Diskriminierung im Wettbewerb
OLG Düsseldorf: Diskriminierung im Wettbewerb
Vorliegend beschäftigt sich das OLG Düsseldorf mit der Diskriminierung im Wettbewerb eines einzelnen Luftfahrtunternehmens, durch ein markbeherrschendes Luftfahrtunternehmen. Die Beklagte verweigerte sich mit der Klägerin ein Interline-Abkommen und ein Endorsement Waiver Agreement abzuschließen.
Das OLG Düsseldorf hielt dies für eine unbillige Behinderung der Klägerin im Wettbewerb. Die Beklagte, als marktbeherrschendes Luftfahrtunternehmen schließt regelmäßig solche Abkommen mit anderen Flugunternehmen und versucht damit den Flugreisenden die möglichst „problemlose“ Ausnutzung hoher Flugfrequenzen zu ermöglichen. Diesen Zweck kann sie ebenso in Zusammenarbeit mit der Klägerin verfolgen.
OLG Düsseldorf | U (Kart) 10/89 (Aktenzeichen) |
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OLG Düsseldorf: | OLG Düsseldorf, Urt. vom 13.02.1990 |
Rechtsweg: | OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.02.1990, Az: U (Kart) 10/89 |
LG Düsseldorf, Urt. v. 20.03.1989, Az: 30 O (Kart) 10/89 | |
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Leitsatz:
2. Entscheidend für die Gleichartigkeit von Unternehmen ist, daß sie im Verhältnis zum Normadressaten dieselbe unternehmerische Tätigkeit und wirtschaftliche Funktion ausüben.
Zusammenfassung:
3. Im vorliegenden Fall nimmt die Klägerin, ein Luftfahrtunternehmen, die Beklagte wegen Diskriminierung im Wettbewerb in Anspruch. Die Beklagte, ein nationales Luftfahrtunternehmen, betreibt Linienflugverkehr zwischen Bundesgebiet und von inländischen Flughäfen ins Ausland. Hierfür schloss sie mit anderen Fluggesellschaften Interline-Abkommen und Abkommen über den Verzicht bestimmter Freigabeerklärungen (=Endorsement Waiver Agreement).
Dies beinhaltete die Einigung über den wechselseitigen Verkauf von Beförderungsleistungen, die wechselseitige Akzeptanz der Flugdokumente, die vorzunehmende Verrechnung, die Art der Fakturierung und die sogenannte Gepäck-Durchabfertigung. Außerdem muss ein Flugpassagier, wenn er die bereits gebuchte Flugstrecke mit einem anderen Luftfahrtunternehmen befliegen will, keine Freigabeerklärung mehr einholen, damit sein Flugschein akzeptiert wird. Die Beklagte verweigerte hier allerdings den Abschluss solcher Abkommen mit der Klägerin.
Das OLG Düsseldorf hielt die Verweigerung des begehrten Interlinings mit der Klägerin für unbillig. Dies ergibt sich daraus, dass die umfassende Abwägung der schutzwürdigen Interessen der Parteien zugunsten der Klägerin ausfällt. Sinn und Zweck dieser Abkommen ist es , den Flugreisenden die möglichst „problemlose“ Ausnutzung hoher Flugfrequenzen zu ermöglichen. Der Verzicht auf Freigabeerklärungen hat Bedeutung für parallel beflogene Strecken. Das Interesse der Beklagten, auf parallel beflogenen Strecken den Flugreisenden ein dichteres Flugnetz anzubieten, kann sie auch in der Zusammenarbeit mit der Klägerin verfolgen. Durch die Verweigerung der begehrten Vorteile eines Interline- Abkommens und eines „Endorsement Waiver Agreement“ behindert die Beklagte die Klägerin im Wettbewerb.
Tenor:
4. Auf die Anschlußberufung der Klägerin wird das Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des LGs Düsseldorf vom 20. März 1989 teilweise abgeändert und wie folgt gefaßt:
Die Beklagte wird verurteilt,
von der Klägerin als ausstellender Fluggesellschaft oder von Agenten der Parteien für von beiden Parteien ganz oder teilweise gemeinsam beflogene Strecken ausgestellte Flugscheine oder Umtauschanweisungen, in denen die Klägerin und/oder die Beklagte als befördernde Fluggesellschaft angegeben sind, ohne vorheriges Endorsement der Klägerin zu allen von den Parteien angewandten Tarifen mit Ausnahme der Tarife AD, DG, GE, ID, IP und des Tarifs nach dem Großkundenabonnement anzunehmen und die darin bezeichneten Fluggäste und deren Gepäck gegen Erstattung der im Flugschein für die jeweilige Strecke angegebenen Flugpreise – bei Teilstrecken den sich aus dem Flugpreis ergebenden Straight-Straight-Betrag gemäß der Vereinbarung der Parteien vom 11. Juli 1989 (Anlage SzW 2 zu diesem Urteil) – durch die Klägerin zu befördern, und zwar in der technischen Abwicklung gemäß den Bestimmungen des Interline-Vertrags (Anlage K 1 zu diesem Urteil) mit Ausnahme von dessen Abschnitt VIII, 1.,
Flugscheine für ganz oder teilweise von beiden Parteien gemeinsam beflogene Strecken auch in der Weise auszustellen, daß als befördernde Fluggesellschaft außer der Beklagten die Klägerin eingesetzt wird, wenn ein Kunde die Beförderung auf einer von mehreren Strecken oder Teilstrecken durch die Klägerin wünscht,
ihre Agenten anzuweisen, auf Wunsch von Kunden entsprechend a) zu verfahren.
Es wird festgestellt,
daß die Klägerin berechtigt ist, von der Beklagten als ausstellender Fluggesellschaft oder von deren Agenten für von beiden Parteien ganz oder teilweise gemeinsam beflogene Strecken ausgestellte Flugscheine oder Umtauschanweisungen, in denen die Klägerin und/oder die Beklagte als befördernde Fluggesellschaft angegeben sind, ohne vorheriges Endorsement der Beklagten zu allen von den Parteien verwendeten Tarifen mit Ausnahme der Tarife AD, DG, GE, ID, IP und des Tarifs nach dem Großkundenabonnement anzunehmen und die im Flugschein bezeichneten Personen und deren Gepäck zu befördern, und zwar in der technischen Abwicklung gemäß den Bestimmungen des Interline-Vertrags (Anlage K 1) mit Ausnahme von dessen Abschnitt VIII 1.,
daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die im Flugschein oder in der Umtauschanweisung für die jeweilige Strecke angegebenen Flugpreise – bei Teilstrecken den sich aus dem Flugpreis ergebenden Straight-Straight-Betrag gemäß der Vereinbarung der Parteien vom 11. Juli 1989 (Anlage SzW 2) – zu erstatten, sofern die Klägerin Fluggäste gemäß II. 1. auf Strecken, für die die Beklagte als befördernde Fluggesellschaft im Flugschein angegeben ist, befördert hat, und zwar gemäß den Bestimmungen des Interline-Vertrags (Anlage K 1),
daß die Beklagte der Klägerin allen Schaden zu ersetzen hat, der dieser dadurch entstanden ist und noch entsteht, daß die Beklagte den Verpflichtungen zu I. und II. 2. zuwiderhandelt.
Die Beklagte wird unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der zukünftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM verurteilt, es zu unterlassen, in Linienflugverkehr in der … … ein Großkundenabonnement in einer Gestaltung, wie sie sich aus der Anlage SzW 9 zu diesem Urteil ergibt, mit einer Gültigkeitsdauer über den 31. März 1990 hinaus noch nach dem 1. März 1990 anzubieten oder zu vertreiben.
Die weitergehende Anschlußberufung wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung der Beklagten wird festgestellt, daß sie nicht verpflichtet ist, mit der Klägerin eine Vereinbarung abzuschließen, welche die Klägerin oder die von ihr zu befördernden Passagiere berechtigte, das von der Beklagten für ihre Kunden aufgelegte Großkundenabonnement im … Linienflugverkehr in irgendeiner Weise zu verwenden.
Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz fallen der Beklagten zur Last.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin 1/4 und der Beklagten 3/4 auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 3.000.000 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 42.000 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Sicherheit darf auch durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer öffentlichen Sparkasse oder Großbank mit Sitz im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin (West) geleistet werden.
Tatbestand:
5. Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Diskriminierung im Wettbewerb in Anspruch.
6. Die Beklagte ist das nationale Luftfahrtunternehmen. Sie betreibt Linienflugverkehr zwischen Flughäfen im Bundesgebiet und von inländischen Flughäfen ins Ausland. Der Linienflugverkehr setzt entsprechende öffentlich-rechtliche Flugrechte voraus; für den einzelnen Flug werden Start- und Landezeiten vergeben. Die den Luftfahrtunternehmen erteilten Flugrechte bestehen für sie fort. Der Beklagten, der in der Vergangenheit allein Flugrechte für den inländischen Linienflugverkehr erteilt worden waren, verfügt herkömmlich über einen hohen Bestand solcher Rechte und ein entsprechend dichtes inländisches Linienflugnetz mit hoher Flugfrequenz. Der internationale Luftverkehr beruhte früher auf staatlichen Abkommen, die die Luftverkehrsrechte auf die jeweiligen nationalen Luftfahrtunternehmen der betreffenden Staaten beschränkten. Die Beklagte verfügt herkömmlich auch im grenzüberschreitenden Linienverkehr neben den nationalen Luftfahrtunternehmen der betreffenden anderen Staaten über ein dichtes Flugnetz. Neben ihr sind seit einiger Zeit im Linienflugdienst weitere inländische Luftfahrtunternehmen tätig, allerdings in wesentlich geringerem Umfang.
7. Die Beklagte hat mit zahlreichen Fluggesellschaften sogenannte Interline-Abkommen geschlossen; Gegenstand derartiger Abkommen ist die Einigung über den wechselseitigen Verkauf von Beförderungsleistungen, die wechselseitige Akzeptanz der Flugdokumente, die vorzunehmende Verrechnung, die Art der Fakturierung und die sogenannte Gepäck-Durchabfertigung. Für solche Interline- Abkommen verwendet die Beklagte den aus der Anlage K 1 ersichtlichen standardisierten Vertragstext.
8. Wenn ein Flugpassagier einen bestimmten Flug bei einer Fluggesellschaft gebucht hat, stattdessen die Strecke aber mit einem anderen Luftfahrtunternehmen befliegen will, muß er grundsätzlich, bevor die andere Fluggesellschaft den Flugschein akzeptieren kann, eine Freigabeerklärung – ein sogenanntes Endorsement – der Gesellschaft einholen, bei der er zunächst gebucht hatte. Dieses Erfordernis entfällt, wenn die betreffenden Luftfahrtunternehmen ein Abkommen über den Verzicht auf solche Freigabeerklärungen – ein sogenanntes Endorsement Waiver Agreement – geschlossen haben. Solche Abkommen unterhält die Beklagte mit zahlreichen anderen Fluggesellschaften.
