Minderungsrecht beim gewünschten Umzug aus einem Hotelzimmer

AG Bad Homburg: Minderungsrecht beim gewünschten Umzug aus einem Hotelzimmer

Ein Urlauber bittet den Eigentümer seines Hotels ihn in ein anderes, als das ursprünglich gebuchte Hotelzimmer zu verlegen. Hintergrund waren keine Mängel am Hotelzimmer, sondern der Wunsch des Urlaubes, ein Zimmer mit Meerblick zu erhalten. Weil das ihm aus Kulanz zur Verfügung gestellte Meerblick-Zimmer eine defekte Klimaanlage hatte, verlangt der Urlauber nun eine Reisepreisminderung.

Das Amtsgericht Bad Homburg hat dem Klägerbegehren nicht entsprochen. Ein Mangel an einem Hotelzimmer, das der Urlauber auf eigenen Wunsch und ohne Mängel am vorherigen Zimmer, bezogen habe, berechtige nicht zur Reisepreisminderung.

AG Bad Homburg 2 C 1636/05 (Aktenzeichen)
AG Bad Homburg: AG Bad Homburg, Urt. vom 27.09.2005
Rechtsweg: AG Bad Homburg, Urt. v. 27.09.2005, Az: 2 C 1636/05
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Hessen-Gerichtsurteile

Amtsgericht Bad Homburg

1. Urteil vom 27. September 2005

Aktenzeichen: 2 C 1636/05

Leitsatz:

2. Kein Minderungsrecht beim gewünschten Umzug aus einem mangelfreien Hotelzimmer in ein Ersatzzimmer mit Mängeln

Zusammenfassung:

3. Ein Urlauber bucht in einem Hotel ein Standardzimmer. Im Hotel angekommen, bittet er den Hotelier ihn in ein höherwertiges Zimmer mit Meerblick zu verlegen. Aus Kulanz gestattet der Hotelier dem Urlauber den Umzug. Im Hotelzimmer angekommen, stellt der Urlauber fest, dass die Klimaanlage nicht korrekt funktioniert. Im Anschluss an den Urlaub verlangt er vom Hotelier eine Reisepreisminderung in Höhe von 30%, wegen der defekten Klimaanlage.

Das Amtsgericht Bad Homburg hat zu Gunsten des Hoteliers entschieden. Stellt der Hotelier am Urlaubsort auf Wunsch des Reisenden aus Kulanz ein anderes als das gebuchte Zimmer zur Verfügung, obwohl das ursprünglich bezogene Zimmer keine Mängel aufwies, dann kommen Minderungsansprüche wegen Mängeln des Ersatzzimmers nicht in Betracht.

Die unzureichende Kühlung des neuen Zimmers des Klägers beruht nicht auf einem Verstoß der Beklagten gegen ihre reisevertraglichen Pflichten, da sie dem Kläger bei seiner Ankunft nach dem oben Gesagten ein mangelfreies Zimmer zur Verfügung gestellt hat, in welchem dieser die gesamte Urlaubszeit hätte verbringen können und der Kläger aus eigenem Entschluss die weitere Nutzung dieses Zimmers abgelehnt hat.
Eine andere Betrachtungsweise wäre nur angezeigt, wenn es sich bei dem Umzug des Reisenden in das Ersatzzimmer um eine reiserechtliche Abhilfemaßnahme gehandelt hätte, die auf Mängel des zunächst nicht akzeptierten Zimmers zurückzuführen war

Tenor:

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 194,59 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 26.05.2005 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 80 %, die Beklagte 20 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

5. Der Kläger macht Ansprüche aus einem Reisevertrag wegen mangelhafter Reiseleistungen geltend.

6. Er buchte bei der Beklagten gemäß Reisebestätigung vom 15.02.2005 (Bl. 4 d. A.) für sich und seine Ehefrau eine Pauschalreise nach Bali, Hotel M für die Zeit vom 20.04.2005 bis zum 06.05.2005 zu einem Endpreis von 3.308,– EUR (Vollpension/Allinklusive). Hinsichtlich der Beschreibung des gebuchten Hotels im Reisekatalog der Beklagten wird auf Bl. 19 d. A. Bezug genommen.

7. Der Kläger macht geltend, die von der Beklagten veranstaltete Reise sei mit erheblichen Mängeln behaftet gewesen. So fand der am Mittag des 20.04.2005 vorgesehene Hinflug zum Urlaubsort erst am folgenden Tag um ca. 12.45 Uhr statt. Nach Ankunft der Reisenden in der gebuchten Hotelanlage erhielten der Kläger und seine Ehefrau ein Zimmer im Erdgeschoss des Hotels mit Blick auf einen Innenhof zugewiesen. Der Kläger trat daraufhin mit dem Wunsch nach einem anderen Zimmer im Obergeschoss des Hotels, möglichst mit Meerblick, an die Hotelrezeption heran. Diese ermöglichte ihm am Morgen des 22.04.2005 einen Umzug in ein Meerblickzimmer im dritten Obergeschoss des Hotels. Am Mittag desselben Tages wandte sich der Kläger erneut an die Hotelrezeption und beanstandete, dass die Klimaanlage in dem neuen Zimmer nicht funktionierte. Am 24.04.2005 wurde dem Kläger und seiner Ehefrau seitens des Hotels ein zusätzliches Zimmer zum schlafen überlassen. Am 25.04.2005 zogen die Reisenden schließlich ganz in ein weiteres Zimmer um, das beanstandungsfrei gewesen ist.

8. Der Kläger behauptet, bei dem ihm nach seinem Eintreffen in der gebuchten Hotelanlage zunächst zugewiesenen Zimmer habe es sich um ein Standardzimmer gehandelt, das minderwertig gewesen sei.

