Aufwendungsersatzanspruch trotz Kündigung des Reisenden

LG München: Aufwendungsersatzanspruch trotz Kündigung des Reisenden

Eine Frau kündigte ihren Reisevertrag mit Verweis auf höhere Gewalt. Da sie den Vertrag über einen separaten Reisevermittler abgeschlossen habe und dieser seine bezahlte Leistung, nämlich genau diese Vermittlung einer Reise, bereits geleistet habe, hatte der Vermittler Anspruch auf Ersatz der von ihm ursprünglich ausgelegten Reisekosten.

LG München 31 S 16252/08 (Aktenzeichen)
LG München: LG München, Urt. vom 05.02.2009
Rechtsweg: LG München, Urt. v. 05.02.2009, Az: 31 S 16252/08
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Landgericht München

1. Urteil vom 05.02.2009

Aktenzeichen 31 S 16252/08

Leitsatzsätze:

2. Auch wenn eine Kündigungsmöglichkeit gegenüber dem Reiseveranstalter wegen höherer Gewalt besteht, heißt das nicht, dass auch gleichzeitig eine Kündigungsmöglichkeit seines Vertragsverhältnisses mit dem Reisevermittler besteht, wenn die Vermittlung der Reise bereits stattgefunden hat.

Im Gegenteil hat der Reisevermittler einen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen.

Zusammenfassung:

3. Die Klägerin buchte über einen Reisevermittler eine Urlaubsreise, die sie stornierte. Sie erhielt den Reisepreis zurück, da ihre Kündigung aufgrund höherer Gewalt vertraglich berechtigt war.

Laut Gericht ermögliche ihr dieser Kündigungsgrund jedoch nicht auch den Vertrag mit dem Reisevermittler zu kündigen.

Die Vermittlung der Reise habe bereits stattgefunden und somit stehe dem Reisevermittler ein Ersatz seiner Aufwendungen zu. Der Reisevermittler hatte den Preis der Reise für die Kundin zunächst ausgelegt.

Tenor:

4. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Amtsgerichts München vom 15.7.2008 aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 790,00 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-​Punkten über dem Basiszinssatz seit 18.3.2008 zu bezahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Berufungsstreitwert wird auf € 790,00 festgesetzt.

Tatbestand:

5. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 540 I i.V.m. § 313a I ZPO abgesehen und auf die tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

6. Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. In der Sache hat sie ebenfalls Erfolg.

7. Nach Ansicht der Kammer liegt zwischen der Klägerin und der Beklagten ein Reisevermittlungsvertrag vor (vgl. Palandt, 67.Auflage, Vor § 651a, Rdnr. 6), auf welchen als sogenannten Geschäftsbesorgungsvertrag gemäß § 675 BGB die Regelungen über das Auftragsverhältnis anwendbar sind. Durch die Vermittlung der Klägerin kam sodann ein weiterer Beförderungsvertrag zwischen der Beklagten und dem Luftfahrtunternehmen Lufthansa zustande.

Eine Kündigungsmöglichkeit wegen höherer Gewalt, von welcher die Kammer grundsätzlich ausgeht, bestand damit gemäß § 651j BGB nur gegenüber dem Reiseveranstalter Lufthansa. Eine Kündigung bzw. ein Widerruf gegenüber der Klägerin war weder nach § 671 BGB, da dieser gemäß § 675 BGB keine Anwendung findet, noch nach § 649 BGB möglich, da die Vermittlung der Flugreise bereist stattgefunden hatte.

Nachdem der Buchungsauftrag am 8.9.07 erteilt worden war, hatte die Beklagten die Flugtickets am 9.9.07 erhalten. Somit hatte die Klägerin ihren Vermittlungsauftrag schon erfüllt.

8. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Zahlung des Reisepreises zwischen der Klägerin und dem Reiseveranstalter Lufthansa abgewickelt wurde, da sich diese Pflicht gerade aus dem Vermittlungsvertrag ergibt und im Gesetz sogar in § 651k BGB geregelt ist.

9. Damit hat die Klägerin aus §§ 675, 670 BGB einen

Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen, welche sich aus den von ihr weitergeleiteten Flugkosten in Höhe von 988,90 Euro abzüglich der von Lufthansa erteilten Gutschrift in Höhe von 204,90 Euro sowie den Kosten für die Rücklastschrift in Höhe von 6,00 Euro zusammensetzen und zum Zeitpunkt der Stornierung durch die Beklagte bereits entstanden waren.

10. Die Stornogebühr in Höhe von 25,00 Euro hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 2.6.2008 bereits anerkannt. Daraus errechnen sich Kosten in Höhe von 815,00 Euro, wovon jedoch lediglich 790,00 Euro geltend gemacht wurden und daher auch nur zuzusprechen sind.

11. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.

12. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

 

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