Auswirkungen von Sicherheitsmaßnahmen sind kein Reisemangel

AG Duisburg: Auswirkungen von Sicherheitsmaßnahmen sind kein Reisemangel

Ein Urlauber verlangt vom Reiseveranstalter eine nachträgliche Reisepreisminderung, weil er sich durch die Aktivitäten anderer Gäste sowie durch Sicherheitsmaßnahmen des in der Nähe seines Hotels befindlichen EU-Gipfels belästigt und eingeschränkt sah.

Das Amtsgericht Duisburg hat die Klage abgewiesen. In den Sicherungsmaßnahmen und den Aktivitäten der anderen Gäste sei lediglich eine geringfügige Lärmbelästigung zu sehen, die der Kläger zu tolerieren habe.

AG Duisburg 33 C 4084/03 (Aktenzeichen)
AG Duisburg: AG Duisburg, Urt. vom 27.11.2003
Rechtsweg: AG Duisburg, Urt. v. 27.11.2003, Az: 33 C 4084/03
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Amtsgericht Duisburg

1. Urteil vom 27. November 2003

Aktenzeichen: 33 C 4084/03

Leitsatz:

2. Auswirkungen von Sicherheitsmaßnahmen anlässlich eines EU-Gipfels und geringfügige Lärmbelästigung sind kein Reisemangel.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger buchte bei dem beklagten Reiseveranstalter eine Pauschalreise nach Griechenland. Während seines Hotelaufenthalts fühlte er sich durch Sicherheitsmaßnahmen anlässlich des in der Nähe des Urlaubshotels stattfindenden EU-Gipfels sowie durch den von anderen Hotelgästen ausgehendem Lärm belästigt und in seiner Möglichkeit, die Reise zu genießen, eingeschränkt.
Er verlangt nun vom Beklagten eine nachträgliche Reisepreisminderung.

Das Amtsgericht Düsseldorf hat die Klage abgewiesen. Weder in dem, durch andere Gäste verursachten, Lärmpegel noch in den Sicherheitsmaßnahmen sei ein Reisemangel zu sehen. Mangelhaft, im Sinne von §651 c BGB, sei eine Reise dann, wenn sie nicht die zugesicherten Eigenschaften habe oder mit Fehlern behaftet sei, die den Wert der Reise mindern würden.
Die auf Grundlage eines identischen Reisevertrags an einem nächtlichen Freizeitangebot teilnehmenden Gäste und die hierdurch entstehende Lautstärke, könnten dem Beklagten nicht zu dessen Ungunsten ausgelegt werden.

Auch die Sicherheitsmaßnahmen begründen keinen Reisemangel. Zum einen hätten sie den Kläger nicht derart intensiv eingeschränkt, dass die Reiseleistung als mangelhaft eingestuft werden könnte, zum anderen habe der Beklagte keine Möglichkeit gehabt auf die Umstände einzuwirken und eine Veränderung herbeizuführen.
Im Ergebnis stehen dem Kläger deshalb keine Minderungsansprüche zu.

Tenor:

4. Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 175,00 EUR abzuwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

5. Der Kläger buchte für die Zeit vom 12.6.2003 bis 26.6.2003 bei der Beklagten als Reiseveranstalter eine Flugpauschalreise nach Griechenland in das Gebiet Neo Marmaras in die Anlage A, die auf den Seiten xxx und xxx im Reisekatalog der Beklagten, Griechenland, Sommer 2003, beschrieben ist, zum Reisepreis für zwei Erwachsene bei all inklusive-Verpflegung von 1.300,00 EUR. Der Kläger trat die Reise an, war jedoch mit den Reiseleistungen nicht zufrieden und wandte sich vor Ort an die Reiseleitung, die mit Datum vom 18.6.2003 die Beschwerden des Klägers als zur Kenntnis genommen bestätigte. Nach Rückkehr von dem Urlaub begehrte der Kläger von der Beklagten mit Schreiben vom 3.7.2003 eine Reisepreisminderung um 627,47 EUR.

6. Der Kläger begehrt nunmehr von der Beklagten diesen Betrag im Hinblick auf die von ihm behaupteten Mängel der Reiseleistung der Beklagten. Die einzelnen Mängel und die Berechnung der Minderung hat der Kläger in der Klageschrift vom 28.7.2003 (Bl.1 f.d.GA) sowie im Erwiderungsschriftsatz vom 14.10.2003 (Bl.31 f.d.GA) und in dem weiteren Schriftsatz vom 10.11.2003 (Bl.47 f.d.GA) im Einzelnen dargestellt. Das Gericht nimmt auf die Ausführungen des Klägers vollinhaltlich Bezug.

7. Der Kläger beantragt,

8. die Beklagten zu verurteilen, an ihn 627,47 EUR nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem       22.7.2003 zu zahlen.

9. Die Beklagte beantragt,

10. die Klage abzuweisen.

