Ausfall beworbener Anlandungen wegen verringerter Schiffsgeschwindigkeit

LG Bremen: Ausfall beworbener Anlandungen wegen verringerter Schiffsgeschwindigkeit

Die Klägerin ist ein Touristikunternehmen, die Beklagte betreibt Kreuzfahrten. Die Klägerin macht abgetretene Ansprüche ihrer Kunden geltend wegen einer Grönlandkreuzfahrt. Bei dieser wurden einige Programmpunkte nicht erfüllt, andere früher oder später als vorgesehen. Einige Kunden verließen daraufhin das Kreuzfahrtschiff in Rejkavik und organisierten ihre eigene Rückreise. Die Klägerin verlangt für sie Minderung und Schadensersatz. Eine Minderung von 40 % des Reisepreises wurde im Vorfeld bereits ausgezahlt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Mängel der Reise überschritten nicht die abgegoltenen 40 %. Daher bestünden keine weiteren Ansprüche. Insbesondere sei auch der Reiseabbruch nicht gerechtfertigt gewesen.

LG Bremen 7 O 1674/08 (Aktenzeichen)
LG Bremen: LG Bremen, Urt. vom 28.01.2010
Rechtsweg: LG Bremen, Urt. v. 28.01.2010, Az: 7 O 1674/08
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Landgericht Bremen

1. Urteil vom 28. Januar 2010

Aktenzeichen 7 O 1674/08

Leitsatz:

2. Bei einer Kreuzfahrt mit geringfügigen Programmabweichungen und leichter Fahrtgeschwindigkeitsverringerung ist ein eigenständiger Reiseabbruch nicht gerechtfertigt.

Zusammenfassung:

3.Die Klägerin ist ein Touristikunternehmen, die Beklagte betreibt Kreuzfahrten. Die Klägerin macht abgetretene Ansprüche ihrer Kunden wegen einer Grönlandkreuzfahrt geltend. Bei dieser wurden einige Programmpunkte nicht erfüllt, andere früher oder später als vorgesehen. Insbesondere wurden einige Orte nicht angefahren und ein Kreuzen in einer Bucht durch bloße Ein- und Ausfahrt ersetzt. Zudem wurde eine geringere Fahrtgeschwindigkeit wegen schlechtem Bunkeröl angekündigt. Einige Kunden verließen daraufhin das Kreuzfahrtschiff in Rejkavik und organisierten ihre eigene Rückreise. Die Klägerin verlangt für sie Minderung und Schadensersatz, sowohl für die Rückreisekosten als auch für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit. Eine Minderung von 40 % des Reisepreises wurde im Vorfeld bereits durch die Versicherung der Beklagten ausgezahlt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Mängel der Reise überschritten nicht die abgegoltenen 40 %. Daher bestünden keine weiteren Minderungsansprüche. Zudem sei auch der Reiseabbruch nicht gerechtfertigt gewesen, sodass die Rückreisekosten nicht erstattungsfähig seien. Für einen Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit sei die nötige Mängelquote von 50 % nicht erreicht.

Tenor:

4. Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe der beizutreibenden Kosten zuzüglich eines Aufschlages von 10% vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

5. Die Klägerin macht Minderungs- und Schadenersatzansprüche aus abgetretenem Recht von Reiseteilnehmern einer Kreuzfahrt geltend. Die Klägerin ist ein Touristikunternehmen, die Beklagte ein Pauschalreiseveranstalter für Fluss -und Seekreuzfahrten.

6. Die streitgegenständlichen Ansprüche resultieren aus der von der Beklagten durchgeführten Grönlandkreuzfahrt in der Zeit vom 3. – 16. 8. 2007 auf der MS VISTAMAR, die die Beklagte in ihrem Prospekt (Anlage K 3, Bl. 84 d. A.) und die Klägerin in ihrer Reisebeschreibung (Anlage K 4, Bl. 85 d. A.) beworben haben. Die Klägerin hat sich die Ansprüche ihrer Kunden abtreten lassen; wegen der Einzelheiten der Abtretungsvereinbarungen wird auf die Anlage K 2 verwiesen (Bl. 22 – 83 d. A.). Wegen der Höhe der einzelnen Ansprüche wird auf die tabellarische Übersicht der Klägerin Bezug genommen, (Anlage K 1, Bl. 18 d. A.).

