Rutschgefahr im Bereich des Swimmingpools ist ein allgemeines Lebensrisiko

OLG Frankfurt: Rutschgefahr im Bereich des Swimmingpools ist ein allgemeines Lebensrisiko

Der Kläger war während eines Aufenthalts in einem bei der Beklagten gebuchten Hotel am Rande des Swimmingpools des Hotels ausgerutscht und hatte sich Verletzungen zugezogen. Er fordert nun Schadensersatzzahlungen von der Beklagten.  Diese sei ihrer Verkehrssicherungspflicht nicht nachgekommen und habe den Unfall deshalb zu verantworten. Die Beklagte ist der Ansicht, dass sich in diesem Fall das allgemeine Lebensrisiko des Klägers verwirklicht habe und sie demnach nicht haften müsse.

Das Oberlandesgericht Frankfurt weist die Klage ab. Der Reiseveranstalter habe im vorliegenden Fall seine Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt. Das Risiko an einem Schwimmbecken auszurutschen sei schlicht immer gegeben. Wenn es also zu einem Unfall komme, so verwirkliche sich in diesem Fall das allgemeine Lebensrisiko. Damit einhergehend sei die streitgegenständliche Verletzung zu den allgemeinen Verletzungsrisiken zu zählen mit denen ein Reisender immer zu rechnen habe. Der Reiseveranstalter habe in diesem Fall also nicht zu haften.

OLG Frankfurt 16 U 195/00 (Aktenzeichen)
OLG Frankfurt: OLG Frankfurt, Urt. vom 03.09.2001
Rechtsweg: OLG Frankfurt, Urt. v. 03.09.2001, Az: 16 U 195/00
LG Frankfurt, Urt. v. 29.09.2000, Az: 21 O 148/00
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Oberlandesgericht Frankfurt

1. Urteil vom 03. September 2001

Aktenzeichen 16 U 195/00

Leitsatz:

2. Rutschgefahr im Bereich des Swimmingpools ist als allgemeines Lebensrisiko zu werten.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger hatte bei der Beklagten, einer Reiseveranstalterin, eine Reise gebucht. Während dieser Reise war der Kläger am Rande des Swimmingpools des gebuchten Hotels ausgerutscht und hatte sich Verletzungen zugezogen. Er fordert nun Schadensersatzzahlungen von der Beklagten, weil diese ihrer Verkehrssicherungspflicht nicht nachgekommen sei und den Unfall deshalb zu verantworten habe.

Das Oberlandesgericht Frankfurt hält die Klage für unbegründet. Es stellt klar, dass die streitgegenständliche Verletzung zu den allgemeinen Verletzungsrisiken eines Reisenden gehöre mit deren Auftreten auch im privaten Alltag gerechnet immer werden müsse. Die durch Wasser verursachte Glätte und damit einhergehende Rutschigkeit des Bodenbelags im Bereich des Schwimmbeckens sei eine übliche Begleiterscheinungen in Schwimmbädern. Diese seinen für den Reisenden erkennbar.

Im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht kann von einem Reiseveranstalter verlangt werden, dass er an den Hotelunterkünften Kontrollen durchführen lässt, um Sicherheitsrisiken zu erkennen, die sich bei genauem Hinsehen jedermann offenbaren. Der Reiseveranstalter haftet dann, wenn er gegen diese Verpflichtung verstößt, was im vorliegenden Fall jedoch nicht der Fall war.

Das Risiko an einem Schwimmbecken auszurutschen könne nie vollständig behoben werden und deshalb müsse von den Reisenden verlangt werden, dass diese sich in diesem Bereich vorsichtig bewegen. Sollte es dennoch zu einem Unfall kommen so verwirklicht sich in diesem Fall das allgemeine Lebensrisiko.

Tenor:

4. Die Berufung des Klägers gegen das am 29. September 2000 verkündete Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger ist mit 22.800,42 DM beschwert.

Tatbestand

5. Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

6. Die statthafte Berufung ist auch ansonsten zulässig, so insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 516, 518, 519, 519 b ZPO.

