Informationspflichtverletzung bei der Leistungsbeschreibung einer Kurzreise

LG Frankfurt: Informationspflichtverletzung bei der Leistungsbeschreibung einer Kurzreise

Die Klägerin hatet einen siebentägigen Kurzurlaub auf Teneriffa gebucht. An- und Abreisetag musste sie in einem anderen Hotel als dem im Prospekt beworbenen verbringen. Hierin sah das Landgericht Frankfurt eine Verletzung der Informationspflicht durch die Reiseveranstalterin, sodass der Klägerin eine Reisepreisminderung zustand.

LG Frankfurt 2-24 S 82/07 (Aktenzeichen)
LG Frankfurt: LG Frankfurt, Urt. vom 25.10.2007
Rechtsweg: LG Frankfurt, Urt. v. 25.10.2007, Az: 2-24 S 82/07
LG Frankfurt, Urt. v. 30.08.2007, Az: 24 S 82/07
AG Bad Homburg, Urt. v. 05.03.2007, Az: 2 C 1357/06 (12)
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Landgericht Frankfurt

1. Urteil vom 25. Oktober 2007

Aktenzeichen 2-24 S 82/07

Leitsätze:

2. Alle wichtigen Informationen für Reiseinteressierte zu einer Reiseveranstaltung, müssen in einem Prospekt an solchen Stellen zusammengefasst sein, an denen sie für die interessierte Person zu erwarten sind.

Bei einer Kurzreise von 7 Tagen, darf die interessierte Person davon ausgehen, dass sie alle 7 Übernachtungen in dem gebuchten Objekt und am gebuchten Ort verbringen kann.

Wenn zwei Zwischenübernachtungen nicht hintereinander und in einem anderen Hotel stattfinden, ist diese Information in der Hotelbeschreibung aufzuführen.

Zusammenfassung:

3. Die Klägerin hat bei der Beklagten einen siebentägigen Kurzurlaub auf Teneriffa gebucht. In dem Reiseprospekt war nicht angegeben, dass die Reise nur fünf Übernachtungen in dem vom Reiseprospekt genannten Hotel beinhaltet. Die Klägerin musste am Tag ihrer Anreise und am Tag ihrer Abreise in einem anderen Hotel übernachten.

Das Landgericht Frankfurt sah in den nicht erwähnten Zwischenübernachtungen auf der Reiseseite im Prospekt eine Verletzung der Informationspflicht und somit einen Reisemangel nach §§ 651d Abs. 1, c Abs. 1 BGB. Denn die Möglichkeit zweier Zwischenübernachtungen verändern den Reiseinhalt nach Ansicht des Gerichts in besonderem Maße. Es stellte zudem klar, dass der durchschnittliche Reiseinteressent darauf vertrauen darf, dass bei einem Urlaub alle Übernachtungen in dem beworbenen Hotel stattfinden.

Das Gericht sprach der Klägerin zwei Tagesreisepreise in Höhe von 967,42 € und eine Minderung von 20 % der beiden Tagespreise in Höhe von 193,48 € und somit eine Gesamtsumme in Höhe von 1.160.93 € plus Zinsen zu.

Tenor:

4. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 05.03.2007 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bad Homburg v.d.H., Az.: 2 C 1357/06 (12), wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.160,90 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.02.2006 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz haben zu tragen die Klägerin und die Beklagte jeweils 50 %.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von den Kosten der Nebenintervention haben zu tragen die Klägerin und die Streithelferin jeweils 50%.

Tatbestand:

5. Von der Darstellung des Sachverhaltes wird gem. §§ 313a, 540 Abs.2 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

6. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.

7. In der Sache hat sie auch … in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe Erfolg.

8. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Minderungsanspruch in Höhe von 1.160,90 Euro zu, da die Reise durch die zwei Zwischenübernachtungen auf Teneriffa beeinträchtigt war, §§ 651d Abs.1, c Abs.1 BGB.

9. Die Beklagte hat die ihr obliegende Pflicht zur Information bezüglich der Möglichkeit zweier Zwischenübernachtungen auf Teneriffa verletzt, so dass insofern ein Reisemangel im Sinne der §§ 651d Abs.1, c Abs.1 BGB vorliegt.

10.Entgegen der Auffassung der Beklagten konnte diese ihre gebotene Hinweispflicht bezüglich der Möglichkeit zweier Übernachtungen auf Teneriffa nicht durch die Angaben auf S. 45 des Preis- und Informationsteils erfüllen, so dass es nicht darauf ankommt, ob dieser der Klägerin vorlag und sie die Möglichkeit gehabt hätte, von diesem Kenntnis zu nehmen.

11. Der Reiseveranstalter hat seine Prospektbeschreibung so zu gestalten, dass die für den Reiseinteressenten wichtigen Informationen an solchen Stellen im Prospekt abgedruckt sind, an denen der Reiseinteressent nach Treu und Glauben eine entsprechende Information erwarten darf.

