Schadenersatz wegen vertaner Urlaubszeit infolge Baulärms in der Hotelanlage

LG Düsseldorf: Schadenersatz wegen vertaner Urlaubszeit infolge Baulärms in der Hotelanlage

Der Kläger buchte beim Beklagten einen Urlaub in einer Bungalowanlage. Durch laute Bauarbeiten in der Nähe seines Zimmers fühlte er sich  in seinem Urlaub beeinträchtigt.
Er klagte daraufhin auf Minderung des Reisepreises und Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit.

Das Berufungsgericht gab dem Kläger teilweise Recht und verurteilte den Beklagten auf die Erstattung von 50 % des Reisepreises.

LG Düsseldorf 22 S 26/99 (Aktenzeichen)
LG Düsseldorf: LG Düsseldorf, Urt. vom 21.01.2000
Rechtsweg: LG Düsseldorf, 21.01.2000, Az: 22 S 26/99
AG Düsseldorf, 08.12.1988, Az: 23 C …
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Landgericht Düsseldorf

1. Urteil vom 21. Januar 2000

Aktenzeichen 22 S 26/99

Leitsätze:

2. Sind Bauarbeiten in einer Hotelanlage im Zimmer des Urlaubers, in den Gemeinschaftsräumlichkeiten und am Hotelpool über den ganzen verteilt Tag hörbar, dann ist der Urlauber in seinen Erholungsmöglichkeiten stark beeinträchtigt und kann für die betroffenen Tage eine Reisepreisminderung um 50 % verlangen.

Wenn bei einem 14 tägigen Urlaub 11 Tage gerade so die Beeinträchtigung von 50 % erreichen, aber drei Tage von dieser Beeinträchtigung unberührt sind, liegt keine erhebliche Beeinträchtigung i.S.d. § 651 f Abs. 2 BGB vor.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger buchte beim Beklagten Reiseveranstalter einen Urlaub in einer Hotelanlage. In der Nähe seines Bungalows gab es an 11 Tagen des 14 tägigen Urlaubs Bauarbeiten. Diese fanden von 6 bis 14 Uhr und 16 bis 19 Uhr statt und waren im Hotelzimmer des Klägers, sowie in den Gemeinschaftsräumen sowie an der Poollandschaft der Anlage zu hören.
Der Kläger fühlte sich in seinem Urlaub beeinträchtigt und wandte sich an den Reiseveranstalter. Dieser stellte ihm eine Ersatzunterkunft in Aussicht, jedoch ohne dabei konkrete Angaben zu machen, worauf der Kläger nicht einging.
Stattdessen klagte der Urlauber auf Reisepreisminderung gem. §§ 651 d, 472, 812 ff. BGB und auf Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit gem. § 651 f Abs. 2 BGB.

Das LG Düsseldorf entschied im Berufungsverfahren zugunsten des Klägers. Es erkannte eine Beeinträchtigung der Erholung des Klägers an und gestand ihm eine Reisepreisminderung um 50 %  der Reisekosten (1.067,00 DM) zu. Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit lehnte es aber ab, da seiner Ansicht nach der Urlaub nicht, wie ihn § 651 f Abs. 2 BGB fordert, erheblich beeinträchtigt gewesen sein soll.

Tenor:

4. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 08.12.1988 verkündete Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf -: 23 C …/… -teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird im Wege des Teilanerkenntnisurteils verurteilt, an den Kläger 270,00 wird im Wege des Schlussurteils verurteilt, an den Kläger weitere 797,00 DM nebst 4 % Prozent Zinsen aus 1. 067,00 DM seit dem 01.10.1997 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung sowie die Anschlussberufung des Klägers werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt der Kläger 70 % und die Beklagte 30 %, von den Kosten der Berufung der Kläger 76 % und die Beklagte 24 %.

Tatbestand:

5. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

I.

6. Die Berufung der Klägerin hat teilweise Erfolg, die Anschlussberufung des Beklagten ist unbegründet. Die Klägerin schuldet dem Beklagten 1.067,00 DM (einschließlich der anerkannten 270,00 DM) nebst Zinsen.

1.

7. Der Kläger kann von dem gezahlten Reisepreis 1.067, 00 DM zurückverlangen, da dieser um diesen Betrag gemindert ist (§§ 651 d, 472, 812 ff. BGB).

a)

8. Die Reise war infolge der mit Lärm und Staub verbundenen Bauarbeiten mangelhaft. Dabei kann offen bleiben, ob neue Bungalows errichtet wurden oder ob es sich um Straßenbauarbeiten handelte und ob letztere gegebenenfalls für die Beklagte vorhersehbar waren. Für die Minderung kommt es nur auf den objektiv vorhandenen Mangel und nicht auf ein Verschulden des Reiseveranstalters an.

b)

9. Dass der Kläger den Mangel in Form von Lärm und Staub im ersten Gespräch mit der Reiseleitung umfassend beanstandet hat, steht fest nach der glaubhaften Aussage der Zeugin N. Die Beklagte bezieht sich zum Gegenbeweis lediglich auf das schriftliche Beanstandungsprotokoll. Dieses datiert aber erst vom letzten Reisetag, nachdem unstreitig zu Urlaubsbeginn mündliche Gespräche geführt wurden, und steht daher einem weitergehenden Inhalt der mündlichen Beanstandungen nicht entgegen.

c)

10. Das Minderungsrecht scheitert nicht daran, dass der Kläger taugliche Abhilfe in Form eines geeigneten Umzugsangebots abgelehnt hätte.

