Minderungsanspruch bei Mängeln des Ersatzschiffs

OLG Hamm: Minderungsanspruch bei Mängeln des Ersatzschiffs

Der Kläger hatte bei einer Bootschartergesellschaft eine Segelyacht gecharter und stellte nach der Übergabe fest, dass diese eine undichte Stelle aufwies. Daraufin meldete der Kläger die Mängel bei der Chartergesellschaft, die am Folgetag ein Ersatzboot zur Verfügung stellte, das der Kläger jedoch als nicht gleichwertig bewertete. Entsprechend fordert der Kläger Schadensersatz von der Beklagten.

Das OLG Hamm weist die Klage ab. Zwar hat der Kläger mit der Mängelanzeige die formalen Vorgaben erfüllt. Allerdings bewertet das OLG Hamm das als Ersatz angebotene Schiff als im Grunde gleichwertig. Da der Kläger das Ersatzschiff trotzdem ablehnte, kann er allenfalls Anspruch auf einen Preisnachlass von 1/14 erheben. Dieser wurde von der Chartergesellschaft jedoch bereits gewährt.

OLG Hamm 30 U 167/93 (Aktenzeichen)
OLG Hamm: OLG Hamm, Urt. vom 10.12.1993
Rechtsweg: OLG Hamm, Urt. v. 10.12.1993, Az: 30 U 167/93
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Oberlandesgericht Hamm

1. Urteil vom 10. Dezember 1993

Aktenzeichen 30 U 167/93

Leitsatz:

2. Wird ein Ersatzschiff, das eine Bootschartergesellschaft wegen Mängeln zur Verfügung gestellt wurde von den Mietenden abgelehnt, rechtfertigt dies einen Preisnachlass, aber keine volle Erstattung des Charterpreises.

Ein Bootschartervertrag (hier: über eine Segelyacht für 14 Tage) unterliegt dem Reisevertragsrecht.

Zusammenfassung:

3. Dem Charterer wird einen Tag nach Beginn des Chartervertrages anstelle der ersten, mangelhaften Segelyacht die Übernahme eines vergleichbaren Ersatzschiffs angeboten. Er kann den Gesamtpreis in diesem Fall lediglich um 1/14 mindern. Können vier Mitglieder der fünfköpfigen Crew statt in eigenen Kabinen nur in Kabinen mit Doppelkojen untergebracht werden, so rechtfertigt dies eine Minderung des Gesamtpreises in Höhe von 20%.

Tenor:

4. Die Berufung des Klägers gegen das am 19. März 1993 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Es beschwert den Kläger in Höhe von 26.582,68 DM, zugleich Streitwert des Berufungsverfahrens.

Tatbestand:

5. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

6. Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das Landgericht Münster hat die Klage auf Erstattung des Reisepreises für die Schiffscharter, auf Ersatz der Kosten für die An- und Abreise von … zum Ausgangshafen … sowie wegen unnützer Anschaffung von Seekarten, Literatur und Taucherausrüstung, Zeitaufwand für Einkäufe von Proviant, Koordinierung und Planung der Reise sowie auf Schadensersatz wegen vertaner Urlaubszeit jedenfalls im Ergebnis zurecht abgewiesen.

7. Aus dem vom Kläger abgeschlossenen Bootschartervertrag vom 31.07./10.08.1991 stehen nach Maßgabe der jedenfalls entsprechend anwendbaren Vorschriften des Reisevertragsrechts gemäß der §§ 651 a ff. BGB (vgl. dazu BGH MDR 1992, 1124, 1125 für auf die Bereitstellung einer Ferienunterkunft gerichtete Veranstalterverträge und OLG München NJW-RR 1987, 366; ErmanJendrek, BGB, 9. Aufl., vor § 535 Rdnr. 26 hinsichtlich der Gleichbehandlung von Schiffscharterverträgen) weder dem Kläger noch den Mitreisenden, die insoweit ihre Ansprüche an den Kläger abgetreten haben und aus Verträgen dieser Art nach Maßgabe des § 328 BGB selbst berechtigt sein können (vgl. dazu OLG Düsseldorf NJW-RR 1990, 186, 187), entsprechende Schadensersatzansprüche zu.

