Verschiebung der geplanten Abreise um einen Tag

OLG Köln: Verschiebung der geplanten Abreise um einen Tag

Ein Ehepaar bucht eine mehrwöchige Asienreise bei einem Reiseverantalter. Der geplante Rückflug wird dabei um einen Tag verschoben, weil die indische Regierung das Flugzeug beschlagnahmt. Jetzt verlangt das Ehepaar Schadensersatz vom Veranstalter.
Das Oberlandesgericht Köln hat den Klägern Recht zugesprochen. In der eintägigen Verspätung sei ein Reisemangel zu sehen. Eine Enthaftung wegen höherer Gewalt scheide deshalb aus, weil das Problem durch das Stellen eines Ersatzfluges hätte gelöst werden können.

OLG Köln 26 U 41/92 (Aktenzeichen)
OLG Köln: OLG Köln, Urt. vom 03.03.1993
Rechtsweg: OLG Köln, Urt. v. 03.03.1993, Az: 26 U 41/92
LG Bonn, Urt. v. 02.07.1992, Az: 13 O 142/92
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Oberlandesgericht Köln

1. Urteil vom 03. März 1993

Aktenzeichen: 26 U 41/92

Leitsatz:

2. Verschiebt sich die geplante Abreise um einen Tag, so ist dies als Reisemangel anzusehen und begründet einen Schadensersatzanspruch für den Reisenden.

Zusammenfassung:

3. Ein Ehepaar bucht eine mehrwöchige Asienreise. Der Rückflug von dieser Reise hat sich jedoch um einen Tag verschoben. Grund hierfür war, dass die indische Regierung das Flugzeug vor dem Rückflug beschlagnahmt hatte. Die Kläger begehren hierfür eine Schadensersatzzahlung wegen der verspäteten Abreise.
Das Oberlandesgericht Köln hat dem Begehren der Kläger entsprochen. Die Verschiebung der Rückreise um einen Kalendertag stelle einen Mangel der Reise im Sinne von § 651 c Abs. 1 BGB dar. Dieser normiert eine verschuldensunabhängige Gewährleistungsverpflichtung des Reiseveranstalters. Ein Außerachtlassen dieser Verpflichtung, verschlechtere die gebotene Reiseleistung und begründe einen Schadensersatzanspruch für die Reisenden. Entgegen der Auffassung der Beklagten entspreche die Verschiebung auch nicht den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien.
Ein Haftungsausschluss des Reiseveranstalters wegen Höherer Gewalt komme indes nicht in Betracht. Der Veranstalter hätte die „höhere Gewalt“ durch eine unmittelbare Beschaffung einer anderweitigen Beförderung beseitigen können.

Tenor:

4. Die Berufung der Beklagten und die Anschlußberufung der Kläger gegen das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 2. Juli 1992 – 13 O 142/92 – werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte an den Kläger zu 4) lediglich einen Betrag von 1.081,53 DM zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 1. Januar 1992 zu zahlen hat. Im übrigen verbleibt es bei den durch die angefochtene Entscheidung ausgeurteilten Beträgen.

Die Kosten beider Rechtszüge sind von den Parteien nach Maßgabe der Kostenverteilung des angefochtenen Urteils zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

5. Die Berufung der Beklagten und die Anschlußberufung der Kläger sind in formeller Hinsicht bedenkenfrei. In der Sache bleiben die Rechtsmittel bis auf eine geringfügige, durch einen offensichtlichen Rechenfehler bedingte Korrektur hinsichtlich des Klägers zu 4) ohne Erfolg. Dies ergibt sich im einzelnen aus den nachfolgenden Erwägungen.

6. Zu Recht hat das Landgericht den Klägern Erstattungsansprüche nach § 651 c Abs. 3 BGB zuerkannt. Die hiergegen mit der Berufung vorgetragenen Angriffe der Beklagten führen nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung.

