Vorleistung bei Flugticketbuchung

LG Köln: Vorleistung bei Flugticketbuchung

Ein Verband zum Schutz von Verbraucherinteressen nimmt ein Luftfahrtunternehmen auf Unterlassen in Anspruch, aufgrund einer Klausel in den allgemeinen Reisebestimmungen.

Das Landgericht Köln wies die Klage ab und entschied, dass Luftfahrtunternehmen vom Reisenden bereits zum Zeitpunkt der Buchung den Reisepreis verlangen darf.

LG Köln 26 0 253/13 (Aktenzeichen)
LG Köln: LG Köln, Urt. vom 08.01.2014
Rechtsweg: LG Köln, Urt. v. 08.01.2014, Az: 26 0 253/13
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Landgericht Köln

1. Urteil vom 08.01.2014

Aktenzeichen: 26 0 253/13

Leitsätze:

2. Den Flugpreis dürfen Luftfahrtunternehmen vom Reisenden bereits zum Zeitpunkt der Buchung verlangen.

Die auf eine solche Vorleistung gerichteten Klauseln der Luftfahrtunternehmen sind wirksam.

Zusammenfassung:

3. Im vorliegenden Fall verwendet ein Luftfahrtunternehmen während des Buchungsvorgangs die Formulierung:

„Ihre Zahlweise Entscheiden Sie sich hier, ob Sie die Buchung sofort bezahlen möchten oder ob Sie sich die Flüge und Preise bis zu 48 Stunden reserviert halten möchten
0 jetzt bezahlen
0 Reservierung mit Preisgarantie
Bitte beachten Sie: Die Buchung muss innerhalb der 48 Stunden aktiv bestätigt und bezahlt werden, […].“

Der Verband zum Schutz von Verbraucherinteressen ist der Ansicht dass die Klausel gegen §§ 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. §§ 641 Abs. 1, 646 BGB verstoße und begehrt eine Unterlassungserklärung, sowie die Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von 250 € auf.

Das Landgericht Köln wies die Klage ab und entschied, dass Luftfahrtunternehmen ein besondereres Recht haben als der Verbraucher um eine Vorleistung zu verlangen. Die Vorleistung stellt bei der Buchung keine Benachteiligung für den Reisenden dar, da die Flugpläne der Luftfahrtunternehmen bereits ein Jahr im Vorraus erstellt werden.

Tenor:

4. Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistungen in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

5. Der Kläger, der in der Liste qualifizierter Einrichtungen i.S.d. § 4 UKIaG eingetragen ist, wendet sich gegen die Verwendung der von der Beklagten auf ihrer Internetseite im Rahmen des Buchungsvorgangs verwendeten Formulierung:
„Ihre Zahlweise Entscheiden Sie sich hier, ob Sie die Buchung sofort bezahlen möchten oder ob Sie sich die Flüge und Preise bis zu 48 Stunden reserviert halten möchten
0 jetzt bezahlen
0 Reservierung mit Preisgarantie
Bitte beachten Sie: Die Buchung muss innerhalb der 48 Stunden aktiv bestätigt und bezahlt werden, […].“

6. Mit Schreiben vom 17.5.2013, Bl. 13 GA, forderte der Kläger die Beklagte zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie zur Zahlung i.H.v. 250,- EUR Abmahnkosten auf.
Mit Schreiben vom 4.6.2013, Bl. 16 ff.GA, lehnte die Beklagte die Abgabe der Unterlassungserklärung ab.
Der Kläger ist der Ansicht, die Klausel verstoße gegen §§ 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. §§ 641 Abs. 1, 646 BGB. Die beanstandete Formulierung stelle eine Allgemeine Geschäftsbedingung dar. Es handle sich bei Flugbeförderungsverträgen um Werkverträge, so dass Fälligkeit des Werklohns erst nach Vollendung des Werkes eintrete. Eine Vorleistung sei nur dann zulässig, wenn ein sachlich rechtfertigender Grund gegeben sei und den berechtigten Interessen des Kunden hinreichend Rechnung getragen werde und insbesondere keine überwiegenden Belange des Kunden entgegenstünden. Dies sei vorliegend nicht der Fall, da die Fälligkeit des gesamten Entgelts auf einen Zeitpunkt vorverlegt werde, der lange (bis zu einem Jahr) vor dem Leistungszeitraum liege. Auch bei Pauschalreisen seien nur geringfügige Anzahlungen zulässig und eine grundsätzliche Fälligkeit des gesamten Reisepreises im Zeitpunkt der Buchung unzulässig. Es gebe insbesondere auch keine Insolvenzabsicherung. Der Fluggast verliere zudem frühzeitig das Druckmittel des Zurückbehaltungsrechts. Die Planungssicherheit der Beklagten werde nicht beeinträchtigt, da eine kostenlose Stornierung nicht vorgesehen sei und der Verbraucher daher auch bei Nicht-antritt des Fluges grundsätzlich zur Zahlung verpflichtet sei. Das Interesse der Beklagten an einer „ernsthaften Buchung“ könne auch durch eine Anzahlung gewahrt werden.

