Werbung für Pauschalreise als LAST-MINUTE-REISE
BGH: Werbung für Pauschalreise als LAST-MINUTE-REISE
Ein Verbaucherschutzverein nimmt die Beklagte ein Reisebüro auf Unterlassung der Werbeanzeigen mit dem Aufdruck „Last Minute“ in Anspruch. Zwischen der Buchung der Reise und dem Reiseantritt liegt mehr als 14 Tage, dadurch kann der Verbraucher der dies von so einem Angebot erwarte in die Irre geführt werden.
Das Landgericht entsprach der Klage und wies die Beklagte daraufhin dies in Zukunft unter Androhung einer Strafe zu unterlassen. Das BGH schloss sich dem Urteil an.
BGH | I ZR 149/97 (Aktenzeichen) |
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BGH: | BGH, Urt. vom 17.06.1999 |
Rechtsweg: | BGH, Urt. v. 17.06.1999, Az: I ZR 149/97 |
OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.05.1997, Az: 2 U 93/96 | |
LG Düsseldorf, Urt. v. 12.06.1996, Az: 12 O 447/95 | |
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Leitsatz:
2. Wirbt ein Unternehmen mit dem Angebot „Last Minute“, so darf zwischen der Buchung und dem Reiseantritt nicht mehr als 14 Tage sein.
Zusammenfassung:
3. Im vorliegenden Fall wirbt der Beklagte Reisen mit „Last-Minute-“ Angebote, obwohl zwischen dem Tag des Erscheinens der Werbung und dem Reisebeginn mehr als 14 Kalendertage liegen. Die Beklagte wirbt mit ihren Angeboten in Katalogen, Prospekten und Anzeigen. Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Verbraucher durch diese Formulierung in die Irre geführt werde. Der Verbraucher erwarte einen kurzfristigen Reiseantritt und nicht eine längere Wartezeit von mehr als 14 Tage bis zum Reisebeginn. Die Beklagte hält dagegen die Kriterien um mit dem Schriftzug „Last Minute“ zu werben als erfüllt an. Die dort beworbenen Reisen seien gegenüber „normalen“ Reisen zu günstigeren Preisen angeboten wurden. Das eine Reise, welche so angeboten wird auch innerhalb von 14 Tagen los geht sei nicht erforderlich. Vielmehr ist es oftmals so, dass eine Vorlaufzeit von 3 – 4 Wochen sei.
Die Klägerin nimmt die Beklagte sowie deren Geschäftsführer auf Unterlassung in Anspruch. Das Landgericht entschied, dass die Beklagte nicht mehr mit der Anzeigenart „Last Minute “ werben darf, wenn mehr als 14 Tage zwischen der Buchung und dem Reiseverlauf liegen. Die Beklagte legte daraufhin Berufung ein.
Der Bundesgerichtshof schloss sich dem Urteil des Landgerichtes an und wies die Beruf des Beklagten ab.
Tenor:
4. Der I. Zivilsenat des BGHes hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. Juni 1999 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die Richter Prof. Dr. Mees, Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck und Pokrant für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des OLGs Düsseldorf vom 22. Mai 1997 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand:
5. Die Parteien sind Wettbewerber bei der Vermittlung von „Last-Minute-Reisen“.
6. Die Klägerin nimmt die Beklagte sowie deren Geschäftsführer auf Unterlassung in Anspruch, Reisen als „Last-Minute-“ Angebote zu bewerben, wenn zwischen dem Tag des Erscheinens der Werbung und dem Reisebeginn mehr als 14 Kalendertage liegen.
7. Die Beklagte wirbt für ihr Angebot mit Katalogen, Prospekten und zentral organisierten Anzeigenkampagnen. Am 10. September 1995 warb sie in der „B.“ bundesweit mit einer halbseitigen Anzeige, die die blickfangartig herausgestellte Überschrift „LAST-MINUTE“ trug. In dieser Anzeige kündigte die Beklagte unter anderem Reisen nach Mallorca, Fuerteventura und Kreta an, deren Abreisetermine zwischen dem 12.September und 09.Oktober 1995 lagen.
8. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte führe den Verkehr irre, wenn sie Reisen mehr als 14 Tage vor ihrem Beginn als „Last-Minute-Reisen“ bewerbe. Sie hat vorgetragen, ein erheblicher Teil des Publikums nehme an, die Zeitspanne zwischen der erstmaligen Bewerbung einer konkreten Reise unter der Bezeichnung „Last-Minute“ und dem Reisebeginn betrage keinesfalls mehr als 14 Kalendertage. Gerade die Bezeichnung von Reisen mit „Last-Minute“ sei geeignet, auch solche Interessenten zu einer näheren Befassung mit dem Angebot der Beklagten zu veranlassen, die – beispielsweise, weil sie ganz kurzfristig anzutretende Reisen suchten – diesem Angebot ohne den Hinweis „Last-Minute“ keine Beachtung geschenkt hätten.
9. Die Beklagten sind dem entgegengetreten und haben geltend gemacht, wesentliches Kriterium einer „Last-Minute-Reise“ sei nach der Verkehrsauffassung der Umstand, daß sie gegenüber „normalen“ Reisen zu günstigeren Preisen angeboten werde. Zwar nehme der Verkehr auch an, eine derartige Reise finde in nicht all zu langer Zeit nach ihrer erstmaligen Bewerbung statt; dieser Zeitraum könne nach dem Verkehrsverständnis aber ohne weiteres mehr als zwei, beispielsweise vier oder fünf Wochen betragen. Eine größere Zahl von Reisevermittlern biete „Last-Minute-Reisen“ dementsprechend auch mit Vorlaufzeiten von mehr als 14 Tagen an. Die von der Klägerin angenommene 14-tägige Begrenzung beruhe auf Willkür.
10. Das LG hat die Beklagten antragsgemäß unter Androhung gesetzlicher Ordnungsmittel verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Urlaubsreisen unter der Bezeichnung „Last-Minute-Reisen“ anzubieten, wenn zwischen dem Zeitpunkt erstmaliger Bewerbung einer konkreten Reise und deren Abreisetermin mehr als 14 Kalendertage liegen.
11. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.
12. Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgen die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
13. Das Berufungsgericht hat in der beanstandeten Werbung einen Wettbewerbsverstoß der Beklagten nach §3 UWG erblickt und zur Begründung ausgeführt:
14. Die Klägerin sei als unmittelbar Verletzte zur klageweisen Geltendmachung des Unterlassungsanspruches befugt. Mit dem Angebot von Reisen unter der Bezeichnung „Last-Minute“, bei denen zwischen der erstmaligen Bewerbung und dem Reisebeginn mehr als 14 Kalendertage lägen, führe die Beklagte den Verkehr irre und verstoße damit gegen §3 UWG. Ein nicht unerheblicher Teil des Publikums verstehe unter einer „Last-Minute-Reise“ eine solche, die erst kurze Zeit vor ihrem Antritt gebucht werden könne und deshalb besonders preisgünstig sei. Nach dem Verständnis eines wesentlichen Teils des Verkehrs betrage die Zeitspanne zwischen der erstmaligen Bewerbung einer „Last-Minute-Reise“ und dem Reisebeginn keinesfalls mehr als 14 Kalendertage. Dies könne das Berufungsgericht aus eigener Kenntnis beurteilen, weil seine Mitglieder zu den mit der Werbung für „Last-Minute-Reisen“ angesprochenen Verkehrskreisen gehörten. Für die Richtigkeit des angenommenen Verkehrsverständnisses spreche auch das von der Klägerin vorgelegte private Meinungsforschungsgutachten der I. mbH vom Oktober 1996, das keine methodischen Fehler erkennen lasse. Danach hätten nicht nur 42% der etwa 2.000 befragten Personen angenommen, eine „Last-Minute-Reise“ sei besonders preisgünstig, sondern insgesamt 63% der Befragten hätten auch angegeben, ihrer Ansicht nach sei der Zeitraum zwischen der erstmaligen Werbung und dem Reisebeginn keinesfalls länger als etwa zwei Wochen; nach Ansicht von 46% der Befragten betrage dieser Zeitraum sogar nur maximal etwa eine Woche bis zu zehn Tagen.