7. Die Verschiebung der Rückreise auf den 25.11.1991 stellt einen Mangel der Reise im Sinne von § 651 c Abs. 1 BGB dar. Entgegen der Auffassung der Beklagten entsprach diese Verschiebung nicht den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien. Soweit die Beklagte in erster Instanz vorgetragen hat, sie habe eine frühere Rückreise nie zugesagt, trifft dies nicht zu. Der tatsächliche Ablauf der Vertragsverhandlungen war insoweit folgender:

8. Zunächst wurde mit den Reisebestätigungen vom 12.8.1991 betreffend die Klägerin zu 3) und 4) sowie vom 26.8.1991 betreffend die Kläger zu 1) und 2) der im Reiseprospekt vorgesehene Reisetermin vom 2.11. bis 23.11.1991 bestätigt. Insoweit war auch in der Reisebeschreibung, die nach der eigenen Darstellung der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 1.6.1992 Grundlage der Buchung und der Reisebestätigung war, die Rückreise nach F. für den 22. Tag der Reise, also für Samstag, den 23.11.1991 vorgesehen.

9. Am 25.10.1991 teilte die Beklagte den Reiseteilnehmern mit, dass die Rückreise in zwei Etappen stattfinde, wobei aber die letzte Etappe von D. nach F. erst am 24.11.1991 vorgesehen war (Bl. 113 d.A.). Insoweit handelte es sich allerdings nicht, wie die Beklagte in der Berufungsbegründung geltend gemacht hat, nur um einen unverbindlichen, weil „vorläufigen“ Rückreisetermin. Soweit sich in dem besagten Schreiben der Beklagten vom 25.10.1991 die mißverständliche Formulierung „vorläufigen, endgültigen Flugplan“ findet, bedeutete dies keineswegs, dass die Beklagte die vorgesehene Rückreise beliebig verschieben konnte. Vielmehr bezog sich das Wort „vorläufig“ offenbar nur auf die in dem Flugplan vorgesehenen Alternativflüge bei der Hinreise am 3.11.1991 von D. nach K. sowie bei der Rückreise am 23.11.1991 von K. nach D., wobei aber die Alternativen jeweils nur stündliche Verschiebungen zum Inhalt hatten und nicht Verschiebungen um einen oder mehrere Tage.

10. Abgesehen davon ist nicht klar, ob insoweit überhaupt eine wirksame Änderung des ursprünglichen, durch die genannten Reisebestätigungen zustandegekommenen Reisevertrages erfolgt ist. Jedenfalls haben die Kläger nicht, wie in der Berufungsbegründung vorgetragen, dem Schreiben der Beklagten vom 25.11.1991 zugestimmt, sondern – so jedenfalls die Kläger zu 1) und 2) mit ihren Schreiben vom 28. und 31.10.1991 – Bedenken hiergegen angemeldet. Ob die Kläger dann letztlich durch den Antritt der Reise stillschweigend ihr Einverständnis mit einer Verschiebung der Rückreise auf den 24.11.1991 erklärten, kann indessen dahinstehen. Denn jedenfalls entsprach eine Rückreise erst am 25.11.1991 keinesfalls den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien.

11. Entgegen der Auffassung der Beklagten stellt die Verschiebung des vertraglich vorgesehenen Rückreisetermins um einen Tag auch bei einer mehrwöchigen Asienreise einen Reisemangel dar. Es trifft nicht zu, dass nach der Rechtsprechung derartige Verzögerungen nicht als Reisemangel qualifiziert werden. Als hinnehmbar im Flugreiseverkehr werden zwar Verzögerungen von mehreren Stunden angesehen (vgl. Staudinger, Schwerdtner, 12. Aufl. 1991, Rdn. 93 zu § 651 c), nicht aber Verzögerungen um einen oder mehrere Tage (vgl. Münchener Kommentar/Wolter, 2. Aufl. 1988, Rdn. 64 zu § 651 c; außerdem AG F. MDR 1992, 451, LG F., NJW RR 1991, 630 f.; LG Berlin NJW RR 1990, 1018 f.).

