Ausweichappartement schlechterer Kategorie ist Reisemangel
AG Bielefeld: Ausweichappartement schlechterer Kategorie ist Reisemangel
Eine Reisende wurde statt in dem gebuchten Apartment für 2 Tage der Reise in einem Bungalow untergebracht und reiste daher vorzeitig ab. Der Vater konnte die Minderungsansprüche geltend machen, die sich jedoch nur auf die betroffenen Tage bezogen, zur Kündigung war die Tochter nicht berechtigt gewesen, da es an der Erheblichkeit der Beeinträchtigungen fehlte.
AG Bielefeld | 42 C 1027/99 (Aktenzeichen) |
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AG Bielefeld: | AG Bielefeld, Urt. vom 30.11.2000 |
Rechtsweg: | AG Bielefeld, Urt. v. 30.11.2000, Az: 42 C 1027/99 |
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Leitsatz:
2. Ein Ausweichapartment in einer schlechteren Kategorie stellt einen Reisemangel dar.
Zusammenfassung
3. Der Kläger buchte bei der beklagten Reiseveranstalterin eine Reise mit Unterbringung in einem Apartment für seine Tochter. Am Urlaubsort angekommen wurde sie für 2 Tage nicht in dem vorgesehenen Apartment, sondern einem Holzbungalow untergebracht. Der Waschraum war verschmutzt und musste mit einer anderen Urlauberin geteilt werden. Daraufhin ist die Tochter des Klägers vorzeitig abgereist und er verlangte von der Reiseveranstalterin die Reisepreisminderung um 100%.
Das Gericht stellte zunächst fest, dass der Kläger als Vater der Reisenden und Vertragspartner der Beklagten aktivlegitimiert war. Es hielt die Klage für teilweise begründet und sprach dem Kläger für die beiden betroffenen Tage eine Reisepreisminderung um 100% zu. Nach Ansicht des Gerichts handelte es sich um das Ausweichapartment in einer schlechteren Kategorie um einen nicht unwesentlichen Reisemangel, der eine vollständige Reisepreisminderung rechtfertigt. Jedoch war damit der gesamte Reisepreis nicht um die erforderlichen 50% gemindet, die eine erhebliche Beeinträchtigung begründet und die Tochter zur vorzeitigen Kündigung berechtigt hätten. Daher bestanden keine weiteren Minderungsansprüche.
Tenor:
4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 209,14 DM (i.W.: zweihundertneun 14/100 Deutsche Mark) nebst 4 % Zinsen seit dem 19.08.1999 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger 87,5 % und die Beklagte 12,5 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
5. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe:
6. Die zulässige Klage ist in Höhe von 209,14 DM begründet.
7. Im übrigen ist sie unbegründet.
8. Die Kläger haben gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 209,14 DM aus § 651 d BGB.
9. Die Kläger sind berechtigt, die Reisemängel im eigenen Namen geltend zu machen. Der Kläger hat die Reise für seine minderjährige Tochter gebucht und ist damit Vertragspartner der Beklagten geworden. In Rechtsprechung und Literatur ist es anerkannt, daß bei Familienreisen das anmeldende Familienmitglied für die gesamte Familie Vertragspartner wird und auch etwaige Mängelgewährleistungsansprüche für die gesamte Familie geltend machen kann. Dies gilt auch bei der hier vorliegenden Fallkonstellation, da eine Vertretung seiner minderjährigen Tochter durch Namensnennung jedenfalls nicht deutlich offengelegt wurde.
10. Die gebuchte Reise war mangelhaft, da am 10. und 11.07.1999 die gebuchte Unterkunft, nämlich ein 2-Personen-Appartement, nicht zur Verfügung stand. Die Tochter der Kläger mußten hingegen während dieser beiden Tage in einem Holzbungalow untergebracht werden, welches eine Kategorie unter dem gebuchten 2-Personen-Appartement liegt. Dies steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest und war im wesentlichen zwischen den Parteien unstreitig. Aufgrund der Nichtzurverfügungstellung der geschuldeten Unterkunft an diesen beiden Tagen ist der Kläger berechtigt, den Reisepreis für diese beiden Tage voll zu mindern. Entscheidend hierfür ist, daß die Holzbungalows nicht über separate Sanitäreinrichtungen verfügten, die allein von der Tochter des Klägers genutzt werden konnten. Die Tochter des Klägers war vielmehr darauf angewiesen, die für die übrigen Reiseteilnehmer allgemein zur Verfügung stehenden Toiletten und Waschräume zu benutzen, die sich jedoch aufgrund der Vielzahl von Benutzern in einem äußerst schlechten Zustand befanden. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht insoweit zur Überzeugung des Gerichts fest, daß die Toiletten und Waschräume verschmutzt und dreckig waren und deshalb der Zwang zur Benutzung dieser Einrichtungen eine deutliche Minderung des Reisewertes an den beiden ersten Tagen darstellt. Nach Überzeugung des Gerichts berechtigt allein dieser Zwang zur Minderung des Reisepreises an diesen beiden Tagen zu 100 %. Es obliegt insoweit der freien Entscheidung eines Reisenden, ob er lieber für sich persönlich separate Sanitäreinrichtungen nutzen möchte oder aber die für die Allgemeinheit zur Verfügung stehenden Sanitäreinrichtungen nutzen will. Für diese beiden ersten Tage ergibt sich daher ein Minderungsbetrag in Höhe von 209,14 DM. Die von den Klägern für ihre Tochter gebuchte 14-tägige Reise kostete 1.464,00 DM, so daß auf einen Aufenthaltstag ein Betrag von 104,57 DM entfällt. Aufgrund der vorstehend genannten Mängel konnten die Kläger mithin den auf die beiden ersten Tage entfallenden Reisepreis in Höhe von 209,14 DM mindern. Die Geltendmachung von Minderungsansprüchen wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Kläger vorliegend Schadensersatz wegen ganz erheblicher Reisemängel geltend gemacht hat, da in der Geltendmachung von Minderungsansprüchen ein Minus gegenüber dem Schadensersatzanspruch liegt.
