Reisemangels durch Eindringen einer Ratte ins Hotelzimmer

AG Köln: Reisemangels durch Eindringen einer Ratte in das Hotelzimmer

Der Kläger buchte seine Familie und sich eine all inklusive Reise nach Mallorca in das Hotel H./ Cala d´Or mit Unterbringung in einem Superior-Familienzimmer. Das erhaltenen Zimmer, so behauptet Kläger, sei von Ratten befallen gewesen, weshalb er mit seiner Familie das Zimmer wechselte, welches der Kläger ebenfalls als mangelhaft betitelte. Daher verlangt er von der Beklagten eine Minderung des Gesamtreisepreises um 50%.

Das Amtsgericht Köln wies diese Klage im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches ab.

AG Köln 142 C 78/15 (Aktenzeichen)
AG Köln: AG Köln, Urt. vom 07.09.2015
Rechtsweg: AG Köln, Urt. v. 07.09.2015, Az: 142 C 78/15
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Amtsgericht Köln

1. Urteil vom 07. September 2015

Aktenzeichen 142 C 78/15

 

Leitsätze:

2. Es liegt kein Reisemangel vor, wenn eine Ratte während der Nacht in das Hotelzimmer eindringt und sie durch einen Angestellten vertrieben werden kann.

Die Unterkunft muss grundsätzlich ungezieferfrei sein, dennoch gilt das alleinige Auftreten von Ungeziefer nicht als Mangel.

Das Auftreten muss mit den landestypischen Bedingungen in Verhältnis gesetzt werden.

Das bedeutet, das mehrfache Auftreten von kleinem Ungeziefer gilt erst unter befallähnlichen Umständen als Mangel.

Bei großem Ungeziefer spricht man von einem Mangel, wenn der dieser für eine langfristige Beeinträchtigung sorgt.

Zusammenfassung:

3. Für seine Familie und sich buchte der Kläger bei der Beklagten eine Reise nach Mallorca in das Hotel H./ Cala d´Or für den Zeitraum von 01.09.2014 bis 10.09.2014. Bei der Reise handelte es sich um eine all inklusive Reise mit der gebuchten Unterbringung in einem Superior-Familienzimmer im Wert von 2.186,00 Euro. Im Hotel angekommen, erhielt der Kläger ein Familienzimmer mit Balkon mit angrenzenden Vordach. Als der Kläger am Abend lüftete, seien drei Ratten über das Vordach in das Hotelzimmer eingedrungen. Da der Kläger erneutes Eindringen der Ratten befürchtete, zog die Familie in ein kleineres Standard Doppelzimmer mit Etagenbett. Am 02.09.2014 beklagte sich der Kläger über Mängel in dem neuen Zimmer. Zum einen, sei zu wenig Stauraum vorhanden und zum anderen sei das obere Bett mit einem wackeligen Gitter umgeben. Das Angebot am 04.09.2014 das Zimmer erneut zu wechseln, lehnte der Kläger ab. Am Ende der Reise reichte der Kläger eine anwaltliches Schreiben ein, mit der Forderung den Gesamtreisepreis um 50%, entsprechend 1.093,00 Euro, zu mindern.

Das Eindringen von Ratten in das Hotelzimmer stellt kein Mangel im Sinne von § 651 c BGB dar. Ein Reisemangel liegt vor, wenn der Wert der Reise gemindert oder der ursprüngliche Nutzen aufgehoben ist. Die Unterkunft sollte grundsätzlich ungezieferfrei sein, dennoch kann man erst von einem Mangel sprechen, wenn das Ausmaß des Auftretens von kleinem Ungeziefer befallähnlich ausgeprägt ist. Ratten sind eine Erscheinung des Massentourismus, weshalb man in Hotelnähe mit diesen rechnen muss. Somit liegt zwar Unwohlsein, aber kein Reisemangel vor. Daher entschied das Amtsgericht Köln, dass gemäß § 651 d BGB der Kläger kein Anspruch auf Reiseminderung hat.

 

Tenor

4. Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreites trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung auf Grund des Urteiles gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages geleistet hat.

