Beklagten versprochene Gattungsschuld Charterflug gemäß § 243 Abs. 2 BGB konkretisiert und in den Vertragsumfang aufgenommen. Unstreitig wurde der Hinflug nach dieser Maßgabe auch durchgeführt.

11. Die von der Klägerin beanstandete Fluglärmbelästigung war ebenfalls nicht als Reisefehler anzusehen. Gemäß § 651 c Abs. 1 letzter Halbsatz BGB müssen Reisefehler wert- oder tauglichkeitsmindernd sein. Daher ist nicht jede negative Abweichung als Reisemangel aufzufassen. Geringe Unzulänglichkeiten und Unannehmlichkeiten hat der Reisende entschädigungslos hinzunehmen. Zur Annahme des Vorliegens eines Reisefehlers muss der Reisende daher ausreichende Tatsachenbehauptungen vortragen, die es dem Gericht ermöglichen festzustellen, ob aufgrund der dargelegten Störung bereits ein Fehler der Reiseleistung vorlag oder ob lediglich eine Reiseunannehmlichkeit bestand, welche entschädigungslos hinzunehmen ist. Gemessen hieran war das Vorbringen der Klägerin zum Fluglärm nicht genügend. Ihre Behauptung, die Hotelanlage habe in einer Einflugschneise gelegen, so dass sie ständig Fluglärm habe ertragen müssen, hat sie nicht hinreichend konkretisiert. Es fehlt an näheren Angaben zur Dauer, Häufigkeit und Intensität dieser Beeinträchtigung. Die insoweit bestehenden Zweifel, ob der Flugbetrieb das erträgliche Maß überschritten hat, gehen aber zu Lasten der darlegungspflichtigen Klägerin.

12. Die gleichen grundsätzlichen Erwägungen gelten auch für ihre Beanstandungen zur Beschaffenheit des Strandes. Ausweislich der Katalogbeschreibung der Beklagten (Sonnenziele, Sommer 2000, S. 206 f.) sollte die Hotelanlage direkt am schönen, flach abfallenden, hoteleigenen Sandstrand gelegen sein. Die Beklagte hat eine feinsandige Beschaffenheit nicht zugesichert, so dass die Klägerin hiermit auch nicht rechnen konnte. Soweit sie hingegen behauptet, es habe sich um einen Steinstrand gehandelt, bei dem der größte Teil aus Kieselsteinen bestand, ist dieses Vorbringen mangels ausreichender Beschreibung der örtlichen Gegebenheiten nicht eindeutig nachzuvollziehen. So wird ein Strand, der auch Kieselsteine aufweist, was insbesondere an der Wasserkante nicht ungewöhnlich ist, noch als Sandstrand zu bezeichnen sein, wenn die Gesamtbeschaffenheit des Strandes überwiegend aus Sand besteht. Ob auch diese Anforderungen vorliegend nicht erfüllt waren, hat die Klägerin aber nicht näher dargelegt.

13. Schließlich war die Reiseleistung der Beklagten auch nicht deshalb objektiv fehlerhaft, weil die Klägerin ihr Zimmer am Abreisetag bereits um 12:00 Uhr verlassen musste, obwohl die Abflugzeit erst auf 22:15 Uhr angesetzt war. Die Räumung der Hotelunterkunft zur Mittagszeit des Abreisetages ist international üblich und muss vom Reisenden hingenommen werden. Dem Reisenden wird regelmäßig die Möglichkeit gegeben, sein Reisegepäck diebstahlsicher bei der Hotelrezeption abzugeben und die restliche Zeit bis zum Abflug in der Hotelanlage oder am Urlaubsort zu verbringen.

14. Der Zinsanspruch der Klägerin resultiert aus §§ 284 Abs. 1 S. 2, 288 Abs. 1 S. 1 BGB.

15. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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