12. Gegen diese Pflicht verstößt ein Reiseveranstalter, wenn er wichtige Informationen nicht bei dem betreffenden Objekt abdruckt, sondern sie in einem vom Hauptprospekt getrennten Preisteil aufnimmt. In diesem Fall wird eine solche Information nicht rechtsverbindlicher Inhalt des Reisevertrages (LG Frankfurt am Main, 24. Zivilkammer, Urteil vom 26.01.1987, 2-​24 S 207/86, zit. bei juris, dort Rn. 15).

13. Im vorliegenden Fall ist die Information, dass es zu einer Zwischenübernachtung sowohl auf der Hin- als auch auf der Rückreise, somit zu 2 nicht hintereinander stattfindenden Zwischenübernachtungen kommen kann, von einer derartigen Relevanz insbesondere für Reiseinteressenten, die -wie die Klägerin- nur einen Kurzurlaub von 1 Woche buchen möchten, dass diese Information lediglich bei der Hotelbeschreibung erwartet werden konnte.

14. Der durchschnittliche Reiseinteressent darf ohne weiteres davon ausgehen, dass er die gebuchte Reisezeit auch in dem gebuchten Objekt und am gebuchten Urlaubsort verbringen kann und wird.

15. Insbesondere bei einer Kurzreise von 7 Tagen dürfte das Interesse, nicht nur 5, sondern sämtliche 7 Übernachtungen im gebuchten Objekt zu verbringen, besonders hoch sein.

16. Ferner hat der Umstand, dass 2 Zwischenübernachtungen sowohl auf der Hin- als auch auf der Rückreise erforderlich werden, zur Folge, dass die Koffer nicht nur einmal, sondern 3mal ein- und ausgepackt werden müssen.

17. Im Fall der Klägerin kommt hinzu, dass die Zwischenübernachtung auf der Rückreise auch noch die Nacht vom 31.12.05 auf den 01.01.06 betraf. Dass für den durchschnittlichen Reisenden gerade der Silvesternacht besondere Bedeutung zukommt, da diese üblicherweise einen besonderen Festtag darstellt, ist offensichtlich. Ebenso dürfte auf der Hand liegen, dass die Möglichkeit, gerade diesen Abend bzw. diese Nacht nicht in dem gebuchten Hotel auf der gebuchten Insel, sondern in irgend einem anderen Hotel auf einer anderen Insel verbringen zu müssen, für einen Reiseinteressenten von erheblicher Bedeutung ist.

18. Die Möglichkeit zweier Zwischenübernachtungen war somit geeignet, den Inhalt der zu buchenden Reise erheblich zu verändern, was sich bei der Klägerin auch realisiert hat. Die Beklagte hätte daher diese für den Reiseinteressenten erhebliche Information bei der Hotelbeschreibung aufführen müssen.

19. Es kann die Beklagte auch nicht entlasten, dass sich bei der Prospektbeschreibung der Unterkunft (Bl.25d.A.) unten der Hinweis „weitere Informationen (dies fett gedruckt) zu E1 Hierro finden Sie im separaten Infoteil ab Seite 44“ findet.

20. Da ausdrücklich von Informationen zu E1 Hi die Rede ist, konnte ein durchschnittlicher Reisender davon ausgehen, dass sich dort lediglich weitere Hinweise die Region betreffend finden würden. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte konnte und musste er jedoch nicht davon ausgehen, dass dort auch Informationen zum Ablauf der konkreten Reise gegeben werden.

21. Ob der Klägerin der Katalog einschließlich des separaten Infoteils vorgelegen hat, kann somit dahinstehen, da sie ohne besonderen Hinweis auf dessen Inhalt keine Veranlassung hatte, diesen zur Kenntnis zu nehmen.

22. Soweit die Beklagte darauf hinweist, dass die hier vertretene Auffassung schon aufgrund mangelnder Realitätsnähe nicht richtig sein könnte, da ansonsten bei jedem Hotel auf E1 Hi ein entsprechender Text der Hotelbeschreibung angefügt werden müsse, so ist in der Tat genau dies nach Auffassung der Kammer erforderlich. Unverständlich ist jedoch insoweit der Hinweis auf mangelnde Realitätsnähe.

23. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die im Übrigen schon seit 20 Jahren bestehende Rechtsauffassung der Kammer (vgl. Urteil der Kammer vom 26.01.1987, a.a.O.) keineswegs zur Folge, dass bei jeder Hotelbeschreibung auch die „gesundheitlichen Hinweise“, Klimadaten und Einreisevorschriften aufgeführt werden müssten. Wie bereits oben erläutert, sind nur solche Informationen bei dem betreffenden Objekt abzudrucken, von denen der Reisende erwarten darf, dass sie sich dort und nicht an einer anderen Stelle des Prospektes befinden. Dies ist jedenfalls bei der Möglichkeit zweier Zwischenübernachtungen auf Teneriffa der Fall.