8. Zwar hat der Kläger die formellen Voraussetzungen eines solchen Schadensersatzanspruches, nämlich die rechtzeitige Mängelanzeige und Einhaltung der Frist zur Geltendmachung gemäß den §§ 651 c und g BGB erfüllt. Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch scheitert aber an dem Umstand, daß dem Kläger rechtzeitig angemessene Abhilfe angeboten worden ist (§ 651 c Abs. 3 BGB), von der er aus eigenem Entschluß keinen Gebrauch gemacht hat. Insoweit kann es letztlich dahingestellt bleiben, ob die Ansicht des Landgerichts, die Beklagte sei hinsichtlich des Chartervertrages nicht als Veranstalterin im Sinne von § 651 a BGB, sondern nur als Vermittlerin anzusehen, zutrifft. Zwar spricht der Wortlaut des Vertrages für die Auffassung des Landgerichts, und entgegen der Meinung des Klägers ist es für das Zustandekommen des Vertrages mit der im Vertrag bezeichneten Fa. … auch nicht von entscheidender Bedeutung, daß der Vertrag von einer Vertreterin der Beklagten unter Beifügung des Firmenstempels der Beklagten unterzeichnet ist, denn darin kann – auch aus der Sicht des Klägers – ein durchaus übliches und nicht zu beanstandendes Handeln der Beklagten als Vermittlerin und Vertreterin der französischen Firma … gesehen werden. Nicht frei von der Gefahr der Irreführung erscheint dem Senat jedoch der Umstand, daß auf dem Vertragsformular und auch auf dem Bootspaß die Firmenbezeichnung der Beklagten … in hervorgehobener Form erscheint, ohne daß sich dabei ein entsprechend hervorgehobener Hinweis auf die von ihr behauptete Vermittlerstellung befindet. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß die Firmierung der Beklagten mit der Bezeichnung „…“ in sachlicher Hinsicht nicht etwas anderes aussagt als die Bezeichnung der angeblichen Vertragspartnerin „Loch 2000“ mit der Bezeichnung als „…“. Darüber hinaus läßt auch der in Ziffer 7 der vereinbarten Charterbedingungen enthaltene Hinweis auf die Gütebedingungen der Beklagten Zweifel an ihrer bloßen Vermittlerstellung aufkommen. Dementsprechend hat sich schließlich die Beklagte – jedenfalls nach ihrem eigenen Vorbringen – auch selbst um die Zurverfügungstellung eines anderen Schiffes vom Typ Sun Magic 44 bemüht, was bei einer bloßen Vermittlerstellung der Beklagten ausschließlich in den Aufgabenkreis der Firma … gefallen wäre.

9. Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch steht dem Kläger nach Maßgabe des § 651 f BGB aber schon deshalb nicht zu, weil ihm anstelle der übernommenen, aber mit undichten Stellen behafteten Sun Magic 44 ein vergleichbares und zumutbares Ersatzschiff angeboten und unberechtigter Weise von ihm abgelehnt worden ist. Bei dem unstreitig angebotenen Ersatzschiff vom Typ First 45 f 5 handelt es sich um eine im Vergleich zur Sun Magic 44 nur geringfügig längere und im übrigen aber praktisch gleichgroße Yacht mit einer Breite von 4,25 m statt 4,23 m, einem Tiefgang von 2,15 m statt 2,10 m und einer Segelfläche von 105 qm statt 100 qm sowie einer gleichartigen Maschine mit 50 PS. Daß die angebotene First 45 f 5 nach dem Vortrag des Klägers eine Rennyacht war, trifft im Prinzip nicht zu. Bei ihr handelt es sich zwar um ein als „schnell, modern und komfortabel“ beschriebenes Schiff, was aber nicht bedeutet, daß dieses nicht als normaler Fahrtenkreuzer zu benutzen ist. Schließlich spricht auch die angebliche Ausstattung des angebotenen Ersatzschiffes mit einer Regattabeseglung nicht gegen ihre Vergleichbarkeit mit der Sun Magic 44, da erfahrungsgemäß für ein derartiges Schiff auch eine sonst übliche Beseglung zur Verfügung steht und in kurzer Zeit auszuwechseln ist. Daß dies vorliegend – vom Normalfall abweichend – nicht der Fall gewesen ist, ist vom Kläger nicht dargetan.

