Angabe des Endpreises bei Flugreisenangebot für dänische Verbraucher

LG Berlin: Angabe des Endpreises bei Flugreisenangebot für dänische Verbraucher

Der Kläger ist ein Verein zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs und verklagt die Beklagte, ein Luftfahrtunternehmen, auf Unterlassung eines an dänische Verbraucher gerichteten Internetangebotes für Flugreisen. Neben dem Endpreis wurde eine weitere Gebühr fällig, wenn nicht bar gezahlt werde. Gegen diese Gebührenerhebung wehrt sich der Kläger.

Das Gericht hält die Klage des Klägers für begründet.

LG Berlin 16 O 525/08 (Aktenzeichen)
LG Berlin: LG Berlin, Urt. vom 01.06.2010
Rechtsweg: LG Berlin, Urt. v. 01.06.2010, Az: 16 O 525/08
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Landgericht Berlin

1. Urteil vom 01. Juni 2010

Aktenzeichen: 16 O 525/08

Leitsatz:

2. Die Angabe eines Endpreises darf keine weiteren Kosten für eine alternative Zahlung enthalten.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger ist ein Verein zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs und verklagt die Beklagte, ein Luftfahrtunternehmen mit Sitz in Deutschland, auf Unterlassung eines an dänische Verbraucher gerichteten Internetangebots für Flugreisen. Die Beklagte bot im Internet Flüge zur Onlinebuchung an. Neben dem Endpreis wurde eine weitere Gebühr fällig, wenn nicht bar gezahlt werde. Gegen diese Gebührenerhebung wehrt sich der Kläger. Der Kläger erschien vor Gericht nicht, sodass es ein Versäumnisurteil erließ. 

Das Gericht hält die Klage des Klägers für begründet. Das Versäumnisurteil wird aufgehoben. Der Ansicht des Gerichts nach, ist der Kläger zwar nicht prozessführungsbefugt, aber klagebefugt, sodass er im Namen der dänischen Verbraucher deren Rechte geltend machen kann. Dem Kläger steht daher ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu. 

Tenor:

4 1. Das Versäumnisurteil vom 20. Oktober 2009 wird aufgehoben und die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,– Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen am Vorstand ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin,

zu unterlassen,

im Wettbewerb handelnd im Rahmen des an dänische Verbraucher gerichteten Internetauftritts zur Vornahme von Flugbuchungen aufzufordern,

ohne für Kreditkartenzahlungen anfallende Kosten in den Reisepreis zu inkludieren

und/oder

ohne deutlich und unmissverständlich beim Flugangebot und/oder zu Beginn des Buchungsvorgangs auf die mit der Kreditkartenzahlung verbundenen Zusatzkosten hinzuweisen.

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 189,– Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. Dezember 2008 zu zahlen.
  2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
  3. Das Urteil ist wegen des Tenors zu 1. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000,– Euro und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrage vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

5 Flugverbindungen von Dänemark nach Deutschland werden in Dänemark neben der Beklagten auch von xxx, xxx, xxx, xxx und xxx angeboten, wobei der Umfang des Flugangebots der … zwischen den Parteien streitig ist.

6 Eine Abmahnung vom 25.01.2008, mit der der Kläger von der Beklagten unter anderem die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung forderte, blieb erfolglos.

7 Aufgrund eines Durchsetzungsersuchens des xxx beauftragte das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit den Kläger am 23.06.2008 nach § 7 Abs. 1 VSchDG damit, auf die Abstellung des behaupteten Verstoßes hinzuwirken.

8 Der Kläger ist der Auffassung, das Verhalten der Beklagten sei unlauter. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch beruhe auf §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i. V. m. Art. 5 Abs. 1 und 4, 6 Abs. 1 lit. d) der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.05.2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern (im Folgenden UGP-RL) sowie außerdem auf § 4a Abs. 1 UKlaG i. V. m. den Vorschriften der genannten Richtlinie sowie dem Dänischen Gesetz über Marktverhalten vom 21.12.2005 i. d. F. des Gesetzes vom 20.12.2006 (begl. Übersetzungen als Anlagen K 15 und K 16, im Folgenden DGM).