7. Sie ist jedoch nicht begründet.

8. Das angefochtene Urteil ist nicht zu beanstanden. Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

9. So steht dem Kläger zunächst der in zweiter Instanz noch geltendgemachte Zahlungsanspruch in Höhe von 2.800,42 DM (Berufungsantrag zu 2) nicht zu.

10. Insoweit liegen die Voraussetzungen des § 651 f Abs. 1, Abs. 2 BGB nicht vor. Es fehlt bereits an einem, für den bezeichneten Schadensersatzanspruch erforderlichen Reisemangel im Sinne des § 651 c Abs. 1 BGB. Ein Fehler der Reise im Sinne des § 651 c Abs. 1 BGB liegt dann vor, wenn eine nach dem Vertrag geschuldete Leistung nicht oder nicht in der gebotenen Art und Weise erbracht wird und dies aus dem Verantwortungsbereich des Veranstalters stammt (vgl, Palandt/Sprau, BGB, 60. Aufl., § 651 c, Randziffer 2). Damit werden grundsätzlich alle nicht in der Person des Reisenden liegenden Umstände, die die Gesamtreise oder Einzelleistungen stören, von dem § 651 c ff BGB erfasst. Davon zu trennen ist jedoch das allgemeine, natürliche Lebensrisiko des Reisenden, das Fälle umfasst, die nicht reisespezifisch sind und mit deren Auftreten auch im privaten Alltag gerechnet werden muss. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Ursache durch das Handeln des Reisenden oder Dritter ausgelöst wird. Zu diesem privaten Unfall- und Verletzungsrisiko des Reisenden gehören grundsätzlich auch Ausrutscher im Bereich des Swimmingpools.

11. Letzteres gilt zur Überzeugung des Berufungsgerichts auch für den vorliegenden Fall. Zwar kann den Veranstalter in diesem Zusammenhang eine Einstandspflicht auch dann treffen, wenn eine ungewöhnliche hohe, durch besondere Tatsachen gegenwärtige, konkrete Gefahr besteht. Ein Reisemangel kann auch darin liegen, dass, von der Einrichtung des von dem Reiseveranstalter ausgewählten Beherbergungsbetriebes eine Gefahr für die Sicherheit des Reisenden ausgeht, mit der dieser nach dem Vertrag nicht zu rechnen braucht. Hiervon kann hier allerdings nicht ausgegangen werden.