7. Die Klägerin hat für die Reiseteilnehmer eine Minderung von 80% des gezahlten Reisepreises geltend gemacht, die von der Haftpflichtversicherung der Beklagten außergerichtlich in Höhe von 40% reguliert worden ist. Neben den weiteren 40% Minderung macht die Klägerin Kosten geltend, die einzelnen Reisenden durch Kündigung und Abbruch der Reise entstanden sind, nachdem 54 Reiseteilnehmer insgesamt, davon 7 Kunden der Klägerin, die MS VISTAMAR in Reykjavik, Island, verlassen haben. Anlass dafür war, dass sich herausgestellt hatte, dass wegen verringerter Geschwindigkeit des Schiffes die nachfolgenden Besichtigungsprogrammpunkte nicht eingehalten werden konnten, sondern das Schiff direkt nach Kiel fahren sollte, wo es schließlich nicht – wie angekündigt – um 8.00 Uhr morgens am 16.8. 2007 ankam, sondern abends um 22.00 Uhr.

8. Unstreitig kam es auf der Kreuzfahrt zu Abweichungen von der ursprünglichen Reisplanung (Anlage K4, dort Bl. 87, 87 R d. A.), streitig sind die Gründe, die dazu führten sowie deren Bewertung als Reisemangel.

9. Für den 4.8.2007 war vorgesehen das Kreuzen in der Diskobucht, wozu es unstreitig nicht gekommen ist. Vielmehr fuhr die MS VISTAMAR am 4.8.2007 gegen 10.30 Uhr in die Bucht hinein, landete gegen 17.30 Uhr am Ende der Bucht in der Stadt Jakobshaven, die bis 22 Uhr besichtigt werden konnte, und verließ die Bucht gegen 23.00 Uhr.

10. Der Ort Holsteinborg wurde nicht, wie vorgesehen, am 6.8.2007, sondern bereits am 5.8.2007 erreicht, so dass die nächste Ortschaft, Godthab (Nuuk), am 6.8.2007 planwidrig zu früh angefahren wurde. Das hatte zur Folge, dass das Schiff erst morgens gegen 9.00 Uhr in den dortigen Hafen einlaufen konnte und der geplante Landgang erst am 7.8. ab 13.30 Uhr statt finden konnte, so dass in der Zwischenzeit keinerlei Programm gab. Die angekündigte Besichtigung des Nationalmuseums fand ohne Begleitung eines örtlichen Reiseführers statt.

11. Außerdem musste auch der für den 8.8.2007 vorgesehene Landgang in Julianehab ausfallen, wobei sich bereits in der Reisebeschreibung der Hinweis findet, dass dieser Ort wegen der zahlreichen Eisberge nicht immer leicht zu erreichen ist.

12. Die vorgesehene Passage am 9.8.2007 um Kap Farvel änderte sich dahingehend, dass die MS VISTAMAR den Christian Sund durchfuhr, was die Beklagte mit Sicherheitsgründen erklärte.

13. Bei der Weiterfahrt kam es bei der Route, die nach Verlassen der Hauptstadt Reykjavik vorgesehen war, zu Verzögerungen, die die Beklagte mit einem Informationsschreiben vom 10.8.2007 an ihre Gäste mit schlechtem, in Godthab aufgenommenen Bunkeröl erklärte (Anlage K 7, Bl. 93 d. A.).

14. Die Klägerin behauptet, dass der Beklagten von Anfang der Kreuzfahrt an die Mängel des Schiffes im Hinblick auf die Laufleistung der Schiffsmotoren bekannt gewesen seien. So seien einzelne Passagiere schon in Godthab, also am 6.8.2007, darüber informiert worden, dass die Orkney-Inseln am 14.8.2007 nicht angelaufen werden könnten, also bereits vor der angeblichen Ölaufnahme am 10.7.2007.