9 Der Kläger sei gemäß § 4a UKlaG klagebefugt. Beim xxx handele es sich um ein Gesetz zum Schutz von Verbraucherinteressen im Sinne des § 4a UKlaG. Es liege ein sog. innergemeinschaftlicher Verstoß vor, weil die Beklagte ihren Sitz in Deutschland habe und die angegriffene Handlung sich außerhalb Deutschlands, aber innerhalb der Europäischen Gemeinschaft auswirke. Es liege eine spürbare Beeinträchtigung der Interessen der angesprochenen Verbraucher vor, da die Beklagte gegen verbraucherschützende Normen verstoße. Der Kläger verfüge zudem aufgrund der direkten Mitgliedschaft der xxx und der – über die xxx vermittelten – indirekten Mitgliedschaft der Beklagten über eine hinreichende Anzahl von Mitgliedsunternehmen, die ihre Leistungen auch in Dänemark dortigen Verbraucherkreisen anböten.

10 Die Beklagte verstoße auch gegen dänisches Recht, nämlich gegen das Irreführungsverbot der § 3 Abs. 1, § 12a Abs. 1 Nr. 6 und Abs. 2 und § 13 DGM. Die dänischen Regelungen sähen vor, dass im Rahmen einer geschäftlichen Handlung der End- bzw. Gesamtpreis bereits zu Beginn der werblichen Ansprache klar und deutlich genannt werden muss.

11 Neben der Unterlassung begehrt der Kläger gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG Ersatz für die Kosten der Abmahnung.

12 Das Landgericht Berlin hat die Klage mit Versäumnisurteil vom 20.10.2009, dem Kläger zugestellt am 04.11.2009, abgewiesen. Hiergegen hat der Kläger am 02.11.2009 Einspruch eingelegt.

13 Der Kläger beantragt,

14 1. das Versäumnisurteil aufzuheben und die Beklagte unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, diese zu vollziehen an dem Geschäftsführer, zu verurteilen, es zu unterlassen,

15 im Wettbewerb handelnd im Rahmen des an dänische Verbraucher gerichteten Internetauftritts zur Vornahme von Flugbuchungen aufzufordern,

16 ohne für Kreditkartenzahlungen anfallende Kosten in den Reisepreis zu inkludieren

17 und/oder

18 ohne deutlich und unmissverständlich beim Flugangebot und/oder zu Beginn des Buchungsvorgangs auf die mit der Kreditkartenzahlung verbundenen Zusatzkosten hinzuweisen,

19 2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 189,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

20 Die Beklagte beantragt,

21 das Versäumnisurteil aufrecht zu erhalten.

22 Sie hält die Klage für unzulässig und unbegründet.

23 Der Kläger sei nicht für die Geltendmachung eines Verstoßes gegen dänisches Recht vor deutschen Gerichten klagebefugt.

24 Im Übrigen verhalte sie, die Beklagte, sich auch nicht wettbewerbswidrig. Aus europäischen Richtlinien folgten keine unmittelbaren Rechte und Pflichten für Privatrechtssubjekte. Gegen dänisches Recht verstoße die Beklagte nicht. Es liege auch kein Verstoß gegen deutsches Recht vor, das überdies schon nicht anwendbar sei.

25 Hinsichtlich des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

26 I. Der Einspruch ist zulässig und der Prozess hierdurch in die Lage vor Eintritt der Säumnis zurückversetzt, § 342 ZPO.

27 Die Klage ist zulässig und begründet. Das Versäumnisurteil war daher gemäß § 343 Satz 2 ZPO aufzuheben und wie erkannt zu entscheiden.

28 II. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Kläger klagebefugt.

29 1. Allerdings ergibt sich die Prozessführungsbefugnis nicht aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG.

