Entschädigung bei verschobener Reise

AG Köln: Entschädigung bei verschobener Reise

Ein Vater bucht für sich und seinen noch schulpflichtigen Sohn eine zweiwöchige Urlaubsreise. Unmittelbar vor Reisebeginn wird diese vom Veranstalter abgesagt. Dem Kläger wurde stattdessen eine identische Reise angeboten, die allerdings außerhalb der Ferienzeit seines Sohnes lag. Er storniert die Reise und verlangt nun vom Reiseveranstalter eine Entschädigung, wegen vertaner Urlaubsfreude.

Das Amtsgericht Köln hat dem Kläger die Entschädigung zugesprochen. Durch die Absage der lange geplanten Urlaubsreise seien der Vater und sein Sohn schadensersatzberechtigt.

AG Köln 142 C 210/12 (Aktenzeichen)
AG Köln: AG Köln, Urt. vom 22.10.2012
Rechtsweg: AG Köln, Urt. v. 22.10.2012, Az: 142 C 210/12
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Amtsgericht Köln

1. Urteil vom 22. Oktober 2012

Aktenzeichen: 142 C 210/12

Leitsätze:

2. Wird eine gebuchte Reise von dem Reiseveranstalter um vier Tage verschoben, so darf der Reisende diese kostenfrei stornieren.

Zudem hat der Reisende einen Anspruch auf eine Entschädigung wegen der entgangenen Urlaubsfreude in Höhe einen Pauschalbetrages pro entgangenen Urlaubstag.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger buchte für sich und seinen noch schulpflichtigen Sohne eine Reise nach Tunesien für den Zeitraum der Schulferien vom 13. bis zum 27. Juni. Einige Wochen vor der geplanten Abreise wurde der Kläger von der Beklagten, einem Reiseveranstalter, darüber informiert, dass der gebuchte Flug für den 13. Juni storniert wurde. Alternativ dazu bot die Beklagte dem Kläger einen alternativen Zeitraum vom 17. Juni bis zum 1. Juli an. Der Kläger stornierte diese Reise da der alternative Zeitraum teilweise außerhalb der Schulferien lag und sein Sohn die Reise nicht wahrnehmen könnte.
Der Kläger begehrt von der Beklagten eine Entschädigung für die entgangene Urlaubsfreude.

Das Amtsgericht Köln hat dem Kläger die begehrte Entschädigung für die entgangene Urlaubsfreude zugesprochen.

Wird eine gebuchte Reise vereitelt oder erheblich beeinträchtigt, so kann der Geschädigte regelmäßig eine angemessene Entschädigung gemäß § 651 f Abs. 2 BGB verlangen.
Das Gericht hat in seiner Entscheidung einen Pauschalbetrag pro Tag und pro Person festgesetzt, welcher anschließend die Gesamtsumme der Entschädigung bildet.

Zudem kam das Gericht auch zur Entscheidung, dass der Urlauber eine Reise kostenfrei stornieren darf, wenn diese um vier Tage verlegt wird.

Tenor

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger zu 1.) und 2.) jeweils 280,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.06.2011 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreites tragen die Kläger zu ¾ und die Beklagte zu ¼.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, soweit nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in der gleichen Höhe geleistet hat.

Tatbestand

5. Die Kläger nehmen die Beklagte, eine Reiseveranstalterin, auf Entschädigung wegen entgangener Urlaubsfreude in Anspruch.