7. Der Kläger beantragt daher,

8. 1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollstrecken am Vorstand, zu unterlassen,

9. in Bezug auf Flugbeförderungsverträge, die mit Verbrauchern geschlossen werden, die nachfolgendeoder eine inhaltsgleiche Klausel als Allgemeine Geschäftsbedingung einzubeziehen, sowie die sich auf die Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge, geschlossen nach dem 1. April 1977, zu berufen:
„Ihre Zahlweise Entscheiden Sie sich hier, ob Sie die Buchung sofort bezahlen möchten oder ob Sie sich die Flüge und Preise bis zu 48 Stunden reserviert halten möchten
0 jetzt bezahlen
0 Reservierung mit Preisgarantie
Bitte beachten Sie: Die Buchung muss innerhalb der 48 Stunden aktiv bestätigt und bezahlt werden, […]“
10. 2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 250,- EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.

11.Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

12. Sie ist der Ansicht, es handle sich bereits nicht um eine Allgemeine Geschäftsbedingung sondern lediglich um eine faktische Vertragsabwicklung und Information über die tatsächliche Übung der Beklagten. Sie stelle lediglich sicher, dass eine Bezahlung bei der Buchung erfolge, indem der Buchungsvorgang so ausgestaltet sei, dass er nur bei sofortiger Bezahlung fortgesetzt werden könne. Die Vorkasseregelung bei Tickets sei branchenüblich, so insbesondere auch bei Konzert- oder Theaterkarten.Die Verbraucher seien mit dieser branchenüblichen Praxis auch bestens vertraut. Hilfsweise läge auch kein Verstoß gegen § 307 BGB vor. Der Gesetzgeber habe sich bewusst gegen ein Verbot der Vorkasse entschieden. Es bestehe vorliegend auch eine praktische Notwendigkeit zur Vorkasse. Eine Zug-um-ZugAbwicklung sei bei einem Luftbeförderungsvertrag denklogisch ausgeschlossen, da die Pflicht des Passagiers zur Zahlung in einem punktuellen Erfolg bestehe, während die Pflicht des Beförderers über einen gewissen Zeitraum gestreckt sei. Der Passagier könnte die Zahlung bis zur Ankunft am Bestimmungsort zurückhalten, der Beförderer den Antritt der Reise bis zur Zahlung verweigern. Eine Zahlungsabwicklung nach der Ankunft könne nicht sichergestellt werden, vor dem Flug würden sich lange Schlangen an den Schaltern bilden. Auch die Fluggastrechte-Verordnung gehe wie selbstverständlich von der Vorleistungspflicht aus, da stets von „Erstattung“ oder „Rückerstattung des Flugpreises“ die Rede sei. Die Beklagte treffe ohne Vorkasseregelung auch ein erhebliches Inkassorisiko, insbesondere, da es sich bei der Flugleistung um ein „verbrauchtes“ Gut handle. Der Beklagten stehe nicht die Möglichkeit zu, ihr „Werk“ nur gegen Bezahlung der Vergütung abzuliefern, ein Unternehmerpfandrecht sei ausgeschlossen. Erschwerend komme hinzu, dass die Beklagte einem Kontrahierungszwang unterliege und bereits im Vorfeld der Leistungserbringung erhebliche Vorkehrungen zur Sicherstellung ihrer Leistungsfähigkeit treffen müsse. Zudem erfolge die Leistungserbringung gemäß einem genau und detailliert aufgestellten Flugplan, der nicht innerhalb einer kurzen Zeitspanne aufgestellt werden könne. Die Vorkassepraxis führe zudem zu günstigeren Tickets für die Fluggäste, da die Beklagte hierdurch eine höhere Planungssicherheit erhalte. Dem Passagier sei es unbenommen, unter Inkaufnahme eines höheren Preises erst später eineBuchung vorzunehmen. Der Fluggast erhalte mit der Buchung auch eine Gegenleistung in Form der Reservierung eines Platzes auf dem gebuchten Flug. Die Flugbuchung sei mit der Buchung einer Pauschalreise nicht vergleichbar. Der Fluggast sei auch durch die Fluggastrechte-Verordnung und deren umfassenden Leistungskatalog bei Leistungsstörungen hinreichend geschützt, so dass es des Druckmittels eines Zurückbehaltungsrechts nicht bedürfe. Für den weiteren Sach- und Streitstand wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
13. Die Klage ist unbegründet.