9. Die Beklagte hat für ihren inländischen Linienflugverkehr im Herbst 1983 ein sogenanntes Großkundenabonnement oder Firmen- Abonnement eingeführt. Nach diesem Großkundenabonnement erwirbt der Kunde für ein Quartal einen Kuponblock mit 60 Berechtigungsscheinen für 2.600 DM oder vier Kuponblocks für vier aufeinanderfolgende Quartale mit je 60 Berechtigungsscheinen pro Quartal für 9.500 DM. Jeder Kupon, der vor Reiseantritt auf den Flugschein aufzukleben ist, berechtigt zur Inanspruchnahme eines um 20 % reduzierten Normaltarifs bei Hin- und Rückreise. Wegen der Ausgestaltung des Großkundenabonnements im einzelnen wird auf die aus der Anlage SzW 9 zu diesem Urteil ersichtliche „Informations- und Arbeitsunterlage für Firmen und Reisebüros Ausgabe 1987/88“ Bezug genommen.
10. Die Klägerin ist ein … Flugunternehmen, das am 3. Februar 1988 vom Bundesminister für Verkehr als Linienverkehrsunternehmen zugelassen worden ist. Die Klägerin hat zum 10. April 1989 den Linienflugverkehr aufgenommen. Derzeit befliegt sie mit sechs Flugzeugen sechs inländische Strecken zwischen, … und … sowie die beiden grenzüberschreitenden Strecken zwischen … und … sowie … und … . Ihre Flugpreise entsprechen denen der Klägerin. Sie bietet ein Großkundenabonnement zu den gleichen Bedingungen wie die Beklagte an.
11. Mit Schreiben vom 19. Dezember 1988 verweigerte die Beklagte der Klägerin den nachgesuchten Abschluß eines Interline-Abkommens. Inzwischen hat die Klägerin mit anderen Luftfahrtunternehmen Interline-Abkommen geschlossen.
12. Die Klägerin erstrebt die „Austauschbarkeit“ bzw. die gegenseitige Anerkennung der Flugscheine der Parteien. Der Flugreisende solle mit einem auf sie, die Klägerin, ausgestellten Flugschein an einem Flug der Beklagten teilnehmen können, so wie umgekehrt ein Reisender mit einem Flugschein der Beklagten mit ihr, der Klägerin, solle fliegen können. Ihre, der Klägerin, Kunden sollten die höhere Flugfrequenz der Beklagten auf den gemeinsam beflogenen Strecken nutzen können. Die Klägerin hat geltend gemacht, die Beklagte diskriminiere sie durch die Verweigerung eines Interline-Abkommens und verstoße damit gegen § 26 Abs. 2 GWB; zugleich handele sie wettbewerbswidrig i.S. des § 1 UWG.
13. Zudem hat sich die Klägerin auf Art. 86 EWG-Vertrag gestützt und angeführt, die Verweigerung des Interline- Abkommens stelle sich als mißbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung auf einem wesentlichen Teil des gemeinsamen Marktes dar. Die Klägerin hat der Beklagten im Laufe des Verfahrens den Abschluß eines Interline-Abkommens nach Maßgabe des Vertragstextes der Anlage K 1 angeboten.
14. Die Klägerin hat geltend gemacht, die Beklagte sei im inländischen Luftverkehr und im Luftverkehr von inländischen Flughäfen ins europäische Ausland insgesamt und bezüglich der einzelnen Strecken von und nach … Flughäfen marktbeherrschend. Im inländischen Linienflugverkehr habe sie eine „Quasi-Monopolstellung“ von über 90 % Marktanteil, was die Beklagte nicht bestritten hat. Im Linienverkehr von … Flughäfen nach … habe die Beklagte einen Marktanteil von etwa 50 %. Der Abschluß von Interline-Abkommen sei ein zwischen Linienfluggesellschaften „allgemein üblicher Geschäftsverkehr“; es gebe eine seit Jahrzehnten bestehende entsprechende weltweite Übung.
15. Die Beklagte habe Interline-Abkommen „mit praktisch allen Luftfahrtunternehmen, mit denen sie gemeinsam Strecken befliegt,“ geschlossen. Interline-Abkommen würden in erster Linie getroffen, wenn dieselben Strecken beflogen würden, damit sichergestellt werde, daß der Fluggast auf seinen Flugschein mit jeder Maschine der beteiligten Gesellschaften fliegen könne. Sie, die Klägerin sei mit den Luftfahrtunternehmen, mit denen die Beklagte Interline-Abkommen geschlossen habe, gleichartig. Die Verweigerung des von ihr, der Klägerin, nachgesuchten Interline-Abkommens sei darin begründet, daß mit ihr ein weiterer Wettbewerber Marktzutritt erlange. Ohne Aufnahme in das Interline-System der Beklagten werde ihr, der Klägerin, der Marktzutritt praktisch unmöglich gemacht. Sie könne mit der Beklagten nur in Wettbewerb treten, wenn sie entweder ausreichende Flugfrequenzen erhalte oder diese Frequenzen für ihre Kunden durch „Interlining“ mit der Beklagten sicherstellen könne. Ausreichende Flugfrequenzen könne sie nicht erhalten, weil sich die Beklagte den „Löwenanteil“ der überhaupt möglichen Flüge gesichert habe. Ihr, der Klägerin, würden Flüge nur in unzureichender Zahl und zu ungünstigen Zeiten genehmigt. Durch die Verweigerung eines Interline-Abkommens drohe ihr ein Schaden in noch nicht abzusehender Größe, zu dessen Ersatz die Beklagte verpflichtet sei.
16. Die Klägerin hat schriftsätzlich die folgenden Anträge angekündigt:
17. Die Beklagte wird verurteilt, die von der Klägerin ausgegebenen Flugscheine im Linienflugverkehr nach Maßgabe der von der Beklagten mit anderen Linienfluggesellschaften abgeschlossenen Interline-Abkommen (Anlage K 1) wechselseitig anzunehmen und die darin bezeichneten Fluggäste und ihr Gepäck gegen Erstattung der Flugpreise durch die Beklagte zu befördern.
18. Es wird festgestellt, daß die Beklagte der Klägerin allen Schaden zu ersetzen hat, der dieser dadurch entstehen wird, daß die Beklagte die von der Klägerin ausgegebenen Flugscheine im Linienflugverkehr nicht nach Maßgabe der von der Klägerin mit anderen Linienfluggesellschaften abgeschlossenen Interline- Abkommen wechselseitig annimmt und die darin bezeichneten Fluggäste und ihr Gepäck nicht gegen Erstattung der Flugpreise durch die Klägerin befördert.
20. Die Beklagte wird verurteilt, mit der Klägerin einen Interline-Vertrag nach Maßgabe des Vertragstextes Anlage K 1 zu schließen, in dem die Parteien sich zur gegenseitigen Annahme aller von ihnen im Linienflugverkehr ausgegebenen Flugscheine und Flugfrachtscheine zur Beförderung der in den Flugscheinen angegebenen Fluggäste mit ihrem Gepäck sowie zur Beförderung der in den Frachtscheinen angegebenen Fracht gegen wechselseitige Erstattung der vom Bundesminister für Verkehr genehmigten Flug- und Frachtpreise bzw. – soweit die Preise einer Genehmigung nicht bedürfen – gegen wechselseitige Erstattung der von der Beklagten gemäß § 315 BGB zu bestimmenden Flug- und Frachtpreise verpflichten.
21. Es wird festgestellt, daß die Beklagte der Klägerin allen Schaden zu ersetzen hat, der dieser dadurch entsteht oder entstehen wird, daß die Beklagte einen Interline-Vertrag wie vorstehend unter Ziff. I. angeführt nicht abschließt.
22. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin die Anträge mit der Einschränkung gestellt, daß zwischen den Wörtern „im Linienflugverkehr“ und „nach Maßgabe“ folgende Worte aufgenommen würden „auf den von den Parteien gemeinsam bedienten Strecken“.
Klageabweisung beantragt.
24. Sie hat vorgetragen: Örtlich relevanter Markt sei allein die Strecke, die jeweils vom Reisenden geflogen werden solle. Bei der Prüfung des „Geschäftsverkehr, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist“, seien die Funktionen der Klägerin einerseits und die Funktionen derjenigen Gesellschaften, mit denen Interline-Abkommen bestünden, andererseits in bezug auf diese Abkommen gegenüberzustellen. Den von der Klägerin postulierten „üblicherweise zugänglichen Geschäftsverkehr“ gebe es beim Abschluß von Interline-Abkommen weder im Inland noch im Ausland. Interline-Abkommen würden geschlossen, damit einander ergänzende Transportleistungen für die einheitliche Beförderung eines Kunden aufgrund nur eines Flugscheins zusammengefaßt werden könnten; die Interline-Abkommen hätten vor allem „Ergänzungsfunktion“.
25. Es gehe nicht in erster Linie um die Anerkennung der Flugscheine verschiedener Fluggesellschaften für dieselben Strecken, wenn sich auch die parallele Bedienung von Strecken nicht immer vermeiden lasse. Mit inländischen Fluggesellschaften habe sie Interline-Abkommen geschlossen, um Zubringer- und Weiterflugdienste über einen einzigen Flugschein sicherzustellen; es gehe um Flughäfen, die von ihr nicht angeflogen würden. Für das Ausland sei sie nur Interline-Abkommen eingegangen, die für die Durchführung eines weltweiten Transport-Service erforderlich seien. Im internationalen Flugverkehr gebe es allerdings Überschneidungen mit internationalen Fluggesellschaften; sie beruhten jedoch auf der Tatsache einer weltweiten Kooperation der international tätigen Gesellschaften und seien verhältnismäßig geringfügig. Ohne das Bestehen eines „Geschäftsverkehrs, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist,“ sei § 26 Abs. 2 GWB nicht anwendbar; für das Konzept des „als-ob-Wettbewerbs“ sei im Rahmen dieser Vorschrift kein Raum.
26. Die Klägerin erfülle im Verhältnis zu ihr, der Beklagten, weder die Funktion einer Beförderung auf inländischen Strecken, die sie selbst nicht bediene, noch die Funktion der Ergänzung des internationalen Streckennetzes. Zudem bestünden zwischen den Leistungen, die die Parteien den Kunden zum selben Preis anböten, erhebliche Unterschiede. Die Klägerin biete zum Business-Class-Preis ein Produkt an, das in den entscheidenden Punkten ihrem, der Beklagten, First-Class-Service entspreche.
27. Die Klägerin werde von ihr in ihrer geschäftlichen Tätigkeit auch nicht behindert. Die Klägerin könne ihr Angebot hinsichtlich angeflogener Flughäfen und Streckenführung noch erhöhen. Jedenfalls aber sei eine etwaige Behinderung nicht unbillig, sondern sachlich gerechtfertigt. Ihren, der Beklagten, Interessen gebühre der Vorrang vor den Interessen der Klägerin. Sie, die Beklagte, sei nicht gehindert, beim Abschluß von Interline-Abkommen ihre – nicht diskriminierende – Geschäftspolitik in der dargestellten Weise so auszugestalten, wie sie es für wirtschaftlich sinnvoll halte. Dies gelte insbesondere, wenn sie von einem Wettbewerber, nicht etwa von einem Lieferanten und Abnehmer in Anspruch genommen werde.