Tatbestand

5. Der Kläger nimmt die Beklagte, eine Reiseveranstalterin, auf Reisepreisminderung in Anspruch.

6. Der Kläger buchte für sich, seine Ehefrau und zwei Kinder eine Reise nach Mallorca in das Hotel H./Cala d`Or in der Zeit vom 01.09.2014 bis 10.09.2014. Der Gesamtreisepreis belief sich auf 2.186,00 Euro. Gebucht war die Unterbringung in einem Superior – Familienzimmer, Dusche oder Bad, Balkon bei Verpflegung Alles Inklusive. Der Kläger trat die Reise an. Er erhielt ein Familienzimmer der gebuchten Kategorie in Hochparterre mit Balkon, an dem ein Vordach grenzte. Unterhalb des Vordaches befand sich ein Garagenhof. In der ersten Nacht zog der Kläger in ein kleineres Standard Doppelzimmer mit Etagenbett um. An dem Etagenbett befand sich am oberen Bett ein wackeliges Gitter. Das Zimmer verfügte über zu wenig Staufläche für vier Personen. Am 02.09.2014 rügte der Kläger Mängel, worüber am selben Tag eine Leistungsänderungsmitteilung erstellt wurde. Einen Umzug am 04.09.2014 in ein Familienzimmer oberhalb des ersten Zimmers lehnte der Kläger ab. Nach Reiseende machte der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 07.10.2014 bei der Beklagten Ansprüche geltend.

7. Der Kläger behauptet, dass das zugewiesene Zimmer von Ratten befallen gewesen sei. Am ersten Abend habe man das in Hochparterre gelegene Zimmer bei eingeschaltetem Licht gelüftet. Der Kläger habe dann nach einiger Zeit eine Ratte im Zimmer in Nähe der Balkontür und zwei weitere auf dem Vordach bemerkt. Durch einen herbeigerufenen Hotelmitarbeiter sei die Ratte, die sich hinter dem Nachttisch versteckt hatte, vertrieben worden. Weiter sei der Mitarbeiter auf das Vordach gestiegen um das Ungeziefer zu vertreiben, was ihm aber nicht abschließend gelungen sei. Man habe davon ausgehen müssen, dass sich dies bei geöffneter Balkontür wiederhole. Unterhalb des Balkons hätten sich Mülltonnen befunden. Das Familienzimmer über dem zuerst zugewiesenen habe der Kläger nicht annehmen müssen, da die Ratten auch dieses über die angrenzende Wand, die Löcher wegen defekter Glasbausteine aufgewiesen habe, kletternd hätten erreichen können. Der Kläger ist der Ansicht, dass der Reisepreis um 50 %, entsprechend 1.093,00 Euro, zu mindern sei.

8. Der Kläger beantragt,

9. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 1.093,00 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 22.10.2014 sowie Nebenforderungen in Höhe von 201,71 Euro zu zahlen.

10. Die Beklagte beantragt,

11. die Klage abzuweisen.

12.Sie behauptet, dass der Kläger eine Ratte in dem Zimmer gemeldet habe, der herbeigerufene Mitarbeiter in dem Zimmer aber keine habe entdecken können. Wenn überhaupt habe es sich um eine verirrte Palmratte gehandelt, da ein Tag zuvor Bäume in der Nähe geschnitten worden seien.

13. Es wird weiter auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

14. Die Klage ist unbegründet.

15. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Reisepreisminderung gemäß § 651 d BGB aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Reisevertrag zu.

I.

16. Selbst bei Wahrunterstellung des Vortrages des Klägers hinsichtlich des Vorfalles am ersten Abend lag ein zum Umzug und im Anschluss zur Minderung berechtigender Reisemangel gemäß § 651 c BGB nicht vor. Das Eindringen einer Ratte in das Hotelzimmer stellt sich nicht als Mangel im Sinne von § 651 c BGB dar.