11. Zum einen hat die Beklagte schon nicht vorgetragen, dass das in Aussicht gestellte Ersatzappartement so gelegen hätte, dass die Beeinträchtigungen weggefallen (angesichts der Spürbarkeit in den Außen- und Gemeinschaftsanlagen ohnehin nicht möglich) oder auch nur nennenswert gelindert worden wären.

12. Darüber hinaus hat die Beklagte dem Kläger einen Umzug, unabhängig von Lage und sonstiger Beschaffenheit des Ersatzappartements, nicht in einer Weise angeboten, die ihn verpflichtete, hiervon Gebrauch zu machen. Die Beklagte trägt insofern lediglich vor, sie habe einen Umzug für die Zukunft – zwei Tage nach Gesprächszeitpunkt – „angeboten“ (besser formuliert: in Aussicht gestellt), und der Kläger sei auf dieses Angebot nicht zurückgekommen. Der Reisende ist aber nicht verpflichtet, von sich aus auf ein solches abstrakt gehaltenes „Angebot“ zurückzukommen, sondern es ist Sache des Veranstalters, dann, wenn eine konkrete Umzugsmöglichkeit besteht, diese dem Reisenden so anzubieten, daß dieser noch anzunehmen oder abzulehnen braucht.

d)

13. Die Minderung beträgt 50 % des auf die betroffenen Tage entfallenden Reisepreises. Bei lautstarken Bauarbeiten in unmittelbarer Nähe des eigenen Zimmers von 6.00 bis 14.00 Uhr und 16.00 Uhr bis 19.00 Uhr, unbestritten auch hörbar an der Poollandschaft sowie in den Gemeinschaftsräumlichkeiten der Anlage, ist der Tag schon aufgrund der Geräuschentwicklung für die Erholung weitgehend verloren. Hinzu kommt die ebenfalls unbestrittene Staubentwicklung. Es kann auch nicht angenommen werden, dass der Kläger und seine Frau ohnehin zum Strand hätten gehen wollen. Ausweislich der Katalogbeschreibung handelt es sich um kein Strandhotel, sondern schon der ausdrücklich als klein bezeichnete Ortsstrand ist 400 m entfernt, der nächste größere Strand 4 km; wohl zum Ausgleich hat die Anlage eine Meerwasser-​Poolanlage.

14. Die Minderung beschränkt sich zeitanteilig auf 11 Tage. Insofern muss der Kläger sich an seiner schriftlichen Beanstandung vom 21.08.1997 festhalten lassen. Dort hat er – rückblickend und vollständig, denn es handelte sich bereits um den Abreisetag – festgehalten, der Baulärm habe ihn an 11 Tagen geweckt. Hieraus ist zu schließen, dass an den übrigen Tagen auch sonst kein Baulärm stattfand, denn dass etwa an einzelnen Tagen später begonnen worden sei, sagt der Kläger selbst nicht. Es handelt sich bei den arbeitsfreien Tagen offenbar um die Wochenenden, die in dem zweiwöchigen Urlaub zwei Mal mit je ein bis zwei Tagen enthalten waren.

15. Der Gesamtreisepreis von 2.716,00 DM dividiert durch 14 Tage, reduziert um 50 % und wiederum multipliziert mit 11 Tagen ergibt 1.067,00 DM.

2.

16. Einen Anspruch auf Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit hat der Kläger nicht. Seine Reise war nicht, wie es hierfür vorausgesetzt ist (§ 651 f Abs. 2 BGB), erheblich beeinträchtigt. Eine erhebliche Beeinträchtigung liegt nach herrschender Meinung und ständiger Rechtsprechung der Kammer regelmäßig vor, wenn die Reise durch Mängel um mindestens 50 % entwertet ist. Dieser Wert wurde bei der Reise des Klägers zwar, wie oben unter 1. Ausgeführt, an 11 Tagen erreicht, an den übrigen drei Tagen jedoch nicht. Die Reise insgesamt war damit nicht zur Hälfte oder mehr entwertet. Das gilt  nicht nur in rechnerischer Hinsicht; eine Minderung um 1.067,00 DM von einem Reisepreis von 2.716,00 DM entspricht 39 % und damit deutlich weniger als der Hälfte. Es ergibt sich auch aus einer wertenden Betrachtung. Wenn in einem 14-​tägigen Urlaub 11 Tage gerade die kritische Schwelle einer Beeinträchtigung um 50 % erreichen , die übrigen drei Tage aber unbeeinträchtigt sind, dann kann in der Beurteilung des gesamten Urlaubs nicht von einer Entwertung um die Hälfte gesprochen werden.

II.

17. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

18. Streitwert für die Berufungsinstanz: 3.328,00 DM (davon Berufung 2.175,00 DM und Anschlussberufung 1.153,00 DM).

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