14. Dem Kläger steht kein Anspruch auf die beantragte Unterlassung gemäß § 1 UKIaG, §§ 307 Abs. 1, 2 Nr. 1, 641 Abs. 1, 646 BGB zu.

15. Dabei kann vorliegend dahinstehen, ob es sich bei der Vorkasseregelung der Beklagten um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Denn ein Verstoß gegen §§ 307 Abs. 1, 2 Nr. 1, 641 Abs. 1, 646 BGB liegt in der
Verwendung dieser „Klausel“ jedenfalls nicht vor.

16. Klauseln, durch die eineVorleistungspflicht begründet wird, unterliegen der Inhaltskontrolle des § 307 BGB (BGH, Urt. v. 20.6.2006 – X ZR 59/05, RRa 2006, 256). Nach § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB ist eine Klausel als unangemessen benachteiligend unwirksam, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.

17. Indem der Kunde bereits bei Buchung des Flugtickets das vollständige Entgelt entrichten muss, trifft ihn abweichend von den gesetzlichen Fälligkeitsregelungen (§§ 641, 320 BGB) die vollständige Vorleistungspflicht. Nicht jede Abweichung von einer gesetzlichen Leitbestimmung führt aber zur Unwirksamkeit einer Klausel. Diese kann durch höherrangige Interessen des Verwenders, die in der Natur des konkreten Schuldverhältnisses liegen, gerechtfertigt sein. Auch die Festlegung einer Vorleistungspflicht gegenüber einem Verbraucher im Rahmen von AGB kann zulässig sein, wenn für sie ein sachlich gerechtfertigter Grund besteht und die Erbringung der Gegenleistung gesichert ist (BGH, Urt. v. 24.9.2002 – KZR 38/99, GRUR 2003, 542).

18. Vorliegend liegt ein solcher sachlich gerechtfertigter Grund vor.

19. Die Beklagte hat aus der Natur des Schuldverhältnisses ein besonderes und höherrangiges Interesse an der Vereinbarung einer Vorleistungspflicht als der Verbraucher an dem Erhalt seines Zurückbehaltungsrechts.

20. Dies ergibt sich bereits daraus, dass eine Zug-um-Zug-Leistung, wie sie im Werkvertrag grundsätzlich vorgesehen ist, praktisch nicht möglich ist. Im Luftbeförderungsvertrag stehen sich die Zahlung des Flugpreises als einmaliger Erfolg und die über einen gewissen Zeitraum andauernde Beförderung gegenüber. Demzufolge ist die Vorleistung von einem der Vertragspartner zwingend notwendig. Aus praktischen Erwägungen heraus ist die Vorleistungspflichtdes Verbrauchers als Fluggast sachgerechter, da eine Bezahlung nach der Landung aus organisatorischen Gründen schwer vorstellbar ist und die Beklagte gegenüber dem Fluggast kein Werkunternehmerpfandrecht geltend machen kann.