11. Ein weitergehender Anspruch der Kläger auf Rückzahlung des Reisepreises sowie auf Erstattung der zusätzlichen Kosten für die Umbuchung und die Taxifahrt zum Flughafen in Höhe von 210,00 DM besteht nicht. Die Kläger haben nämlich gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Schadensersatz aus § 651 f BGB, da seine Tochter nicht berechtigt war, die Reise vorzeitig abzubrechen. Ein Reisender ist nur dann zum vorzeitigen Abbruch der Reise berechtigt, wenn die von ihm gerügten Reisemängel zu einer Minderung von mindestens 50 % führen würden und der Reisende nach Rüge dieser Mängel dem Reiseveranstalter Gelegenheit zur Behebung der gerügten Mängel gibt. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, daß die Tochter der Kläger jedenfalls während des zweiten Anreisetages das vertraglich geschuldete 2-Personen-Appartement hätte beziehen können. Der Zeuge … bekundete insoweit glaubhaft, daß man sich nach Rüge durch die Tochter der Kläger darum bemüht habe, eine vertragsgemäß geschuldete Unterkunft zur Verfügung zu stellen. Infolge Umorganisation sei es sodann auch möglich gewesen, sämtlichen sechs Personen der Reisegruppe jedenfalls zumindest ein 2-Personen-Appartement oder auch einen Steinbungalow aus der höheren Kategorie zur Verfügung zu stellen. Dies wurde im wesentlichen auch durch die vernommenen Zeuginnen … bestätigt. Beide Zeuginnen bekundeten, daß der Chef-Teamer Herr … vor Ort wohl eine entsprechende Zusage gemacht habe, sie dieser jedoch aufgrund der Gesamtumstände keine besondere Bedeutung beigemessen hätten. Da der Tochter der Kläger jedenfalls während des Laufes des zweiten Tages eine vertragsgemäß geschuldete Unterbringung zur Verfügung gestellt worden wäre, hätte diese zunächst wahrgenommen werden müssen, auch wenn aufgrund der einschränkenden Äußerung des Herrn … zunächst nur von einer übergangsweisen Unterbringung bis zum Freitag nächster Woche die Rede war. Es wäre der Tochter der Kläger insoweit jedoch zuzumuten gewesen, die weitere Entwicklung der Dinge abzuwarten. Dies entspricht der Verpflichtung eines jeden Reiseteilnehmers, um so dem Reiseveranstalter eine ausreichende Gelegenheit zur Behebung von gerügten Mängeln zu geben. Insoweit spricht eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, daß auch nach Ablauf der Woche eine vertragsgerechte Unterbringung der sechsköpfigen Reisegruppe, zu der auch die Tochter des Klägers gehörte, sichergestellt worden wäre, da bereits nach einem Tag eine entsprechende Unterbringung durch Umorganisation zur Verfügung gestellt werden konnte. Zudem ist insoweit zu berücksichtigen, daß der Zeuge … angab, daß jeweils ein 2-Personen-Appartement und ein Steinbungalow im Rahmen der Vorplanung nie vollständig belegt werden würde, da die genaue Zusammensetzung der Reisegruppe nicht von vornherein bekannt sei.
12. Weitere Mängel der Reise wären nach Behebung des Unterbringungsmangels nicht vorhanden gewesen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme haben die Kläger nämlich nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen, daß die angebotene Verpflegung mangelhaft war. Der Zeuge … bekundete insoweit glaubhaft, daß es wechselnde Speisen in einwandfreier Qualität gegeben hätte. Die Zeugen … konnten zur Beschaffenheit der Verpflegung nach ihrer Abreise am Mittag des 11.07.1999 keine Angaben machen. Allein aus der Einnahme von insgesamt drei Mahlzeiten, wobei jede Verpflegungsart nur einmal eingenommen wurde, kann nicht der Schluß gezogen werden, daß die Verpflegung auch in der Folgezeit nicht der vertraglich geschuldeten Qualität entsprochen hätte. Darüber hinaus war auch während der drei Mahlzeiten, die die Tochter der Kläger eingenommen hat, die Verpflegung vertragsgemäß. Insoweit sind die Zeugenaussagen nämlich nicht geeignet, Mängel auch für diesen Tag nachzuweisen, da die Bekundungen der Zeugen insoweit wenig detailliert waren und sich vielmehr auf einen äußeren, allgemein gewonnenen Eindruck gestützt haben, der sicherlich aufgrund der Probleme mit der Unterbringung negativ geprägt war.
13. Da ab dem zweiten Tag keine erheblichen Reisemängel vorlagen, war die Tochter der Kläger auch nicht zum vorzeitigen Abbruch berechtigt. Ein Schadensersatzanspruch aus § 651 f BGB kommt mithin nicht in Betracht.
14. Der Zinsanspruch folgt als Verzugsschaden aus §§ 286, 288 ZPO.
15. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
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