Kabine mit Sichtbehinderung

AG Rostock: Kabine mit Sichtbehinderung

Die Kläger verklagten den Reiseveranstalter, die eine Reise auf einem Schiff anboten. Diese begehrten einen Zahlungsanspruch gegen den Beklagten, aufgrund mangelhaft erbrachter Leistung. Hier stimmte die Balkonaussicht, aus dem Reisekatalog, nicht mit der tatsächlichen, viel schlechteren Aussicht überein.

Das Amtsgericht Rostock sprach den Klägern, bezüglich diesen Mangels, einen Zahlungsanspruch zu.

AG Rostock 41 C 190/08 (Aktenzeichen)
AG Rostock: AG Rostock, Urt. vom 12.09.2008
Rechtsweg: AG Rostock, Urt. v. 12.09.2008, Az: 41 C 190/08
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Mecklenburg-Vorpommern-Gerichtsurteile

Amtsgericht Rostock

1.Urteil vom 12. September 2008

Aktenzeichen 41 C 190/08

Leitsätze:

2. Eine nicht unerhebliche Abweichung, zwischen der im Reisekatalog abgebildeten Kabine und der tatsächlichen, führt zu einem Zahlungsanspruch gegen den Reiseveranstalter.

Zusammenfassung:

3. Die Klägerin buchte eine Reise auf einem Schiff bei der Beklagten. Zur Veranschaulichung der dort befindlichen Kabinen, diente ein Reisekatalog. Dieser beinhaltete Abbildungen, welche Kabinen zeigte, die mit einer großzügigen Zimmerverglasung sowie verglaste Balkonbrüstungen, die einen freien Blick in die Ferne zuließen, ausgestattet sind. Bei Antritt der Reise, stellte sich jedoch heraus, dass die Balkone nicht mit verglasten Balkonbrüstungen ausgestattet waren, sondern mit einer Stahlwand abgeschlossen waren. Dies verhinderte den Blick in die Ferne. Der vermittelte Eindruck von Weite und Großzügigkeit, durch den Reisekatalog, wurde der Balkon somit nicht gerecht.

Das Amtsgericht Rostock entschied, dass dies einen Reisemangel darstellt. Die Abbildungen in einem Reisekatalog sind nicht unverbindlich und stellen keine bloßen Musterbeispiele dar. Reisende, die aufgrund eines solchen Reiseprospekts ihre Reise und Unterkunft buchen, erwarten auch ähnliche Bedingungen vor Ort. Auch waren dem Prospekt keine Hinweise zu entnehmen, die die Reisenden darüber informiert, dass die Aussicht von den Balkonen teilweise eingeschränkt sein könne.

Den Klägern steht ein Zahlungsanspruch gegen die Beklagte gemäß §§651 d I 1, 638 IV BGB zu.

Tenor:

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 192,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.09.2007 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.  Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

5. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. §§ 313 a Abs. 1, Satz 1, 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

6. Die Klage ist teilweise begründet.

7. Die Kläger haben gegen die Beklagte einen Zahlungsanspruch gemäß §§ 651d Abs. 1 Satz 1, 638 Abs. 4 BGB.

8. Gemäß § 651 c Abs. 1 BGB ist die von den Klägern im Zeitraum vom 20.07.2007 bis 27.07.2007 gebuchte Reise mangelhaft, da die den Klägern zugewiesene Kabine von der im Reisekatalog der Beklagten abgebildeten Kabine abwich. Die Abbildung im Reiseprospekt, nach dem die Kläger die Reise gebucht haben, vermittelt den Eindruck von Weite und Großzügigkeit. Dieser Eindruck entsteht insbesondere dadurch, dass über die großzügige Zimmerverglasung und die anschließend verglaste Balkonbrüstung ein freier Blick auf das Wasser und in die Ferne dargeboten wird.