15. Umstände, aus denen sich ein anderes Verkehrsverständnis ergeben könnte, hätten die Beklagten nicht vorgetragen. Allein die Tatsache, daß es außer der Beklagten noch andere Anbieter gebe, die Reisen mit einer längeren Vorlaufzeit als 14 Kalendertage als „Last-Minute-Reisen“ anböten, rechtfertige nicht die Annahme, der Verkehr sehe auch Reisen mit einer Vorlaufzeit von mehr als 14 Kalendertagen noch als „Last-Minute-Reisen“ an.
16. Die festgestellte Irreführung sei wettbewerblich relevant, weil jedenfalls ein Teil derjenigen, die „Last-Minute-Reisen“ wegen des unmittelbar bevorstehenden „Verfalldatums“ für besonders preisgünstig hielten und die kurzfristig eine Reise antreten wollten, sich mit dem Angebot von Reisen, die erst länger als zwei Wochen nach ihrer Bewerbung anzutreten seien, ohne die Bezeichnung „Last-Minute“ gar nicht erst befassen würde.
18. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
19. Die Revision rügt mit Recht, daß die Feststellung des vom Berufungsgericht zugrunde gelegten Verkehrsverständnisses hinsichtlich des Begriffs „Last-Minute-Reisen“ verfahrensfehlerhaft erfolgt ist.
20. Das Berufungsgericht ist ohne Beweiserhebung zu der Annahme gelangt, ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs gehe bei einer als „Last-Minute“-Angebot beworbenen Reise davon aus, daß zwischen dem Erscheinen der Werbung und dem Reisebeginn keinesfalls eine längere Zeitspanne als 14 Kalendertage liege. Es hat sich hierbei auf seine eigene Sachkunde gestützt, da die Mitglieder des Berufungsgerichts zu den mit der Werbung für „Last-Minute-Reisen“ angesprochenen Verkehrskreisen gehörten.
21. Die Beurteilung der Verkehrsauffassung aus eigener Sachkunde des Gerichts setzt außer der – hier gegebenen – Zugehörigkeit der Richter zum angesprochenen Verkehrskreis und dem – hier ebenfalls bestehenden – Bezug der Angabe auf Gegenstände des allgemeinen Bedarfs auch voraus, daß es sich bei dem in der Werbung verwendeten Begriff um einen solchen handelt, dessen Verständnis in einem bestimmten Sinn einfach und naheliegend ist, und daß keine Gründe vorliegen, die Zweifel an dem vom Gericht angenommenen Verkehrsverständnis wecken können. Die letztgenannten zusätzlichen Voraussetzungen sind entgegen der Annahme des Berufungsgerichts im Streitfall nicht erfüllt.
22. Das Berufungsgericht hat nicht genügend berücksichtigt, daß die hier in Rede stehende Vorstellung des Verkehrs hinsichtlich der Zeitspanne, die bei einer als „Last-Minute“-Angebot beworbenen Reise zwischen dem Erscheinen der Werbung und dem Reisebeginn liegt, nicht einfach festzustellen ist und daß Umstände vorliegen, die Zweifel an dem angenommenen Verkehrsverständnis aufkommen lassen.