12. Für die Frage, ob ein Reisemangel vorliegt, kommt es auch nicht auf den Streit der Parteien darüber an, inwieweit die Kläger zu 2) bis 4) bereits am Montag, dem 25.11.1991 wieder ihren beruflichen Tätigkeiten nachgehen mußten. Zum einen ist ohnehin bei einer immerhin 3-​wöchigen Reise davon auszugehen, dass berufstätige Reiseteilnehmer alsbald nach Reiseende wieder arbeiten müssen. Aber auch wenn das hier nicht der Fall war und den Klägern in Deutschland noch einige Urlaubstage zur Verfügung standen, führt dies nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn diese Urlaubstage braucht man erfahrungsgemäß – insbesondere nach einer strapaziösen Reise, wie sie vorliegend unternommen wurde – um sich einerseits von der Reise zu „erholen“ und anderseits auf den Arbeitsbeginn vorzubereiten oder sonstige Erledigungen zu tätigen. Diese bei einer Reiseplanung regelmäßig einkalkulierten Überlegungen kann der Reiseveranstalter nicht einfach durchkreuzen, indem er das Reiseende um einen Tag hinausschiebt (vgl. LG F., a.a.O.). Dabei kommt im vorliegenden Fall hinzu, dass die Kläger sich ohnehin wegen der nur wenige Tage vor Reisebeginn von der Beklagten mit Schreiben vom 25.10.1991 mitgeteilten Verschiebung des Rückreisetermins in ihrer ursprünglichen Reiseplanung umstellen mußten, was erfahrungsgemäß auch zu Abstimmungsschwierigkeiten im Hinblick auf die berufliche Tätigkeit führen kann.

13. Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, sie habe für die Verschiebung des Rückreisetermins nicht einzustehen, da mit derartigen Verzögerungen generell gerechnet werden müsse und diese deshalb zum allgemeinen Lebensrisiko gehörten. Es kommt auch nicht darauf an, ob bei Reisen in zentralasiatische Länder eher mit derartigen Verzögerungen zu rechnen ist, weil bei Flügen in diese Länder möglicherweise häufiger Flugpläne nicht eingehalten oder Flüge ganz gestrichen werden. Wenn die Beklagte ein damit verbundenes Risiko nicht übernehmen wollte, blieb ihr die Möglichkeit, darauf bei Abschluß des Reisevertrages ausdrücklich hinzuweisen. Dass dies geschehen und eine Haftung für derartige Fälle ausgeschlossen sein sollte, ist nicht dargetan. Die Beklagte hat sich auch nicht darauf berufen, dass die Haftung insoweit durch ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen eingeschränkt oder ausgeschlossen war, so dass sich diesbezüglich weitere Ausführungen erübrigen.

14. Der Anspruch der Kläger ist weder wegen fehlenden Verschuldens der Beklagten noch aufgrund einer Haftungsbeschränkung durch höhere Gewalt ausgeschlossen.

15. Grundsätzlich normiert § 651 c BGB eine verschuldensunabhängige Gewährleistungsverpflichtung des Reiseveranstalters (vgl. unter anderen Münchener Kommentar/Wolter a.a.O., Rdn. 5 und 36 f. zu § 651 c BGB). Zwar werden in Rechtsprechung und Schrifttum Möglichkeiten der Begrenzung der Einstandspflicht des Reiseveranstalters erörtert, wobei zum Teil aus § 651 j BGB geschlossen wird, dass im Falle höherer Gewalt ein Reisemangel nicht gegeben sei (z.B. Münchener Kommentar/Wolter, Rdn. 37 zu § 651 c; Führich, Reiserecht, S. 132 f.). Dem steht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gegenüber, der § 651 e BGB – die Vorschrift setzt das Vorliegen eines Reisemangels voraus – auch dann anwendet, wenn höhere Gewalt vorliegt (BGH NJW 1983, 33: In dieser Entscheidung ist ausdrücklich ausgeführt, dass der Gesetzgeber nicht die Absicht gehabt habe, aus § 651 e BGB „und dem sonstigen System der Gewährleistung“ die Fälle unvorhersehbarer höherer Gewalt herauszunehmen).

16. Selbst wenn man sich aber der Auffassung anschließt, dass bei höherer Gewalt eine Haftung nach § 651 c BGB nicht besteht, vermag dies die Beklagte im vorliegenden Fall nicht zu entlasten. Denn ein Fall höherer Gewalt liegt nicht vor. Die Beklagte beruft sich darauf, dass die für den Rückflug vorgesehene Maschine der Fluggesellschaft Air I. kurzfristig von der indischen Regierung beschlagnahmt worden sei. Ob ein solcher Vorgang den Begriff der höheren Gewalt überhaupt erfüllt, was die Kläger bezweifeln, weil nach ihrer Ansicht darunter hoheitliche Anordnungen nicht fallen, kann dahinstehen. Denn höhere Gewalt setzt unter anderem voraus, dass es sich um ein auch durch äußerste Sorgfalt nicht abzuwendendes Ereignis handelt. Davon kann indessen im vorliegenden Falle nicht ausgegangen werden. Zwar mag die behauptete Beschlagnahme als solche nicht abzuwenden gewesen sein. Abzuwenden waren aber die Auswirkungen auf die hier vorliegende Rückreise. Denn die – bestrittene – Beschlagnahme erfolgte jedenfalls nicht später als am 21.11.1991, weil zu diesem Zeitpunkt die Beklagte die Reiseteilnehmer von der Verschiebung der Rückreise unterrichtete. Die Beklagte oder der von ihr eingeschaltete Leistungsträger, die Fluggesellschaft Air I., hätten also noch genügend Zeit gehabt, den Rückflug mit einem anderem Flugzeug, notfalls auch mit einer anderen Fluggesellschaft zu organisieren. Von daher scheidet höhere Gewalt aus.

