Überfall im Urlaub ist keine Reisemangel

OLG Frankfurt: Überfall im Urlaub ist keine Reisemangel

Ein Reisender nahm einen Reiseveranstalter auf Schadensersatz in Anspruch, aufgrund eines Reisemangels in Form von einem Überfall während des Urlaubs.

Das Oberlandesgericht Frankfurt wies die Klage ab und entschied, dass sich bei dem Überfall das allgemeine Lebensrisiko verwirklicht hat und dem Kläger kein Schadensersatz zusteht.

OLG Frankfurt 16 U 142/12 (Aktenzeichen)
OLG Frankfurt: OLG Frankfurt, Urt. vom 25.02.2013
Rechtsweg: OLG Frankfurt, Urt. v. 25.02.2013, Az: 16 U 142/12
LG Frankfurt, Urt. v. 02.07.2012, Az: 2-24 O 321/11
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Oberlandesgericht Frankfurt

1. Urteil vom 25.02.2013

Aktenzeichen: 16 U 142/12

Leitsätze:

2. Ein Überfall während eines Urlaubs ist die  Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos und stellt keinen Reisemangel dar.

Der Reiseveranstalter hat keine Pflicht auf die Kriminalitätsrate des Urlaubslandes hinzuweisen.

Zusammenfassung:

3. Im vorliegenden Fall  buchte der Kläger bei der Beklagten für sich und seine Ehefrau eine Pauschalreise in die Dominikanische Republik. Der Kläger wurde am Reiseort im hoteleigenen Strand überfallen und erheblich verletzt. Er wurde Vorort Notoperiert und verbrachte 35 Tage im Krankenhaus. Nach seinem Rückflug verbrachte der Kläger weitere 14 Tage im Krankenhaus. Seinen Angaben nach leidet der Kläger bis heute noch unter den Folgen des Überfalls. Der Kläger behauptet, dass sich am Strand kein Hinweisschild auf die Kriminalität befunden hat.

Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz und beruft sich auf einen Reisemangel.

Das Oberlandesgericht Frankfurt wies die Klage ab und entschied, dass es sich um die Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos handele. Weiterhin besteht für den Reiseveranstalter keine Hinweispflicht auf die Kriminalitätsrate des Urlaubslandes. Das Gericht ist der Meinung, dass Risiken, die zum allgemeinen Lebensrisiko und zum Gefahrenbereich des Reisenden zählen nicht der Einstandspflicht des Reiseveranstalters unterfallen. Ein Verstoß gegen Hinweispflichten im Prospekt ist allenfalls dann anzunehmen, wenn es wiederholt zu Überfällen oder Diebstahl gegenüber Gästen gekommen wäre, was hier nicht der Fall ist.

Tenor:

4. Die Berufung des Klägers gegen das am 2.7.2012 verkündete Urteil des Einzelrichters der 24. Zivilkammer des Landgerichts in Frankfurt/Main wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird für die Berufungsinstanz auf 18.030,56 € festgesetzt.

Gründe:

5. Der Kläger buchte für sich und seine Ehefrau bei der Beklagten eine Pauschalreise in die Dominikanische Republik für den Zeitraum …..2010 bis …..2010.

6. Am …..2010 ist der Kläger Opfer eines von zwei Männern ausgeführten Raubüberfalls geworden, in dessen Verlauf er durch eine Machete in erheblichem Umfang verletzt worden ist. Als Folge der Verletzung ist er nach einer Notoperation 35 Tage in stationärer Behandlung in einem Krankenhaus in O1 behandelt worden. Nach dem Rückflug am …..2011 ist er noch weitere 14 Tage in einem Krankenhaus behandelt worden. Seiner Behauptung nach leide er noch heute unter den Folgen des Überfalls.

7. Der Kläger hat behauptet, der Überfall habe sich am hoteleigenen Strandabschnitt ereignet; an diesem haben sich keine Hinweisschilder befunden, die von einer Nutzung des Strandabschnitts, an dem sich der Überfall dann ereignete, gewarnt hätten. Er und seine Ehefrau seien daher davon ausgegangen, dass es sich um einen sicheren Strandabschnitt gehandelt habe.