23. Die Revision weist mit Recht darauf hin, daß gegen die Annahme eines einfachen und naheliegenden Verständnisses des in Rede stehenden Begriffes bereits der Umstand spricht, daß seine wortlautgetreue Interpretation unzutreffend wäre. Hiervon ist ersichtlich auch das Berufungsgericht ausgegangen. Denn nach seiner Auffassung weiß der Verkehr aufgrund der ihm häufig begegnenden Werbung für „Last-Minute-Reisen“ mittlerweile, daß zwischen der erstmaligen Werbung für eine derartige Reise und dem Reisebeginn durchaus einige Tage oder auch mehr liegen können, wobei diese Zeitspanne je nach der Art der Reise, ihrem Ziel und ihrer Dauer durchaus unterschiedlich lang sein kann. Dem letzten Aspekt, der nach der Lebenserfahrung gerade dagegen spricht, daß der Verkehr bei „Last-Minute-Reisen“ von einer festen Vorlaufzeit ausgeht, hätte das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung besondere Bedeutung beimessen müssen.
24. Es kommt hinzu, daß die Beklagte unter Beweisantritt vorgetragen hat, es sei branchenüblich, auch für „Last-Minute-Reisen“ mehr als 14 Kalendertage vor Reisebeginn zu werben. Der Zeitraum zwischen erstmaliger Bewerbung einer „Last-Minute-Reise“ und Reisebeginn erstrecke sich von wenigen Tagen bis zu vier oder gar fünf Wochen. Zur Stützung ihres Vortrags hat die Beklagte diverse „Last-Minute-Angebote“ vorgelegt, bei denen die Zeitspanne zwischen dem erstmaligen Erscheinen der Werbung und dem Reisebeginn mehr als 14 Kalendertage beträgt. Ferner hat sie für ihre Behauptung Zeugen- und Sachverständigenbeweis angeboten.
25. Das Berufungsgericht hätte das Vorbringen der Beklagten zur Branchenüblichkeit berücksichtigen müssen, da sich die von der Beklagten behauptete Übung innerhalb der Reisebranche – wie die Revision zutreffend geltend macht – ebenfalls auf das Verkehrsverständnis in der Weise ausgewirkt haben kann, daß der Verkehr keinen festen Buchungszeitraum bei den in Rede stehenden Reisen erwartet. Denn der Verkehr orientiert sich nach der Lebenserfahrung vor allem daran, was ihm in der Branche begegnet. Im Hinblick auf das von der Beklagten behauptete Anbieterverhalten erscheint es daher nicht fernliegend, daß der Verkehr zwar eine kurze, aber keine feste Vorlaufzeit erwartet, weil sich das Verkehrsverständnis dem Marktverhalten der Anbieter angepaßt hat.
26. Zur Frage, ob die von der Beklagten behauptete Branchenüblichkeit tatsächlich besteht, bedarf es beim gegenwärtigen Sach- und Streitstand nicht zwingend der Einholung eines Meinungsforschungsgutachtens. Denn schon die Auswertung des von den Beklagten überreichten Anlagenkonvolutes in Verbindung mit der beantragten Zeugenvernehmung und/ oder die Einholung einer Auskunft z. B. der Industrie- und Handelskammer könnte genügen, um hinreichende Rückschlüsse für die Feststellung des Verkehrsverständnisses zu gewinnen.
27. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist das von der Klägerin vorgelegte private Meinungsforschungsgutachten nicht geeignet, das festgestellte Verkehrsverständnis von dem Begriff „Last-Minute-Reise“ zu stützen.