17. Der Anspruch der Kläger scheitert auch nicht daran, dass die Kläger die von der Beklagten übernommenen Bemühungen um eine anderweitige Durchführung der Rückreise am 24.11.1991 gar nicht abgewartet, sondern – wie im Berufungsverfahren unstreitig geworden ist den Rückflug bereits am 22.11.1991 selbst bei der Lufthansa gebucht haben. Ein Anspruch nach § 651 c Abs. 3 BGB setzt zwar grundsätzlich voraus, dass der Reiseveranstalter innerhalb einer ihm gesetzten Frist keine Abhilfe geleistet hat oder die Bestimmung einer Frist entbehrlich war. Im vorliegenden Falle ist eine Fristsetzung offenbar nicht erfolgt; eine solche war jedoch auch entbehrlich. Denn eine andere Abhilfemöglichkeit als diejenige, welche die Kläger im Wege der Selbstabhilfe wahrgenommen haben, war nicht möglich. Dies räumt die Beklagte selbst ein. Unstreitig ist weiterhin, dass die Beklagte zu dieser Art der Abhilfe nicht bereit war. Da aber eine andere Abhilfemöglichkeit nicht bestand, wäre eine Fristsetzung seitens der Kläger bloße Förmelei gewesen. Es kommt daher nicht darauf an, dass die Kläger den Rückflug bereits im Verlaufe des 22.11.1991 buchten und weitere Bemühungen der Beklagten um anderweitige Abhilfe, die ohnehin keinen Erfolg gehabt hätten, nicht abwarteten.

18. Mit dem angefochtenen Urteil ist der Senat der Auffassung, dass den Klägern auch nicht vorgeworfen werden kann, mit der Inanspruchnahme des Ersatzfluges unverhältnismäßig hohe Kosten aufgewandt zu haben, auch wenn entgegen der Berechnung des Landgerichts die Kosten der Ersatzflüge sogar etwas mehr als 50 % des Reisepreises erreichten. Auch insoweit kommt es nicht darauf an, ob den Klägern bei einer verspäteten Rückkehr arbeitsrechtliche Sanktionen drohten oder nicht.

19. Abgesehen davon bleibt offen, ob die Beklagte die höheren Kosten letztlich in vollem Umfange zu tragen hat oder die Möglichkeit besteht, sich insoweit bei der von ihr eingeschalteten Fluggesellschaft – zumindest teilweise – schadlos zu halten.

20. Soweit die Beklagte geltend macht, die Kläger hätten durch den früheren Rückflug ohnehin keinen großen Zeitgewinn erzielt, was auch zur Unverhältnismäßigkeit der von ihnen verursachten Kosten führen müsse, geht die Beklagte von falschen tatsächlichen Voraussetzungen aus, weil sie offenbar das erstinstanzliche Vorbringen der Kläger mißverstanden hat. Danach waren die Kläger zu 3) und 4) am 25.11.1991 etwa gegen 0.00 Uhr in ihren Heimatorten B. bzw. R. angelangt und nicht, wie die Beklagte offenbar meint, erst in F.. Dort erfolgte vielmehr die Landung am 24.11.1991 um 19.00 Uhr deutscher Ortszeit, so dass die Kläger zu 1) und 2) mit ihrem Anschlußflug bereits um 21.15 Uhr des 24.11.1991 in Berlin waren, wie in der Berufungserwiderung im einzelnen – unwidersprochen – vorgetragen worden ist.