30 Diese Vorschrift regelt zwar neben der Sach- auch die Prozessführungsbefugnis (Theorie der Doppelnatur, Köhler /Bornkamm: UWG, 28. Aufl. 2010, § 8, Rdnr. 3.8 f.).

31 Die Prozessführungsbefugnis setzt aber voraus, dass ein Anspruch gemäß § 8 Abs. 1 UWG besteht, mithin eine unzulässige geschäftliche Handlung gemäß § 3 oder § 7 UWG vorliegt. Dies wiederum setzt die Anwendung deutschen Rechts voraus. Dies ist hier nicht der Fall.

32 a) Das anwendbare Recht bestimmt sich vorliegend nicht nach der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.07.2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom-II-VO). Denn diese Vorschrift ist erst am 11.01.2009 in Kraft getreten und auf davor liegende Ereignisse nicht anwendbar ( Köhler /Bornkamm a. a. O., Einl., Rdnr. 5.28); das hier beanstandete Verhalten datiert jedoch aus dem Jahr 2008.

33 b) Das anwendbare Recht ist auch nicht nach § 3 TMG zu bestimmen, wonach für Telemedien das Herkunftslandprinzip gilt. Denn von dieser Vorschrift bleiben gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 2 TMG „die Vorschriften für vertragliche Schuldverhältnisse in Bezug auf Verbraucherverträge” unberührt. Dazu zählen auch vorvertragliche Informationspflichten bei Verbraucherverträgen (Spindler/Schuster: Recht der elektronischen Medien, § 3 TMG, Rdnr. 13, unter Verweis auf Erwägungsgrund 56 der E-Commerce-RL). Solche aber stehen vorliegend in Streit.

34 c) Es gelten daher die Art. 40 ff. EGBGB mit den für das Wettbewerbsrecht bestehenden Besonderheiten. Im Wettbewerbsrecht ist der Begehungsort der unerlaubten Handlung, dessen Recht gemäß Art. 40 Abs. 1 Satz 1 EGBGB Anwendung findet, grundsätzlich der Marktort, das heißt der Ort, an dem die wettbewerblichen Interessen der Mitbewerber aufeinandertreffen ( Köhler /Bornkamm a. a. O., Einl., Rdnr. 5.5 f.).

35 Internetauftritte sind zwar grundsätzlich in der ganzen Welt abrufbar, so dass im Grunde die unerlaubte Handlung überall begangen ist. Der Kreis des anwendbaren Rechts ist gleichwohl unter dem Gesichtspunkt der Spürbarkeit einzuschränken. Danach kommen als Marktorte nur die Staaten in Betracht, in denen jedenfalls nicht unwesentliche Teile der Bevölkerung bestimmungsgemäß oder gezielt als mögliche Kunden angesprochen werden ( Köhler /Bornkamm a. a. O., Einl., Rdnr. 5.8). Da der Internetauftritt der Beklagten in dänischer Sprache gefasst ist, richtet er sich gezielt an dänische Kunden. Marktort ist demnach Dänemark mit der Folge, dass deutsches materielles Recht nicht anwendbar ist.

36 2. Der Kläger ist jedoch klagebefugt aus § 4a UKlaG i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 2 UKlaG.

37 a) Ob § 3 Abs. 1 UKlaG, auf den § 4a Abs. 2 UKlaG verweist, neben der Sach- auch die Prozessführungsbefugnis regelt, ist umstritten. Angesichts des gleichartigen Aufbaus von § 3 Abs. 1 Nr. 2 UKlaG und § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG besteht jedoch kein Anlass, hier von der Theorie der Doppelnatur abzuweichen und nur von einer Regelung der Sachbefugnis auszugehen. Die Prozessführungsbefugnis ist daher am Maßstab des § 3 Abs. 1 Nr. 2 UKlaG zu prüfen.

