Anspruchsanmeldung innerhalb der Ausschlussfrist bei Reisemängeln
LG Frankfurt: Anspruchsanmeldung innerhalb der Ausschlussfrist bei Reisemängeln
Eine Reisende forderte eine Reisepreisminderung wegen verschiedener Reisemängel. Sie hatte vor dem Amtsgericht Frankfurt Erfolg, auf die Berufung des beklagten Reiseveranstalters hin wurde die Minderungsquote jedoch reduziert, da die Klägerin bei einem Teil der Mängel die Anspruchsmeldung innerhalb der Frist versäumt hatte.
LG Frankfurt | 2-24 S 155/05 (Aktenzeichen) |
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LG Frankfurt: | LG Frankfurt, Urt. vom 23.08.2006 |
Rechtsweg: | LG Frankfurt, Urt. v. 23.08.2006, Az: 2-24 S 155/05 |
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Leitsatz:
2. Das entscheidende Merkmal einer Anspruchsmeldung, ist die Stellung von Forderungen gegen den Reiseveranstalter.
Zusammenfassung:
3. Eine Reisende forderte aufgrund diverser Reisemängel eines Minderung des Reisepreises. Vor dem Amtsgericht Frankfurt wurde ihr diese zugestanden. Es stellte fest, dass die Behauptung der Beklagten, die Mängelrüge der Klägerin vor Ort sei nicht griffig gewesen, kein Bestreiten der Mängelrüge als solche darstellte.
Auf die Berufung der Beklagten hin wurde der Minderungssatz durch das Landgericht Frankfurt gesenkt, denn einen Teil der Ansprüche hatte die Klägerin nicht innerhalb der Monatsfrist nach Reiseende bei der Beklagten geltend gemacht. Zwar hatte sie die Mängel am Urlaubsort gerügt, diese Rüge genügte jedoch nicht dem Anspruch an eine Anspruchsmeldung, deutlich zu machen, dass an den Reiseveranstalter Forderungen gestellt werden.
Tenor:
4. Unter Abweisung der Klage im Übrigen wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 1.805,27 Euro nebst 4 % Zinsen seit dem 03.09.2004 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in der ersten Instanz haben die Klägerin zu 42 % und die Beklagte zu 58 % zu tragen.
Die Kosten des Rechtsstreits in der zweiten Instanz werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
5. Von einer Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.
6. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg.
7. Unter Zugrundelegung der Angriffe der Berufung ergibt sich folgende Sach- und Rechtslage:
8. Das Amtsgericht hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin den Reisepreis aufgrund einer Reisepreisminderung wegen verschiedener Reisemängel in Höhe von insgesamt 2.669,65 Euro gemäß §§ 651 c Abs. 1, 651 d Abs. 1, 638 Abs. 3 und 4 BGB zurückzuzahlen.
9. Die diesbezüglich vom Amtsgericht festgestellten Reisemangel i. S. v. § 651 c Abs. 1 BGB und die vom Amtsgericht entsprechend angesetzten Minderungsquoten für die einzelnen Reisemängel begegnen keinen rechtlichen Bedenken. Vielmehr schließt sich das Berufungsgericht voll und ganz den entsprechenden Ausführungen des Amtsgerichts an. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird vollumfänglich auf die Ausführungen des Amtsgerichts verwiesen.
10. Weiterhin ist das Amtsgericht völlig zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte eine fehlende Mängelrüge gemäß § 651 d Abs. 2 BGB nicht eingewandt hat. Zu Recht hat das Amtsgericht angeführt, dass die Vorschrift des § 651 d Abs. 2 BGB nach der Gesetzesfassung als Einwendung und nicht als zusätzliche Anspruchsvoraussetzung konzipiert ist. Dies entspricht der Rechtsprechung der Kammer (vgl. NJW-RR 1986, 540, 541). Das Berufungsgericht tritt der Auffassung des Amtsgerichts bei, dass allein der Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 15.12.2004, der Vortrag der Klägerin zur Mängelrüge sei nicht griffig, nicht das Berufen auf eine fehlende Mängelrüge darstelle. Dieser Satz lässt ein Bestreiten nicht erkennen. Eines weitergehenden Hinweises des Amtsgerichts bedurfte es nicht. Nach Auffassung des Berufungsgerichts geht die Hinweispflicht des Gerichts nämlich nicht so weit, dass die Beklagte darauf hinzuweisen ist, welche Verteidigungsmittel sie vorzutragen hat, um ihren Vortrag in Bezug auf das Klägervorbringen erheblich zu machen.