12. Soweit die Berufung insoweit auf ihr bereits erstinstanzlich geltendgemachtes Vorbringen verweist, wonach der Fliesenbelag des Thermalbades extrem rutschig und durch Pfützen und Nässe besonders glatt gewesen sei, vermag dies einen Reisemangel in dem oben beschriebenen Sinne noch nicht zu begründen. Die Beschreibung eines Bodenbelages als „glatt“ und „rutschig“ kann auch dann zutreffend sein, wenn der Bodenbelag den Sicherheitsanforderungen entspricht. Im sogenannten Nassbereich, zu dem auf jeden Fall auch der unmittelbar an das Schwimmbecken angrenzende, Bereich gehört, ist immer mit Nässe und einer hierdurch bedingten Restglätte und Rutschigkeit des Bodenbelages zu rechnen. Dies würde selbst dann gelten, wenn der Bodenbelag die nach den technischen Regeln erforderliche bzw. übliche Rutschfestigkeit aufweisen würde. Dass vorliegend der Bodenbelag den etwa geltenden Sicherheitsanforderungen nicht entsprochen hätte, ist von der Berufung nicht einmal konkret und substantiiert behauptet worden. Jedenfalls ist die durch Wasser hervorgerufene Glätte in diesem Schwimmbadbereich eine übliche Begleiterscheinung, die für den Reisenden erkennbar ist. Mithin kann hierin ein Reisemangel nicht gesehen werden. Eine Verpflichtung, Matten oder Gummiläufer in dem insoweit betroffenen gesamten Schwimmbadbereich auszulegen, bestand für die Beklagte bzw. deren Vertragspartner ebenfalls nicht; jedenfalls kann in ihrem Fehlen ein Reisemangel nicht gesehen werden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass nach dem nunmehrigen Vorbringen des Klägers der Sturz deshalb erfolgte, weil zwischen dem Ausziehen der Schuhe und dem Betreten der ersten Stufe zum Schwimmbecken plötzlich das Licht ausgeschaltet wurde, so dass für den Kläger eine Pfütze nicht erkennbar gewesen sei. In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob der Kläger sein diesbezüglich wechselndes Vorbringen im Verhältnis zur Anzeige gegenüber der Beklagten und dem ursprünglichen erstinstanzlichen Vorbringen in der Klageschrift hinreichend erläutert hat und das Vorbringen insoweit als ausreichend substantiiert erscheinen könnte, was die Beklagte in Zweifel zieht. Ebenfalls offen bleiben kann, ob im Hinblick auf die erstmalige Erwähnung dieses Umstandes in dieser Fassung im Laufe des vorliegenden Prozesses die formalen Voraussetzungen des § 651 g Abs. 1 BGB erfüllt wären. Auch dieser – zwischen den Parteien im einzelnen streitige – Gesichtspunkt würde noch keinen Reisemangel in dem oben beschriebenen Sinne begründen. Wie bereits ausgeführt, musste der Kläger jedenfalls im direkten Einstiegsbereich des Thermalbeckens auf jeden Fall mit Nässe rechnen und hätte entweder sichernde Maßnahmen ergreifen oder das Betreten des Beckens bzw. der Treppe zum Becken unterlassen müssen. Überdies hat bereits das Landgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass dem Kläger aufgrund seines bereits 11 Tage andauernden Aufenthaltes in jenem Hotel das Vorhandensein von Nässe und Pfützen und demgemäß die rutschigen Oberflächen hätten bekannt sein müssen. Angesichts dessen kann sich jedenfalls der Kläger auf den Umstand, dass er aufgrund eines plötzlichen Lichtausfalls, eine Wasserpfütze nicht gesehen habe lediglich hierauf beruft er sich -, in diesem Zusammenhang nicht stützen; von dem Vorhandensein von Pfützen musste er ausgehen. Ob mithin das Licht im Thermalbad kurzfristig ausgeschaltet wurde und ob die dadurch eingetretene „Dunkelheit“, die der Kläger in der Klageschrift als mit einer „späten Abenddämmerung“ vergleichbar beschrieben hat, dazu führen konnte, dass Pfützen nicht mehr zu sehen waren, was im einzelnen streitig ist, brauchte mithin nicht aufgeklärt zu werden. Gleiches gilt für die Frage, ob die Beklagte als Reiseveranstalterin hieran ein Verschulden träfe. Aus diesen Gründen kommt es auch nicht auf den Gesichtspunkt an, dass sich der Lichtschalter für das Thermalbad – in Form eines Zentralschalters – unstreitig an der Rezeption des Hotels befand. Darüber hinaus wäre nicht erkennbar, warum aufgrund dieses Umstandes eine konkrete Gefahr für die Sicherheit des Reisenden ausgehen könnte. Immerhin erscheint auf diese Weise gewährleistet, dass dem Erfordernis einer Beleuchtung auch bei schnell eintretender Dunkelheit unmittelbar Genüge getan werden kann, da die Rezeption eines Hotels üblicherweise regelmäßig personell besetzt ist. Dass die Gefahr eines Eingreifens Unbefugter an dieser Stelle größer wäre, als an anderen Stellen des Hotels, ist nicht hinreichend konkret dargelegt.

13. Gleiches gilt im Hinblick auf die angeblich fehlende „Notbeleuchtung“ für das Thermalbad, unabhängig von der Frage, ob eine solche für ein grundsätzlich mit Fenstern versehenes Schwimmbad tagsüber erforderlich wäre. Nach dem Vorbringen des Klägers beruhte ja die Dunkelheit auf einem aufziehenden Unwetter.