8. Die Beklagte hat behauptet, dass sich der Überfall nicht an dem hoteleigenen Strand ereignet habe und macht im Übrigen geltend, eine ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt zu haben; in dem Überfall habe sich ein allgemeines, von dem Kläger zu tragendes Lebensrisiko verwirklicht.

9. Das Landgericht hat die Klage in vollem Umfang als unbegründet abgewiesen und zur Begründung in Übereinstimmung mit der Rechtsansicht der Beklagten im Wesentlichen ausgeführt, dass Fälle von Kriminalität im Zielgebiet, insbesondere allgemeine Gefahren eines Überfalls oder Diebstahls in der Urlaubsregion als Fälle der Verwirklichung eines allgemeinen Lebensrisikos anzusehen seien. Auch eine Informationspflichtverletzung auf Seiten der Beklagten habe nicht bestanden.

10. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

11. Gegen dieses Urteil hat der Kläger form- und fristgerecht Berufung eingelegt, mit der er sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt.

12. Er beantragt,

13. unter Abänderung des angefochtenen Urteils

14. 1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.030,56 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 20.1.2012 zu zahlen,

15. 2. die Beklagte weiterhin zu verurteilen, an ihn ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 15.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 20.1.2012 zu zahlen.

16. Die Beklagte beantragt,

17. die Berufung zurückzuweisen.

18. Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

19. Zur Ergänzung wird im Übrigen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

20. Die Berufung des Klägers ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.

21. Zu Recht hat das Landgericht die von dem Kläger erhobenen Ansprüche abgewiesen, denn ein Reisemangel i.S.v. § 651 c BGB als Voraussetzung eines Schadensersatzanspruchs gem. § 651 f I BGB oder gegebenenfalls eines Minderungsanspruchs gem. § 651 d I BGB liegt nicht vor.

22. In der Rechtsprechung und im Schrifttum ist herrschende Meinung, der sich der Senat anschließt, dass zum allgemeinen Lebensrisiko und zum Gefahrenbereich des Reisenden zählende Risiken nicht der Einstandspflicht des Reiseveranstalters unterfallen ( BGH NJW 1982, 1521; OLG Düsseldorf NJW-RR 1991, 879; OLG Karlsruhe NJW-RR 1993, 1076; Münchner Kommentar-Tonner BGB 3. Aufl. § 651 c Rn. 37; Führich, Reiserecht 4. Aufl. Rn. 212).

23. Als solche Risiken sind Kriminalität im Zielgebiet und allgemeine Gefahren des Überfalls und Diebstahls in der Urlaubsregion und Hoteldiebstahls-Gefahr anerkannt. Nach der Entscheidung BGH NJW 1982, 1521 wäre ein Verstoß gegen Hinweispflichten im Prospekt allenfalls dann anzunehmen, wenn es wiederholt zu Überfällen oder Diebstahl gegenüber Gästen gekommen wäre. Dies ist im vorliegenden Fall von Seiten des Klägers nicht vorgetragen worden.

24. Ob im vorliegenden Fall das von dem Kläger bezeichnete Schild am Strand etwas anderes begründet hätte, kann dahingestellt bleiben, ebenso die von der Beklagten bestrittene Behauptung, dass es einen offiziellen Hotelstrand gegeben hat, denn in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger selbst angegeben, dass sich der Überfall nicht im Bereich des von ihm als „Hotelstrand“ bezeichneten Strandabschnitts ereignet hat, sondern eindeutig im Bereich des „freien“ Strandes, für den der Beklagten keine Verkehrssicherungspflichten obliegen.

25. Eine Hinweispflicht der Beklagten hat nach dem Vorstehenden und im Hinblick auf das zu unterstellende Wissen der Reisenden hinsichtlich der Gefahr von Überfällen und/oder Diebstählen, denen sie sich in der Dominikanischen Republik aussetzen, nicht bestanden. Aus den gleichen Gesichtspunkten kann vorliegend auch nicht von einer einen Schmerzensgeldanspruch (§ 847 BGB) begründenden Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht i.S.v. § 823 I BGB ausgegangen werden.

26. Nach alledem war die Berufung des Klägers mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

27. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO, die Wertfestsetzung auf § 3 ZPO.

28. Die Revision war nicht zuzulassen, weil eine Entscheidung des Revisionsgerichts weder wegen der Bedeutung der Sache noch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

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