21. Schließlich hat das Landgericht im Ergebnis zu Recht angenommen, dass der Anspruch nicht durch das Warschauer Abkommen ausgeschlossen ist. Insoweit mag zwar zweifelhaft sein, ob die Beklagte nicht doch Luftfrachtführer war. Denn nach dem Zusatzabkommen zum Warschauer Abkommen vom 18.9.1961 ist der Reiseveranstalter vertraglicher Luftfrachtführer und haftet neben dem ausführenden Luftfrachtführer (Fluggesellschaft) als Gesamtschuldner (vgl. dazu Führich, a.a.O., S. 41). Jedoch stehen die Regeln des Warschauer Abkommens den geltend gemachten Ansprüchen aus anderen Gründen nicht entgegen. Art. 17 des Abkommens enthält eine Schadensersatzverpflichtung für den Fall der Tötung und Körperverletzung eines Reisenden; Art. 18 regelt eine Schadensersatzhaftung im Bezug auf das Reisegepäck und Art. 19 den Schadensersatz, der durch Verspätung bei der Luftbeförderung entsteht. Danach schließt das Warschauer Abkommen zwar Schadensersatzansprüche nach § 651 f Abs. 1 BGB aus, nicht aber Ansprüche nach § 651 c und 651 f Abs. 2 BGB (vgl. Führich, a.a.O., S. 41 und 248).

22. Den Klägern steht auch der vom Landgericht zuerkannte Anspruch nach § 651 f. Abs. 2 BGB wegen nutzlos aufgewandter Urlaubszeit für einen halben Tag zu. Insoweit wird auf die nachfolgenden Erörterungen zur Anschlußberufung verwiesen. Hinsichtlich der Höhe des Anspruchs ist lediglich ein offensichtlicher Rechenfehler im Bezug auf den Kläger zu 4) zu korrigieren. Das Landgericht hat für die Bemessung des Schadensersatzes anhand des Nettoeinkommens des Klägers zu 4) eines Tagessatz von 175,06 DM errechnet. Da es dem Kläger, wie auch den Klägern zu 1) bis 3), einen halben Tagessatz als Schadensersatz zusprechen wollte, hätte es insoweit einen Betrag von (175,06 : 2 =) 87,53 DM zugrundelegen müssen. Tatsächlich ist aber ein um 9,00 DM höherer Betrag in die Berechnung eingeflossen, so dass der ausgeurteilte Restanspruch um 9,00 DM zu kürzen ist, womit ein an den Kläger zu 4) zu zahlender Betrag von 1.081,53 DM nebst Zinsen verbleibt.

23. Anschlußberufung

24. Über die vom Landgericht zuerkannten Beträge hinaus stehen den Klägern Entschädigungsansprüche nach § 651 Abs. 2 BGB wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit nicht zu.

25. Soweit ein Anspruch mit Verzögerungen bei der Hinreise begründet wird, steht das Vorbringen der Kläger im Berufungsrechtszug im Widerspruch zu ihrem erstinstanzlichen Vortrag, ohne dass hierfür eine Erläuterung erfolgt. So wird erstmals behauptet, dass die Verzögerung auf dem Flughafen in D. 13 Stunden betragen haben soll, während früher nur von fünf oder sechs Stunden die Rede war, wovon auch das angefochtene Urteil ausgeht. Neu ist auch die Behauptung der Kläger, dass die Ankunft in K. erst am 3. Reisetag, also am 4.11.1991 erfolgt sein soll. Dies steht im übrigen auch im Widerspruch zu der vorgerichtlichen Aktennotiz des Klägers zu 2) vom 25.11.1991, die als Anlage mit der Klageschrift überreicht worden ist. Da die Kläger zu den Widersprüchen in ihrem Sachvortrag keine Erklärung abgegeben haben, sind sie am früheren Vorbringen festzuhalten.

26. Soweit ein Anspruch auf Entschädigung für nutzlos aufgewandte Urlaubszeit aus der behaupteten Lebensmittelvergiftung hergeleitet wird, können die Kläger auch damit nicht durchdringen. Dabei kann es dahinstehen, ob es überhaupt zu einer Lebensmittelvergiftung gekommen ist. Denn für eine solche hätte die Beklagte nicht einzustehen. Nach der Darstellung der Kläger soll es zu der Vergiftung während des Aufenthalts in einem den Reiseteilnehmern zugewiesenen Hotel im Ch. National Park gekommen sein. Hinsichtlich der Verpflegung in diesem Hotel ist jedoch kein Leistungsträger der Beklagten tätig geworden, für dessen Verschulden sie einzustehen hätte. Dies ergibt sich aus dem Umfang der Leistungen, die die Beklagte nach der Reisebeschreibung schuldete. Danach war nur die Übernachtung in den angegebenen Hotels Gegenstand der geschuldeten Leistungen. Hinsichtlich der Verpflegung war lediglich während des Aufenthalts in K. Frühstück vorgesehen sowie während der angebotenen Trekking-​Tour Vollpension. Daraus ergibt sich, dass während des Aufenthalts der Reiseteilnehmer im Ch. National Park die Verpflegung nicht zum von der Beklagten geschuldeten Leistungsumfang gehörte.