28. Der Klägerin gehe es darum, eine Unterstützung durch sie, die Beklagte, zu erreichen; sie wolle ihr, der Beklagten, bestehendes Streckennetz benutzen, um ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile zu erlangen. Die Klägerin wolle Kunden einen besseren Service und zugleich ihr, der Beklagten, Netz anbieten. Die Erhöhung der eigenen Flugdichte scheue die Klägerin, weil sie befürchten müsse, daß bei höherer Flugdichte die Auslastung der Maschinen zurückgehen könne. Sie, die Beklagte, müsse eine hohe Flugdichte in der Bundesrepublik Deutschland aufrechterhalten, während sich die Klägerin die Strecken heraussuchen könne, die sie rentabel fliegen könne. Sie selbst könne aus Kostengründen ihren Service nicht generell auf das Niveau des Service der Klägerin heben. Sie brauche keinen Geschäftsverkehr zu eröffnen, wenn die Klägerin ihre Marktstellung auf ihre, der Beklagten, Kosten zu verbessern versuche. Sie würde sonst entsprechend an Fluggästen verlieren. Die Zahl der Fluggäste würde sich durch die Erhöhung des Flugangebots nicht vergrößern.
29. Mit Urteil vom 20. März 1989 hat das LG die Beklagte nach den schriftsätzlich angekündigten Hauptanträgen der Klägerin ohne die in der mündlichen Verhandlung erklärte Einschränkung verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte sei nach § 26 Abs. 2 GWB zum Abschluß eines Interline-Abkommens mit der Klägerin verpflichtet. Mit dem Verlangen auf „Austausch der Flugscheine“ beschränke die Klägerin ihr Klagebegehren auf den gravierendsten Teil der Diskriminierung und mache damit ein „Minus“ gegenüber dem gerechtfertigten Anspruch auf Abschluß des Interline-Abkommens geltend. Die Klägerin sei marktbeherrschend im inländischen Linienflugverkehr und im Linienflugverkehr von … Flughäfen zu anderen … Flughäfen. Beide Arten des Linienflugverkehrs bildeten die örtlich relevanten Märkte für den „für gleichartige Unternehmen üblicherweise zugänglichen Geschäftsverkehr“ des Abschlusses von Interline- Abkommen.
30. Während das LG hinsichtlich des grenzüberschreitenden Linienflugverkehrs das Bestehen eines solchen Geschäftsverkehrs bejaht hat, ist es hinsichtlich des inländischen Flugverkehrs davon ausgegangen, daß er fehle. Dennoch hat es auch insoweit § 26 Abs. 2 GWB angewandt, weil der Zweck der Vorschrift darin bestehe, „auch für Newcomer einen möglichst ungehinderten Zugang zum Geschäftsverkehr zu gewähren … (Es solle) das Allgemeininteresse an einem beeinträchtigungsfreien Wettbewerb … durchgesetzt werden … (Es sei) zu prüfen, ob bei Vorhandensein wirksamen Wettbewerbs der Zugang zum Geschäftsverkehr offen wäre und die Zugänglichkeit des Geschäftsverkehrs für gleichartige Unternehmen bei Beurteilung der Belange und Auffassungen der beteiligten Wirtschaftskreise zu bejahen wäre.“ Dabei hat das LG es berücksichtigt, daß im internationalen Linienflugverkehr der Abschluß von Interline-Abkommen zwischen Linienfluggesellschaften allgemein üblich sei. Motiv für den Abschluß dieser Abkommen sei es nicht nur, zusätzliche Flugziele erreichen zu können, „sondern auch die Abrundung des Angebots und die Marktpenetranz“ sowie die Erhöhung der Flugfrequenz. Die Übung im internationalen Linienflugverkehr sei auf den inländischen Flugverkehr zu übertragen. Auf beiden Märkten sei die Klägerin im Hinblick auf die Durchführung von Linienflügen ein der Beklagten bzw. den internationalen Linienfluggesellschaften gleichartiges Unternehmen. Die Klägerin werde durch die Verweigerung des „Interlinings“ unbillig behindert. Ohne die Möglichkeit, bei der Klägerin erworbene Flugscheine auch für Linienflüge der Beklagten benutzen zu können, werde ein erheblicher Teil der Fluggäste davon Abstand nehmen, Flugscheine bei der Klägerin zu erwerben. Die Klägerin könne nicht darauf verwiesen werden, selbst ein so dichtes Flugnetz aufzubauen, daß sie auf die „Austauschbarkeit der Flugscheine“ nicht angewiesen sei; ein solches Vorhaben sei im Hinblick auf die bereits bestehende Flugdichte „kaum durchführbar“. Auch sei der erforderliche wirtschaftliche Aufwand eine „zusätzliche Erschwernis für den Newcomer“.
31. Es gebe keine sachlich gerechtfertigten Gründe für eine unterschiedliche Behandlung der Klägerin. Soweit die Klägerin größere Bequemlichkeit, eine größere Zahl von Flugbegleitern und qualitativ bessere Speisen anzubieten beabsichtige, handele es sich um „positive Folgen des erwünschten Wettbewerbs“. Die Beklagte könne sich nicht auf den von ihr angeführten Grundsatz berufen, daß ein marktbeherrschendes Unternehmen die Kontrahierung mit einem Wettbewerber verweigern dürfe, wenn er die besondere Tüchtigkeit des Marktbeherrschers für sich einsetzen wolle, um sich im Wettbewerb gegen ihn durchzusetzen. Die Argumentation der Beklagten widerspreche der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes. Die von der Beklagten angeführten Nachteile ergäben sich allein daraus, daß erstmals überhaupt ein gleichartiger Wettbewerber im inländischen Linienflugverkehr auftrete. Die Klägerin wolle nicht das von der Beklagten aufgebaute Linienflugnetz mitbenutzen. Den Kunden der Klägerin sei eine solche Mitbenutzung ohnehin möglich; es gehe allein darum, daß dies nicht durch die Verweigerung der „Austauschbarkeit der Flugscheine“ erschwert werde. Im Hinblick auf den Vorrang der Freiheit des Wettbewerbs müsse die Beklagte sowohl eine Änderung ihrer Geschäftspolitik als auch einen gewissen Umfang von Umsatzeinbußen hinnehmen. Bei der Interessenabwägung müsse auch das Interesse „eines nicht unerheblichen Teils der Flugreisenden“, denen es auf hohe Flexibilität der Buchung und Stornierung ankomme, daran berücksichtigt werden, die Angebote der Parteien „ungehindert und austauschbar“ wahrzunehmen. Mit der Verweigerung des „Austausches der Flugtickets“ verschaffe sich die Klägerin zugleich einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil und handele unlauter i.S. des § 1 UWG. Der Feststellungsanspruch sei begründet, weil der Klägerin ein jetzt noch nicht zu beziffernder Schaden entstehe, wenn die Beklagte ihrer Verpflichtung zum „Austausch der Flugtickets und der entsprechenden Beförderung der Fluggäste und des Gepäcks“ nicht nachkomme; denn dann werde zumindest ein Teil der Fluggäste Abstand davon nehmen, die Leistungen der Klägerin in Anspruch zu nehmen.
32. Im Hinblick auf ein Vollstreckungsverfahren, das die Klägerin gegen die Beklagte angestrengt hat, verstand sich diese dazu, mit der Klägerin am 11. Juli 1989 das aus der Anlage SzW 1 zu diesem Urteil ersichtliche „Endorsement Waiver Agreement“, das aus der Anlage SzW 2 zu diesem Urteil ersichtliche „Agreement“ über die Flugpreiserstattung hinsichtlich Teilstrecken (Prorating) und die aus der Anlage SzW 2 a) zu diesem Urteil ersichtliche „Vereinbarung zwischen der … Aktiengesellschaft (…) und … GmbH (…) zur gegenseitigen Anerkennung des Firmenabonnements“ zu schließen. Die Beklagte hat die drei Abkommen inzwischen gekündigt.
33. Gegen das Urteil vom 20. März 1989 hat die Beklagte Berufung eingelegt, mit der sie ihr Klageabweisungsbegehren weiterverfolgt; sie hat zudem Widerklage auf Feststellung erhoben, sie sei nicht verpflichtet, mit der Klägerin eine Vereinbarung hinsichtlich ihres Großkundenabonnements zu schließen. Die Klägerin hat im Wege der Anschlußberufung ihre Klage erweitert. Sie erstrebt die „Austauschbarkeit der Flugscheine“, auch ohne daß vor dem Wechsel der Fluglinie eine Freigabeerklärung einzuholen sei, und die Erstreckung der „Austauschbarkeit“ auch auf Flugscheine, die die Parteien unter Anwendung ihres jeweiligen Großkundenabonnements ausstellen. Hilfsweise begehrt sie das Verbot, daß die Beklagte ihr Großkundenabonnement weiterhin praktiziere.
34. Die Beklagte widerspricht der von der Klägerin eingeführten Klageänderung. Sie bezieht sich auf ihr Vorbringen erster Instanz, das sie ergänzt und vertieft. Die Beklagte hebt hervor, daß zwischen dem „Interlining“, dem Verzicht auf Freigabeerklärungen und der Erstreckung der „Austauschbarkeit von Flugscheinen“ auf solche Dokumente, die unter Anwendung des Großkundenabonnements ausgestellt worden sind, unterschieden werden müsse. Gegenstand der Interline-Abkommen sei es, daß sich die vertragschließenden Fluggesellschaften gegenseitig die Befugnis einräumten, für die jeweils andere Gesellschaft Flugscheine auszustellen; es gehe um eine Stellvertretung. Eine „Austauschbarkeit der Flugscheine“ werde hierdurch nicht erreicht. Die nachträgliche Umschreibung eines Flugscheins auf eine andere Gesellschaft sei nicht Teil des „Interlinings“. Bei ihr handele es sich um eine Schuldübernahme im Rahmen eines bereits geschlossenen Beförderungsvertrags. Hierzu bedürfe es des Einverständnisses aller Parteien, das in der Freigabeerklärung dokumentiert werde. Der Verzicht auf Freigabeerklärungen sei mithin nicht Gegenstand von Interline-Abkommen, sondern von „Endorsement Waiver Agreements“; zwischen beiden bestehe weder ein rechtlicher noch ein tatsächlicher Zusammenhang. Die üblicherweise abgeschlossenen Interline-Abkommen erstreckten sich auch nicht auf Flugscheine nach Großkundenabonnements. Das Großkundenabonnement sei vielmehr eine individuelle Wettbewerbsmaßnahme, um durch die Gewährung von Mengenrabatt Kunden an sich zu binden. Zur Funktion der Interline-Abkommen hält die Beklagte an ihrem Vortrag fest, es gehe nicht darum, dem Fluggast auf parallel beflogenen Strecken eine höhere Flugfrequenz zur Verfügung zu stellen; die Abkommen sollten vielmehr ermöglichen, daß der Fluggast aufgrund eines einheitlichen Flugscheins auf Flugstrecken verschiedener Gesellschaften reisen könne; es gehe um die Sicherstellung ergänzender Transportleistungen zu vergleichbaren Bedingungen. Demgemäß sei der Abschluß von Interline-Abkommen regelmäßig mit solchen Gesellschaften nicht in Frage gekommen, die diese Funktion nicht erfüllten. Allerdings sei es aus Gründen der praktischen Abwicklung nicht möglich, von geschlossenen Interline-Abkommen parallel beflogene Strecken auszunehmen. Der Umstand, daß einzelne Fluggesellschaften angefangen hätten, abweichend vom anfänglich im Rahmen der … festgelegten Preis-Leistungsverhältnis Flugangebote herauszugeben, habe dazu geführt, daß die Zahl der Flüge, die im Wege des „Interlinings“ abgerechnet würden, schrumpfe; auf dem … Markt, wo eine Vielzahl von Fluggesellschaften miteinander in Wettbewerb stehe, würden nur noch 20 % aller Flüge aufgrund von Interline-Abkommen abgewickelt. Dies sei auch für den … Markt zu erwarten, wenn ein ungehinderter Wettbewerb aller Fluggesellschaften miteinander auf allen relevanten Märkten möglich werde.
