Aktivlegitimierung Anspruchsteller VO Nr. 261/2004
AG Emden: Aktivlegitimierung Anspruchsteller VO Nr. 261/2004
Ein Fluggast nimmt eine Fluggesellschaft auf Zahlung einer Entschädigung für die entstandenen Hotelkosten nach einer Flugannullierung, wie auch den verspäteten Flug am Folgetag in Anspruch. Der Arbeitgeber des Kläger buchte diese Reise, welche der Kläger antrat. Durch ein defekt der Bordtechnik konnte das Flugzeug nicht abheben und die Passagiere wurden erst am nächsten Tag weiterfliegen.
Das Gericht entschied die Klage abzuweisen, da der Kläger nicht die Berechtigung zur Klage gegen die Beklagte hatte.
AG Emden | 5 C 197/09 (Aktenzeichen) |
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AG Emden: | AG Emden, Urt. vom 27.01.2010 |
Rechtsweg: | AG Emden, Urt. v. 27.01.2010, Az: 5 C 197/09 |
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Leitsatz:
2. Ein Anspruch kann nur derjenige erheben, der auch Vertragspartner des zustande gekommenen Vertrages mit der Fluggesellschaft war.
Zusammenfassung:
3. Im vorliegenden Fall buchte der Arbeitgeber des Klägers einen Flug von Eindhoven nach Hamburg. Der Flug wurde wurde aber annulliert, nachdem erst ein Radargerät ausgefallen sei. Außerdem sei eine Gewitterfront genau über das Fluggebiet gezogen, welche nicht durchflogen werden konnte. Der Kläger setzte seine Reise am nächsten Tag nach Hamburg fort. Der Kläger fordert von der Beklagten nun eine Ausgleichszahlung für entstandene Übernachtungskosten, wie auch eine Entschädigung für den verspäteten Flug.
Das Gericht entschied, dass durchaus ein Anspruch besteht, aber der Kläger nicht die Berechtigung hat diese zu erheben, da der Arbeitgeber den Flug gebucht hat. Das Amtsgericht Emden wies damit die Klage ab.
Tenor:
5. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
7. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf EUR 350,00 festgesetzt.
8. Gem. §511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO wird die Berufung gegen dieses Urteil zugelassen.
Tatbestand:
9. Die Parteien streiten über das Bestehen eines Ausgleichsanspruches nach Art. 7 Ziff. 1a der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Falle der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91.
10. Der Arbeitgeber des Klägers buchte für diesen bei der Beklagten einen Flug von Eindhoven nach Hamburg am 03. Juli 2008. Dieser Flug wurde annulliert, wobei zwischen den Parteien streitig ist, aus welchem Grunde.
11. Der Kläger verbrachte die Nacht auf Kosten der Beklagten in einem Hotel in Eindhoven. Am darauf folgenden Morgen wurde der Kläger von der Beklagten mit einem anderen Flugzeug nach Hamburg befördert.
12. Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte schulde ihm nach der vorstehenden Verordnung einen Schadensersatz in Höhe von EUR 250,00.
13. Weiterhin schulde die Beklagte dem Kläger aus dem Gesichtspunkte des Verzuges einen Betrag in Höhe von EUR 100,00 für den eigenen Aufwand des Klägers an Zeit und Auslagen für seine an die Beklagte gerichteten Korrespondenzen, und zwar für jedes Anspruchsschreiben EUR 20,00.
14. Schließlich begehrt der Kläger den Ersatz von vorgerichtlichen nicht anrechenbaren Rechsanwaltskosten.
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 350,00 nebst Zinsen in Höhe von füfn Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf EUR 250,00 ab dem 01. August 2008 und auf weitere EUR 100,00 ab dem 01. Januar 2009 zuzüglich EUR 46,41 vorgerichtliche nicht anrechenbare Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von füfn Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
die Klage abzuweisen.
17. Die Beklagte ist der Ansicht, die Annullierung des Fluges sei auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären, so dass eine Schadensersatzleistung gemäß Artikel 5 Abs. 3 der vorgenannten Verordnung nicht in Betracht käme.
