Sturz eines Passagiers

OLG Bremen: Sturz eines Passagiers

Wegen eines Sturzes an Bord eines Kreuzfahrtschiffes verlangt ein Reisender von seinem Reiseunternehmer eine nachträgliche Reisepreisminderung.

Das Oberlandesgericht Bremen hat die Klage abgewiesen. Starke schwankende Bewegungen eines Schiffes seien von Passagieren stets zu erwarten und begründeten in der Folge keinen Umstand, der im Falle einer Verletzung einen Anspruch auf eine Preisminderung begründe.

OLG Bremen 3 U 139/96 (Aktenzeichen)
OLG Bremen: OLG Bremen, Urt. vom 03.06.1997
Rechtsweg: OLG Bremen, Urt. v. 03.06.1997, Az: 3 U 139/96
LG Bremen, Urt. v. 17.09.1996, Az: 1 O 368/95
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Oberlandesgericht Bremen

1. Urteil vom 03. Juni 1997

Aktenzeichen: 3 U 139/96

Orientierungssatz

2. Ein zur Kündigung berechtigter Reisemangel liegt nicht vor, wenn ein seetüchtiges Kreuzfahrtschiff in schweres Wetter gerät. Kommt ein Passagier durch die schlingernde Schiffsbewegung infolge hohen Wellenganges zu Fall ist das sein persönliches Risiko und kein Reisemangel.

Zusammenfassung:

3. Ein Reisender buchte bei einem Reiseunternehmen eine Kreuzfahrt. Während der Fahrt zog ein schweres Unwetter auf, in Folge dessen das Schiff stark zu schlingern begann. Der Reisende, der sich während dessen an Deck aufhielt, stürzte in Folge der schwankenden Bewegungen und verletzte sich an der Hüfte. Weil er sich den Rest der Fahrt nur unter starken Schmerzen bewegen konnte, verlangt er nun eine Reisepreisminderung vom Veranstalter.

Dieser weigert sich der Zahlung. Während eines Aufenthalts auf einem Schiff sei mit derartigen Bewegungen zu rechnen, weshalb der Sturz und die unmittelbar hieraus entstanden Schäden nicht in seinen Verantwortlichkeitsbereich fallen würden.

Das Oberlandesgericht Bremen hat die Klage abgewiesen. Ein Reisemangel im Sinne von §651 c BGB sei stets dann gegeben, wenn die Reise mit Fehlern behaftet sei, die ihren Wert oder ihre Tauglichkeit mindern würden. Entscheidend sei hierbei jedoch, dass diese Wertminderung auf das Verhalten des Veranstalters zurückzuführen sei.
Vorliegend sei der Reisende jedoch freiverantwortlich an Deck des Schiffes gegangen. Mit ruckartigen plötzlichen Bewegungen des gesamten Schiffes sei im Falle eines Unwetters stets zu rechnen. Aus diesem Grund sei der Begklagte von jeder Schuld freizusprechen.

Tenor

4. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Bremen vom 26.9.1996 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer des Klägers beträgt DM 11.336,52.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Gründe

5. Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

6. Eine Kündigung des Reisevertrages durch den Kläger gemäß § 651 e Absatz 3 BGB scheidet aus, weil die Verletzung seiner verstorbenen Ehefrau, die ihr die Weiterreise nicht ermöglichte, für sich genommen kein Reisemangel im Sinne des § 651 c BGB ist und die gebuchte Reise vom Veranstalter ohne beeinträchtigende Mängel angeboten und durchgeführt worden ist.

7. Die Voraussetzungen einer Kündigung gemäß § 651 j BGB liegen ebenfalls nicht vor. Die Durchführung der Reise des Klägers und seiner Ehefrau ist nicht durch nicht vorhersehbare höhere Gewalt erschwert oder beeinträchtigt worden, wie das Landgericht auf Seite 3 und 4 seines Urteils bereits zutreffend ausgeführt hat, worauf der Senat gemäß § 543 Abs. 1 ZPO verweist. In den Herbst- und Wintermonaten ist auf See mit Stürmen, auch schwererer Art, mit Orkanböen und dadurch ausgelöstem hohen Wellengang zu rechnen. Dies führt naturgemäß bei einem Schiff zu rollenden und schlingernden Bewegungen mit der Gefahr von Stürzen für die darauf befindlichen Personen. Eine dadurch eingetretene Verletzung ist jedenfalls nicht durch höhere Gewalt verursacht. Ein solches Risiko läßt sich durch die Schiffsführung nicht ausschließen, was dem Kläger und seiner Ehefrau, die seinerzeit ihre zehnte Seereise gemacht haben, durchaus bewußt sein mußte.

8. Ansprüche aus unerlaubter Handlung oder positiver Vertragsverletzung, die sich die Beklagte zurechnen lassen müßte, sind nicht gegeben. Die Schiffsführung der „…“ mußte nicht von vornherein auf ein Auslaufen wegen drohenden stürmischen Wetters verzichten. Denn die Bedingungen zur Zeit des Auslaufens waren günstig. Daß Sturmwarnungen mit genaueren Vorhersagen über die Entwicklung, den Umfang und den Weg des Sturmtiefs von den zuständigen Stellen im Mittelmeerraum gemacht worden sind, hat der Kläger nicht nachgewiesen. Er hat auch mit dem Gutachten des deutschen Wetterdienstes vom 11.12.1996 nicht nachgewiesen, daß die Böen im fraglichen Seegebiet stärker als 10 Bft. waren. Eine darüber hinausgehende Stärke ist nur für wahrscheinlich gehalten worden. Letztlich ist dies hier auch unerheblich, da sich ein Sturz auch bei geringeren Windstärken mit Böen – wie im Falle der Ehefrau des Klägers – ereignen kann, ohne daß das durch die Schiffsführung zu verhindern ist. Wenn der Kläger meint, das Sturmtief habe von der „…“ weiträumig umfahren werden müssen, hilft das nicht weiter. Die modernen Kreuzfahrtschiffe können durchaus starke Stürme ohne Gefahren für die Passagiere bewältigen. Daß dies bei der „…“ anders sein soll, ist nicht ersichtlich. Im übrigen läßt sich weder abstrakt noch konkret für den vorliegenden Fall bestimmen, ab wann solche Ausweichmanöver zwingend geboten sind und wie „weiträumig“ das Ausweichen sein muß, ohne schuldhaft zu sein. Die Schiffsführung der „…“ hat im übrigen bei Zunahme des Sturmes und Wellenganges reagiert, indem sie versucht hat, weiter unter Land an der spanischen Küste zu fahren. Damit ist sie den zu stellenden Sorgfaltsansprüchen nachgekommen. Wenn die Ehefrau des Klägers sich dennoch bei einem Sturz verletzt hat, so hat sich hier ein persönliches Risiko verwirklicht, für das die Beklagte keinen finanziellen Ausgleich zu schaffen hat.

9. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 708 Nr. 10, 713, 546 Abs. 2 ZPO.

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