35. Den Hilfsantrag der Klägerin auf ihre, der Beklagten, Verurteilung zum Abschluß von Verträgen hält die Beklagte für unzulässig, weil das Gericht veranlaßt werden solle, anstelle der Parteien einen Vertrag zwischen ihnen zustandezubringen; ein entsprechender Urteilstenor sei auch nicht vollstreckbar.
36. Was die Anspruchsvoraussetzungen im einzelnen betrifft, so hält die Beklagte an ihrer Auffassung fest, die aus der Sicht des Verbrauchers, des Flugpassagiers, abzugrenzenden örtlich relevanten Märkte seien diejenigen Strecken, auf denen die Parteien parallel flögen; es sei jedenfalls zwischen inländischem und grenzüberschreitendem Verkehr zu unterscheiden. Ihre Marktbeherrschung auf den grenzüberschreitenden Strecken vom Inland ins Ausland stellt die Beklagte weiterhin in Abrede. Auf den entsprechenden von der Klägerin beflogenen Strecken sei sie, die Beklagte, vor allem einem wirksamen Wettbewerb durch die … ausgesetzt.
37. Auf dem relevanten Inlandsmarkt gebe es keinen „üblicherweise zugänglichen Geschäftsverkehr“ des Abschlusses von Interline- Abkommen. Zwischen ihr und anderen … Luftfahrtgesellschaften bestehe kein Interline-Abkommen, soweit solche Gesellschaften dieselben Strecken beflögen wie sie. Mit der … Luftfahrtgesellschaft … habe sie ein Interline-Abkommen nur im Hinblick auf den vorliegenden Rechtsstreit zur Vermeidung weiterer Auseinandersetzungen abgeschlossen. Auf das – unstreitig praktizierte – „Interlining“ im … -Verkehr komme es nicht an, da der … -Verkehr durch die Besonderheit geprägt werde, daß die Verkehrsrechte … Fluggesellschaften nicht zugänglich seien. Das Fehlen eines tatsächlich gegebenen Geschäftsverkehrs könne nicht durch die Annahme ausgeglichen werden, er würde bei wirksamem Wettbewerb bestehen. Es spreche zudem nichts dafür, daß bei wirksamem Wettbewerb zwischen allen beteiligten inländischen Linienfluggesellschaften Interline-Abkommen geschlossen würden, wie der Blick auf den … Markt zeige. Der Abschluß von Interline-Abkommen im internationalen Luftverkehr lasse sich nicht auf die inländischen Verhältnisse übertragen; hier fehle es an der geschilderten Ergänzungsfunktion des „Interlinings“. Auch seien die „internationalen Marktbedingungen nicht auf den nationalen Flugverkehr übertragbar“.
38. Hinsichtlich „Endorsement Waiver Agreements“ könne weder im inländischen noch im internationalen Flugverkehr von einem „üblicherweise zugänglichen Geschäftsverkehr“ gesprochen werden; insoweit gebe es keinen üblichen Standard. Sie habe nicht mit allen … Linienfluggesellschaften und auch nicht im sogenannten Nachbarschaftsverkehr mit allen in Betracht kommenden europäischen Linienfluggesellschaften auf Freigabeerklärungen verzichtet. Beim Abschluß entsprechender Abkommen mit deutschen Fluggesellschaften verfahre sie nach denselben Gesichtspunkten wie bei Interline-Abkommen; sie treffe solche Abkommen also nicht mit Gesellschaften, die parallele Strecken beflögen.
39. Auch der Zugang zum Großkundenabonnement stelle keinen „üblicherweise zugänglichen Geschäftsverkehr“ dar. Die Gewährung eines Rabatts sei keine Ware oder gewerbliche Leistung; sie mache einen Preisbestandteil aus. Ein dennoch etwa anzunehmender entsprechender „Geschäftsverkehr“ sei keinesfalls „üblicherweise zugänglich“. Da das Großkundenabonnement auf inländische Flüge beschränkt sei, stelle sich die Frage einer Üblichkeit im internationalen Verkehr nicht.
40. Im übrigen fehle es auch an der „Gleichartigkeit der Unternehmen“, weil die Klägerin ihr, der Beklagten, Streckennetz nicht entsprechend der Grundfunktion des Interlinings ergänze.
41. Die Beklagte stellt eine Behinderung der Klägerin durch ihr, der Beklagten, Verhalten in Abrede. Die Klägerin könne aufgrund weiterer von ihr zu erwerbender Flugrechte ein ausreichend dichtes eigenes Flugnetz aufbauen. Auch werde die Klägerin durch die Verweigerung der „Austauschbarkeit der Flugscheine“ nicht an der Vermarktung ihrer Beförderungsleistungen gehindert. Die Verweigerung führe für die Kunden allenfalls zu Unbequemlichkeiten, die sie nicht davon abhielten, bei der Klägerin zu buchen. Es könne nicht davon ausgegangen werden, daß Geschäftsreisende als Linienflugpassagiere generell den Wunsch hätten, nach Bedarf die gebuchten Flüge später umbuchen zu können. Die Reisenden könnten auch gar nicht sicher sein, bei Umbuchungen noch einen freien Platz zu finden. Die Klägerin meint, ihr bloß passives Verhalten unterfalle nicht dem Begriff der Behinderung. Sie brauche einem neu auf den Markt kommenden Wettbewerber keine aktive Hilfe durch Zurverfügungstellung von Kapazitäten zu leisten; sie sei nicht verpflichtet, der Klägerin den Marktzutritt zu erleichtern. Die bloß mittelbare, nicht aktive Behinderung unterliege nicht § 26 Abs. 2 GWB.
42. Jedenfalls aber sei die Verweigerung des Abschlusses eines Interline-Abkommens und eines „Endorsement Waiver Agreements“ nicht unbillig, vielmehr sachlich gerechtfertigt. Ihre vorstehend geschilderte konsequent verfolgte und nicht diskriminierende Geschäftspolitik beim Abschluß derartiger Abkommen brauche sie nicht zu ändern. Die Klägerin wolle ihren eigenen Fluggästen ihr, der Beklagten, gesamtes Leistungsangebot, das weltweite Vertriebsnetz, die hohe Flugfrequenz und auch den Preisnachlaß nach ihrem Großkundenabonnement zur Verfügung stellen. Der Klägerin gehe es darum, aufgrund eines mit ihr, der Beklagten geschlossenen Interline-Abkommens den Linienflugbetrieb mit möglichst geringem Risiko aufbauen zu können. Mit einer der Klägerin möglichen Verdichtung ihres eigenen Flugnetzes steige die Gefahr einer geringeren Auslastung; dieses Risiko wolle die Klägerin vermeiden. Sie wolle sich auch den Aufbau eines eigenen kostspieligen Vertriebsapparates ersparen. Die Klägerin habe von Anfang an damit gerechnet, stattdessen auf ihre, der Beklagten, Leistungen zurückgreifen zu können. Die Klägerin habe sich selbst in die Lage versetzt, mit allen Teilen ihres, der Beklagten, Angebots in Wettbewerb treten zu müssen. Die Klägerin, die mit ihr in Wettbewerb stehe, wolle sich ihre, der Beklagten, Leistungen zunutze machen, ohne die ihr, der Beklagten, daraus entstehenden Nachteile auszugleichen. Die Klägerin erwarte, daß sie, die Beklagte, ihr durch die Zurverfügungstellung ihrer Leitungen bei der Abwerbung von Kunden behilflich sei. Die Dichte ihrer, der Beklagten, Flugfrequenz stelle für sie ein wesentlich Wettbewerbsargument dar, das nicht durch die Gestattung des „Zugriffs“ der Klägerin ausgeschaltet werden dürfe; ein solcher „Zugriff“ würde zu einer Einschränkung des Wettbewerbs führen.
43. Der Abschluß eines Interline-Abkommens mit der Klägerin würde zu einer Wettbewerbsverzerrung zu ihren, der Beklagten, Lasten führen, da die Klägerin ein nach dem Preis-Leistungsverhältnis erheblich besseres Produkt als sie selbst vermarkte. Die Klägerin könne durch die Verbindung ihres hochwertigen Produkts mit ihrem, der Beklagten, dichten Flugnetz damit rechnen, daß ihre Flüge stets ausgebucht seien. Sie, die Beklagte, könne das bei ihrer flächendeckenden Versorgung der … nicht. Ihr eigenes Angebot könne sie ohne erhebliche Verluste nicht flächendeckend dem Angebot der Klägerin anpassen. Eine Anpassung nur hinsichtlich der parallel beflogenen Strecken komme aus technischen Gründen, und um eine Verärgerung der Kunden zu vermeiden, nicht in Betracht. Wenn sie demgegenüber der Klägerin ihr Flugnetz nicht zur Verfügung stellen müsse, könne sie dem besseren Produkt der Klägerin die Dichte ihres eigenen Flugnetzes entgegensetzen. Das Begehren der Klägerin laufe auf eine wettbewerbswidrige Ausbeutung fremder Leistung hinaus. Schließlich sei zu berücksichtigen, daß die Klägerin die Möglichkeit nicht nutze, zu ihr, der Beklagten, in Preiswettbewerb zu treten. Preiswettbewerb würde der Klägerin erlauben, ihr, der Beklagten, in erheblichem Umfang Flugpassagiere wegzunehmen. Interline-Abkommen für parallel beflogene Strecken führten zu der Tendenz, den Preiswettbewerb auszuschließen.