15. Streitig ist zudem, ob am 3.8.2007 die Abfahrt von Sondre Stromfjord um 3 Stunden zu spät erfolgte.

16. Die Klägerin beantragt,

1.

17. die Beklagte zu verurteilen, an sie EUR 153.271,59 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Diskontsatz ab dem 30.10.2008 zu zahlen,

2.

18. die Beklagte zu verurteilen, an sie zur Abgeltung von Schadensersatzansprüchen gemäß § 651 f Abs. 2 BGB der in der Anlage K 1 zur Klageschrift aufgeführten Reisenden von der Grönland-Kreuzfahrt 3.- 16.8.2007 mit der MS VISTAMAR einen Betrag zu zahlen, welcher vom Gericht gemäß § 287 ZPO zu schätzen ist und in das Ermessen des Gerichts gestellt wird,

3.

19. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.011,55 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 30.10.2008 zu zahlen.

20. Die Beklagte beantragt,

21. die Klage abzuweisen.

22. Sie bestreitet, dass die Klägerin bei der Organisation der streitgegenständlichen Kreuzfahrt lediglich als Reisvermittlerin tätig geworden sei sowie ihre eigene Position als Reiseveranstalterin im Verhältnis zu den einzelnen Reisekunden der Klägerin. Die vorgelegten Abtretungsvereinbarungen berechtigten die Klägerin nicht, Zahlung an sich zu verlangen. Im Übrigen seien die einzelnen Minderungsbeträge, die im Übrigen der Höhe nach nicht angemessen seien, von der Klägerin nicht rechtzeitig geltend gemacht und nicht nachvollziehbar dargelegt worden.

23. Die Beklagte bestreitet ferner, dass die Programmabweichungen jeweils einen Mangel der Reise begründet hätten. Ursächlich dafür seien die Witterungsbedingungen gewesen, die unter Berücksichtigung von Sicherheitsgründen zu einzelnen Änderungen oder Verzögerungen der Fahrt geführt hätten. Wegen des in Godthab aufgenommenen Bunkeröls sei die Filteranlage der Antriebsmaschinen verschmutzt worden, wodurch diese nicht mehr ordnungsgemäß funktioniert hätte und die MS VISTAMAR mit geringerer Leistungsfähigkeit habe weiterfahren müssen, ohne dass die Manövrierfähigkeit oder Sicherheit des Schiffes dadurch beeinträchtigt gewesen sei.

24. Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

25. Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht weder ein Minderungs- noch ein Schadenersatzanspruch gegenüber der Beklagten gemäß den §§ 651 d Abs. 1654 Abs. 4 S. 2, 651 f Abs. 2 BGB zu. Denn die von der Versicherung geleistete Zahlung an die von der Klägerin vertretenen Reisenden in Höhe von 40% des jeweils gezahlten Reisepreises decken die durch die Routenänderungen bedingten Reisemängel in vollem Umfang ab.

1.

26. Aufgrund der von der Klägerin vorgelegten Abtretungen ist sie berechtigt, Minderungs- und Schadensersatzansprüche für die von ihr vertretenen Reiseteilnehmer zu verlangen, auch wenn sie zutreffend Zahlung unmittelbar an diese hätte verlangen müssen.

27. Es kann letztlich offen bleiben, ob die Beklagte als Reiseveranstalterin anzusehen ist, wofür allerdings bereits deswegen vieles spricht, weil ihre Haftpflichtversicherung in einem erheblichen Umfang Ansprüche der Reisenden bereits reguliert hat. Reiseveranstalter ist derjenige, der eine Gesamtleistung in eigener Verantwortung organisiert, anbietet und erbringt, dabei kommt es auf die Sicht des Kunden an (Palandt/Sprau, 68. Aufl. Einf. v. § 651 Rz. 4). Der Umstand, dass die Klägerin noch Herrn Dr. Dahlke für Vorträge und Meditationsübungen zusätzlich engagiert hat, ändert nichts daran, dass Schwerpunkt der Reise die Grönlandkreuzfahrt war und aus der Sicht eines durchschnittlichen Kunden das Gesamtpaket der Reise von der Beklagten verantwortet wurde, wenn auch nur für den aufmerksamen Kunden bei genauer Lektüre der Routenbeschreibung der Hinweis auf die Veranstalterfunktion der Beklagten erkennbar war (kritisch OLG Frankfurt in der RRa 2009, 28; vgl. auch LG Frankfurt, Urteil vom 30.10.2008, Fundstelle juris; wonach ein deutlicher Hinweis erforderlich ist).