10. Soweit der Kläger schließlich erstmals in der Berufungsinstanz im letzten Schriftsatz seiner Prozeßbevollmächtigten vom 25.11.1993 behauptet, daß für die angebotene First 45 f 5 die versicherungsrechtliche und haftungsrechtliche Frage nicht geklärt gewesen sei, fehlt auch für diesen an sich zwar wichtigen Gesichtspunkt ausreichend substantiierter Vortrag. Der Beklagte hat weder dargelegt, was hinsichtlich der Versicherungen unklar war, noch was er zur Klärung der versicherungsrechtlichen Frage unternommen hat. Die Unklarheit der Versicherungsfragen ist deshalb zum Schluß des Verfahrens offensichtlich nur „ins Blaue hinein“ behauptet worden.

11. Schließlich ist auch nicht nachvollziehbar dargelegt, daß die als Ersatz angebotene First 45 f 5 wegen ihrer Inneneinrichtung für die Zwecke des Klägers ungeeignet war. Die angebotene First 45 f 5 hat für die fünfköpfige Crew des Klägers unstreitig ausreichende Schlafplätze gehabt. Soweit nicht für jeden der Reiseteilnehmer eine abgeschlossene Kabine zur Verfügung stand, wie das bei der Sun Magic 44 der Fall gewesen sein soll, macht dies das Ersatzschiff nicht unzumutbar im Sinne von § 651 c Abs. 3 BGB, sondern rechtfertigt allenfalls Minderungsansprüche.

12. Dennoch ist der Klageanspruch auch nicht teilweise als Minderungsanspruch gemäß § 651 g BGB begründet, denn die Beklagte hat dem Kläger bereits einen Betrag von 2.036,– DM erstattet, durch den der nach § 287 ZPO vom Senat zu schätzende Minderungsanspruch des Klägers und seiner Crew abgegolten ist. Dabei hat der Senat zugrundegelegt, daß das Ersatzschiff bereits am 02.06.1992 hätte übernommen werden können, so daß lediglich 1 Tag der insgesamt 14-tägigen Reise verlorengegangen ist, was bei dem Gesamtcharterpreis von 9.500,– DM zu einem Minderungsbetrag von 678,57 DM führt. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, daß auf dem Ersatzschiff nicht für alle Crewmitglieder eine eigene Kabine zur Verfügung stand, sondern daß vier der Crewmitglieder in Kabinen mit Doppelkojen hätten untergebracht werden müssen. Das kann nach Ansicht des Senats für die restlichen 11 Tage für vier Personen allenfalls eine Minderung von 20 % rechtfertigen, so daß höchstens ein weiterer Betrag von 1.194,28 DM – 20 % von 5.971,42 DM (678,57 DM : 5 x 4 x 11) als Minderung zu berücksichtigen ist, so daß jedenfalls keine höhere Gesamtminderung als sie durch den gezahlten Erstattungsbetrag von 2.036,– DM berücksichtigt ist, angenommen werden kann.

13.Das Rechtsmittel des Klägers war daher mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.

14. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Beschwer beruhen auf den §§ 708 Ziffer 10, 713 und 546 Abs. 2 ZPO.

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