Vorverlegung der Rückflugzeit

AG Hannover: Vorverlegung der Rückflugzeit

Weil sein Flug um 10 Stunden vorverlegt wurde, fordert ein Urlauber von seinem Reiseveranstalter eine nachträgliche Preisminderung. Dieser zweifelt an der Erheblichkeit der Einschränkungen und weigert sich der Zahlung.

Das Amtsgericht Hannover hat der Klage stattgegeben. Im Verlust des letzten Urlaubstages sei ein Reisemangel zu sehen, der einen Minderungsanspruch zu Gunsten des Klägers begründe.

AG Hannover 519 C 7511/08 (Aktenzeichen)
AG Hannover: AG Hannover, Urt. vom 20.11.2008
Rechtsweg: AG Hannover, Urt. v. 20.11.2008, Az: 519 C 7511/08
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Amtsgericht Hannover

1. Urteil vom 20. November 2008

Aktenzeichen: 519 C 7511/08

Leitsatz:

2. Auch wenn sich der Reiseveranstalter in seiner Buchungsbestätigung die Änderung der Flugzeiten vorbehalten hat, rechtfertigt dies keine gravierende Verkürzung der gesamten Reisedauer. Eine Flugvorverlegung um zehn Stunden ist jedenfalls nicht mehr als vertragsgemäß anzusehen und führt zu einem Minderungsanspruch in Höhe von 50% des auf einen Tag entfallenden Reisepreises. Außerdem steht dem Reisenden ein Schadensersatzanspruch für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit gemäß § 651f Abs. 2 BGB zu.

Zusammenfassung:

3. Ein Urlauber buchte bei einem privaten Reiseveranstalter eine Pauschalreise. Weil der geplante Rückflug kurzfristig um 10 Stunden vorverlegt worden war, konnte der klagende Reisende seinen letzten Urlaubstag nicht wie geplant ausnutzen. In der Folge verlangt er von dem Veranstalter der Reise eine Preisminderung wegen Mangelhaftigkeit im Sinne von §651f BGB.

Der Verannstalter sieht in dem frühen Rückflug keinen erheblichen Reisemangel und weigert sich den Ausgleichsbetrag zu zahlen.

Das Amtsgericht Hannover hat dem Kläger Recht zugesprochen. Nach §651c BGB ist eine Reise immer dann mit einem Mangel behaftet, wenn sie nicht die zugesicherten Eigenschaften hat oder an einem Fehler leidet, der ihren Wert oder ihre Tauglichkeit mindert. Da die Reise ohnehin nur auf eine Dauer von 7 Tagen angesetzt war, entsprach der Verlust des letzten Urlaubstages einer solchen Tauglichkeitsminderung.
Entsprechend stehe den Klägern ein Minderungsanspruch im Sinne von §651f BGB zu.

Tenor:

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 1) 174,50 Euro zuzüglich 100,– Euro Schadensersatz nebst Zinsen auf 274,50 Euro in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.06.2007 zu zahlen.

Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger zu 2) 50,– Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.06.2007 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden wie folgt verteilt:

Von den Gerichtskosten werden 45 % der Beklagten, 51 % dem Kläger zu 1) und 4 % dem Kläger zu 2) auferlegt.

Die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1) trägt dieser zu 61 % selbst. 39 % dieser Kosten trägt die Beklagte.

Die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2) trägt dieser zu 33 % selbst. 67 % dieser Kosten trägt die Beklagte.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten trägt diese zu 45 % selbst. 51 % dieser Kosten trägt der Kläger zu 1) und 4 % der Kläger zu 2).

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

5. Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.

6. Im zuerkannten Umfang haben die Kläger Minderungs- und Schadensersatzansprüche gegenüber der Beklagten gemäß den §§ 651 d, 651 f Abs. 2 BGB. Die vom Kläger zu 1) gebuchte Urlaubsreise für die Zeit vom 06. bis 13.04.2008 nach Gran Canaria war nicht frei von Mängeln. Entgegen der bei Buchung angegebenen Rückflugzeit von 17.35 Uhr ist der Abflug um 10 Stunden vorverlegt worden auf 7.30 Uhr morgens. Wegen des erforderlichen Transfers zum Flughafen bedeutete dies für den Kläger und seine Familie, dass er die Unterkunft um 5.00 Uhr morgens ohne Frühstück verlassen musste.

7. Die Vorverlegung des Fluges kam damit einem Verlust des gesamten letzten Urlaubstages gleich, was bei der kurzen Reisedauer von 7 Tagen besonders spürbar wurde. Die Beklagte kann sich nicht darauf zurückziehen, dass sie sich in ihrer Buchungsbestätigung die Änderung der Flugzeiten vorbehalten hatte, denn ein derartiger Vorbehalt rechtfertigte keine gravierende Verkürzung der gesamten Reisedauer, wie im vorliegenden Fall geschehen. Zwar muss sich der Reisende im Zeitalter des modernen Massentourismus darauf einstellen, dass sich Abflugzeiten in gewissem Rahmen ändern können. Hinzu kommt, dass der letzte Urlaubstag sowieso als Reisetag nur noch eingeschränkt für Erholungszwecke zur Verfügung steht. Gleichwohl hat die Beklagte mit Angabe der Abflugzeiten zum Zeitpunkt der Buchung bei ihrem Vertragspartner Erwartungen hinsichtlich des Ablaufs des letzten Reisetages geweckt, die sie nicht beliebig unterschreiten durfte.

8. Eine Flugvorverlegung um 10 Stunden war jedenfalls nicht mehr als vertragsgemäß anzusehen. Dem Kläger stehen daher Minderungsansprüche in Höhe von 50 % des auf einen Tag entfallenden Reisepreises zu, was einem Betrag von 174,50 Euro entsprach. Den Klägern standen auch Schadensersatzansprüche für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit gemäß § 651 f Abs. 2 BGB zu. Hinsichtlich der Umorganisation des Abfluges hat sich die Beklagte nicht entlasten können, so dass von schuldhaftem Verhalten auszugehen war. Das Gericht hält einen Betrag von 50,– Euro für den Kläger und seine Ehefrau, die die Ansprüche insoweit an ihn abgetreten hatte sowie für den Kläger zu 2) für ausreichend und angemessen.

9. Die Zinsansprüche beruhen auf den §§ 286, 288 BGB ab Zugang des Ablehnungsschreibens der Beklagten am 05.06.2007.

10. Die Nebenentscheidungen ergehen gemäß den §§ 100 Abs. 2, 708 Nr. 11, 713 ZPO.

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