38 b) Die Verweisung des § 4a Abs. 2 UKlaG ist vorliegend einschlägig, weil der Kläger einen sog. innergemeinschaftlichen Verstoß im Sinne des § 4a Abs. 1 UKlaG rügt. Ob ein solcher Verstoß tatsächlich vorliegt, ist eine Frage nicht der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit der Klage.

39 Die Verweisung umfasst auch die besonderen Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 2 UKlaG für Klagen nach § 2 UKlaG. Danach ist es für die Sach- und Prozessführungsbefugnis von Verbänden unter anderem erforderlich, dass diesen eine erhebliche Anzahl von Unternehmen angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben.

40 aa) Zwar stellt § 3 Abs. 1 Nr. 2 UKlaG diese Voraussetzung nur für den Fall von Klagen nach § 2 UKlaG auf, während der Kläger hier einen Anspruch nicht nach § 2, sondern nach § 4 UKlaG geltend macht. Nach dem Sinn der Verweisung des § 4a Abs. 2 UKlaG sind derartige Klagen jedoch nicht anders zu behandeln als solche nach § 2 UKlaG.

41 § 3 Abs. 1 Nr. 2 UKlaG differenziert nur nach Klagen gemäß § 1 UKlaG (Ansprüche wegen unwirksamer AGB) und gemäß § 2 UKlaG (Ansprüche bei verbrauchergesetzwidrigen Praktiken). Der Sache nach handelt es sich bei den sog. innergemeinschaftlichen Verstößen im Sinne des § 4a UKlaG ebenfalls um Verstöße gegen Verbraucherschutzvorschriften. Zudem ist nach der Entwurfsbegründung § 4a UKlaG den §§ 2 ff. UKlaG nachgebildet. Die Vorschrift soll einerseits dem Schutz der Verbraucher, zum anderen „den konkurrierenden inländischen Unternehmen” dienen, „die grenzüberschreitend auf denselben Märkten tätig sind” (BT-Drucks. 16/2930, S. 16, hier als Anlage K 11). Wenn dem so ist, dann ist aber kein Grund ersichtlich, warum die Beschränkung, die § 3 Abs. 1 Nr. 2 UKlaG für Klagen nach § 2 UKlaG aufstellt, nicht auch hier gelten soll. Zweck dieser Beschränkung ist es, Klagen auszuschließen, mit denen rechtsmissbräuchlich Einzelinteressen verfolgt werden, anstatt objektiv gemeinsame gewerbliche Interessen der Wettbewerber des Verletzers wahrzunehmen ( Köhler /Bornkamm a. a. O., § 8, Rdnr. 3.42, 3.42a). Dem wird im Falle von Klagen nach § 2 ebenso wie nach § 4a UKlaG dadurch Rechnung getragen, dass unter den Mitgliedern des Verbands in erheblicher Zahl Unternehmen sein müssen, die von der Verletzungshandlung tatsächlich wettbewerblich betroffen sein können, weil sie nämlich auf demselben Markt tätig sind.

42 bb) Die Voraussetzung entfällt auch nicht deshalb, weil der Kläger durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit gemäß § 7 Abs. 1 VSchDG zum Vorgehen gegen den angenommenen innergemeinschaftlichen Verstoß beauftragt worden ist. Diese Norm wollte nämlich an den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 2 UKlaG ersichtlich nichts ändern. Das ergibt sich schon aus dem Wortlaut, wonach die Beauftragung einer „in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 des Unterlassungsklagengesetzes […] genannte[n] Stelle” zulässig ist; dies aber kann nur eine Stelle sein, die die in der zitierten Norm aufgestellten Voraussetzungen erfüllt, sonst wäre die Verweisung sinnlos oder hätte jedenfalls entsprechend eingeschränkt werden müssen. Diese Auslegung wird auch durch die Begründung des Gesetzesentwurfs gestützt, wonach die Beauftragung eines Dritten nur in dem Umfang möglich sein soll, in dem ihm das geänderte UKlaG die Möglichkeit zum Tätigwerden einräumt (BT-Drucks. 16/2930, S. 22, hier als Anlage K 11). Die Beauftragung für sich genommen wirkt also nur im Innenverhältnis zwischen beauftragender Behörde und beauftragtem Verband und hat keine befugnisbegründende Bedeutung.