11. Sie bestreitet die von dem Kläger behaupteten Mängel und trägt hierzu weiter in ihrer Klageerwiderungsschrift vom 16. September 2003 vor (Bl. 20 f.d.GA) und vom 3. November 2003 (Bl.38 f.d.GA), auf die ebenfalls Bezug genommen wird.

12. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die wechselbezüglichen Schriftsätze sowie den Akteninhalt insgesamt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

13. Die Klage ist nicht begründet.

14. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf Zahlung der von ihm geltend gemachten 627,47 EUR.

15. Nach § 651 a Abs. I BGB wird der Reiseveranstalter durch den Reisevertrag verpflichtet, dem Reisenden eine Gesamtheit von Reiseleistungen zu erbringen. Entsprechend der Regelung des § 651 c Abs. I BGB ist der Reiseveranstalter verpflichtet, die Reise so zu erbringen, dass sie die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen aufheben oder mindern. In diesem Falle kann der Reisende nach § 651 c Abs. II BGB Abhilfe verlangen, der Reiseveranstalter ist andererseits aber auch berechtigt, dem gerügten Mangel abzuhelfen. Ist die Reise im Sinne des § 651 c Abs. I BGB mangelhaft, so ist der Reisende nach § 651 d Abs. I BGB berechtigt, für die Dauer des Mangels den Reisepreis zu mindern. Maßgeblich für zugesicherte Eigenschaften im Sinne des Reiserechtes ist der dem Vertrag der Parteien zugrunde gelegte Reisekatalog, im Übrigen die Buchung des Reisenden bei der Beklagten.

16. Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze kann die Klage keinen Erfolg haben.

17. Zunächst kann der Streit der Parteien darüber, ob der Kläger bei der örtlichen Reiseleitung der Beklagten vor Ort in der erforderlich konkreten Weise Mängel angezeigt und Abhilfe verlangt hat, was letztlich die Beklagte in allgemeiner Form hinsichtlich der mündlichen Rüge des Klägers in der ersten Woche vor Ort einräumt, auf sich beruhen, denn schon aus dem Sachvortrag des Klägers ergibt sich, dass die von ihm behaupteten Mängel unter Zugrundelegung seines eigenen Sachvortrags und der Katalogausschreibung keinen Anspruch auf Minderung rechtfertigen.

18. Soweit der Kläger meint, einen Minderungsanspruch daraus herleiten zu können, dass wegen eines in der Zeit vom 18.6. bis 22.6.2003 stattfindenden EU-Gipfels unter Beteiligung der Europäischen Regierungschefs 800 Meter vom Strand aus gesehen in der Bucht ein Kriegsschiff ständig vor Anker lag, ist das offensichtlich verfehlt. Abgesehen davon, dass es sich hierbei allenfalls je nach Befindlichkeit des einzelnen Reisenden um eine ästhetische Beeinträchtigung handeln mag, kann das Vorhandensein eines Kriegsschiffes vor der Küste einen der Beklagten anzulastenden Reisemangel nicht ernsthaft begründen. Die Behauptung des Klägers, den Eindruck gehabt zu haben, in einem Kriegsgebiet zu sein, vermag das Gericht nicht nachzuvollziehen. Es ist offensichtlich, dass ein 800 Meter vom Strand aus gesehen in einer Bucht vor Anker liegendes Kriegsschiff vernünftigerweise nicht den Eindruck vermitteln kann, in einem Kriegsgebiet zu sein.

19. Soweit der Kläger vorträgt, der Lärm von über dem Ort des Gipfels kreisenden Hubschraubern sei gut hörbar gewesen, vermag das Gericht auch darin keinen der Beklagten anzulastenden Reisemangel zu erblicken. Das gilt umso mehr, als der EU-Gipfel nicht am Urlaubsort des Klägers, wie dieser behauptet, sondern nach der insoweit unwidersprochenen Darstellung der Beklagten in Porto Carras stattfand, so dass also die Hubschrauber nicht über dem Hotel, sondern über dem Nachbarort gekreist haben dürften.

20. Was nun „gut hörbar“ heißen soll, ist nicht hinlänglich plausibel dargetan.

21. Ebensowenig plausibel dargetan hat der Kläger einen Mangel der Reise insoweit, als im Hotel Polizisten untergebracht waren. Anders als in dem vom Kläger zitierten Fall, in dem in dem Hotel Soldaten untergebracht waren, gilt das für zur Sicherung des EU-Gipfels eingeteilte Polizeibeamten nicht in gleichem Umfange.