6. Die Kläger buchten bei der Beklagten für sich und ihren Sohn eine Reise nach Tunesien in das Hotel G Beach/Djerba in der Zeit vom 13.06.2011 bis 27.06.2011 mit Hin- und Rückflug von/ nach Stuttgart. Die Beklagte bestätigte die Buchung unter dem 05.11.2010. Der Gesamtreisepreis belief sich auf 2.173,00 Euro. Wegen der Einzelheiten der Buchung wird auf Bl. 14 f. d.A. und wegen der Hotelbeschreibung auf Bl. 45 d.A. Bezug genommen. Die Kläger leisteten eine Anzahlung in Höhe von 544,00 Euro. Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 24.03.2011 mit, dass die gebuchte Flugstrecke storniert wurde und bot alternativ den Reisezeitraum vom 17.06.2011 bis 01.07.2011 mit Flugverbindungen ab Frankfurt an sowie gebührenfreie Umbuchung nach Verfügbarkeit und gebührenfreie Stornierung. Die Kläger stornierten die Reise. Die Beklagte erstattete den Anzahlungsbetrag. Die Kläger traten statt der bei der Beklagten gebuchten Reise in der Zeit vom 12.06.2011 bis 23.06.2011 eine Reise nach Spanien in das Apparthotel DF/Lloret de Mar bei Vollpension an, wobei sie in der Zeit vom 15.06.2011 bis 17.06.2011 – da das Apparthotel nicht durchgängig zu buchen war – in einem benachbarten Hotel verbrachten. Die Zeit vom 24.06.2011 bis 27.06.2011 verbrachten die Kläger zu Hause. Die Kläger machten außergerichtlich Ansprüche geltend, worauf die Beklagte unter dem 12.08.2011 220,00 Euro Entschädigung an die Kläger zahlte.

7. Die Kläger sind der Ansicht, dass die Beklagte die gebuchte Reise schuldhaft vereitelt habe und ihnen in Hinblick darauf eine Entschädigung wegen entgangener Urlaubsfreude zustehe. Diese betrage in Anlehnung an die Rechtsprechung des LG Frankfurt 72,00 Euro x 14 Reisetage für die Kläger und 14 x 36,00 Euro für den Sohn.

8. Die Kläger beantragen,

9. dem 25.06.2011 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 451,13 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.05.2012 zu zahlen.

10. Die Beklagte beantragt die Klage abzuweisen.

11. Es wird weiter auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

12. Die Klage ist teilweise begründet.

13. Den Klägern steht gegen die Beklagte jeweils ein weiterer Entschädigungsanspruch wegen entgangener Urlaubsfreude gemäß § 651 f Abs. 2 BGB in Höhe von 280,00 Euro zu. Weitergehende Ansprüche bestehen nicht.

14. Die bei der Beklagten gebuchte Reise der Kläger nach Djerba ist durch einen der Beklagten zuzurechnenden Umstand vereitelt worden, da die Beklagte den vertraglich vereinbarten Reisezeitraum nicht mehr sicherstellen konnte und die Kläger daraufhin berechtigterweise vom Reisevertrag zurücktreten durften.

15. Eine Anspruch auf Entschädigung nach § 651 f Abs. 2 BGB setzt entweder eine erhebliche Reisebeeinträchtigung oder die Vereitelung der Reise voraus. Eine Vereitelung liegt vor, wenn der Reisende die Reise nicht antritt, weil er nach § 651 a Abs. 5 Satz 2 BGB berechtigt von der Reise zurückgetreten ist (BGH NJW 2005, 1047). Zu einem solchen Rücktritt ist er dann berechtigt, wenn der Veranstalter vor dem Antritt der Reise dem Reisenden mitteilt, dass eine wesentliche Reiseleistung geändert wird und sich diese Änderung als erheblich erweist. Erheblich ist dabei im Sinne von zumutbar gemäß § 308 Nr.4 BGB zu verstehen. Eine Änderung ist aber immer auch dann als erheblich anzusehen, wenn der Veranstalter sich eine Leistungsänderung nicht oder in nicht hinreichend konkret bei Vertragsschluss vorbehalten hat. In diesem Fall einer unzulässigen Leistungsänderung liegt zudem ein zur Kündigung nach § 651 e BGB berechtigender Reisemangel vor (vgl. Führich, Reiserecht, 6. Aufl. Rn 168).