44. Zu ihrem Großkundenabonnement macht die Beklagte geltend, es beinhalte die Gewährung eines Mengenrabatts, die, wie das Rabattgesetz zeige, sachlich gerechtfertigt sei. Die Gewährung des Mengenrabatts solle dazu dienen, daß Passagiere für inländische Flüge in größtmöglichem Umfang ihre, der Beklagten, Dienste in Anspruch nähmen. Insofern ziele das Großkundenabonnement selbstverständlich darauf, Kunden von Wettbewerbsangeboten wegzuziehen. Es richte sich zudem gegen alternative Transportformen. Schließlich sollten inländische Fluggäste, die die Qualität ihrer, der Beklagten, Leistung kennengelernt hätten, veranlaßt werden, ihre Dienste auch für internationale Flüge in Anspruch zu nehmen. Die Klägerin macht geltend, ihr Großkundenabonnement erfülle auch die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2 RabattG; alle Erwerber von Großkundenabonnements seien Großverbraucher. Die Klägerin, so trägt die Beklagte vor, könne zu ihr durch die Auflegung eines eigenen „differenzierten“ den Marktgegebenheiten Rechnung tragenden Großkundenabonnements in Wettbewerb treten; die Klägerin sei nicht gezwungen, sich ihren, der Beklagten, Tarifen exakt anzugleichen. Den Anteil der aufgrund des Großkundenabonnements ausgestellten Flugscheine an der Gesamtheit ihrer inländischen Flugscheine gibt die Beklagte mit 28,2 % an.
45. Auf Art. 86 EWG-Vertrag könne, so meint die Beklagte, die Klage nicht gestützt werden, weil es an Rückwirkungen ihres Verhaltens auf den zwischenstaatlichen Warenverkehr fehle; der rein inländische Verkehr berühre den zwischenstaatlichen Warenverkehr nicht.
47. unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen,
48. festzustellen, daß sie, die Beklagte, nicht verpflichtet sei, mit der Klägerin eine Vereinbarung abzuschließen, welche die Klägerin oder die von ihr zu befördernden Passagiere berechtigte, das von ihr, der Beklagten, für ihre Kunden aufgelegte Großkundenabonnement im … Linienflugverkehr in irgendeiner Weise zu verwenden,
51. die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß
52. die Beklagte verurteilt werde,
53. von ihr, der Klägerin, als ausstellender Fluggesellschaft oder von Agenten der Parteien für von beiden Parteien ganz oder teilweise gemeinsam beflogene Strecken ausgestellte Flugscheine oder Umtauschanweisungen, in denen sie, die Klägerin, und/oder die Beklagte als befördernde Fluggesellschaft angegeben sind, ohne ihr, der Klägerin, vorheriges Endorsement zu allen von den Parteien angewandten Tarifen – einschließlich des Vielfliegertarifs Großkundenabonnement – jedoch mit Ausnahme der Tarife AD, DG, Ge, ID, IP anzunehmen und die darin bezeichneten Fluggäste und deren Gepäck gegen Erstattung der im Flugschein für die jeweilige Strecke angegebenen Flugpreise – bei Teilstrecken den sich aus dem Flugpreis ergebenden Straight-Straight-Betrag wie in der Vereinbarung der Parteien vom 11. Juli 1989 (Anlage SzW 1) – durch sie, die Klägerin, zu befördern, und zwar in der technischen Abwicklung gemäß den Bestimmungen in dem als Anlage K 1 beigefügten Interline-Vertrag (mit Ausnahme von Abschnitt VIII, 1),
54. Flugscheine für ganz oder teilweise von beiden Parteien gemeinsam beflogene Strecken auch in der Weise auszustellen, daß als befördernde Fluggesellschaft außer der Beklagten sie, die Klägerin, eingesetzt wird, wenn ein Kunde die Beförderung auf einer von mehreren Strecken oder Teilstrecken durch sie, die Klägerin, wünscht,
55. ihre Agenten anzuweisen, auf Wunsch von Kunden entsprechend zu oben a) zu verfahren,
56. festgestellt werde, daß sie, die Klägerin, berechtigt ist, von der Beklagten als ausstellender Fluggesellschaft oder von deren Agenten für von beiden Parteien ganz oder teilweise beflogene Strecken ausgestellte Flugscheine oder Umtauschanweisungen, in denen sie, die Klägerin und/oder die Beklagte als befördernde Fluggesellschaft angegeben sind, ohne vorheriges Endorsement der Beklagten für alle von den Parteien verwendeten Tarife – inklusive Vielfliegertarif Großkundenabonnement – jedoch mit Ausnahme der Tarife AD, DG, Ge, ID, IP – anzunehmen und die im Flugschein bezeichneten Personen und deren Gepäck zu befördern, und zwar in der technischen Abwicklung gemäß den Bestimmungen in dem als Anlage K 1 beigefügten Interline-Vertrag (mit Ausnahme von Abschnitt VIII, 1),
57. festgestellt werde, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihr, der Klägerin, die im Flugschein oder in der Umtauschanweisung für die jeweilige Strecke angegebenen Flugpreise – bei Teilstrecken den sich aus dem Flugpreis ergebenden Straight-Straight-Betrag gemäß der Vereinbarung der Parteien vom 11. Juli 1989 (Anlage SzW 1) – zu erstatten, sofern sie, die Klägerin, Fluggäste gemäß vorstehender Ziffer II auf Strecken, für die die Beklagte als befördernde Fluggesellschaft im Flugschein angegeben ist, befördert hat, und zwar gemäß den Bestimmungen in dem als Anlage K 1 beigefügten Interline-Vertrag,
58. hilfsweise die Beklagte verurteilt werde, mit ihr, der Klägerin, einen Interline-Vertrag nach Maßgabe des Vertragstextes Anlage K 1 mit Ausnahme von Abschnitt VIII, 1 und einen Endorsement-Waiver-Vertrag wie in der Vereinbarung der Parteien vom 11. Juli 1989 (Anlage SzW 2) mit Ausnahme von Ziffer V sowie einen Vertrag über die gegenseitige Anerkennung der Firmenabonnements wie in der Vereinbarung der Parteien vom 11. Juli 1989 (Anlage SzW 2 a) zu schließen sowie aufgrund dieser Verträge von ihr, der Klägerin, oder Agenten der Parteien auf Flüge der Beklagten ausgestellte oder nachträglich auf Flüge der Beklagten umgebuchte Flugscheine anzunehmen,
59. festgestellt werde, daß die Beklagte ihr, der Klägerin, allen Schaden zu ersetzen hat, der ihr dadurch entstanden ist und noch entsteht, daß die Beklagte den Verpflichtungen gemäß Ziffer I und III sowie hilfsweise Ziffer IV zuwiderhandelt,
60. weiter hilfsweise – für den Fall, daß die Anträge zu Ziffer I. bis IV. hinsichtlich der „wechselseitigen Akzeptanz der Großkundenabonnements“ nicht begründet seien – die Beklagte verurteilt werde, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der zukünftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgelds bis zu 500.000,– DM zu unterlassen,
61. im Linienverkehr in der … einen Vielfliegertarif Großkundenabonnement wie aus der Anlage SzW 9 ersichtlich anzubieten und/oder anzuwenden,
63. Die Klägerin bezieht sich auf das angefochtene Urteil und auf ihr Vorbringen erster Instanz, das sie ergänzt und vertieft. Sie macht geltend, mit dem Begehren nach wechselseitiger Annahme und Verrechnung der von beiden Parteien ausgestellten Flugscheine erstrebe sie, „daß die Beklagte ihre Teilnahme an der technischen Abwicklung, die das weltweit vernetzte System des nationalen und internationalen Luftverkehrs von den daran beteiligten Fluggesellschaften erfordert, (ihr) gegenüber … nicht verweigern“ solle; es gehe nicht darum, daß die Beklagte ihr Leistungen zur Verfügung stelle. Es handele sich um die tatsächlich bestehende Übung, daß der Fluggast ohne umständliche Umschreibungen die Fluggesellschaft wechseln könne; die von der Beklagten vorgenommene Aufspaltung dieses einheitlichen Sachverhalts in rechtlich unterschiedlich zu behandelnde Tatbestände nach Interline-Abkommen und „Endorsement-Waiver-Agreements“ sei nicht gerechtfertigt.
64. Das Linienflugnetz zwischen den Großflughäfen in der … … stelle in seiner Gesamtheit den örtlich relevanten Markt dar. Geschäftsreisende, die etwa 90 % der in der … Linienflüge buchenden Fluggäste ausmachten, nähmen regelmäßig das gesamte inländische Linienflugnetz in Anspruch. Diesem örtlich relevanten Markt seien auch die Flugstrecken von den Flughäfen der Bundesrepublik zu Flughäfen anderer europäischer Länder zuzuordnen. Die Beklagte habe auf diesem Gesamtmarkt mit einem Marktanteil von mindestens 80 % eine überragende Marktstellung. Sie sei aber auch auf den von den Parteien parallel beflogenen Flugstrecken nach … jeweils marktbeherrschend. Die Beklagte habe im Linienflugverkehr zwischen Flughäfen im Inland und Flughäfen des … Auslands einen Marktanteil von etwa 50 %.
65. Hinsichtlich der erstrebten wechselseitigen Annahme der von beiden Parteien ausgestellten Flugscheine bestehe auf dem näher umschriebenen örtlich relevanten Markt ein „üblicher Geschäftsverkehr“. Die Beklagte betreibe „Interlining“ weltweit. Die Beklagte habe mit allen bedeutenden europäischen Fluglinien Interline-Abkommen geschlossen, wobei diese Gesellschaften vielfach parallel zur Beklagten die gleichen Strecken beflögen. Die Üblichkeit bestehe auch im Linienflugverkehr innerhalb der …, soweit hier bislang überhaupt Strecken parallel beflogen würden. So habe die Beklagte auch mit der … ein Interline-Abkommen geschlossen. Im Verkehr zwischen … und allen … Städten, die über einen großen Flughafen verfügten, werde „Interlining“ zwischen allen daran beteiligten Fluggesellschaften praktiziert. Sie selbst, die Klägerin, betreibe inzwischen mit zahlreichen in- und ausländischen Fluggesellschaften „Interlining“. Der betreffende „Geschäftsverkehr“ der Beklagten mit anderen Linienfluggesellschaften im Verkehr innerhalb der … beziehe sich auf alle Tarifarten einschließlich des Tarifs nach dem Großkundenabonnement. Zwar praktiziere die Beklagte die gegenseitige Anerkennung der Flugscheine in bezug auf das Großkundenabonnement zur Zeit nur noch mit der DLT, jahrelang sei dies aber auch hinsichtlich anderer Regionalfluggesellschaften der Fall gewesen. Es sei auch allgemein üblich, mit einem Interline- Abkommen ein „Endorsement Waiver Agreement“ zu verbinden. Im Flugverkehr innerhalb der … und überhaupt im … Raum sei es ein allgemein geübter Geschäftsverkehr, auf die gesonderte Freigabeerklärung zu verzichten. Die Beklagte habe mit allen bedeutenden … Linienfluggesellschaften und zumindest im sogenannten Nachbarschaftsverkehr auch mit allen in Betracht kommenden europäischen Linienfluggesellschaften „Endorsement Waiver Agreements“ geschlossen. Sie, die Klägerin, sei gleichartig mit Unternehmen, mit denen die Beklagte „Interlining“ als üblichen Geschäftsverkehr betreibe. Auf eine Ergänzung des Streckennetzes der Beklagten durch die von ihr, der Klägerin, beflogenen Strecken komme es insofern nicht an; denn Interline-Abkommen würden abgeschlossen, um gerade auf parallel beflogenen Strecken für den Fluggast ein ausreichendes Flugangebot sicherzustellen.