2.

28. Zwar hat die Klägerin mit Schreiben vom 31.8.2007 innerhalb der Monatsfrist nach Beendigung der Reise am 16.8.2007 die Ansprüche der Reisenden geltend gemacht, § 651 g Abs. 1 S. 1 BGB; ein Minderungsanspruch der Reiseteilnehmer in Höhe (weiterer) 40% des Reisepreises gemäß § 651 d Abs. 1 BGB kommt jedoch nicht in Betracht.

29. Die von der Klägerin bei der Beklagten gebuchte Grönland-Kreuzfahrt war mangelhaft im Sinne des § 651 c Abs. 1 BGB, weil einzelne, in der Reisebeschreibung der Beklagten angekündigte Programmpunkte unstreitig nicht oder nicht wie beschrieben durchgeführt worden sind. Sämtliche von der Klägerin vorgetragenen Punkte als richtig unterstellt rechtfertigen indes keine Minderung des Reisepreises, der über die bereits unstreitig regulierten 40% hinausgeht.

30. Zu berücksichtigen ist, dass die 14-tägige Kreuzfahrt im wesentlichen entsprechend den angekündigten Programmpunkten und Besichtigungen durchgeführt worden ist. Auch wenn man den Reisenden zubilligt, dass ein Kreuzen in der Diskobucht möglicherweise mehr Eindrücke von den dortigen Eisbergen ermöglicht hätte als das Hinein- und wieder Herausfahren aus der Bucht, ist darin keine wesentliche Reiseeinbuße zu sehen, ebenso wenig wie die Änderung der Route durch das Durchqueren des Christian Sund statt über das Kap Farvel. Die ausgefallenen Landgänge in Julianehab, den Faroer Inseln und den Orkney Inseln begründen Minderungsansprüche der Reisenden ebenso wie die Fahrtverzögerungen und die dadurch bedingten verkürzten Aufenthalte in Godthab und Reykjavik.

31. Der Umstand, dass den Reisenden am 10.8.2007 mitgeteilt worden ist, dass das Schiff durch schmutzversetztes Bunderkeröl nur noch mit verringerter Geschwindigkeit die Fahrt würde fortsetzen können, rechtfertigt für sich genommen keine weitere Minderung des Reisepreises. Es mag sein, dass einzelne Reisende sich verunsichert fühlten, begründeter Anlass für Zweifel an der Manövrierfähigkeit des Schiffes war jedoch bei objektiver Betrachtung eines besonnenen Reiseteilnehmers nicht gerechtfertigt, so dass auch aus diesem Gesichtspunkt keine weitere Minderung über 40% des Reisepreises hinausgehend in Betracht kommt. Letztlich wäre es den Reiseteilnehmern bei Ankunft in Reykjavik zuzumuten gewesen, das Erscheinen der von dem Reiseleiter der Klägerin informierten isländischen Coast Guard abzuwarten. Nachdem diese Untersuchung keine Sicherheitsbedenken ergeben hatte, bestand keinerlei Veranlassung, die Reise nicht mehr fortzusetzen.

3.

32. Ein Schadenersatzanspruch gemäß § 651f Abs. 4 S. 2 BGB für die Rückreise- und Unterbringungskosten, die 7 Reiseteilnehmern in Höhe von insgesamt 11.588,99 EUR durch den Abbruch der Kreuzfahrt in Reykjavik entstanden sind, ist nicht gegeben.

