Ungleichwertige Ersatzunterkunft ist Reisemangel

AG Braunschweig: Ungleichwertige Ersatzunterkunft ist Reisemangel

Ein Reisender buchte einen Kuraufenthalt in einem 4-Sterne Hotel. Weil er, entgegen den Versprechungen des Veranstalters, in einer im Nebengebäude betriebenen Pension untergebracht wurde, fordert er einen Teil des Geldes zurück.
Das Amtsgericht Braunschweig bejaht einen Anspruch auf Reisepreisminderung

AG Braunschweig 119 C 5247/02(Aktenzeichen)
AG Braunschweig: AG Braunschweig, Urt. vom 27.05.2003
Rechtsweg: AG Braunschweig, Urt. v. 27.05.2003, Az: 119 C 5247/02
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Amtsgericht Braunschweig

1. Urteil vom 27.05.2003

Aktenzeichen: 119 C 5247/02

Leitsatz:

2. Bei Hotelbuchungen ist die Unterbringung in einem nicht gleichwertigen Ersatzgebäude ein Reisemangel.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger buchte beim Veranstalter einen Kuraufenthalt in einem 4-Sterne Hotel. Dort angekommen, wurde er, wegen Platzmangels, in einem als Pension betriebenen Nebengebäude untergebracht. Er verlangt nun vom Veranstalter eine Reisepreisminderung, weil das Ersatzhotel nicht den von ihm gebuchten Standards entsprach.
Nach dem AG Braunschweig ist ein Reisemangel gegeben, wenn ein Reisender, der ein 4-Sterne-Kurhotel gebucht hat, entgegen der vertraglichen Vereinbarung und den Angaben im Reiseprospekt in einem als Pension betriebenen und damit nicht gleichwertigen Nebengebäude untergebracht wird. Hierdurch weicht die tatsächlich erbrachte Leistung, von jener im Reisevertrag vereinbarter Leistung, ab. Es bejaht deshalb eine Reisepreisminderung in Höhe von 30%.

Tenor:

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 379,50 nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.08.2002 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 38 %, der Beklagten zu 62 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

5. Von der Darstellung des Tatbestands wird gem. § 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

6. Die Klage ist teilweise begründet.

7. Die Klägerin kann von der Beklagten lediglich die Zahlung von EUR 379,50 aus § 812 Abs. 1 S. 2 1. Alt. BGB (Leistungskondiktion) verlangen. In dieser Höhe hat die Klägerin die Beklagte zuvor durch Zahlung des kompletten Reisepreises rechtsgrundlos bereichert, weil der rechtliche Grund in dieser Höhe durch eine gem. § 651 d BGB eingetretene Reisepreisminderung teilweise weggefallen ist. Ein darüber hinausgehender Rückzahlungsanspruch der Klägerin ist nicht gegeben.

8. Die Minderung folgt aus dem Umstand, dass die Klägerin entgegen der vertraglichen Vereinbarung und den Angaben der Beklagten in ihrem Reiseprospekt nicht im Hotel … untergebracht wurde, sondern in dem Nebengebäude …. Dieser Umstand stellt einen Reisemangel i.S.d. § 651 c Abs. 1 BGB dar, da die Reise durch die Ersatzunterbringung mit einem Fehler behaftet ist, der den Wert der Reise für die Klägerin gemindert hat.

9. Zwar liegt eine solche Wertminderung nicht vor, wenn und soweit sich die Ersatzunterbringung als gleichwertig zu der vertraglich vereinbarten Unterbringung darstellt. Die Unterbringung in der Dependance … war jedoch gegenüber einer Unterbringung im Hotel … nicht gleichwertig. So verfügte die Dependance unstreitig nicht über eine eigene Rezeption, d.h. die Klägerin musste bei Bedarf zum Hotel … hinübergehen. Gleiches gilt für die Einnahme der Mahlzeiten, da die Dependance unstreitig auch nicht über Speiseräume verfügte.