16. Vorliegend kann dahinstehen, ob ein wirksamer Leistungsänderungsvorbehalt vereinbart wurde, denn es liegt bereits eine zur Unzumutbarkeit führende erhebliche Änderung eines wesentlichen Vertragsbestandteiles vor. Unstreitig konnte die Beklagte wegen Stornierung der gebuchten Flugverbindung den vertraglich vereinbarten Reisezeitraum vom 13.06.2011 bis 27.06.2011 nicht einhalten, stattdessen bot sie die Reise für den Zeitraum 17.06.2011 bis 01.07.2011 an. Bei der konkret vereinbarten Reisezeit handelt es sich um einen wesentlichen Vertragsbestandteil eines Reisevertrages. Die Verlegung der Reisezeit um 4 Tage nach hinten stellte im konkreten Fall auch eine erhebliche Änderung dar. Denn sie führte vorliegend dazu, dass die Reise außerhalb der von den in W./Baden Württemberg wohnhaften Klägern in Hinblick auf ihr schulpflichtiges Kind zu beachtenden Pfingstferien 2011 – 14.06. bis 25.06.2011 – endete.

17. Das Rücktrittsrecht des Reisenden findet da seine Grenze, wo ihm der Veranstalter eine objektiv gleichwertige und persönlich zumutbare Ersatzreise anbietet. Derjenige, der ein solches Angebot ablehnt, setzt sich dem Vorwurf der unzulässigen Rechtsausübung aus. Dass ein Ersatzangebot gleichwertig und für den Reisenden persönlich annehmbar gewesen wäre, hat der Reiseveranstalter darzulegen und zu beweisen.

18. Die seitens der Beklagten mit Schreiben vom 24.03.2012 angebotene Ersatzreise ab dem 17.06.2011 war bereits nach dem oben zur Erheblichkeit der Änderung Gesagten den Klägern nicht zumutbar, weil sie über die Ende der Pfingstferien hinausreichte. Andere konkrete Ersatzangebote hat die Beklagte den Klägern nicht unterbreitet.

19. Das Verschulden der Beklagten an der Vereitelung der Reise wird vermutet, Entlastendes hat sie nicht vorgetragen.

20. Die Rechtsfolge des § 651 f Abs. 2 BGB besteht darin, dass den Klägern eine angemessene Entschädigung für den entfallenen Urlaub auf Djerba zu gewähren ist. Diese beläuft sich vorliegend auf jeweils 390,00 Euro je Kläger. Dabei war bei der Abwägung zur Höhe entschädigungsmindernd zu berücksichtigen, dass die Kläger vom 12.06. bis 23.06.2011 Urlaub an der Costa Brava verbracht haben.

21. Dabei ist vorab festzustellen, dass die Kläger keinen Anspruch auf Zahlung eines Gesamtbetrages an sich haben. Dem Reisevertragsrecht ist eine Gesamtgläubigerschaft unbekannt. In dem Antrag ist indes als minus der Antrag auf Zahlung eines Teilbetrages an jeden Kläger einzeln enthalten, so dass sich die unzutreffende Antragstellung nicht auswirkt. Weiter ist festzustellen, dass eine Entschädigung für den mitreisenden Sohn nicht zu gewähren ist, da die Kläger insoweit nicht aktivlegitimiert sind. Bei dem Anspruch nach § 651 f Abs. 2 BGB handelt es sich um einen immateriellen Anspruch, der jedem Betroffenen höchstpersönlich zusteht. Vorliegend haben nach Maßgabe des Mahnbescheides und der Anspruchsbegründung nur die Kläger Ansprüche geltend gemacht. Nur solche sind auch Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Eine Parteierweiterung auf Klägerseite ist nicht erfolgt. Soweit die Kläger aber etwaige Ansprüche ihres Sohnes in der Anspruchsbegründung in die Berechnung ihres Entschädigungsanspruches aufgenommen haben, fehlt ihnen die Aktivlegitimation.

22. Nach Auffassung des Gerichtes hat bei der Bemessung der Höhe der Entschädigung eine Gesamtabwägung der Umstände des Einzelfalles zu erfolgen. Kriterien sind Reiseziel, Reisedauer, Reisepreis, Art und Umfang der Beeinträchtigung auch in Hinblick auf Opportunitätskosten. Ein Bemessungskriterium ist nach Auffassung des Gerichtes aber auch die Frage, was der Reisende mit der nach Vereitelung frei gewordenen Reisezeit angefangen hat. Dem steht die oben zitierte Entscheidung des BGH (BGH, NJW 2005, 1046 ff.) nicht entgegen.