43 c) Die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 2 UKlaG sind indessen erfüllt. Insbesondere gehört dem Kläger eine erhebliche Zahl von Unternehmern an, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt wie die Beklagte vertreiben.

44 Unternehmen in diesem Sinne sind solche, die dem Verletzer auf demselben sachlich und räumlich relevanten Markt als Wettbewerber begegnen, also um Kunden konkurrieren können; § 3 Abs. 1 Nr. 2 UKlaG ist insoweit genauso auszulegen wie § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG ( Köhler /Bornkamm a. a. O., § 3 UKlaG, Rdnr. 5, § 8 UWG, Rdnr. 3.35). Als solcher Markt ist hier der dänische Markt für Flüge mit Startflughäfen in Dänemark und Zielflughäfen in Deutschland anzusehen. Erforderlich für die Prozessführungsbefugnis ist also, dass dem Kläger eine erhebliche Anzahl von Unternehmen angehört, die in Dänemark Flüge von Dänemark nach Deutschland anbieten.

45 Ob eine erhebliche Zahl erreicht ist, bestimmt sich nach den konkreten Umständen unter Berücksichtigung des Normzwecks. Das Merkmal der erheblichen Zahl soll gewährleisten, dass durch den klagenden Verband nicht lediglich Individual-, insbesondere Gebühreninteressen, sondern objektiv gemeinsame gewerbliche Interessen der Wettbewerber verfolgt werden. Es kommt deshalb nicht entscheidend darauf an, ob die Verbandsmitglieder im Verhältnis zu allen anderen auf dem Markt tätigen Unternehmen repräsentativ sind; dem Zweck der Norm wird hinreichend Rechnung getragen, wenn im Wege des Freibeweises festgestellt werden kann, dass es dem Verband bei der betreffenden Rechtsverfolgung nach der Struktur seiner Mitglieder um die ernsthafte kollektive Wahrnehmung der Mitgliederinteressen geht.

46 Dem ist hier Genüge getan. Es kann dafür dahinstehen, ob es insoweit – wogegen der Wortlaut des § 3 Abs. 1 Nr. 2 UKlaG spricht – auch auf die indirekte Mitgliedschaft der Beklagten bei dem Kläger ankommt. Denn jedenfalls genügt unter Berücksichtigung der Zwecksetzung des Klägers und der Marktverhältnisse auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt hier die Mitgliedschaft eines großen und eingeführten Luftfahrtunternehmens wie der xxx, um die missbräuchliche Verfolgung von Einzelinteressen ausgeschlossen erscheinen zu lassen.

47 III. Die Klage ist auch begründet.

48 1. Dem Kläger steht der geltend gemachten Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aus § 4a Abs. 1 UKlaG i. V. m. Art. 7 UGP-RL, §§ 3 Abs. 1, 12a Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 DGM zu.

49 Nach § 4a Abs. 1 UKlaG kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer innergemeinschaftlich gegen Gesetze zum Schutz der Verbraucherinteressen im Sinne von Art. 3 lit. b) der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 2004 über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden (im Folgenden VO (EG) 2006/2004) verstößt. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

50 a) Gesetze zum Schutz der Verbraucherinteressen sind gemäß Art. 3 lit. b) i. V. m. lit. a) VO (EG) 2006/2004 „die im Anhang aufgeführten Richtlinien in der in die innerstaatliche Rechtsordnung der Mitgliedstaaten umgesetzten Form und die dort aufgeführten Verordnungen”. Zu den im Anhang aufgeführten Richtlinien zählt die UGP-RL.