21. Auch der Gesetzgeber hat in seiner Regierungsbegründung zum AGBGesetz ausgeführt, dass das Verbot einer formularmäßige Vereinbarung einer Vorleistungspflicht zu weit gehe, insbesondere, da in vielen Bereichen die technische Abwicklung des Vertrages ohne Vorleistung kaum vorstellbar wäre. Als Beispiel führt der Gesetzgeber hier gerade Eintrittskarten und Fahrkarten auf (BT-Drucks. 7/3919, S. 28).

22. Dass die Vereinbarung einer Vorleistungspflicht im vorliegenden Fall grundsätzlich möglich ist, stellt der Kläger letztlich auch nicht in Abrede. Er wendet sich im Wesentlichen gegen die weite Vorverlagerung des Fälligkeitszeitpunktes auf den Buchungszeitpunkt, der in dieser Fallgestaltung durch die Formulierung beim Buchungsvorgang zeitlich unbegrenzt ist und im Hinblick auf die jährliche Aufstellung der Flugpläne auch schon ein Jahr vor der Beförderungsleistung liegen kann.

23. Eine unangemessene Benachteiligung der Verbraucher kann hierin jedoch nicht gesehen werden.

24. Hierdurch wird dem Verbraucher kein unzumutbares Insolvenzrisiko auferlegt. Durch die staatliche Aufsichtnach Art. 5 und 8 der EU LuftverkehrsVO wird die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Luftfahrtunternehmen sichergestellt. Dies minimiert das Insolvenzrisiko der Passagiere, auch wenn es hierdurch nicht vollständig ausgeschlossen wird. Letztlich handelt es sich zwarnur um eine Überwachung, nicht um die Sicherung von Forderungen der Passagiere, wie dies durch § 651k BGB sichergestellt wird. Insoweit ist jedoch zu berücksichtigen, dass diese Spezialregelung nur für Reiseveranstalter gilt und als lex specialis nicht auf andere Fälle übertragen wer-den kann. Eine Sicherung entsprechend der Regelung des § 651k BGB ist daher nicht erforderlich.

25. Auch der Verlust des Zurückbehaltungsrechts bereits im Buchungszeitpunkt, der schon ein Jahr vor dem gebuchten Flug liegen kann, benachteiligt den Verbraucher nicht unangemessen. Zu berücksichtigten ist dabei, dass die Beklagte bereits lange im Vorfeld umfangreiche Vorbereitungen treffen muss, um die Leistung sicherzustellen. Flugausfälle aufgrund von Streit und Witterung werden erst kurzfristig bekannt, weshalb auch bei einer Fälligkeit des Flugpreises erst 30 Tage vor dem Flug dem Verbraucher kein Zurückbehaltungsrecht mehr zur Verfügung steht und er geleistet hat, ohne die versprochene Gegenleistung zu erhalten. Wenn die Vorleistungspflicht des Fluggastes grundsätzlich zulässig ist, führt allein ein späterer Zeitpunkt des Verlustes des Zurückbehaltungsrechts daher insoweit nicht zu einer Besserstellung des Verbrauchers.

26. Eine andere Entscheidung ist auch nicht aufgrundeiner Parallele des Sachverhaltes zur gleichen Fallgestaltung bei Pauschalreisen geboten. Der Fall der Flugbeförderung stellt sich an entscheidender Stelle anders dar. Es handelt sich bereits nicht um eine Vielzahl von vertraglichen Leistungen, die von verschiedenen anderen Leistungserbringern erbracht werden, wodurch die Durchsetzung der Rechtedes Reisenden erschwert wird.

27. Der Bundesgerichtshof hat Klauseln, die eine Zahlung des vollen Reisepreises vor Reisebeginn vorsahen, als dann den Reisenden nicht unangemessen benachteiligend gewertet, wenn dem Kunden hinreichende Sicherheit für
die Durchführung der Reise gegeben werden, indem unmittelbare Ansprüche gegen die wichtigsten Leistungserbringer, insbesondere gegen Beförderungs- und Beherbergungsunternehmen, „verbrieft
wurden“ (BGH, Urt. v. 20.6.2006 – X ZR 59/05, NJW 2006, 3134). Hiermit wird dem Interesse der Reisenden Rechnung getragen, dass ihnen über derartige Vorleistungsklauseln nicht das Risiko einer Insolvenz des Reiseveranstalters überbürdet wird und im Grundsatz das Prinzip der Zug-um-Zug-Leistung erhalten bleibt, andererseits wurde aber auch das berechtigte Interesse der Reiseveranstalter an einer
zumindest teilweisen Abdeckung ihrer Vorleistungen anerkannt.