24. Sofern der Kunde allerdings Kenntnis von einer erheblichen Information hat, schuldet der Reiseveranstalter den Urlaubsaufenthalt auch nur im Rahmen dieser Information. Denn der Reiseinteressent soll nur davor geschützt werden, dass unbekannte, unerwartete Hinweise des Veranstalters zum verbindlichen Vertragsinhalt werden. Kennt dieser aber die Hinweise, bedarf er eines Schutzes nicht (LG Frankfurt am Main, a.a.O., Rn. 16).

25. Für eine etwaige Kenntnis der Klägerin trägt die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast.

26. Zwar hat die Streithelferin der Beklagten im Schreiben vom 27.07.06 ausgeführt hat, die Klägerin sei auf den Umstand, dass Zwischenübernachtungen auf Teneriffa möglich sein könnten, hingewiesen worden.

27. Dieser Vortrag der Streithelferin ist jedoch zu pauschal, da nicht einmal angegeben wird, wer die Klägerin denn informiert haben soll.

28. Die Beklagte hat auch nach Erhalt eines gerichtlichen Hinweises in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer innerhalb der ihr eingeräumten Stellungnahmefrist den o.g. Vortrag der Streithelferin nicht konkretisiert.

29. Soweit sie im gem. § 139 Abs.5 ZPO nachgelassenen Schriftsatz vom 27.09.07 ausführt, ihr sei ein weitergehendes Vorbringen hinsichtlich des konkreten Buchungsablaufs aufgrund des nunmehr bereits eingetretenen Zeitablaufs und mangelnder unmittelbarer Kontaktaufnahmemöglichkeit nicht mehr möglich, ist nicht ersichtlich, inwiefern dies den Antrag auf Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung rechtfertigen soll.

30. Sofern die Beklagte die Auffassung vertritt, ein weiteres Vorbringen wäre ihr nur bei Anwesenheit der Streitverkündeten im Termin vor der Berufungskammer möglich gewesen, so ist darauf hinzuweisen, dass nicht ersichtlich ist, aus welchem Grund eine Kontaktaufnahme nicht auch außerhalb des Gerichtssaales möglich sein sollte. Da die Streithelferin jedenfalls ordnungsgemäß geladen worden ist, bestand zumindest die Möglichkeit einer solchen Kontaktaufnahme.

31. Soweit die Beklagte weiter ausführt, ihr Terminsvertreter hätte bei Kenntnis davon, dass die Streitverkündete ausweislich Schriftsatzes vom 07.08.07 den Termin habe wahrnehmen wollen, Antrag auf Anberaumung eines neuen Verhandlungstermins gestellt, der nunmehr wiederholt werde, ist nicht verständlich, inwiefern die Aufgabe des ursprünglichen Entschlusses der Streithelferin zur Teilnahme am Termin vom 30.08.07 der Beklagten ein Recht auf Vertagung bzw. Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung geben sollte.

32. Da auch kein Anspruch auf Benachrichtigung von einer Unterbevollmächtigung besteht, kann die Beklagte auch nicht aufgrund des Umstandes, dass ihr das Schreiben der Streithelferin vom 07.08.07 nicht zur Kenntnis gebracht worden ist, Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gem. § 156 Abs.2 Ziff.1 ZPO verlangen.

33. Der Klägerin steht zunächst für die 2 Umzugstage in das Hotel auf Teneriffa ein pauschaler Entschädigungsbetrag in Höhe von 2 Tagesreisepreisen, somit in Höhe von 967,42 Euro, zu. Bei einem Gesamtreisepreis von 3.386,00 Euro errechnet sich bei 7 gebuchten Reisetagen ein Tagesreisepreis von 483,71 Euro.

34. Darüber hinaus kann sie für die abweichende Unterbringung an diesen 2 Tagen eine Minderung von 20% verlangen, allerdings nicht wie beantragt aus dem Gesamtreisepreis, sondern lediglich aus dem auf 2 Tage entfallenden anteiligen Reisepreis, somit in Höhe von 193,48.

35. Insgesamt kann die Klägerin somit 1.160,90 Euro verlangen.

36. Eine darüber hinausgehende Minderung des Reisepreises wegen schlechter Reiseleitung steht der Klägerin jedoch nicht zu, da sie diesen angeblichen Mangel nicht näher dargelegt hat.

37. Soweit sie „Mietwagenkosten auf Teneriffa“ in Höhe von 50,00 Euro verlangt, ist ebenfalls nicht ersichtlich, aus welchem Grund die Beklagte diese zahlen soll.

38. Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf eine Entschädigung wegen entgangener Urlaubsfreude gem. § 651 f Abs.2 BGB, da kein Mangel vorliegt, der zu einer Minderung von zumindest 50 % berechtigt.

39. Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer ist eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise im Sinne dieser Vorschrift erst dann gegeben, wenn Reisemängel vorliegen, die zu einer Minderung des Reisepreises in Höhe von mindestens 50 % berechtigen.

40. Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 288 Abs.1, 286 Abs.1 BGB.

41. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

42. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs.2 ZPO.

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