14. Den erstinstanzlich in der Klageschrift erhobenen Vorwurf, dass die Benutzung des Bades den Gästen gegenüber ermöglicht worden sei, obwohl und nachdem die Beleuchtung vollständig ausgeschaltet wurde, will der Kläger angesichts seines geänderten Vorbringens offensichtlich nicht mehr aufrechterhalten.

15. Der Kläger kann seinen geltendgemachten Zahlungsanspruch auch nicht auf eine unerlaubte Handlung der Beklagten stützen, § 823 BGB. Zwar ist seit der bereits durch das Landgericht im angefochtenen Urteil zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass der Reiseveranstalter eigene Verkehrssicherungspflichten gegenüber dem Reisenden hat. Vom Reiseveranstalter wird verlangt, dass er einen erfahrenen, sachkundigen und gewissenhaften Reiseleiter oder Beschaffer von Hotelunterkünften an Ort und Stelle Kontrollen durchführen lässt, und dass hierbei Sicherheitsrisiken entdeckt werden, die sich bei genauerem Hinsehen jedermann offenbaren. Verstößt der Veranstalter gegen diese Verpflichtung, haftet er für eigenes Organisationsverschulden nach § 823 Abs. 1 BGB. Hierauf hat der Kläger in erster Instanz einen geltendgemachten Anspruch auch hauptsächlich gestützt. Ein derartiges Organisationsverschulden ist der Beklagten jedoch nicht anzulasten. So kann ein solcher Sicherheitsmangel nach dem Vorbringen des Klägers nicht bereits in der Beschaffenheit des Fliesenbelags des Thermalbades gesehen werden. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden, die hier entsprechend gelten. Da mithin davon ausgegangen werden muss, dass durch die Beschaffenheit des Bodenbelags kein Gefahrenherd für den Reisenden geschaffen wurde, ist der Beklagten insoweit auch keine Verletzung von Auswahl- oder Kontrollpflichten vorzuwerfen. Gleiches gilt für den Umstand, das sich der Lichtschalter des Thermalbads an der Rezeption des Hotels befand. Dass dieser Umstand einen Verstoß gegen Sicherheitsstandards und eine konkrete Gefahr für den Nutzer des Thermalbades begründen könnte, ist nicht hinreichend ersichtlich. Gleiches gilt letztendlich für die nach dem Vorbringen des Klägers fehlende Notbeleuchtung des grundsätzlich mit Fenstern versehenen Hallenthermalbades, jedenfalls was die – hier einschlägige – Nutzung um die Mittagszeit betrifft. In diesem Zusammenhang hat darüber hinaus das Landgericht auch zu Recht festgestellt, dass das „Zusammenspiel“ von angeblich rutschigen Fließen, Nässe und Dunkelheit ein plötzliches Ereignis darstellen würde, von dem die Beklagte keine Kenntnis haben konnte, so dass ein Einschreiten nicht veranlasst war. Dass das Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 22.9.2000 in erster Instanz nicht geeignet erscheint, weitere konkrete Unfallgeschehen darzulegen und mithin eine gesteigerte Kontrollpflicht der Beklagten auslösen zu können, hat das Landgericht ebenfalls zutreffend dargestellt.

16. Eine Haftung für ein Verschulden des Leistungsträgers, hier des Hotels T. Terme/Ischia, gemäß § 831 BGB scheidet darüber hinaus deshalb aus, weil dieses nicht Verrichtungsgehilfe des Reiseveranstalters ist. Angesichts dieser Ausführungen war die Berufung auch hinsichtlich des Feststellungsantrages (Berufungsantrag zu 3) unbegründet. Ansprüche auf Ersatz des materiellen und immateriellen Schadens bestehen nicht.

17. Der Kläger hat die Kosten seines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen, 97 Abs. 1 ZPO.

18. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO, diejenige zur Festsetzung der Beschwer auf § 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

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