28. Das Berufungsgericht sieht die von ihm aufgrund eigener Sachkunde festgestellte Verkehrsauffassung vor allem durch die Antworten auf Frage 5 des Privatgutachtens bestätigt, die folgenden Wortlaut hat: „Was glauben Sie: Welcher Zeitraum liegt zwischen der erstmaligen Werbung für eine ‚Last-Minute-Reise‘ und derem tatsächlichen Reisebeginn?“ Hierauf haben 4% der Befragten geantwortet „wenige Stunden“, 3% „ein Tag“, 16% „wenige Tage“, 23% „ca. eine Woche“, 17% „ca. zwei Wochen“, 6% „ca. drei Wochen“, 10% „ca. ein Monat“ und 5% „längerer Zeitraum als fünf Wochen“; 3% der Befragten haben keinen exakten Zeitraum genannt, 15% haben keine Angaben gemacht. Das Berufungsgericht hat daraus geschlossen, 63% der befragten Personen hätten angegeben, nach ihrer Ansicht sei der Zeitraum zwischen der erstmaligen Werbung für eine „Last-Minute-Reise“ und dem Reisebeginn keinesfalls länger als zwei Wochen. Dem kann nicht beigetreten werden, da bereits die Fragestellung ungeeignet erscheint.
29. Die Revision weist mit Recht darauf hin, daß die Antworten auf die Frage 5 des Privatgutachtens für die hier maßgebliche Feststellung des Verkehrsverständnisses hinsichtlich des Begriffes „Last-Minute-Reise“ keine tragfähige Grundlage bieten, weil nicht danach gefragt war, welcher Zeitraum nach Ansicht der Befragten höchstens zwischen der erstmaligen Werbung für eine „Last-Minute-Reise“ und deren tatsächlichem Beginn liegt. Den Antworten kann deshalb auch nicht eine von den Befragten angenommene Höchstdauer dieser Zeitspanne entnommen werden. Es ist denkbar, daß jemand, der gemeint hat, der Zeitraum zwischen Ankündigung und Antritt einer „Last-Minute-Reise“ betrage etwa zwei Wochen, auf die Frage nach der Höchstdauer dieser Zeitspanne einen längeren Zeitraum genannt hätte. Es kommt hinzu – worauf die Revision ebenfalls zutreffend hinweist -, daß das von der Klägerin vorgelegte Privatgutachten darunter leidet, daß es hinsichtlich der Art der Reise, ihrem Ziel und ihrer Dauer keinerlei Differenzierung vornimmt, was nach der Lebenserfahrung aber gerade von erheblicher Bedeutung für die Feststellung des hier maßgeblichen Verkehrsverständnisses ist.
30. Auf der Grundlage der weiter zu treffenden Feststellungen wird das Berufungsgericht die Relevanz einer möglicherweise gegebenen Irreführung neu zu prüfen und dabei insbesondere folgendes zu berücksichtigen haben:
31. Eine irreführende Angabe ist nur dann wettbewerbsrechtlich relevant, wenn sie in dem Punkt und in dem Umfang, in dem sie von der Wahrheit abweicht, bei ungezwungener Sichtweise geeignet ist, die Kaufentscheidung des Publikums wesentlich zu beeinflussen. Danach ist eine Werbeaussage grundsätzlich nur dann wettbewerbswidrig, wenn es nach der Lebenserfahrung naheliegt, daß die erzeugte Fehlvorstellung für die Kaufentscheidung eines nicht unbeachtlichen Teils des Verkehrs von maßgeblicher Bedeutung ist. Denn Aufgabe des Wettbewerbsrechts ist es nicht, den Verbraucher vor jedweder Fehlvorstellung zu schützen. Das Verbot der irreführenden Werbung gemäß § 3 UWG dient vielmehr allein der Wahrung schützenswerter Interessen, sei es des Verbrauchers, sei es des Mitbewerbers.
32. Sollte das Berufungsgericht erneut zu der Feststellung gelangen, daß nicht unbeachtliche Teile des angesprochenen Verkehrs die Vorstellung haben, bei einer „Last-Minute-Reise“ betrage die Höchstzeitdauer zwischen erstmaliger Bewerbung des Angebots und Reiseantritt zwei Wochen, so wird es zu prüfen haben, inwieweit der Zeitfaktor, der entgegen der Auffassung der Revision nicht völlig ohne Bedeutung ist, geeignet ist, die Kaufentscheidung des Publikums zu beeinflussen.