51 Die hier in Betracht kommenden Vorschriften der UGP-RL, nämlich Art. 7 Abs. 1 und 4 lit. c), sind in Form des Änderungsgesetzes vom 20.12.2006 zum DGM (Anlage K 16) auch in innerstaatliches dänisches Recht umgesetzt worden. Dies ergibt sich sowohl aus der amtlichen Anmerkung zum Änderungsgesetz, wonach dieses auch der Umsetzung der UGP-RL dient, als auch aus dem Inhalt der konkret in Rede stehenden, durch das Änderungsgesetz in das DGM eingefügten Vorschriften. Diese entsprechen Art. 7 Abs. 1 und 4 lit. c) UGP-RL, und zwar § 3 Abs. 1 DGM vom inhaltlichen Gehalt her dem Art. 7 Abs. 1 UGP-RL sowie § 12a Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 DGM nahezu identisch – unter Berücksichtigung der den Übersetzungen geschuldeten Abweichungen in der Wortwahl – dem Art. 7 Abs. 4 lit. c) UGP-RL.

52 b) Gegen Art. 7 Abs. 1 i. V. m. Abs. 4 lit. c) UGP-RL in der in die innerstaatliche dänische Rechtsordnung umgesetzten Form der §§ 3 Abs. 1, 12a Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 DGM hat die Beklagte auch verstoßen.

53 aa) Den Inhalt des anzuwendenden ausländischen, hier dänischen Rechts hat das Gericht von Amts wegen zu ermitteln. Art und Weise sowie Umfang der anzustellenden Ermittlungen stehen im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts; die Anforderungen sind dabei umso geringer, je näher die ausländische Rechtsordnung der deutschen verwandt ist (Geimer in Zöller: ZPO, 28. Aufl. 2010, § 293, Rdnr. 15). Allerdings genügt es regelmäßig nicht, nur das gesetzte Recht der ausländischen Rechtsordnung zur Kenntnis zu nehmen; im Allgemeinen ist auch die Rechtspraxis, ggf. unter Zuziehung eines Sachverständigen, für die Ermittlung des maßgeblichen Rechts heranzuziehen (Geimer in Zöller a. a. O., Rdnr. 20).

54 Hier ergibt sich indessen die Besonderheit, dass das dänische Verbraucherschutzrecht ebenso wie die korrespondierenden deutschen Regelungen europarechtlich überformt ist, insbesondere durch die UGP-RL, die eine Vollharmonisierung der Regeln über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern auf europäischer Ebene bezweckt (EuGH 1. Kammer GRUR 2010, 244, 246 – Plus Warenhandelsgesellschaft ). Diese Richtlinie ist gemäß Art. 288 Abs. 3 AEUV für alle Mitgliedstaaten verbindlich. Das nationale Recht ist daher im Regelungsbereich der Richtlinie richtlinienkonform auszulegen ( Köhler /Bornkamm a. a. O., Einl. UWG, Rdnr. 3.13 m. w. Nachw.). Damit aber ergibt sich für die dänische Rechtspraxis kein Spielraum für eine Abweichung von den Vorgaben der UGP-RL. Das Gericht ist also nicht gehalten, diese Rechtspraxis seiner Entscheidung zugrunde zu legen, sondern muss vielmehr anhand der Auslegung des dänischen innerstaatlichen Rechts im Lichte der UGP-RL zwangsläufig zu einem Ergebnis kommen, dass bei Anwendung des ebenfalls richtlinienkonform auszulegenden deutschen innerstaatlichen Rechts in gleicher Weise erzielt worden wäre.