18. Zur Begründung verweist sie darauf, dass das Wetterradargerät des Flugzeuges ausgefallen sei und sich über ganz Nordwestdeutschland eine Gewitterlage abgezeichnet habe, die unter diesen Umständen nicht durchflogen werden könne.
19. Weiterhin ist sie der Ansicht, der Kläger sei nicht aktivlegitimiert.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
20. Die Klage ist unbegründet.
21. Zwar dürfte im Hinblick auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 22.12.2008 (Az.: C-549/07), insbesondere die dortigen Randziffern 23 ff. sowie den 14. Erwägungsgrund der vorgenannten Verordnung Nr. 261/2004 ein Fall des Artikel 5 Abs. 3 der vorgenannten Verordnung nicht vorliegen, da das diesbezügliche Vorbringen der Beklagten zwar „Umstände“, die das Absagen des Fluges rechtfertigen, nicht jedoch außergewöhnliche Umstände i.S.d. oben genannten Verordnung begründen dürften, so dass eine Haftung der Beklagten nach Artikel 7 der vorgenannten Verordnung durchaus in Betracht kommt.
22. Ein Anspruch des Klägers scheitert jedoch daran, dass er nicht berechtigt ist, die entsprechende Forderung geltend zu machen, mithin nicht aktivlegitimiert ist.
23. Aktivlegitimiert ist nach Überzeugung des Gerichts der Arbeitgeber des Klägers, der den Flug gebucht hat und damit Vertragspartner der Beklagten geworden ist.
24. Zwar ist dem Kläger einzuräumen, dass die vorgennante Verordnung einheitlich vom Recht des „Fluggastes“ spricht. Inhaltlich ist jedoch hierbei zu differenzieren.
25. Im Falle der Annullierung eines Fluges werden dem Fluggast nach Artikel 5 Ansprüche nach Artikel 7, 8 und 9 dervorgennanten Verordnung zugesprochen, und zwar nicht etwa alternativ, sondern nebeneinander, was sich aus der Formulierung „und“ zwischen Artikel 5 Ziff. 1b und 1d ableiten lässt.
26. Der Anspruch aus Artikel 8 auf Erstattung der Flugscheinkosten kann nur demjenigen zustehen, der diese Kosten getragen hat. Dies ergibt sich bereits aus dem Begriff „Erstattung“.
27. Die Betreuungsleistungen nach Artikel 9 hingegen können nur gegenüber dem tatsächlichen Fluggast erbracht werden. Hierbei handelt es sich demgemäß um einen gesetzlich festgelegten Fall eines echten Vertrages zugunsten Dritter. Da ein solcher Fall aber die Ausnahme darstellt, ist nicht ersichtlich, dass die Ausgleichsansprüche nach Artikel 7auch dann dem Fluggast selbst zustehen sollen, wenn dieser nicht Vertragspartner, sondern Dritter ist.
28. Vom Grundsatz der Regel/Ausnahme her gesehen, steht dieser Anspruch demgemäß auch dem Vertragspartner, mithin im vorliegenden Fall dem Arbeitgeber des Klägers zu.
29. Hierdurch wird der Kläger auch nicht geschädigt, da ihm der Anspruch auf Betreuungsleistungen zusteht und ihm auch Betreuungsleistungen durch die Beklagte gewährt worden sind.
30. Die Klage war nach alledem mit der Kostenfolge des §91 Abs. 1 ZPO abzuweisen.
31. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§708 Nr. 11, 711 ZPO, und zwar unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Berufung nach §511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zugelassen worden ist.
32. Da der Verordnungsgeber bei der Abfassung der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 offensichtlich die Möglichkeit eines Auseinanderfallens von Ansprüchen des Vertragspartners und des Fluggastes als Drittem nicht gesehen hat, erachtet das Gericht die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung i.S.d. §511 Abs. 4 Nr. 1 ZPO für gegeben.
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