33. Dabei wird zu berücksichtigen sein, daß durch die Überschrift „Last-Minute“ insbesondere diejenigen angelockt werden, die in der Lage sind, eine Reise kurzfristig zu buchen. Sie versprechen sich von einem derartigen Reiseangebot besondere Vorteile. Insofern enthält der Begriff „Last-Minute-Reise“ mehrere Aussagen. Er vermittelt beim angesprochenen Verkehr nicht nur den Eindruck einer gewissen Kurzfristigkeit – worauf das Berufungsgericht maßgeblich abgestellt hat -, sondern ruft – unstreitig – auch die Vorstellung einer besonderen Preisgünstigkeit des Angebots hervor, und zwar vor allem aufgrund der Annahme einer kurzfristigen Verwertung eines Restkontingents an Urlaubsreisen. In diesem wesentlichen Punkt der Preisgünstigkeit des Angebots wird das angesprochene Publikum nicht getäuscht. Denn mangels gegenteiligen Vorbringens der Klägerin ist zugunsten der Beklagten davon auszugehen, daß es sich bei den von ihr als „Last-Minute-Reise“ beworbenen Angeboten tatsächlich um besonders preisgünstige Reisen handelt, die aus sonst nicht absetzbaren Restkontingenten stammen. Die besondere Preiswürdigkeit eines Angebots stellt für den Angesprochenen im allgemeinen einen Vorteil dar. Dagegen erweist sich – wie die Revision zu Recht vorbringt – eine kurze Zeitspanne zwischen der Buchung einer Reise und deren Beginn für den Verbraucher in der Regel eher als Nachteil. Es erscheint nach der Lebenserfahrung daher nicht fernliegend, daß sich der angesprochene Verbraucher in erster Linie aufgrund der zutreffenden Angabe zur Preisgünstigkeit mit dem „Last-Minute“ -Angebot der Beklagten befaßt, weil er sich davon besondere Vorteile verspricht. Ein nach § 3 UWG verbotenes Anlocken durch irreführende Angaben liegt aber nur dann vor, wenn der Kunde gerade mittels der unrichtigen Angabe veranlaßt wird, sich mit dem Angebot des Werbenden näher zu befassen.
34. Bei der erneuten Entscheidung wird das Berufungsgericht – wenn es darauf ankommen sollte – auch zu prüfen haben, ob der nicht auf die konkrete Verletzungsform beschränkte Antrag – wie die Revision rügt – zu weit geht. Es ist zwar anerkannt, daß bei einem wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsantrag und dementsprechend bei der Verurteilung im Interesse eines hinreichenden Rechtsschutzes gewisse Verallgemeinerungen gestattet sind, sofern auch in dieser Form das Charakteristische der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck kommt. Ein Unterlassungsantrag wird jedoch (teilweise) unbegründet, wenn er durch eine zu weite Verallgemeinerung über den bestehenden Anspruch hinausgeht, insbesondere wenn er auch Handlungen einbezieht, die nicht wettbewerbswidrig sind. Vorliegend käme eine antragsgemäße Verurteilung nur dann in Betracht, wenn der angesprochene Verkehr bei „Last-Minute-Reisen“ jeglicher Art, also unabhängig von deren Ziel und Dauer, zwischen der Ankündigung und dem Antritt der Reise eine Zeitspanne von jedenfalls höchstens 14 Kalendertagen erwartete. Davon kann nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Denn von einem uneingeschränkten Verbot würden beispielsweise auch Angebote für „Last-Minute-Reisen“ nach weit entfernten Reisezielen, wie Afrika, Südamerika oder Fernost erfaßt. Es liegt auf der Hand, daß eine Vorlaufzeit von lediglich zwei Wochen für derartige Fernreisen allein schon wegen der Beschaffung von notwendigen Reisedokumenten oder der Vornahme von erforderlichen Impfungen im allgemeinen nicht ausreichend sein wird und daß der Verkehr dies auch weiß.
35. Danach war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
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