11. Das nunmehrige entsprechende Bestreiten der Beklagten hinsichtlich des Vorliegens von Mängelrügen i. S. v. § 651 d Abs. 2 BGG war nicht mehr zuzulassen.
12. Es handelt sich hier um neuen Vortrag in der Berufungsinstanz. Die entsprechenden Zulassungsvoraussetzungen nach § 531 ZPO sind hier nicht gegeben. Wie bereits ausgeführt, bedurfte es keines entsprechenden Hinweises durch das Amtsgericht. Vielmehr ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte nicht in der Lage gewesen sein soll, den nunmehrigen Vortrag im Hinblick auf das Bestreiten der Mängelrügen nicht schon in der ersten Instanz hätte halten können.
13. Abweichend von der amtsgerichtlichen Auffassung ist das Berufungsgericht der Ansicht, dass der Klägerin gegen die Beklagte im Ergebnis ein Anspruch auf Rückzahlung des Reisepreises aufgrund einer Reisepreisminderung wegen der Mängel „Klimaanlage“ und „Hängematten“ in Höhe von insgesamt 864,38 Euro gemäß §§ 651 c Abs. 1, 651 d Abs. 1, 638 Abs. 3 und 4 BGB nicht zusteht.
14. Zwar hat das Amtsgericht, wie oben ausgeführt, zutreffend festgestellt, dass entsprechende Ansprüche dem Grunde nach bestehen.
15. Diese Ansprüche sind nach Auffassung des Berufungsgerichts jedoch gemäß § 651 g Abs. 1 BGB ausgeschlossen.
16. Gemäß § 651 g Abs. 1 BGB sind Ansprüche nach den §§ 651 c – 651 f BGB innerhalb eines Monats nach der vertraglich vorgesehenen Beendigung der Reise durch den Reisenden gegenüber dem Reiseveranstalter geltend zu machen. Nach Ablauf der Frist kann der Reisende Ansprüche nur geltend machen, wenn er ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist verhindert worden ist.
17. Vorliegend hat die Klägerin Ansprüche hinsichtlich der Mängel „Klimaanlage“ und „Hängematten“ nicht i. S. v. § 651 g Abs. 1 BGB innerhalb der Monatsfrist wirksam angemeldet. Diese Mängel waren im Anspruchschreiben vom 11.01.2004 nicht enthalten. Ein fehlendes Verschulden der Klägerin ist nicht ersichtlich.
18. Die Klägerin kann sich hinsichtlich einer wirksamen Anspruchsanmeldung gemäß § 651 g Abs. 1 BGB auch nicht auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 11.01.2005 (NJW 2005, 1420, 1421) erfolgreich berufen. Hinsichtlich der Anforderungen an eine Anspruchsanmeldung i. S. v. § 651 g Abs. 1 BGB hat der BHG ausgeführt:
19. „… Es ist daher erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Reisende deutlich macht, Forderungen gegen den Reiseveranstalter stellen zu wollen und die Mängel nach Ort, Zeit, Geschehensablauf und Schadensfolgen so konkret beschreibt, dass der Reiseveranstalter Maßnahmen der geschilderten Art zur Wahrung seiner Interessen ergreifen kann. Nicht erforderlich ist dagegen die rechtliche Einordnung oder eine Bezifferung der erhobenen Ansprüche. …“ (BGH, a. a. O.)
20. Diese Voraussetzungen sind nach dem Klägervortrag aber nicht erfüllt. Diesbezüglich trägt die Klägerin nunmehr vor, im vorliegenden Falle seien die fehlende Klimaanlage und die Mängel der Hängematte der örtlichen Reiseleitung vor Ort bekannt gegeben worden. Diese habe ein Protokoll angefertigt und dieses selbst an den Reiseveranstalter weitergeleitet.