55 Die richtlinienkonforme Auslegung wird hier auch nicht etwa dadurch ausgeschlossen, dass Art. 3 lit. a) VO (EG) 2006/2004 als Gesetze zum Schutz der Verbraucherinteressen die im Anhang aufgeführten Richtlinien in der „in die innerstaatliche Rechtsordnung der Mitgliedstaaten umgesetzten Form” bezeichnet. Damit soll nicht gesagt werden, dass allein der Wortlaut der innerstaatlichen Normen maßgeblich ist; denn dies hätte zur Folge, dass der europäische Normgeber einerseits sämtliche über die Richtlinien hinausgehenden (überschießenden) innerstaatlichen Rechtssetzungsakte inkorporieren, andererseits für den Fall einer nicht hinreichenden Umsetzung vom Grundsatz des Effet utile abrücken und den Verbraucherschutz auf das Niveau der jeweiligen nationalen Rechtsordnung zurücknehmen würde, was nicht gewollt sein kann. Vielmehr trägt die Formulierung nur dem allgemeinen Grundsatz des Europarechts Rechnung, dass eine Richtlinie keine unmittelbare Wirkung zwischen Privatrechtssubjekten entfalten kann (vgl. nur EuGH NJW 2010, 427, 429 m. w. Nachw. – Kücükdeveci ). Dies aber würde unterstellt, wenn die VO (EG) 2006/2004 allein auf Verstöße gegen die im Anhang aufgeführten Richtlinien und nicht gegen die zu ihrer Umsetzung erlassenen innerstaatlichen Normen abstellen würde.

56 bb) Ein Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 UGP-RL bzw. § 3 Abs. 1 DGM liegt vor, wenn dem Verbraucher eine Information vorenthalten wird, die als wesentlich anzusehen ist und deren Vorenthaltung für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers von Relevanz ist (so zu § 5a UWG, der die UGP-RL insoweit in deutsches Recht umsetzt, Dreyer in Harte-Bavendamm/Hennig-Bodewig: UWG, 2. Aufl. 2009, § 5a, Rdnr. 28). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

57 Eine wesentliche Information ist nach Art. 7 Abs. 4 lit. c) UGP-RL bzw. § 12a Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 DGM der Preis der angebotenen Ware oder Dienstleistung, und zwar der Endpreis einschließlich aller Steuern und Abgaben (Dreyer in Harte-Bavendamm/Hennig-Bodewig a. a. O., § 5a, Rdnr. 63). Bestandteil des Endpreises sind aus der Sicht des Verbrauchers auch anfallende Kreditkartengebühren, denn wünscht er die Zahlung mit Kreditkarte, kann er das Geschäft nicht abschließen, ohne diese Gebühren ebenfalls an den Anbieter zu bezahlen. Es ist nicht ersichtlich, dass der europäische – und in seiner Folge der dänische – Normgeber diesen Kostenfaktor vom Begriff des Preises ausnehmen wollte. Dafür spricht insbesondere nicht, dass Steuern und Abgaben sowie Fracht-, Liefer- und Zustellkosten ausdrücklich als Preisbestandteile benannt werden; vielmehr ist hieraus ersichtlich, dass im Interesse des Verbraucherschutzes auch Kosten, die nicht unmittelbar der Herstellung/Erbringung des Produkts zuzurechnen sind, aber gleichwohl vom Verbraucher unmittelbar an den Anbieter geleistet werden müssen, als Preisbestandteile angesehen werden sollen.

58 Die wesentliche Information über den Endpreis wurde jedenfalls bis einschließlich zum vierten Buchungsschritt auch nicht angegeben und damit dem Verbraucher vorenthalten.

59 Die Vorenthaltung des Endpreises ist für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers auch relevant. Relevant ist gemäß Art. 7 Abs. 1 UGP-RL eine Information, die einen Durchschnittsverbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst oder zu veranlassen geeignet ist, die er sonst nicht getroffen hätte. Davon ist hier ohne Weiteres auszugehen, da ein durchschnittlicher Verbraucher bei der auf dem Markt getroffenen Entscheidung für ein bestimmtes Flugangebot im Wesentlichen auf den jeweiligen Preis und hierbei auf den für ihn allein relevanten Endpreis, einschließlich auch der Kreditkartengebühren, abstellen wird. Bei gleichem Preis des eigentlichen Fluges wird ein Verbraucher sich für diejenige Fluggesellschaft entscheiden wird, bei der er für die Kreditkartenzahlung nicht noch zusätzlich Gebühren aufwenden muss. Demnach wird seine geschäftliche Einscheidung beeinträchtigt, wenn ihm die Information über das Anfallen solcher Gebühren vorenthalten wird.