22. Grundsätzlich ist zu berücksichtigen, dass der einzelne Reisegast keinen Anspruch auf bestimmte andere Gäste oder die Abwesenheit bestimmter anderer Gäste hat. Auch dass die Polizisten im Hotel und in der Anlage nach der Darstellung des Klägers bewaffnet herumliefen, begründet keinen Reisemangel. Jedenfalls hat der Kläger auch nicht ansatzweise dargetan, dass für ihn hierdurch auch nur annäherungsweise eine Bedrohungssituation entstanden ist. Der höchstpersönliche subjektive Eindruck des Klägers, im Hotel habe sich alles um Gipfel und Sicherheit der Staatsgäste gekümmert und nicht um die sonstigen Gäste, begründet für sich gesehen ebenfalls keinen Reisemangel. Hierzu hätte der Kläger schon konkret vortragen müssen, dass er in der Hotelanlage in irgendeiner konkret nachprüfbaren Weise persönlich benachteiligt worden wäre.

23. Das Gericht sieht ebenfalls keinen Mangel der Reiseleistung der Beklagten darin, dass der Kläger angesichts des Gipfels keine Ausflüge buchen konnte. Insoweit vertritt das Gericht den engen Fehlerbegriff im Sinne des Reisevertragsrechtes. Die Beklagte hat dem Kläger im Rahmen der Katalogbeschreibung nicht die Möglichkeit zugesichert, in der Umgebung Ausflüge vorzunehmen. Nur dann, wenn die Beklagte in der Katalogbeschreibung die Möglichkeit derartige Ausflüge gleichsam zugesichert hätte, hätten sie für das Nichtvorhandensein von solchen Ausflugsmöglichkeiten auch einzustehen. Aus der Katalogbeschreibung Griechenland und Zypern Sommer 2003 ergibt sich auf den Seite xxx und xxx in keiner Weise, dass die Beklagte etwa die Gewähr dafür hätte übernehmen wollen, dass der Kläger außerhalb der Anlage wie auch immer geartete Ausflüge vornimmt. Im Gegenteil: Im all inklusive-Programm ist unter dem Stichwort „Sport und Fitness“ regelmäßiges Sportprogramm wie Volley-, Wasserballspiele und Wettbewerbe, Tischtennis- und Fitnesskurse mit Aerobic und Step angeboten, woraus sich eben ergibt, dass die Anlage selbst mit eigenen Aktivitäten wirbt und nicht etwa mit außerhalb der Anlage liegenden Angeboten.

24. Das Gericht vermag auch keinen Reisemangel, der der Beklagten etwa anzulasten wäre, in dem vom Kläger geschilderten einmaligen Vorfall zu sehen, dass in der Nacht vom 20.6. auf den 21.6. Polizisten im Pool lautstark Wasserball spielten. Zum einen fehlt es an der Substantiierung, von wann bis wann denn konkret die Nachtruhe des Klägers gestört war, zum anderen ist aber auch nicht erkennbar, warum nicht der Kläger naheliegenderweise über die Rezeption um Ruhe gebeten hat. Unabhängig davon ist zu berücksichtigen, dass der Kläger nach seinem eigenen Wunsch, wie er sich aus der Reisebestätigung ergibt, auf der Poolseite untergebracht werden wollte und deshalb durchaus auch damit rechnen musste, dass sich im Bereich des Pools auch nachts andere Personen aufhalten.

25. Das Gericht sieht auch keinen Reisemangel in der vom Kläger behaupteten ständigen lauten Musik von der Hotelbar bis tief in die Nacht hinein. Aus der Katalogbeschreibung ergibt sich im Rahmen der all inklusive-Leistung unter dem Stichwort „Unterhaltung“, dass Unterhaltungsabende mit Show, Tanz und Spielen stattfinden. Der Kläger hätte sich deshalb durchaus darüber im Klaren sein können, dass derartige Unterhaltungsabende zu einer Geräuschbelästigung führen und diese auch entsprechend den Gepflogenheiten im südlichen Ausland bis tief in die Nacht hinein dauern.

26. Das Gericht sieht auch keine Informationspflicht des Reiseveranstalters über den EU-Gipfel. Für die Beklagte war nachvollziehbar nicht vorhersehbar, ob und inwieweit sich Sicherheitsvorkehrungen vom Nachbarort her bis zur Ferienanlage ausdehnen würden. Das gilt umso mehr, als sich die gebuchte Hotelanlage nach der Lagebeschreibung inmitten von Pinienwäldern befindet und diese sogar von Neo Marmaras 12 Kilometer entfernt ist.

27. Soweit nun die Parteien darum streiten, ob der Kläger schon am dritten Tag ein von der Poolseite abgewandtes Zimmer hätte erhalten können, mag auch das auf sich beruhen, denn der Kläger hatte auf eigenen Wunsch ein Zimmer erhalten, das mangelfrei war, so dass ihm aus Rechtsgründen ein Anspruch auf einen Umzug in ein poolfernes Zimmer gar nicht zustand. Demnach spielt auch der Hinweis der Reiseleitung auf die Vollbelegung des Hotels, sei es durch andere Gäste oder durch Polizeibeamte, überhaupt keine Rolle.

28. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Ziff.11, 711 ZPO.

29. Streitwert: 627,47 EUR ( bezifferte Klageforderung )

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