21. Nach diesem Vortrag, unterstellt er sei richtig, kann von einer wirksamen Anspruchsanmeldung i. S. v. § 651 g Abs. 1 BGB trotzdem nicht ausgegangen werden. Aus dem Vortrag der Klägerin ergibt sich nämlich nur, dass gegenüber der örtlichen Reiseleitung vor Ort eine entsprechende Mängelanzeige abgegeben worden ist. Diese Mängelanzeige lässt sich nach dem Vortrag der Klägerin aber nicht als Anspruchsanmeldung i. S. v. § 651 g Abs. 1 BGB auslegen.
22. Nach der Rechtsprechung der Kammer gilt, dass eine am Urlaubsort von dem Reisenden gegenüber der örtlichen Reiseleitung abgegebene (mündliche oder schriftliche) Mängelrüge i. S. d. § 651 c Abs. 2 BGB oder einer Mängelanzeige i. S. d. § 651 d Abs. 2 BGB nicht die nach § 651 g Abs. 1 BGB erforderliche Anmeldung der Ansprüche nach Reiseende zu ersetzen vermag, da sie ausschließlich der Unterrichtung der Reiseleitung zwecks Beseitigung der gerügten Mängel dient (NJW 1984, 1628, 1628).
23. Das entscheidende Merkmal einer Anspruchsanmeldung i. S. v. § 651 g Abs. 1 BGB ist – auch nach der Entscheidung des BGH vom 11.01.2005 –, dass der Reisende deutlich macht, Forderungen gegen den Reiseveranstalter stellen zu wollen. Dies grenzt die Anspruchsanmeldung i. S. v. § 651 g Abs. 1 BGB von einer „bloßen Mängelanzeige/Mängelrüge“ ab. Es muss nämlich gerade deutlich werden, dass der Reisende aus den gerügten Mängeln Ansprüche herleiten will, welche letztlich auch immer. Diesen Umstand hat die Klägerin aber gerade nicht vorgetragen.
24. Nach alldem liegt eine wirksame Anspruchsanmeldung i. S. v. § 651 g Abs. 1 BGB in Bezug auf die Mängel „Klimaanlage“ und „Hängematten“ nicht vor.
25. Die Mängel „Klimaanlage“ und „Hängematten“ sind in dem Anspruchsschreiben der Klägerin vom 11.01.2004 (Bl. 10 – 13 d. A.) nicht enthalten. Diese Beanstandungen hat die Klägerin nicht in ihrem Anspruchsschreiben vom 11.01.2004 innerhalb der Frist des § 651 g Abs. 1 BGB gerügt.
26. Diesbezüglich hat das Amtsgericht zutreffend ausgeführt, dass Reisemängel, die nicht in dem Anspruchsschreiben aufgeführt sind, in einem späteren Rechtsstreit unbeachtlich sind. Die unterbliebene Anmeldung war auch von Amts wegen zu beachten, da es sich bei § 651 g Abs. 1 BGB um eine gesetzliche Ausschlussfrist handelt.
27. Danach sind die vom Amtsgericht ausgeurteilten Minderungsbeträge für die Klimaanlage in Höhe von 497,21 Euro und für die Hängematten in Höhe von 367,17 Euro der Klägerin nicht zuzusprechen.
28. Von dem vom Amtsgericht ausgeurteilten Rückzahlungsanspruch in Höhe von 2.669,65 Euro ist ein entsprechender Abzug in Höhe von 864,38 Euro bezüglich der Mängel „Klimaanlage“ und „Hängematten“ vorzunehmen. Danach verbleibt ein Betrag von 1.805,27 Euro.
29. Alles in allem ergibt sich für die Klägerin eine Reisepreisminderung in Höhe von insgesamt 1.805,27 Euro gemäß §§ 651 c Abs. 1, 651 d Abs. 1, 638 Abs. 3 und 4 BGB.
III.
30. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
31. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
32. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes als Revisionsgericht.
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