60 cc) Selbst wenn die Information über den Endpreis jedoch im vierten Buchungsschritt angegeben worden wäre, hätte die Beklagte gegen Art. 7 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 UGP-RL verstoßen. Denn Art. 7 Abs. 2 UGP-RL bestimmt, dass eine irreführende Unterlassung auch dann vorliegt, wenn eine wesentliche Information nicht rechtzeitig bereitgestellt wird. Zwar hat diese Vorschrift im DGM keinen unmittelbaren Niederschlag gefunden, dieses ist jedoch auch insoweit richtlinienkonform auszulegen.

61 Wird der Endpreis einschließlich der anfallenden Kreditkartengebühren erst im vierten Buchungsschritt mitgeteilt, so ist diese Angabe nicht rechtzeitig.

62 Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung BGH GRUR 2003, 889, 890 – Internet-Reservierungssystem. Dort hat der Bundesgerichtshof es zwar als zulässig angesehen, wenn ein Buchungssystem den Endpreis nicht bereits bei der erstmaligen Bezeichnung von Preisen angibt, sondern diesen erst bei der fortlaufenden Eingabe in das Reservierungssystem ermittelt; dies aber nur unter der Voraussetzung, dass „der Nutzer hierauf zuvor klar und unmissverständlich hingewiesen wird”. Dies entspricht der nunmehrigen Regelung in Art. 7 Abs. 4 lit. c) UGP-RL bzw. § 12 Abs. 2 Satz 1 DGM. An einem solchen Hinweis, der im vorliegenden Fall mitzuteilen hätte, dass im Falle der Kreditkartenzahlung Gebühren anfallen können, fehlt es hier.

63 Die nicht rechtzeitige Angabe des Endpreises ist für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers auch relevant. Wer sich der Mühe unterzogen hat, die bis zum Erreichen des vierten Buchungsschritts erforderlichen Eingaben zu machen, wird erfahrungsgemäß auch dann, wenn ihm nun erstmals Kosten präsentiert werden, mit denen er bisher nicht rechnen konnte, dazu neigen, die Buchung abzuschließen, um die bisher aufgewandte Mühe nicht vergeblich erscheinen zu lassen. Damit aber wird ihm die Möglichkeit zu dem Vergleich der Endpreise genommen, den ein durchschnittlicher Verbraucher für seine Entscheidung angestellt hätte.

64 c) Die Beklagte hat mit dem beanstandeten Verhalten auch einen innergemeinschaftlichen Verstoß begangen. Ein solcher ist gemäß Art. 3 lit. b) VO (EG) 2006/2004 jede Handlung oder Unterlassung, die gegen die in lit. a) genannten Gesetze zum Schutz der Verbraucherinteressen verstößt und die Kollektivinteressen von Verbrauchern schädigt oder schädigen kann, die in einem anderen Mitgliedstaat oder anderen Mitgliedstaaten als dem Mitgliedstaat ansässig sind, in dem die Handlung oder die Unterlassung ihren Ursprung hatte oder stattfand, oder in dem der verantwortliche Verkäufer oder Dienstleistungserbringer niedergelassen ist, oder in dem Beweismittel oder Vermögensgegenstände betreffend die Handlung oder die Unterlassung vorhanden sind. Die Beklagte ist in der Bundesrepublik Deutschland ansässig und damit in einem anderen Mitgliedstaat als die dänischen Verbraucher, deren Interessen durch das beanstandete Verhalten beeinträchtigt werden können. Ein Verstoß gegen ein dem Schutz der Verbraucherinteressen dienendes Gesetz liegt, wie erörtert, vor.

65 2. Der Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Abmahnkosten nebst Zinsen ergibt sich aus § 5 UKlaG i. V. m. § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG, §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

66 IV. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91, 344 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit für den Kläger aus § 709 ZPO, für die Beklagte aus §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.

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