Anspruch auf Beförderung durch einen ausgehändigten Flugschein

AG Düsseldorf: Anspruch auf Beförderung durch einen ausgehändigten Flugschein

Der Kläger hatte bei der Beklagten mehrere Flüge gemeinsam gebucht. Auf einem dieser Flüge wurde er in der Klasse herabgestuft. Die Fluggesellschaft leistete ihm eine Ausgleichszahlung. Im Wege der Klage verlangt der Kläger eine höhere Ausgleichszahlung, nämlich unter Zugrundelegung aller auf dem ausgestellten Flugschein aufgeführten Flüge.

Das Amtsgericht hat das Verfahren ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt, ob sich die Ausgleichszahlung an einem Teilflug oder an allen Flügen bemisst.

AG Düsseldorf 25 C 13212/14 (Aktenzeichen)
AG Düsseldorf: AG Düsseldorf, Urt. vom 30.04.2015
Rechtsweg: AG Düsseldorf, Urt. v. 30.04.2015, Az: 25 C 13212/14
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Amtsgericht Düsseldorf

1. Urteil vom 30. April 2015

Aktenzeichen 25 C 13212/14

Leitsätze:

2. Das Verfahren wird ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt, woran sich der Entschädigungsanspruch bei mehreren Teilflügen bemisst.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger hatte bei der Beklagten vier Flüge gemeinsam gebucht. Hierüber erhielt er ein so beschriebenes „e-Ticket Receipt & Itinerary“, aus dem die Flüge hervorgehen. Auf einem dieser Flüge wurde er von der ersten Klasse in die Business Class herabgestuft. Die Fluggesellschaft leistete ihm eine Ausgleichszahlung, ausgerichtet am Preis für die betroffene Teilstrecke.

Im Wege der Klage verlangt der Kläger eine höhere Ausgleichszahlung, nämlich unter Zugrundelegung des Preises aller auf dem ausgestellten Flugschein aufgeführten Flüge.

Das Amtsgericht hat das Verfahren ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt, ob sich die Ausgleichszahlung an einem Teilflug oder an allen Flügen bemisst.

Tenor:

4. hat das Amtsgericht Düsseldorf

am 30.04.2015

durch die Richterin Dr. G

beschlossen:

Das Verfahren wird bis zur Entscheidung des Europäischen

Gerichtshofes ausgesetzt.

Dem Europäischen Gerichtshof werden folgende Fragen zur

Vorabentscheidung vorgelegt:

I.

Ist Art. 10 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 2, lit. f VO-EG 261/2004 so auszulegen, dass „Flugschein“ das Dokument ist, mit dem der Reisende (auch) Anspruch auf die Beförderung auf demjenigen Flug hat, auf dem er herabgestuft wurde, unabhängig davon, ob auf diesem Dokument noch weitere Flüge wie Anschlussflüge oder Rückflüge verzeichnet sind?

II.

A.

Wenn Frage I bejaht wird:

Ist Art. 10 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 2, lit. f VO-EG 261/2004 weiter so auszulegen, dass „Preis des Flugscheins“ derjenige Betrag ist, den der Reisende für alle auf dem Flugschein verzeichneten Flüge bezahlt hat, auch wenn die Herabstufung nur auf einem der Flüge erfolgte?

B.

Wenn Frage I. verneint wird:

Ist für die Ermittlung des Betrages, der Grundlage für die Erstattung nach Art. 10 Abs. 2 VO-EG 261/2004 ist,

auf den veröffentlichten Preis der Airline für die Beförderung auf dem von dem Downgrade betroffenen Teilstück in der gebuchten Klasse abzustellen?

oder

der Quotient aus der Entfernung des von dem Downgrade betroffenen Teilstückes und der Gesamtflugstrecke zu bilden und mit dem Gesamtpreis des Fluges zu multiplizieren?

III.

Ist Art. 10 Abs. 2 VO-EG 261/2004 weiter so auszulegen, dass „Preis des Flugscheins“ nur der Preis des reinen Fluges ohne Steuern und Gebühren ist?