10. Schließlich ist auch unstreitig geblieben, dass der Weg der Klägerin in die Dependance über einen schmalen Weg zwischen der Dependance und einem benachbarten Gebäude, und zwar an Müllcontainern vorbeiführte. Dass sich die Anordnung der Müllcontainer als „zufällig“ darstellte, wie von der Beklagten vorgetragen, und die Müllcontainer sonst in Unterständen neben dem Gebäudeeingang standen, ist dabei irrelevant. Jedenfalls befanden sich Müllcontainer auch an dem o.g. Weg und bildeten neben der Aussicht der Klägerin von ihrem Fenster aus, die sich auf einen heruntergekommenen Hinterhof mit z.T. halbabgerissenen und verrußten Gebäudefassaden erstreckte, einen deutlichen Kontrast zu der Ablichtung des dem Eindruck nach frischsanierten Hotels … mit leuchtender Fassade im Reiseprospekt der Beklagten. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob die Dependance eine organisatorische Einheit mit dem Hotel … darstellt oder nicht.

11. Ob die Zuwegung zum Eingang der Dependance tatsächlich spärlich beleuchtet war, wie die Klägerin behauptet, bedarf keiner Entscheidung. Zum einen ist der Sachvortrag der Klägerin insoweit unsubstantiiert, da der vorherrschende Grad an Helligkeit bzw. Dunkelheit nicht ausreichend vereinzelt wird. Zum anderen erachtet das Gericht eine ggf. dürftige Beleuchtung einer Hotelzuwegung nicht als erheblichen Mangel, so lange das Hotel auch bei Dunkelheit gefahrlos erreicht werden kann und auch für ältere Reisende kein konkretes, auf tatsächliche Umstände gestütztes Bedürfnis für eine besondere Ausleuchtung des Hotelzuwegungsbereichs besteht.

12. Eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalls, unter besonderer Berücksichtigung des Verlustes der Annehmlichkeit für die Klägerin, Rezeption, Anwendungen und auch die Speisesäle in dem Unterkunftsgebäude zur Verfügung zu haben, lässt dem Gericht eine Minderung von 30 % des Reisepreises als angemessen erscheinen, so dass sich bei einem Reisepreis von EUR 1.265,– ein Minderungsbetrag von EUR 379,50 ergibt.

13. Entgegen der Auffassung der Beklagten wäre eine Minderung des Reisepreises auch nicht etwa deshalb ausgeschlossen, wenn die Klägerin – wie von der Beklagten behauptet – sich nicht an die örtliche Reiseleitung gewandt und um Abhilfe ersucht hätte.

14. Gem. § 651 d Abs. 2 BGB tritt eine Minderung nicht ein, soweit es der Reisende schuldhaft unterlässt, den Mangel anzuzeigen, wobei der Reiseveranstalter darlegungs- und auch beweispflichtig ist.

15. Ein Verschulden ist dann zu verneinen, wenn der Reiseveranstalter den Mangel nicht hätte beseitigen können.

16. Es ist unstreitig geblieben, dass gem. der von der Klägerin vorgelegten Bestätigung des Hotels … eine Unterbringung dort nicht möglich war. Dass die Beklagte die Klägerin in einer gleichwertigen Ersatzunterkunft hätte unterbringen können, hat die Beklagte selbst nicht vorgetragen. Damit aber wäre ein Abhilfeverlangen der Klägerin entbehrlich gewesen.

17. Der Zinsanspruch der Klägerin ergibt sich unter dem Gesichtspunkt des Verzuges gem. den §§ 288, 286 BGB. Die Beklagte geriet dadurch mit der Rückzahlung des o.g. Teils des gezahlten Reisepreises in Verzug, dass sie die mit Schreiben der Klägerin vom 25.07.2002 gesetzte Zahlungsfrist zum 15.08.2002 verstreichen ließ. Allerdings beginnt damit der Verzug erst ab dem 16.08.2002 und nicht, wie von der Klägerin beantragt, bereits seit dem 01.08.2002. Die Höhe des geltend gemachten Zinses entspricht dem gesetzlichen Zinssatz in § 288 BGB.

18. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

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