Ausgleichszahlung bei Verspätung

AG Köln: Ausgleichszahlung bei Verspätung

Eine Reisende buchte bei einer Airline einen Linienflug. Da dieser erst mit mehr als 27 Stunden Verspätung startete, verlangt die Klägerin von dem Unternehmen eine Ausgleichszahlung wegen Annullierung im Sinne von Art.7 der Fluggastrechte Verordnung.

Das Amtsgericht Köln hat einen Anspruch abgelehnt. In der fraglichen Verzögerung sei lediglich eine Flugverspätung, nicht jedoch eine Annullierung zu sehen.

AG Köln 118 C 552/06 (Aktenzeichen)
AG Köln: AG Köln, Urt. vom 10.01.2007
Rechtsweg: AG Köln, Urt. v. 10.01.2007, Az: 118 C 552/06
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Nordrhein-Westfalen-Gerichtsurteile

Amtsgericht Köln

1. Urteil vom 10. Januar 2007

Aktenzeichen: 118 C 552/06

Leitsatz:

2. Eine 27-stündige Verspätung stellt keine Annullierung dar.

Zusammenfassung:

3. Eine Reisende buchte bei einem privaten Luftfahrtunternehmen einen Linienflug. Wegen eines technischen Defekts konnte die Maschine jedoch erst mit 27-stündiger Verspätung starten. Die Kläger verlangen in der Folge einen Ausgleichsanspruch wegen Annullierung.
Die Beklagte weigert sich der Zahlung. In der Verzögerung des Abflugs sei keine Annullierung, sondern eine Verspätung zu sehen.

Das Amtsgericht Köln hat der Beklagten Recht zugesprochen. Eine Entschädigung wegen eines annullierten Fluges ergebe sich grundsätzlich aus Art. 7 der Fluggastrechteverordnung. Hierzu müsse der betroffene Flug jedoch ersatzlos weggefallen sein. Da dieser jedoch am Folgetag unter der selben Flugnummer ausgeführt wurde, könne nicht von einer Annullierung gesprochen werden.
Anstelle eines Anspruchs auf eine Entschädigungsleistung, hätten die Kläger allein Anspruch auf Unterstützungsleistungen gemäß Art. 9 VO (EG) 261/2004. Da sie den Erhalt von besagten Leistungen nicht bestritten hatten, sei die Klage unbegründet.

Tenor:

4. Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger mögen die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vorläufig vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

5. Die Kläger buchten über den Reiseveranstalter P Reisen GmbH unter anderem bei der Beklagten zwei Plätze für den Flug LH 527 am 23.02.2006 von S nach F mit planmäßiger Abflugzeit um 18.45 Uhr. Tatsächlich verließ die streitgegenständliche Maschine S erst etwa 27 Stunden später am Abend des 24.02.2006.

6. Mit der Klage begehren die Kläger Ausgleichszahlungen in Höhe von EUR 600,– pro Person gemäß Art. 5 Abs. 1 c) i. V. m. Art. 7 Abs. 1 c) VO (EG) 261/2004. Sie sind der Ansicht, die Flugzeitverzögerung sei wegen ihres extremen Ausmaßes nicht als Verspätung im Sinne der EG (VO) 261/2004, sondern als Annullierung zu werten.

7. Die Kläger beantragen die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) jeweils EUR 600,– nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.05.2006 zu zahlen;

8. die Beklagte zu verurteilen, sie von der nicht anrechenbaren außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebührenforderung ihrer Prozessbevollmächtigten in Höhe von EUR 87,29 freizustellen.

9. Die Beklagte beantragt die Klage abzuweisen.

10. Sie behauptet, eine Treibstoffleckage an dem für den Flug LH 527 am 23.02.2006 vorgesehen Airbus habe eine umfassende Reparatur erfordert und dadurch die Flugzeitverzögerung von letztlich nahezu 27 Stunden verursacht. Da der für den 24.02.2006 vorgesehene Flug LH 527 ebenfalls regulär an diesem Tag durchgeführt worden sei, habe es sich bei dem streitgegenständlichen Flug der Kläger um eine Verzögerung und nicht etwa eine Annullierung gehandelt.

11. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zur Akte gereichten wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

12. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

13. Den Klägern steht der geltend gemachte Anspruch auf Ausgleichszahlungen gemäß Art. 5 Abs. 1 c) i. V. m. Art. 7 Abs. 1 c) VO (EG) 261/2004 nicht zu. Eine Annullierung des Fluges LH 527 vom 23.02.2006 gemäß Art 2 VO (EG) 261/2004 hat nicht stattgefunden.

14. Eine Annullierung liegt gemäß Art. 2 I) VO (EG) 261/2004 bei Nichtdurchführung eines geplanten Fluges vor, für den mindestens ein Platz reserviert war. Der von den Klägern gebuchte Flug LH 527 vom 23.02.2006 ist jedoch nicht gar nicht durchgeführt worden und ersatzlos weggefallen, sondern mit 27stündiger Verspätung am 24.02.2006 erfolgt. Dies ergibt sich schon daraus, dass der für den 24.02.2006 vorgesehene Flug LH 527 ebenfalls planmäßig durchgeführt wurde, mithin dieser Flug am 24.02.2006 zweimal und nicht wie üblich einmal bedient worden ist. Die Beklagte hat die Durchführung beider Flüge am 24.02.2006 hinreichend durch Vorlage der OBELISK-Steckbriefe für beide Maschinen sowie eines Auszugs aus dem Elektronischen Logbuch vom 23/24.02.2006 dargelegt; das diesbezügliche Bestreiten der Kläger mit Nichtwissen erfolgt ins Blaue hinein und ist daher unerheblich Entgegen der Auffassung der Kläger ist eine Verspätung im Umfang von 27 Stunden auch nicht als Annullierung im Sinne der VO (EG) 261/2004 zu werten.

15. Soweit die Kläger meinen, eine teleologische Auslegung dieser Verordnung, die dem Schutz der Fluggäste dienen solle, gebiete diese Annahme, wird diese Ansicht bereits durch den Wortlaut der VO (EG) 261/2004 widerlegt. Denn die Erwägungsgründe Nr. 3 und Nr. 20 der Verordnung unterscheiden ausdrücklich zwischen großen Verspätungen und Annullierungen; im Erwägungsgrund Nr. 15 der Verordnung wird noch weiter differenziert zwischen großen Verspätungen, Verspätungen bis zum nächsten Tag und Annullierungen Mit dieser Formulierung ist eindeutig klargestellt, dass eine Verspätung bis zum nächsten Tag, wie sie bei den Klägern vorgelegen hat, nicht als Annullierung zu werten ist und damit nicht zu Ausgleichszahlungen gemäß Art. 5 Abs. 1 c) i. V. m. Art. 7 Abs. 1 c) VO (EG) 261/2004 berechtigt. Die Kläger hatten allein Anspruch auf Unterstützungsleistungen gemäß Art. 9 VO (EG) 261/2004; dass sie diese nicht erhalten hätten, haben sie selbst nicht behauptet.

16. Nach alledem war die Klage abzuweisen.

17. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

18. Streitwert: EUR 1.200,–

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