23. Der BGH hat in dieser Entscheidung dargelegt, dass das Motiv für die Gewährung einer Entschädigung im Falle der Vereitelung der Umstand ist, dass der Reisende seine Urlaubszeit nicht so habe verbringen können, wie er dies wünschte und wie der Veranstalter ihm dies schuldete. Dies ergibt sich nach dem BGH aus dem Wortlaut des Gesetzes – wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit- aber auch aus Sinn und Zweck der Norm, dem Reisenden einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass der Reisende den Erfolg aus der Reise, d.h. den geplanten Nutzen, nicht ziehen konnte. Hieraus zieht der BGH den Schluss, dass das, was der Reisende an Stelle der Reise mit seiner Zeit anfängt ohne Einfluss auf den Entschädigungsanspruch bleiben muss, es also unerheblich ist, ob er einen Ersatzurlaub unternimmt, zu Hause bleibt oder aber wieder arbeiten geht. Weder findet eine Vorteilsanrechnung statt noch sind diese Umstände bei der Schadensberechnung einzusetzen. Denn das was der Reisende unternehme, beruhe auf eigener Initiative und sei dem Veranstalter gegenüber auch nicht im Rahmen der einer Schadensabwendungsoder -minderungspflicht geschuldet. Zwar mag diese Begründung den Eindruck hervorrufen, dass es für die Entschädigungshöhe unerheblich ist, was der Reisende in dem Zeitraum der ausgefallenen Reise gemacht hat. Dieser Eindruck ist indes nicht zutreffend. Die Begründung des BGH berührt nicht die hier zu beantwortende Frage nach den bei der Bemessung der Entschädigung zu beachtenden Umständen, vielmehr nur die Frage inwieweit ein etwaiger Ersatzurlaub einen Entschädigungsanspruch gar nicht oder nur teilweise entstehen lässt. Hierfür spricht bereits der Umstand, dass der BGH seine Argumentation auf die Rechtsbegriffe Vorteilsausgleichung und Schadensminderung stützt. Diese Begriffe entstammen dem Recht des Schadenersatzes bei Vermögensschäden und gehören in den Anwendungsbereich der §§ 249 ff BGB. Indem der BGH die Anwendung dieser Begriffe auf den Anspruch aus § 651 f Abs. 2 BGB ablehnt, knüpft er konsequent an seine Rechtsprechung an, wonach der Anspruch aus § 651 f Abs. 2 BGB nichtvermögensrechtlicher Natur ist (BGH, NJW 1983, 25; NJW 1983, 218). Auch in dem o.g. Urteil betont der BGH den immateriellen Charakter des Anspruches und trennt zwischen den Umständen, die geeignet sind, den Anspruch gar nicht erst zum Entstehen zu bringen und solchen, die bei der Abwägung zur Bestimmung der Höhe des immateriellen Anspruches von Bedeutung sind. Indem er klargestellt hat, dass die Berücksichtigung einer Ersatzreise eine unzulässige Vorteilsanrechnung bedeute, hat er den Stimmen in der Rechtsprechung eine Absage erteilt, die bereits das Tatbestandsmerkmal des „vertanen Urlaubs“ in § 651 f Abs. 2 BGB als nicht erfüllt ansehen, wenn der Reisende eine Ersatzreise unternimmt. Das bedeutet aber nicht, dass die Durchführung einer Ersatzreise bei der Abwägung zur Höhe ein Gesichtspunkt sein kann. Insoweit hat der BGH lediglich ausgeführt, dass als Bemessungskriterien zur Höhe weder das Nettoeinkommen noch ein Resterholungswert bei Urlaub zu Hause herangezogen werden können. Einkommen und Freizeit sind Faktoren, die keine Reise zur Voraussetzung haben. Zur Frage aber, ob und wie ein Ersatzurlaub, der demselben Zweck wie der ausgefallene Urlaub dient – in der Regel also der Erholung – bei der Bestimmung der Entschädigungshöhe zu berücksichtigen ist, hat sich der BGH nicht geäußert. Nach Auffassung des Gerichtes stellt es sich aber als ein ins Gewicht fallender Umstand dar, ob ein Reisender bei einem geplatzten Urlaub zu Hause bleibt oder wieder arbeiten geht oder aber eine andere der Erholung dienende Reise antritt ( so auch bestätigend LG Köln – Urteil vom 14.02.2006 – 11 S 354/05 (nicht veröffentlicht)). Derjenige, der eine andere Reise antritt wird sich erholen und Urlaubsfreude empfinden, seine Einbuße besteht darin, dass er den Urlaub nicht so wie gewünscht hat durchführen können. Diese Einbuße wiegt jedoch weniger schwer als die, wenn einer mangels Alternativen nicht mehr wegfahren kann. Dass auch den Reisenden begünstigende Umstände wie die Erreichung des Reisezwecks Erholung auf anderem Wege zu berücksichtigen sind ergibt sich auch aus dem Vergleich mit § 253 Abs. 2 BGB. Auch bei der Bemessung des Schmerzensgeldes wirkt es sich unabhängig vom Schädiger für den Verletzten schmerzensgeldmindernd aus, wenn ein Heilungsverlauf positiv verläuft. Übertragen auf § 651 f Abs. 2 BGB wirkt es sich unabhängig von dem Veranstalter entschädigungsmindernd aus, wenn der Reisende – wozu er nicht verpflichtet ist – durch eine Alternativreise den Reisezweck doch noch erreicht. Dabei mag auch an den nicht nur theoretischen Fall gedacht werden, dass der Reisende seine geplatzte Reise bei einem anderen Veranstalter oder individuell doch noch realisiert.