9. Der Kläger begehrt mit vorliegender Klage eine Minderung des Reisepreises um 30 %.

10. Der Kläger beantragt,

11. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 992,40 EUR nebst Zinsen von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 26.05.2005 zu zahlen.

12. Die Beklagte beantragt,

13. die Klage abzuweisen.

14. Sie stellt das Vorliegen von Reisemängeln in Abrede.

15. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die von den gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

16. Die Klage ist teilweise begründet.

17. Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Minderung und Rückerstattung des Reisepreises in Höhe von 194,59 EUR aus § 651 d BGB. Denn die von der Beklagten veranstaltete Reise war teilweise mangelhaft im Sinne von § 651 c BGB.

18. So stellt es einen Mangel der Reise dar, dass der Hinflug des Klägers zum Urlaubsort entgegen den Vereinbarungen der Parteien nicht am Mittag des 20.04.2005, sondern erst am 21.04.2005 gegen 12.45 Uhr stattgefunden hat. Für diese Verzögerung des Hinfluges vermag der Kläger den auf einen Tag entfallenden anteiligen Reisepreis um 100 % zu mindern. Ausgehend von einem Reiseendpreis von 3.308,– EUR und einer Reisedauer von 17 Tagen errechnet sich ein Rückerstattungsanspruch in Höhe der Urteilssumme.

19. Weitergehende Minderungsansprüche stehen dem Kläger nicht zu.

20. Hinsichtlich des von ihm zunächst bewohnten Zimmer im Erdgeschoss des Hotels M hat der Kläger keine minderungsrelevanten Reisemängel darzulegen vermocht. Sein Vorbringen, wonach es sich hierbei um ein „Standardzimmer“ gehandelt habe, welches „minderwertig“ gewesen sei, erschöpft sich in einer subjektiven Wertung, deren Überprüfung dem Gericht nicht möglich ist. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Zustand oder die Einrichtung des Zimmers in irgendeiner Weise nicht der Beschreibung der „Deluxe-Zimmer“ des Hotels M im Reisekatalog der Beklagten entsprochen hat, lassen sich dem Sachvortrag des Klägers nicht entnehmen. Die Tatsache, dass das Zimmer im Erdgeschoss lag, stellt keine Abweichung der vorhandenen von der versprochenen Leistung dar, da die Beklagte in ihrer Prospektbeschreibung eine besondere Lage der Deluxe-Zimmer innerhalb des gebuchten Hotels nicht zugesichert hat. Entsprechendes gilt für den Umstand, dass das Zimmer keinen Meerblick, sondern stattdessen Blick in einen Innenhof bot. Ein besonderes, über das allgemeine Lebensrisiko hinausgehendes Risiko eines Einbruchs in das zunächst zugewiesene Erdgeschosszimmer ist von dem Kläger ebenfalls nicht dargetan worden. Soweit andere Gäste und Angehörige des Hotelpersonals vor der Fensterfront der Erdgeschosszimmer entlanggelaufen sind, liegt dies bei einem Erdgeschosszimmer in der Natur der Sache und stellt ebenfalls keinen Minderungsgrund dar. Etwas anderes mag gelten, wenn ein stark frequentierter Weg innerhalb einer Hotelanlage unmittelbar an dem Fenster eines Erdgeschosszimmers vorbeiführt; ein solcher Sachverhalt ist von dem Kläger jedoch nicht vorgetragen worden.

21. Da das zunächst zugewiesene Zimmer nicht mit einem Reisemangel behaftet war, kann der Kläger auch nicht die Rückerstattung des auf den 22.04.2005 entfallenden hälftigen Tagesreisepreises als nutzlose Aufwendung aus § 651 f Abs. 1 BGB verlangen (vgl. Ziffer III 19 a der Frankfurter Tabelle), da dieser Umstand nicht auf einen Reisemangel zurückzuführen ist.

22. Der Kläger vermag eine Minderung des weiteren nicht auf die fehlende Funktionsfähigkeit der Klimaanlage in dem ab dem 22.04.2005 bewohnten Meerblickzimmer zu stützen. Die unzureichende Kühlung des neuen Zimmers des Klägers beruht nicht auf einem Verstoß der Beklagten gegen ihre reisevertraglichen Pflichten, da sie dem Kläger bei seiner Ankunft nach dem oben Gesagten ein mangelfreies Zimmer zur Verfügung gestellt hat, in welchem dieser die gesamte Urlaubszeit hätte verbringen können und der Kläger aus eigenem Entschluss die weitere Nutzung dieses Zimmers abgelehnt hat.

23. Eine andere Beurteilung würde sich lediglich dann ergeben, wenn es sich bei dem Umzug des Klägers in das Meerblickzimmer um eine Abhilfemaßnahme gehandelt hätte, die auf Mängel des zunächst zugewiesenen Zimmers zurückzuführen gewesen wären. In diesem Fall wäre der Kläger berechtigt, den Reisepreis wegen in dem Ersatzzimmer neu auftretender Mängel zu mindern (vgl. Seyderhelm, Reiserecht, § 651 c Randnummer 82). Der Umzug des Klägers stellt jedoch keine Abhilfemaßnahme dar, da er weder Mängel in dem zunächst zugewiesenen Zimmer vorgetragen hat, noch der Umzug durch die Reiseleitung der Beklagten veranlasst worden ist.

24. Da der Umzug des Klägers auf dessen Wunsch durch die Hotelrezeption vielmehr aus Kulanz organisiert wurde, hat der Kläger für die sich hieraus ergebenden nachteiligen Folgen allein einzustehen und kann diese nicht auf die Beklagte abwälzen.

25. Der geltend gemachte Zinsanspruch ist aus §§ 286, 288 BGB begründet.

26. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

27. Die Entscheidung über die vorliegende Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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