28. Im Fall des Flugbeförderungsvertrages besteht der Anspruch des Verbrauchers von vorneherein direktgegen den Leistungserbringer. Wenn die Beschaffung und Aushändigung von Reisepapieren, die dem
Pauschalreisenden unmittelbare Ansprüche gegen die Leistungserbringer, insbesondere auch gegen die Beförderungsunternehmen, im Rahmen der Pauschalreise „verbriefen“ gerade den Reiseveranstalter dazu berechtigen, den vollen Reisepreis bereits vor der Reise zu verlangen, zeigt sich hierdurch, dass der Reisende allein durch die Aushändigung der Unterlagen eine so große Sicherheit erhält, dass eine Vorleistungspflicht nicht unangemessen ist. Erst Recht muss dies daher dann gelten, wenn ein Fluggast von vorneherein einen unmittelbaren Anspruch gegen das Luftfahrtunternehmen erhält und dieser unmittelbar nach Zahlung des Flugpreises durch das Flugticket auch „verbrieft“ ist. Das Flugticket stellt daher jedenfalls insoweit eine Gegenleistung dar, als der Fluggast eine entsprechende Reservierung eines bestimmten Sitzplatzes bestätigt bekommt.

29. Die fehlende Vergleichbarkeit des Flugbeförderungsvertrages mit einer Pauschalreise ist auch darin begründet, dass bei der Pauschalreise aufgrund der Vielzahl an Leistungserbringern und Leistungen die Möglichkeit von Leistungshindernissen oder Mängeln wesentlich wahrscheinlicher ist.

30. Die Klausel ist auch nicht deshalb unangemessen benachteiligend, weil bei Buchung bereits der volle Flugpreis und nicht lediglich eine Anzahlung fällig ist. Nach der Rechtsprechung des BGH darf bei Reiseverträgen durch AGB nur eine verhältnismäßig geringe, mit Vertragsschluss zu entrichtende Anzahlung vereinbart werden, da der Kunde für die Anzahlung in der Regel keine substantielle Gegenleistung erhält. Weitergehende Vorleistungspflichten sind grundsätzlich nur vertretbar, soweit dem Kunden hinreichende Sicherheiten gegeben werden (BGH, Urt. v. 9.7.1992 – VII ZR 7/92, NJW 1992, 3158, 3163). Wie bereits dargestellt erhält der Fluggast bei Buchung jedoch bereits sein Ticket. Im Gegensatz zur Pauschalreise, die aus einer Vielzahl von Reiseleistungen besteht, ist durch das Flugticket die gesamte Gegenleistung „verbrieft“. In der Abwägung der Interessen des Verbrauchers, möglichst spät den Flugpreis zahlen zu müssen und dem Interesse der Beklagten an einer möglichst frühen und insbesondere vollständigen Zahlung ist auch der Verwaltungsaufwand der Beklagten bei einer gestaffelten Zahlung des Flugpreises zu berücksichtigten, der gerade im Massengeschäft der Personenbeförderung offensichtlich ist.

31. Unangemessen benachteiligend wird die Klausel auch nicht dadurch, dass der Verbraucher durch die frühzeitige Zahlung Zinsverluste erleidet. Spürbare Zinsverluste wird der Verbraucher allenfalls im ungünstigsten Fall, nämlich einem teuren Flug und der Zahlung ein Jahr im Voraus, erleiden. Demgegenüber stehen die Aufwendungen der Beklagten, die bereits frühzeitig Start- und Landebahnen mieten muss.

32. Der Kläger hat dementsprechend auch keinen Anspruch auf Erstattung der mit dem Antrag zu 2) geltend gemachten Abmahnkosten.

33. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

34. Streitwert 2.500 Euro („Regelstreitwert“ für eine Klausel)

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