24. Bei der danach vorzunehmenden Abwägung zur Bestimmung der Entschädigungshöhe war daher die seitens der Kläger gebuchte und angetretene Ersatzreise an die Costa Brava in das Aparthotel DF vom 12.06 bis 23.06.2011 zu berücksichtigen. Allerdings hatte diese Reise einen anderen Zuschnitt als vereitelte Reise, so dass der Urlaubsnutzen nicht der Gleiche war wie bei der Gebuchten. Die Änderung des Reiselandes – Spanien statt Tunesien – spielte dabei nach dem Vortrag der Kläger keine wesentliche Rolle. Es ist auch nicht erkennbar, dass es sich bei der Reise nach Djerba um eine gerade individuell für die Kläger besondere Reise handelte (z.B. besonderer Anlass, erster Urlaub seit langem, langes Ansparen unter Verzicht anderweiten Konsums, nicht ohne weiteres wiederholbare Fernreise usw.). Ins Gewicht fallen aber die Unterschiede in der Unterbringung. So haben die Kläger dargelegt, dass es sich bei dem Hotel in MN um ein Aparthotel handelte, das anders als das Hotel auf Djerba nicht am Strand lag sondern in 30 Gehminuten Entfernung. Weiter lag es in zentraler Lage und nicht in einem 5 Hektar großen Palmenhain, wie in der Katalogbeschreibung des Hotels in Tunesien. Ferner erhielten die Kläger Vollpension statt all – inclusive und gab es kein Unterhaltungsprogramm sowie keine Sport- und Wellnessangebote. Zudem mussten die Kläger vom 15.06. bis 17.06.2011 in einem anderen Hotel untergebracht werden, da das Hotel DF in diesem Zeitraum nicht buchbar. Zuletzt war die An -und Abreise bedingt durch den An- und Abflugshafen Frankfurt Hahn beschwerlicher. Andererseits war den Klägern ein Erholungsurlaub an Strand und Pool möglich. Dass die Reise nach Spanien teurer war als die gebuchte ist hingegen nicht ersichtlich. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Änderungsmitteilung der Beklagten nicht etwa kurzfristig vor Reisebeginn erfolgte, sondern fast drei Monate vor dem Reiseantritt, so dass den Klägern noch ausreichend Zeit zur Umplanung blieb. Unter Abwägung dieser Umstände erachtet das Gericht eine Entschädigung von 25,00 Euro je Kläger pro Tag der in den Reisezeitraum fallenden Ersatzreise (13.06. bis 23.06.2011) angemessen. Das Gericht folgt dabei nach Maßgabe der Rechtsprechung des BGH in dem zitierten Urteil einem an den Reisepreis orientierten Tagessatzsystem, wobei klarzustellen ist, dass der BGH nicht festgestellt hat, dass die Entschädigung 50 % des Reisepreises betragen muss, vielmehr hat er diese Bemessung der Vorinstanz lediglich als nicht rechtsfehlerhaft erkannt. Im Übrigen bleibt es bei der Bemessung durch den Tatrichter. Eine von dem Reisepreis unabhängige Bestimmung nach festen Tagessätzen wie vom LG Frankfurt früher ( 72,00 Euro) vertreten und von den Klägern zitiert, dürfte nach der Änderung der Rechtsprechung des BGH nicht mehr möglich sein und ist auch vom LG Frankfurt aufgegeben worden ( LG Frankfurt, RRa 2008, 27). Der Tagesgesamtpreis der gebuchten Reise beläuft sich auf 155,21 Euro (2.173,00 Euro ./. 