66. Ihr werde durch die Verweigerung der wechselseitigen Annahme und Verrechnung der Flugscheine der Zutritt zum Markt unmöglich gemacht. Sie könne nicht darauf verwiesen werden, weitere Flugrechte zu beantragen und sich selbst ein ausreichendes Flugangebot aufzubauen. Um sogleich ein ausreichend dichtes Flugnetz aufbauen zu können, bedürfte es sofort einer Anzahl von Großflugzeugen, die auf Jahre hinaus nicht zu beschaffen seien. Auch erfordere dies ein „Milliardenkapital“. Vor allem aber könne sie im Hinblick auf den Bestand der Beklagten an älteren vorrangigen Flugrechten nicht die zum Aufbau eines hinreichend dichten Flugnetzes erforderliche Zahl an Start- und Landeerlaubnissen erhalten. Es komme insofern vor allem auf die Flughäfen …, und an. Dort könne sie zu den verkehrsgünstigen Zeiten nicht so viele Flugrechte erhalten, daß sie dem Fluggast ein ausreichend dichtes, die Benutzung anderer Fluglinien erübrigendes Flugnetz anbieten könne. Ihre Behinderung bestehe darin, daß die Beklagte Verfahren praktizieren wolle, die die von ihr, der Klägerin, ausgegebenen Flugscheine weitgehend wertlos machten. Für die hinsichtlich des Absatzes von Flugscheinen maßgebenden Reisebüros seien ihre, der Klägerin, Flugscheine unverkäuflich, wenn nicht sichergestellt sei, daß der Fluggast damit problemlos auf den betreffenden Strecken bei Hin- und Rückflug jede sich bietende Flugmöglichkeit wahrnehmen könne. Die meisten Reisebüros lehnten die Ausstellung getrennter Flugscheine für Hin- und Rückflug generell ab, weil sie einen höheren Aufwand und Kosten verursache; bei einer Vielzahl von Tarifen sei die Ausstellung getrennter Flugscheine auch gar nicht möglich. Die Ausstellung nur eines Flugscheins sei gerade auch bei der Ausnutzung des Großkundenabonnements notwendig, damit nicht zwei Berechtigungskupons des Abonnements verwendet werden müßten. Durch die Weigerung der Beklagten, aufgrund des Großkundenabonnements ausgestellte Flugscheine wechselseitig anzunehmen, werde sie völlig von einem wesentlichen Teil des Markts ausgeschlossen; denn knapp 45 % der Geschäftsreisenden auf inländischen Strecken nähmen das Großkundenabonnement in Anspruch. Die auf das Großkundenabonnement zu erbringenden Vorauszahlungen zwängen die Kunden dazu, die erworbenen Kupons bei der Beklagten abzufliegen, und zwar unter Verwendung nur eines Kupons für Hin- und Rückflug. Das Großkundenabonnement der Beklagten habe sich bei seiner Einführung zwar nicht gegen Mitbewerber im Linienflugverkehr gerichtet, weil es sie damals noch nicht gegeben habe, es wirke sich jetzt aber so aus, daß ihr, der Klägerin, 45 % des Marktes von vornherein versperrt würden. Bei Entziehung eines solchen Prozentsatzes des Verkehrsaufkommens habe sie keine Marktzutrittschance. Da sie – wie ausgeführt – kein ausreichend dichtes eigenes Streckennetz aufbauen könne, könne sie auch keine nennenswerte Zahl eigener Großkundenabonnements verkaufen, wenn diese Abonnements nicht auch von der Beklagten akzeptiert würden. Nur sehr große Firmen könnten grundsätzlich daran interessiert sein, außer Großkundenabonnements bei der Beklagten ein solches auch bei ihr, der Klägerin, zu erwerben; es sei selten, daß sich dann ein Berechtigungskupon für einen Hin- und Rückflug mit ihr an einem Tag verwenden lasse; denn regelmäßig müsse entweder für den Hin- oder für den Rückflug die Beklagte in Anspruch genommen werden.
67. Die Klägerin macht geltend, es gebe keine sachlichen Gründe für ihre Diskriminierung durch die Beklagte. Sie wolle sich nicht Leistungen der Beklagten zunutze machen, um das mit dem Aufbau eines dichten Flugnetzes verbundene höhere wirtschaftliche Risiko nicht eingehen zu müssen. Sie versuche vielmehr weitere Flugrechte zu erhalten. Ihr sei nicht daran gelegen, daß ein Passagier, der bei ihr gebucht habe, dann mit der Beklagten fliege, weil sie, die Klägerin, kein passendes Flugzeug zur Verfügung stellen könne. Die Klägerin hebt hervor, die Beklagte habe ihre überragende Marktstellung im Linienverkehr innerhalb der … dadurch erlangt, daß sie in der Vergangenheit vor Konkurrenz geschützt gewesen sei. Sie habe das dichte inländische Streckennetz unter staatlichem Schutz aufbauen können; das Streckennetz vom Inland ins europäische Ausland habe sie unter dem Schutz zwischenstaatlicher Abkommen geschaffen. Es stimme nicht, daß sie, die Klägerin, einen First-Class- Service zu Business-Class-Tarifen biete. Durch besseren Bord- Service könne sie auch nur einen Teil der Wettbewerbsnachteile ausgleichen, die sie gegenüber der Beklagten habe, die im Verkehr innerhalb der … dank günstiger alter Flugrechte eine Kapazitätsauslastung von 75 % erreiche. Hinsichtlich des Bord-Service könne die Beklagte mit ihr ohne weiteres gleichziehen. Ihr Großkundenabonnement setze die Beklagte bewußt dazu ein, ihr, der Klägerin, 45 % des Markts von vornherein zu versperren. Die Ausgestaltung des Großkundenabonnements bewirke eine praktische Bindung der Vielflieger an die Beklagte, die von keinem Mitbewerber im Inland jemals gebrochen werden könne. Die Klägerin hält das Großkundenabonnement nicht für einen dem Leistungswettbewerb entsprechenden Mengenrabatt. Der Wert der jeweils im voraus zu bezahlenden Berechtigungskupons sei unabhängig vom Preis des einzelnen Flugscheins.
68. Zu Artikel 86 EWG-Vertrag führt die Klägerin aus, im Gemeinsamen Markt bestehe durch die zwischen allen europäischen Linienfluggesellschaften geschlossenen Interline-Abkommen und die Zusatzabkommen ein Verkehrsverbund, der es den Flugpassagieren ermögliche, von der einen Fluggesellschaft ausgestellte Flugscheine ohne weiteres bei der anderen Fluggesellschaft zu benutzen. Dieser Verkehrsverbund ermögliche neu hinzukommenden Wettbewerbern, die kein eigenes vollständiges Flugnetz aufbauen könnten, den Marktzutritt. Die Beklagte mißbrauche ihre beherrschende Stellung auf einem wesentlichen Teil des gemeinsamen Markts dadurch, daß sie der Klägerin die Teilnahme an dem Verkehrsverbund verweigere. Der Mißbrauch wirke sich besonders kraß hinsichtlich des Großkundenabonnements aus. Durch den Mißbrauch werde der Handel zwischen den Mitgliedsstaaten beeinträchtigt; die Verteidigung eines Monopols in der … verfestige die Abschottung der Märkte. Für den Fall, daß ihrer Rechtsauffassung nicht gefolgt werde, beantragt die Beklagte,
69. die Rechtsfrage nach Artikel 177 EWG-Vertrag dem europäischen Gerichtshof vorzulegen.
70. Ihren Hilfsantrag auf Untersagung des Großkundenabonnements der Beklagten stützt die Klägerin auf § 22 Abs. 4, § 26 Abs. 2, § 35 GWB und § 1 UWG. Zu § 1 UWG führt sie an, die Beklagte betreibe mit dem Mittel des Großkundenabonnements gegen sie individuell Vernichtungswettbewerb.
71. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die von ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
72.Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LGs, durch das sie zur Vornahme von Handlungen zwecks Herstellung der „Austauschbarkeit“ der von den Parteien ausgestellten Flugscheine verurteilt und eine Schadensersatzverpflichtung der Beklagten festgestellt worden ist, ist zulässig.
73. Die Berufung ist jedoch, soweit die Beklagte mit ihr die Abweisung der gegen sie erhobenen Klage begehrt, unbegründet.
74. Soweit die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren mit neu gefaßten Anträgen weiterverfolgt, hat die Klage Erfolg. Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens war die Erzielung der „Austauschbarkeit der Flugscheine“ hinsichtlich von den Parteien ganz oder teilweise gemeinsam beflogener Strecken, und zwar ohne besondere Freigabeerklärung.
75. Zulässig und begründet ist aber die von der Beklagten im Berufungsverfahren erhobene Widerklage. Mit ihrer zulässigen Anschlußberufung geht die Klägerin über ihr erstinstanzliches Begehren hinaus. Zum einen hat sie Forderungen zum „Interlining“ in Antragsform gebracht, die in erster Instanz allenfalls angeklungen sind; insoweit ist die Anschlußberufung nach dem Hauptantrag begründet.
76. Zum anderen bezieht die Klägerin in ihre zweitinstanzlichen Anträge auch Flugscheine nach dem Großkundenabonnement ein. Das klägerische Begehren hinsichtlich des Großkundenabonnements ist nach den Hauptanträgen nicht begründet, die auf die Erstreckung der „Austauschbarkeit“ auf nach dem Großkundenabonnement ausgestellten Flugscheine zielen und auch nicht nach dem auf Vertragsschluß gerichteten Hilfsantrag, wohl aber nach dem auf Unterlassung zielenden Hilfsantrag.