Tatbestand

5. Kläger ist Herr N, Beklagte die Fluggesellschaft F.

6. Der Kläger verfügt über einen mit den Worten „ e-Ticket Receipt & Itinerary“ überschriebenes Dokument der Beklagten, aus dem sich folgende Flüge ergeben:

7. 26.7.2013, 21:20 Uhr: E-G, Ankunft in G 27. Juli 2013, 5:50 Uhr

8. 29.7.2013, 2:50 Uhr: G-U, Ankunft in U 29.7.2013, 17:35 Uhr

9. 23.8.2013, 21:25 Uhr: T-G, Ankunft in G 24.8.2013, 0:55 Uhr

10. 24.8.2013, 3:55 Uhr: G-H, Ankunft in H 24. August 2013, 8:50 Uhr

11. Für die gesamten Flüge zahlte der Kläger einen Betrag von 2471,92 EUR.

12. Für die Flüge von E nach G und von G nach U weist das vorliegende Dokument „First Class“ aus.

13. Für den Flug von E nach G wurde der Kläger von der First Class in die Business Class herabgestuft und reiste diese Strecke in der Business Class.

14. Die Entfernung zwischen E und G beträgt über 3500 km.

15. Wegen des erfolgten Downgrades erstattete die Beklagte dem Kläger einen Betrag von 376,00 EUR.

16. Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte schulde ihm als Erstattung 75 % des Gesamtpreises, den er für alle Flüge gezahlt hat, also ein Gesamtbetrag von 1853,94 EUR.

17. Die Beklagte begründet den von ihr gezahlten Erstattungsbetrag damit, dass für die Erstattung nur der Preis für das von der Herabstufung betroffene Segment maßgeblich sei und im übrigen auch nur der Betrag für die Erstattung maßgeblich sein dürfe, der ohne Steuern und Gebühren auf den fraglichen Flugabschnitt entfällt.

18. Der Kläger macht den ihm nach seiner Berechnung zustehenden Betrag klageweise geltend.

19. Die maßgebliche Vorschrift des Art. 10 Abs. 2, lit. c) VO-EG 261/2004 lautet:

20. Verlegt ein ausführendes Luftfahrtunternehmen einen Fluggast in eine niedrigere Klasse als die, für die der Schein erworben wurde, so erstattet es binnen sieben Tagen nach den in Art. 7 Abs. 3 genannten Modalitäten bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden, einschließlich Flügen zwischen dem europäischen Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten und den französischen überseeischen Departements, 75 % des Preises des Flugscheins.

21. Art. 2 lit. f) VO-EG 261 / 04 definiert weiter wie folgt:

22. „Flugschein“ ein gültiges, einen Anspruch auf Beförderungsleistung begründendes Dokument oder eine gleichwertige papierlose, auch elektronisch ausgestellte Berechtigung, das bzw. die von dem Luftfahrtunternehmen oder dessen zugelassenen Vermittler ausgegeben oder genehmigt wurde.

23. Entscheidungsrelevanz

24. Das vorlegende Gericht hat Zweifel an der Auslegung der zitierten Vorschriften des Unionsrechts, da der Europäische Gerichtshof in Bezug auf Entschädigungsansprüche wegen Flugverspätungen entschieden hat, dass der Rückflug ein eigener Flug ist und die VO-EG 261/2004 nicht anwendbar ist, wenn zwar der Hinflug, nicht aber der Rückflug in einem Mitgliedstaat begonnen hat und kein Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft den Flug durchführt. Weiter übernimmt der Europäische Gerichtshof für die VO-EG 261/2004 ausdrücklich nicht den Begriff des Rundfluges nach dem Montrealer Übereinkommen, sondern segmentiert die Abschnitte eines solchen Rundfluges, auch wenn der Fluggast diesen einheitlich als Hin- und Rückflug gebucht hat (EuGH Rs. C-173/07). Ob diese Segmentierung auch dann greifen soll, wenn der Hinflug aus mehreren Abschnitten besteht, ist der Entscheidung nicht zu entnehmen.

25. Die deutsche Rechtsprechung, BGH, Urteil vom 28.05.2009, Xa ZR 113/08, NJW 2009, 2743, nimmt in Bezug auf eine Entschädigung wegen Flugverspätung eine solche Segmentierung eines einheitlich gebuchten Fluges an, wenn zwischendurch ein Umsteigen in ein Fluggerät eines anderen Luftfahrtunternehmens erforderlich wird.

26. In Bezug auf die hier streitige Frage, ob eine Aufteilung eines einheitlich gebuchten Hin- und Rückfluges in seine einzelnen Sektoren auch dann zu erfolgen hat, wenn es um ein Downgrade geht und wenn dieselbe Fluggesellschaft die jeweiligen Teilstrecken bedient und welcher Betrag dann zur Ermittlung des Erstattungsbetrages maßgeblich ist, ist noch keine Rechtsprechung ergangen.

27. Um das Klageverfahren entscheiden zu können, benötigt das vorlegende Gericht die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes über die Auslegung der maßgeblichen Vorschriften der EG-VO 261/2004.

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