14). Das Gericht geht bei der Abweichung zwischen den beiden Reisen von einem Prozentsatz von 35 % aus, so dass sich ein Betrag von 54,32 Euro ergibt. Bezogen auf 10 Tage ergibt sich ein Betrag von 543,24 Euro. Ausgehend hiervon und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die nicht zu berücksichtigende Entschädigung des Sohnes die Hälfte der Eltern beträgt und daher ca. 1/5 in Abzug zu bringen sind, erachtet das Gericht – aufgerundet – eine Entschädigung für die Kläger in Höhe von jeweils 25,00 Euro pro Tag auf 10 Tage, insgesamt 500,00 Euro, jeweils 250,00 Euro pro Kläger, für angemessen. Für die zu Hause verbrachte Zeit von vier Tagen (24.06.2011 bis 27.06.2011) erachtet das Gericht eine Entschädigung in Höhe von jeweils 35,00 Euro pro Tag für angemessen. Insofern ist zu berücksichtigen, dass die Kläger gegenüber der gebuchten Reise nur eine verkürzte Reise buchten und früher als geplant aus dem Urlaub zurückehrten. Insoweit ist daher eine höhere Entschädigung anzusetzen. Das Gericht legt hier den Prozentsatz von 50 % zugrunde. Dies ergibt einen Betrag von 77,61 Euro (155,21 Euro x 50 %). Bei 4 Tagen ergeben sich 310,44 Euro. Unter Berücksichtigung des auf den Sohn entfallenden Fünftels und bei Aufrundung erachtet das Gericht eine Entschädigung von 35,00 Euro pro Tag je Kläger als angemessen. Insgesamt ergeben dies 280,00 Euro, jeweils 140,00 Euro je Kläger. Die berechtigte Entschädigung beläuft sich damit auf 780,00 Euro. Abzüglich gezahlter 220,00 Euro verbleiben 560,00 Euro, die jeweils zur Hälfte, d.h. zu 280,00 Euro, auf die Kläger zu verteilen sind.

25. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

26. Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus Verzug gemäß §§ 286, 288 BGB. Vorgerichtliche Anwaltskosten können die Kläger nicht beanspruchen. Insoweit fehlt es an der Darlegung eines Schadens. Dass die Kläger ihren Bevollmächtigten außergerichtliche Rechtsanwaltskosten zahlten, ist nicht dargetan. Eine an die Kläger gerichtete Rechnung, die den Anforderungen des § 10 RVG genügt und aus der sich somit ein durchsetzbarer fälliger Honoraranspruch wegen vorgerichtlicher Anwaltskosten ergibt, liegt nicht vor. Nur eine solche Rechnung vermag jedoch eine einem Vermögensschaden gleichstehende Vermögensgefährdung zu begründen.

27. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92, 708 Nr.11, 711, 713 BGB.

28. Streitwert: 2.300,00 Euro.

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