33. Voraussetzung für einen derartigen Anspruch ist, dass die Reisenden berechtigterweise die Reise nach § 651 e Abs. 1 BGB gekündigt haben, was dann der Fall wäre, wenn die Reiseleistung erheblich beeinträchtigt war. Das ist nach einer Gesamtwürdigung aller Umstände, dem Vergleich von Ausschreibung und tatsächlicher Reiseleistung nach Art und Dauer der Beeinträchtigung aus der Sicht eines normalen Durchschnittsreisenden nach objektiven Maßstäben zu beurteilen. Insbesondere ist die Zumutbarkeit der Fortsetzung der Reise zu berücksichtigen (Palandt/Sprau § 651 e Rz. 2 m. w. Nachw.).

34. Die Gesamtwürdigung der Situation auf der MS VISTAMAR in Reykjavik rechtfertigt eine Kündigung der Reise aus der Sicht eines verständigen Reisenden nicht. Zu berücksichtigen ist, dass zu diesem Zeitpunkt die Reise im wesentlichen Kerngeschehen regelrecht verlaufen ist, von geringfügigen Zeitverzögerungen und Routenänderungen, die durch eine verringerte Geschwindigkeit des Schiffes bedingt waren, abgesehen. Als die Reisenden in Reykjavik das Schiff verließen, standen als Programmpunkte für den 12.8. und den 15.8.2007 Erholungstage auf See und für den 13.8. und 14.8.2007 jeweils Landgänge verbunden mit Besichtigungen an. Der Umstand, dass diese Punkte ausgefallen sind und das Schiff mit geringerer Geschwindigkeit nach Kiel fahren sollte, fällt nicht so schwer ins Gewicht, dass er von einem durchschnittlichen Reiseteilnehmer nicht hätte in Kauf genommen werden können, zumal der Erholungscharakter der Fahrt insgesamt nicht beeinträchtigt war und der Ausfall von Besichtigungen zu Minderungsansprüchen führte.

35. Auch die Ereignisse in Reykjavik, die von den Parteien unterschiedlich dargestellt werden, rechtfertigen eine Kündigung der Reise nicht. Selbst wenn das von der Klägerin beschriebene Szenarium im Hafen von Reykjavik mit Einsatz der Coast Guard zutrifft, was eine Verunsicherung bei den Passagieren im Hinblick auf die Weiterfahrt verständlich erscheinen lässt, ist deswegen eine Kündigung der Reise nicht gerechtfertigt. Denn die Reisenden haben nach dem Vortrag der Klägerin noch nicht mal die Überprüfung der Sicherheitsbedingungen durch die Coast Guard abgewartet, sondern bereits zuvor das Schiff verlassen, allein vor dem Hintergrund ihres Informationsstandes aus dem Schreiben der Beklagten vom 10.8.2007. Der Inhalt dieses Schreibens ist bei objektiver Würdigung nicht geeignet, bei einem verständigen und alle Umstände abwägenden, besonnenen Reisenden einen sofortigen Abbruch der Reise als verständlich erscheinen zu lassen.

4.

36. Schließlich kommt ein Anspruch der Reisenden wegen vertaner Urlaubszeit gemäß § 651 f Abs. 2 BGB, den die Klägerin in Höhe von 73.500,- EUR als angemessen ansieht, nicht in Betracht.

37. Voraussetzung für einen solchen Anspruch ist neben dem Vorliegen eines Mangels, der Mangelanzeige bzw. deren Entbehrlichkeit sowie dem vermuteten Vertretenmüssen des Veranstalters eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise, oder gar eine Vereitlung oder Nutzlosigkeit, (vgl. Palandt/Sprau, a. a. O. § 651 Rz. 5 ff).

38. Nach der Rechtsprechung des OLG Köln, der sich die Kammer anschließt, kann eine für den Anspruch erforderliche erhebliche Beeinträchtigung der Reise in der Regel erst dann angenommen werden, wenn der Gesamtwert der Reise um mehr als 50% gemindert ist (OLG Köln, NJW-RR 2008, 1588, Rz. 24 m. w. Nachw.). Das trifft nach den vorstehenden Ausführungen hier nicht zu.

5.

39. Mangels Bestehens von Forderungen sind auch die der Klägerin vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten nicht von der Beklagten zu erstatten.

40. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

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