27. Ein Entschädigungsanspruch ist den Klägern lediglich in dem vom Landgericht zugrundegelegten Umfange im Hinblick auf die Bemühungen um einen Rückflug am 24.11.1991 zuzuerkennen.

28. Allerdings läßt sich dieser Anspruch nicht mit einem Zeitverlust aus den von den Klägern behaupteten Bemühungen um die Beschaffung von indischen Visa begründen. Die Beklagte hat in zweiter Instanz sowohl bestritten, dass Visa für den von den Klägern gebuchten Rückflug überhaupt erforderlich waren, als auch, dass die Kläger sich um die Beschaffung derartiger Visa tatsächlich bemüht haben. Dem sind die Kläger nicht mehr entgegengetreten. Sie haben auch vorgerichtlich aus einem solchen Sachverhalt Ansprüche nicht hergeleitet. In den mit der Klage eingereichten Unterlagen – Aktennotiz des Klägers zu 2) vom 25.11.1991 und Schreiben der Kläger zu 3) und 4) vom 27.11.1991 – ist nur von Zeitverlusten im Zusammenhang mit einer versuchten Visumbeschaffung am 7.11.1991 die Rede. Darauf haben die Kläger einen Entschädigungsanspruch im Rechtsstreit aber nicht gestützt.

29. Nach dem in der Reisebeschreibung vorgesehenen Reiseverlauf und dem tatsächlichen Ablauf der Reise kommt lediglich der 22.11.1991 als nutzlos aufgewandter Urlaubstag in Betracht. Nach der Reisebeschreibung war vorgesehen, dass die Reiseteilnehmer am 20. Tag der Reise, also am 21.11.1991 wieder in K. sein sollten. Dies ist auch geschehen. Der 21. Tag, also der 22.11.1991 war alternativ für einen Himalayarundflug oder zur freien Verfügung vorgesehen. Am 22. bzw. nach der Verschiebung des Rückreisetermins am 23. Tag, also am 23. bzw. 24.11.1991 sollte die Rückreise stattfinden.

30. Nach der Benachrichtigung über die Verschiebung der Rückreise auf den 25.11.1991, die am Abend des 21.11.1991 erfolgte, wollen die Kläger nach ihrer Darstellung den 22.11.1991 mit der Beschaffung der Flugscheine für den Ersatzflug am 24.11.1991 verbracht haben. Tatsächlich erfolgte die Buchung der Flüge am frühen Abend des 22.11.1991. Gleichwohl kann nicht der gesamte Tag als vertane Urlaubszeit angesehen werden, die von der Beklagten zu entschädigen wäre. Denn die Beklagte hat diesen Verlust nur teilweise zu vertreten. Die Kläger mußten der Beklagten nach dem Bekanntwerden der Stornierung des Fluges am 21.11.1991 jedenfalls für einen kurzen Zeitraum Gelegenheit geben, sich um einen Ersatzflug für den 24.11.1991 zu kümmern, bevor sie – die Kläger – selbst entsprechende Bemühungen unternahmen. Die hierfür einzuräumende Frist erscheint bis zum Mittag des 22.11.1991 ausreichend und angemessen. Danach verbleibt für eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewandter Urlaubszeit ein halber Reisetag.

31. Hinsichtlich der Höhe der Tagessätze folgt der Senat den Ausführungen des Landgerichts unter Berücksichtigung der geringfügigen Korrektur bezüglich des Klägers zu 4.

32. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Ziff. 10, 713 ZPO.

33. Streitwert für den zweiten Rechtszug:

34. Berufung  4.621,99 DM

35. Anschlußberufung 3.715,94 DM

36.  insgesamt 8.337,93 DM

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