17. Ein Reisemangel i.S.d. § 651c BGB liegt vor, wenn die Reise von der vereinbarten Beschaffenheit abweicht oder ein Fehler vorliegt, durch den der Wert der Reise oder ihre Tauglichkeit zu dem vertraglich vorausgesetzten Nutzen aufgehoben oder gemindert ist. Hierbei ist zunächst von einem subjektiven Fehlerbegriff auszugehen, also auf das Abweichen der Ist- von der vertraglich vereinbarten Sollbeschaffenheit abzustellen. Nur dort, wo konkrete Vereinbarungen über den Inhalt des Reisevertrages nicht getroffen worden sind, ist die normale, objektive Beschaffenheit der Reiseleistung maßgeblich. Es ist dann auf objektive Durchschnittsanforderungen bzw. auf die Erwartung des Durchschnittsreisenden abzustellen. Abzugrenzen ist der Mangel von reinen Unannehmlichkeiten, d.h. solchen Abweichungen, die nur eine geringfügige Beeinträchtigung darstellen. Ob die Beeinträchtigung als geringfügig anzusehen ist, richtet sich nur nach den objektiv berechtigten Erwartungen des durchschnittlichen Reisenden und nicht nach den individuellen subjektiven Empfindungen des konkreten Urlaubers. Die Beurteilung der Geringfügigkeit richtet sich weiter nach den Umständen vor Ort, d.h. den ortsüblichen Besonderheiten, die sich aus dem Umfeld des Reisezieles aber auch aus dem Massentourismus ergeben. In Hinblick auf Ungeziefer ist festzustellen, dass die Unterkunft grundsätzlich frei von Ungeziefer sein muss. Das Auftreten von Ungeziefer ist indes noch nicht per se ein Mangel sondern nur dann wenn in Abhängigkeit von dem Ausmaß des Auftretens und dem landestypischen Besonderheiten die Beeinträchtigung nach den obigen Kriterien nicht mehr nur geringfügig ist. So ist das mehrfache Auftreten von landestypischem kleinerem Ungeziefer so lange kein Mangel wie kein „Befall“ der Unterkunft vorliegt. Das Auftreten von größerem Ungeziefer setzt zwar keinen Befall voraus, um als nicht mehr nur geringfügig angesehen zu werden, indes genügt eine einmalige kurzzeitige Beeinträchtigung nicht und reicht auch ein hieraus resultierender Verdacht auf das Vorliegen eines Problems nicht, wenn es keine objektiven Anhaltspunkte gibt, die zumindest das Vorhandensein eines Ungezieferproblems als wahrscheinlich erscheinen lassen.

18. Ausgehend hiervon liegt vorliegend auf der Grundlage des Vortrages des Klägers kein Mangel vor. Ratten werden allgemein als größeres Ungeziefer angesehen. Ratten in der Unterkunft stellen daher, auch ohne dass sie gehäuft auftreten müssten, objektiv einen Mangel dar. Allerdings sind Ratten auch keine unübliche Erscheinung in südlichen Urlaubsregionen. Sie sind auch eine Erscheinung des Massentourismus. Mit der Existenz von Ratten in der Nähe von Hotels ist daher zu rechnen, dies gilt selbst dann wenn auf Sauberkeit und Hygiene im Hotel und in seinem Umfeld geachtet wird. Kommt es daher zu einem einmaligen Eindringen einer Ratte des Nachts bei geöffneter Balkontür und eingeschaltetem Licht handelt es sich zunächst nur um einen singulären unangenehmen Vorfall, der in dem Umfeld von Hotels – nicht nur auf Mallorca – vorkommen kann, aber als zufällig bezeichnet werden muss. Gerade das Eindringen von außen zeigt, dass es sich nicht um ein im Hotel vorhandenes Rattenproblem handelte. Dies unterscheidet den vorliegenden Fall von dem Fall, in dem das OLG Düsseldorf (NJW-​RR 1991, 377) auf einen Mangel entschieden hat. Dort befand sich die Ratte drei Tage im Zimmer und hatte Kleidungsstücke angenagt. Dem Vortrag des Klägers sind keine Anhaltspunkte zu entnehmen, dass in dem Hotel selbst an anderen Stellen oder Zimmern bereits Ratten lebten. Die weitere Beobachtung des Klägers bezieht sich auf zwei weitere Tiere auf dem Vordach außerhalb des Hotels. Dies alleine genügt indes nicht, um das Bestehen eines Rattenproblems wahrscheinlich erscheinen zu lassen, sie genügt auch nicht um einen konkreten Verdacht dahingehend zu begründen, dass es wahrscheinlich ist, dass an weiteren Abenden wieder eine Ratte den Weg auf den Balkon findet. Auch aus dem bloßen Vortrag, dass sich in dem unter dem Balkon gelegenen Hof Mülltonnen befanden, ergibt sich nicht, dass in dem von dem Kläger bewohnten Zimmer mit einem weiteren Eindringen von Ratten zu rechnen war. Dass der Hof und die Mülltonnen ungepflegt waren und daher besonders geeignet waren, um Ratten anzulocken, hat der Kläger nicht behauptet. Das Gericht verkennt nicht, dass auch das Auftreten nur einer Ratte Ekel und Angst auslösen kann und man sich im Anschluss in dem Zimmer unwohl fühlen kann. Hierbei handelt es sich aber um subjektive Empfindungen, die einer objektiven Grundlage zunächst entbehren. Dieser bedarf es aber um einen Reisemangel zu begründen.

II.

19. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr.11, 711 ZPO.

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