9. Der Eindruck von Weite und Großzügigkeit bestand tatsächlich nicht, weil anstelle der verglasten Balkonbrüstung der Balkon von einer Stahlwand abgeschlossen wurde. Ein freier Blick über die Bordwand hinaus aus dem Zimmer oder bei sitzendem Aufenthalt auf dem Balkon war aufgrund der Höhe der Balkonbrüstung nicht möglich. Ein freier Blick auf das Wasser war nur dann möglich, wenn die Kläger sich stehend auf dem Balkon aufhielten. Ein gemütlicher Aufenthalt im Sitzen auf dem Balkon oder im Zimmer mit gleichzeitiger Aussicht sind nicht möglich. Dabei ist grade das Gefühl von Weite und Freiheit ein wesentlicher Gesichtspunkt für den Antritt einer Kreuzfahrt.

10. Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Abbildung im Katalog kein verbindliches Angebot darstellt, sondern die Abbildungen nur Musterbeispiele sind.

11. Verwendet die Beklagte ein Foto von den Unterkünften im Katalog, so ist dieses in die durchschnittlichen Erwartungen des Reisenden mit einzubeziehen. Dieser kann davon ausgehen, dass die gebuchte Unterkunft in etwa der abgebildeten Unterkunft entspricht und das Foto repräsentativ für die Leistungsbeschreibung ist. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass für die Auswahl einer bestimmten Kabine die bildliche Darstellung im Katalog nicht unerheblich ist. Der Katalog stellte für die Kläger die einzige Informationsquelle bei Buchung der Reise dar. Das Schiff der Beklagten war zu diesem Zeitpunkt nicht in Dienst gestellt und befand sich noch im Bau. Erschwerend kommt hinzu, dass die Beklagte im Katalog bei anderen Kabinen auf der gleichen Seite des Prospekts darauf hinwies, dass es auch Kabinen mit eingeschränkter Sicht gibt. Damit meint die Beklagte zwar nicht die veränderte Ausführung der Balkonbrüstung sondern die Sichteinschränkung durch andere Schiffseinrichtungen wie Rettungsboote oder Außengänge. Dieser Unterschied wird dem Reisenden jedoch nicht deutlich. Die Kläger konnten nicht davon ausgehen, dass sie nur eine Kabine buchen, in denen nur stehend an der Balkonbrüstung die Sicht in die Ferne möglich ist. Die Beklagte hätte daher auch für die Balkonkabine im Katalog darauf hinweisen müssen, dass in einigen Kabinen die Sicht in der Weise eingeschränkt sein kann, wie in der von den Klägern gebuchten Kabine. Der Hinweis der Beklagten auf die Darstellung der Premium-Suiten im Katalog ist nicht relevant. Aus diesen Abbildungen wird für den Betrachter deutlich, dass diese keine durchsichtigen Balkonbrüstungen aufweisen, sodass dem Reisenden dieser Umstand bereits bei der Entscheidung zur Buchung dieser Kabinen bekannt ist.

12. Soweit die Beklagte behauptet, der Umstand der Stahlbrüstung sei den Klägern bei Buchung der Reise bekannt gewesen und sie hätten den Zustand der Kabine akzeptiert, so liegt dieser Vortrag neben der Sache. Bei Buchung der Reise war das Schiff noch im Bau. Die Kläger haben das Schiff erstmals über ein halbes Jahr nach der Buchung am Tag der Taufe am 21.04.2007 gesehen. Unmittelbar im Anschluss an diese Feststellungen haben die Kläger mehrfach versucht, eine Kabine mit einer gläsernen Balkonbrüstung zu erhalten. Auch bei Antritt der Reise haben die Kläger die Stahlbrüstung gegenüber der Beklagten moniert und den Mangel am 30.07.2007 gegenüber der Beklagten angezeigt. Eine Abhilfe wurde seitens der Beklagten nicht geschaffen und war zum Zeitpunkt des Antritts der Reise dann auch nicht mehr möglich, da alle Kabinen ausgebucht waren.

13. Den Umfang des Mangels bewertet das Gericht mit fünf Prozent. Dabei wird berücksichtigt, dass die weiteren nicht unerheblichen Reiseleistungen der Beklagten mangelfrei erbracht worden sind. Allein eine andere Ausführung der Balkonbrüstung der Unterkunft rechtfertigt keine höhere Minderung.

14. Die Forderung der Kläger ist gemäß §§ 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 1 BGB zu verzinsen.

15. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO (Kosten) und §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO (vorläufige Vollstreckbarkeit).

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