77. Zulässig und begründet sind die Hauptanträge der Klägerin, soweit sie sich nicht auf Flugscheine nach dem Großkundenabonnement beziehen. Der Antrag zu I.1. ist darauf gerichtet, daß die Beklagte Handlungen vornehme, die Gegenstand eines Interline-Abkommens und eines „Endorsement Waiver Agreement“ sind. Die Klägerin begehrt zunächst, daß die Beklagte von ihr, der Klägerin, oder ihren Agenten von Anfang an auf die Beklagte ausgestellte Flugscheine bzw. Umtauschanweisungen akzeptiere. Es geht insoweit um die Stellvertretung der einen Fluggesellschaft für eine andere Fluggesellschaft bei der Ausstellung von Flugdokumenten, in der die Beklagte das Wesen von Interline-Abkommen sieht.
78. Bei den von Anfang an auf eine andere Fluggesellschaft ausgestellten Flugscheinen kommt es auf eine Freigabeerklärung nicht an. Das Begehren bezieht sich auf Strecken, die ganz oder teilweise gemeinsam von den Parteien beflogen werden. Geregelt werden soll u.a. der Fall, daß die Klägerin nur einen Teil der von einem Fluggast gewünschten Strecke befliegt, für die übrige Strecke aber die Beklagte, soll überhaupt ein einheitlicher Flugschein ausgestellt werden, eingesetzt werden muß.
79. Der Antrag zu I.1. betrifft darüber hinaus den Fall, daß bezüglich Strecken, die die Parteien ganz oder teilweise gemeinsam befliegen, von der Klägerin oder Agenten beider Parteien in einem Flugschein anfangs die Klägerin als befördernde Gesellschaft eingetragen worden ist, der Fluggast auf diesem Flugschein aber mit der Beklagten fliegen will. Zu einer entsprechenden Beförderung soll die Beklagte verpflichtet werden, ohne eine vorherige Freigabeerklärung der Klägerin zu verlangen. Der Verzicht auf eine solche Freigabeerklärung ist ansonsten Gegenstand eines „Endorsement Waiver Agreement“. In beiden Fällen soll die Beklagte die Beförderungsleistungen gegen Erstattung der Flugpreise durch die Klägerin erbringen.
80. Was die Erstattung der Flugpreise betrifft, so ist der Antrag auch für den Fall hinreichend bestimmt, daß die Beklagte Beförderungsleistungen nur auf einer Teilstrecke erbringen soll. Zwar gibt es nach dem Vorbringen der Beklagten in diesem Fall verschiedene Weisen, den Flugpreis zu berechnen. Die Klägerin hat sich in ihrem Antrag aber auf die „Straight-Straight-Berechnung“ festgelegt. Es ist nicht ersichtlich, daß die von der Klägerin verlangte Berechnungsweise nicht gerechtfertigt wäre; die Parteien haben diese Berechnungsweise vielmehr selbst in ihrer vorläufigen Vereinbarung vom 11. Juli 1989 zugrundegelegt. Auf diese Vereinbarung ist im Antrag zu I.1. Bezug genommen. Es geht um die Anlage SzW 2, nicht um die Anlage SzW 1, wie es irrtümlich im Antrag der Klägerin heißt.
81. Unbedenklich ist es auch, daß sich die Klägerin wegen der technischen Abwicklung auf den Mustertext eines Interline-Abkommens bezieht. Der Antrag zu I.1. bezieht sich nicht auf die Tarife AD, DG, GE, ID, IP. Diese Ausnahme hat die Klägerin in der Berufungsverhandlung in ihren schriftsätzlich angekündigten Antrag eingefügt. Hierin ist eine teilweise Antragsrücknahme jedoch nicht zu erkennen; denn es ging der Klägerin ersichtlich von Anfang an nicht um diese Tarife, wie das „Endorsement Waiver Agreement“ der Parteien vom 11. Juli 1989 zeigt. Soweit sich der Antrag zu I.1. nicht auf Flugscheine nach dem Großkundenabonnement bezieht, geht er nur in seiner ausdrücklichen Formulierung über das hinaus, was die Klägerin schon in erster Instanz verlangt hat. Auch wenn in erster Instanz nicht deutlich zwischen „Interlining“ und dem Verzicht auf Freigabeerklärungen unterschieden worden ist, so war doch deutlich, daß es der Klägerin um die „Austauschbarkeit der Flugscheine“ ohne weitere Voraussetzungen ging; diesem Begehren wollte das LG auch entsprechen.
82. Ersichtlich sollte sich die „wechselseitige Annahme“ von Flugscheinen nach dem LGlichen Urteil auch auf den Fall beziehen, daß die Klägerin nur einen Teil der vom Fluggast gewünschten Strecke befliegt; dem Urteil ist nicht zu entnehmen, daß sich die Verpflichtung der Beklagten nicht auch auf Teilstrecken hätte beziehen sollen.
83. Der Antrag zu I.2. ist darauf gerichtet, daß die Beklagte auf Kundenwunsch die Handlung vornehme, selbst Flugscheine auf die Klägerin auszustellen, und ihre Agenten entsprechend anzuweisen, und zwar für Strecken, die die Parteien ganz oder teilweise gemeinsam befliegen; wenn die Klägerin nur einen Teil der vom Kunden gewünschten Strecke befliegt, muß die Beklagte sich ggf. selbst für die übrige Strecke als befördernde Fluggesellschaft einsetzen. Eine solche Ausstellung von Flugscheinen durch die eine Fluggesellschaft auf eine andere Fluggesellschaft als beförderndes Luftfahrtunternehmen ist Gegenstand der Interline-Abkommen. Die Beförderung durch die Klägerin richtet sich in diesem Fall nach dem Antrag zu II.. Das Begehren zu I.2. war noch nicht Gegenstand der erstinstanzlichen Anträge der Klägerin.
84. Der Feststellungsantrag zu II. ist zulässig. Die Berechtigung der Klägerin, Flugscheine bzw. Umtauschanweisungen anzunehmen und Beförderungsleistungen zu erbringen, kann nicht Gegenstand einer Leistungsklage sein. Der Antrag bezieht sich zum einen darauf, daß die Klägerin Flugscheine, die die Beklagte oder deren Agenten von Anfang an auf sie, die Klägerin, ausgestellt haben, soll annehmen und darauf Beförderungsleistungen erbringen dürfen. Es geht insoweit um die Ausstellung von Flugscheinen durch die eine Fluggesellschaft für die andere, was, worauf die Beklagte abhebt, der eigentliche Gegenstand von Interline- Abkommen ist; eine Freigabeerklärung spielt hierbei keine Rolle.
85. Die begehrte Regelung bezieht sich auf von den Parteien ganz oder teilweise gemeinsam beflogene Strecken. Im übrigen versteht es sich nahezu von selbst, daß die Klägerin gegenüber der Beklagten berechtigt ist, Beförderungsleistungen auf Flugscheine zu erbringen, wenn die Beklagte selbst oder deren Agenten die Flugscheine auf die Klägerin ausgestellt haben. Zum anderen geht es im Antrag zu II. darum, daß die Klägerin von der Beklagten und deren Agenten anfänglich auf die Beklagte ausgestellte Flugscheine annehmen und darauf Beförderungsleistungen erbringen darf, und zwar ohne vorherige Freigabe der Beklagten. Diese Regelung ist ansonsten Gegenstand von „Endorsement Waiver Agreements“. Der Antrag bezieht sich auch insoweit auf von den Parteien ganz oder teilweise gemeinsam beflogene Strecken. Da die Klägerin ohnehin Fluggäste nach ihrer freien Entscheidung befördern darf, liegt die eigentliche Bedeutung des klägerischen Begehrens in der Erstattungspflicht der Beklagten in diesen Fälle, die Gegenstand des Antrags zu III. ist. Der Antrag zu II., der durch die Ausnahme der Tarife AD, DG, GE, ID, IP seinem Gehalt nach nicht eingeschränkt worden ist, geht in seiner Formulierung über die erstinstanzlichen Anträge der Klägerin hinaus. Das diesbezügliche Begehren ist in den erstinstanzlichen Anträgen nur in der Wendung „wechselseitig anzunehmen“ angeklungen, nicht aber zum Gegenstand eines Feststellungsbegehrens gemacht worden.
86. Zulässig ist auch der Feststellungsantrag zu III.. Derzeit kann die Klägerin die Erstattung von Flugpreisen noch nicht im Wege der Leistungsklage geltend machen. Welche Beträge von der Beklagten zu erstatten sind, läßt sich nicht vorherbestimmen. Der Antrag ist, auch soweit es um die Erstattung von Flugpreisen für Teilstrecken geht, durch die Bezugnahme auf den „Straight-Straight-Betrag“ hinreichend bestimmt. Die Bezugnahme auf die Anlage SzW 1 beruht auf einem offensichtlichen Irrtum; ersichtlich ist die Anlage SzW 2 gemeint. In der Sache geht es um die Erstattung der Flugpreise, wenn anfangs die Beklagte als befördernde Luftfahrtgesellschaft in Flugscheine eingesetzt ist, dann aber die Klägerin – ohne Freigabeerklärung der Beklagten – die Beförderungsleistungen erbringt. Um dieses Begehren ging es der Klägerin ersichtlich auch schon in erster Instanz, es war dort aber nicht Gegenstand eines entsprechenden Feststellungsantrags.
87. Soweit die vorerörterten Klageanträge zweiter Instanz über die erstinstanzlichen Anträge der Klägerin hinausgehen, ist dies nach § 264 Nr. 2 ZPO nicht als Klageänderung anzusehen. Jedenfalls aber wäre eine entsprechende Klageänderung nach § 263 ZPO sachdienlich.
88. Mit den erörterten Klageanträgen geht es der Klägerin darum, daß die Beklagte sie weithin so stelle, als hätte sie mit ihr ein Interline-Abkommen und ein „Endorsement Waiver Agreement“ geschlossen: Die Beklagte bzw. deren Agenten sollen auf Kundenwunsch hin Flugscheine auf die Klägerin ausstellen, und zwar hinsichtlich ganzer Strecken und bloßer Teilstrecken; die Beklagte soll gegen Erstattung der Flugpreise Beförderungsleistungen auf Flugscheine erbringen, die die Klägerin oder Agenten auf die Beklagte hinsichtlich ganzer Strecken oder Teilstrecken ausgestellt haben; die Klägerin soll gegenüber der Beklagten berechtigt sein, Beförderungsleistungen zu erbringen aufgrund von Flugscheinen, in denen sie von der Beklagten oder deren Agenten als beförderndes Luftfahrtunternehmen eingetragen ist, und zwar bezüglich gesamter Strecken oder Teilstrecken – insoweit geht es allein um das „Interlining“.
89. Die Beklagte soll ferner gegen Erstattung der Flugpreise Beförderungsleistungen erbringen aufgrund von Flugscheinen, in die die Klägerin hinsichtlich ganzer Strecken oder Teilstrecken als beförderndes Luftfahrtunternehmen eingetragen ist, ohne eine vorherige Freigabeerklärung der Klägerin zu verlangen; die Klägerin soll berechtigt sein, gegen Erstattung der Flugpreise hinsichtlich gesamter Strecken und Teilstrecken Beförderungsleistungen aufgrund von Flugscheinen zu erbringen, die die Beklagte und deren Agenten auf die Beklagte ausgestellt haben, und zwar ohne vorherige Freigabeerklärungen der Beklagten – insoweit geht es zugleich auch um den Verzicht auf Freigabeerklärungen nach „Endorsement Waiver Agreements“.
90. Der Anspruch der Klägerin, so gestellt zu werden, als hätte sie mit der Beklagten ein Interline- Abkommen und ein „Endorsement Waiver Agreement“ abgeschlossen, ist im beschriebenen Umfang nach § 26 Abs. 2 Satz 1, § 35 Abs. 1 Satz 1 GWB gerechtfertigt; auf die Änderung des § 26 GWB durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen nach der Berufungsverhandlung kommt es im Streitfall nicht an.
91. Durch die Weigerung der Beklagten, entsprechend einem Interline-Abkommen Flugscheine auf die Klägerin auszustellen und auf die Parteien ausgestellte Flugscheine „wechselseitig anzunehmen“, wird die Klägerin unbillig behindert. Die Beklagte braucht, damit dem abgeholfen werde, nicht zum Abschluß entsprechender Abkommen verurteilt zu werden; es reicht vielmehr aus, daß sie die Diskriminierung entsprechend den Hauptanträgen der Klägerin tatsächlich abstellt. Die Beklagte macht zwar geltend, die üblichen Interline- Abkommen enthielten über das Begehren der Klägerin hinaus weitere Regelungen. Ihrem Vortrag ist aber nicht zu entnehmen, daß deren Nichtberücksichtigung in den Klageanträgen die Beklagte benachteiligen würde.
92. Die Diskriminierung, gegen die sich die Klägerin wendet, findet statt auf dem Markt des Transports von Personen und Gütern im Linienflugverkehr; hierüber besteht im Ansatz kein Streit zwischen den Parteien. In örtlicher Hinsicht bildet, worauf das LG im angefochtenen Urteil abstellt, das inländische Netz der Linienflugstrecken den relevanten Markt; die einzelnen Linienflugstrecken im Inland stellen, anders als die Beklagte annimmt, nicht jeweils einzelne Märkte dar.
93. Zum inländischen Linienflugnetz kommen aber, was die Klägerin zu Recht geltend macht, die Linienflüge vom Inland ins europäische Ausland und umgekehrt hinzu. Für die Marktabgrenzung ist auf den Bedarf der Linienflugreisenden bzw. der entsprechenden Versender von Gütern als den Nachfragern nach Transportleistungen abzustellen. Dabei kommt es maßgeblich auf die Geschäftsreisenden an, die nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien den allergrößten Teil der Linienflugreisen – im Inland 90 % – ausmachen. Dieser Personenkreis fragt regelmäßig Flüge auf dem gesamten Linienflugnetz nach. Zwar benötigt der einzelne Geschäftsreisende, der zu einem bestimmten Zeitpunkt einen auswärtigen Termin wahrzunehmen hat, bei dieser Gelegenheit nur Transportleistungen auf der Strecke von seinem Wohn- oder Geschäftsort zum Ort des auswärtigen Termins.
94. Hieraus folgt aber noch nicht, daß es so viele einzelne Märkte für Linienflugleistungen gäbe, wie auf einzelnen Strecken Transportleistungen nachgefragt werden. Die Nachfrage des einzelnen Geschäftsreisenden nach Transportleistungen zu einem gegebenen Anlaß, sein Bedarf an Beförderungsleistungen auf einer bestimmten Strecke zwischen zwei Orten, ist kein geeignetes Kriterium für die räumliche Marktabgrenzung. Schon bei der einzelnen Geschäftsreise aus bestimmten Anlaß kommt im übrigen häufig die Beförderung auf verschiedenen Strecken in Betracht; dies gilt insbesondere im Hinblick auf die meistens zugleich gebuchten Hin- und Rückreisen. Auch bei der einzelnen Geschäftsreise ist die Möglichkeit von Fahrten mit bewußt eingeplanten Umwegen und von Rundreisen zu berücksichtigen. Die angedeutete Möglichkeit vielfältiger Streckenführung schon bei einer einzelnen Geschäftsreise zeigt, daß sich die Nachfrage des Geschäftsreisenden nach Transportleistungen nicht auf eine einzige Flugstrecke beschränkt. Vor allem aber ist der von der Klägerin angeführte Gesichtspunkt zu berücksichtigen, daß der Geschäftsreisende – bei verschiedenen geschäftlichen Anlässen – „regelmäßig das gesamte Liniennetz in der …“ in Anspruch nimmt.
95. Schließlich ist die Gesamtheit der Nachfrager nach Linienflugleistungen im Auge zu behalten. Danach bilden die einzelnen Linienflugstrecken, die zum Teil allein, zum Teil in Kombination mit anderen Strecken geflogen werden, nicht jeweils für sich genommen eigene Märkte, sondern gehören zu dem einheitlichen Markt des Streckennetzes. Der einheitliche Markt des Linienflugnetzes beschränkt sich aber nicht auf das Inland. Zu ihm gehören vielmehr auch die Linienflüge von inländischen Flughäfen ins … Ausland und umgekehrt. Aufgrund des wirtschaftlichen Zusammenwachsens Europas ergibt sich für Geschäftsreisende die Notwendigkeit, Termine im europäischen Ausland in gleicher Weise wie im Inland wahrzunehmen. Die Auswirkungen von Wettbewerbsbeschränkungen im Inland (§ 98 Abs. 2 GWB) steht bei grenzüberschreitenden Flügen aus dem Inland ins Ausland außer Frage.
96. Auf dem Markt der Linientransporte im Inland sowie von inländischen Flughäfen ins … Ausland und umgekehrt ist die Beklagte marktbeherrschend. Für das Inland stellt die Beklagte dies selbst nicht in Abrede. Dort hat sie eine „nahezu monopolartige Stellung“. Die marktbeherrschende Stellung der Beklagten bezieht sich aber darüber hinaus auf den gesamten örtlich umschriebenen Markt einschließlich der Strecken vom Inland ins Ausland und umgekehrt. Dies läßt sich feststellen, ohne daß der Marktanteil der Beklagten im Linienflugverkehr von inländischen Flughäfen ins … Ausland und umgekehrt im einzelnen untersucht werden müßte. Wie die Beklagte selbst vorträgt, haben sich in der Vergangenheit die nationalen Luftfahrtgesellschaften der beteiligten Staaten den zwischenstaatlichen Luftverkehr geteilt.
97. Selbst wenn in letzter Zeit auch andere Fluggesellschaften im zwischenstaatlichen Verkehr tätig geworden sind, ist im Hinblick auf den Fortbestand günstiger Flugrechte der nationalen Luftfahrtunternehmen davon auszugehen, daß diese Gesellschaften weiterhin mit einem hohen Anteil an diesem Verkehr beteiligt sind. Von einem solchen hohen Anteil am Verkehr mit dem … Ausland ist auch hinsichtlich der Beklagten auszugehen. Gradmesser dieses Anteils ist die Beteiligung am Fluggastaufkommen; nicht maßgeblich ist die bloße Zahl der Flüge vom Inland ins Ausland und umgekehrt. Deshalb ist es auch unerheblich, wenn die Beklagte auf der Strecke … / … für sich nur einen Anteil von etwa 25 % der Flüge errechnet. Im übrigen schlägt sich in einem hohen Anteil am Fluggastaufkommen auch die „Qualität“ der Flugfrequenzen nieder, da Flüge zu verkehrsgünstigen Zeiten besser ausgelastet sind. Die „nahezu monopolartige Stellung“ der Beklagten hinsichtlich inländischer Linienflüge führt in jedem Fall zu einer marktbeherrschenden Stellung auf dem Gesamtmarkt.
98. Das von der Klägerin begehrte „Interlining“, um die „Austauschbarkeit von Flugscheinen“ ohne Freigabeerklärungen zu erreichen, bildet i.S. des § 26 Abs. 2 GWB einen „Geschäftsverkehr, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist“. Beim „Interlining“ geht es zunächst darum, daß eine Fluggesellschaft für eine andere Fluggesellschaft – hinsichtlich Gesamtstrecken und Teilstrecken- Flugscheine ausstellt und daß die andere Fluggesellschaft auf diese Flugscheine gegen Erstattung der Flugpreise Beförderungsleistungen erbringt. Ersichtlich gibt es darüber hinaus zwischen den entsprechenden Fluggesellschaften aber auch die Praxis, daß – auf Wunsch des Fluggastes – die eine Fluggesellschaft gegen die Erstattung des Flugpreises Beförderungsleistungen aufgrund von Flugscheinen erbringt, die auf die andere Fluggesellschaft ausgestellt sind. Die hierdurch erreichte „Austauschbarkeit von Flugscheinen“ stand im Mittelpunkt des auf „Interlining“ gerichteten erstinstanzlichen Begehrens der Klägerin, ohne daß die Beklagte eine solche Praxis in Abrede gestellt hätte. Auch im Berufungsverfahren hat die Beklagte diese Praxis nicht grundsätzlich verneint, sondern nur geltend gemacht, für den Wechsel der Fluggesellschaft bedürfe es bei bereits geschlossenem Beförderungsvertrag – als für einen Fall der Schuldübernahme – grundsätzlich einer Freigabeerklärung der Fluggesellschaft, auf die der Flugschein ausgestellt sei. Auf dem relevanten Markt wird das so umschriebene „Interlining“ praktiziert.
99. Die Beklagte hat mit einer Vielzahl ausländischer Fluggesellschaften Interline-Abkommen geschlossen, darunter mit solchen, die neben der Beklagten Strecken vom Inland ins … Ausland und umgekehrt befliegen; Interline-Abkommen bestehen mit nationalen Luftfahrtunternehmen der europäischen Nachbarländer, so insbesondere mit … . Die entsprechenden parallel beflogenen zum relevanten Markt gehörenden Strecken sind von der Durchführung der Interline-Abkommen nicht ausgenommen. Bei der Prüfung, ob das von der Klägerin begehrte „Interlining“ einen „Geschäftsverkehr, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist,“ darstellt, kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte und andere Fluggesellschaften, wie die Beklagte vorträgt, mit dem Abschluß von Interline-Abkommen „an sich“ nur eine Erweiterung des den Kunden angebotenen Flugnetzes auf andere Strecken erstreben und dessen Verdichtung auf parallel beflogenen Strecken nur hinnehmen, weil diese Strecken aus nicht näher dargelegten Gründen nicht von der Anwendung der Interline-Abkommen ausgenommen werden könnten. Entscheidend ist vorliegend allein, daß das „Interlining“ tatsächlich nicht nur zu einer räumlichen Ausdehnung des den Kunden angebotenen Flugnetzes führt, sondern auch dazu, eine größere Zahl von Parallelflügen für dieselbe Strecke zur Verfügung zu stellen.
100. Die Erhöhung der den Kunden zur Verfügung stehenden Flugfrequenz auf parallel beflogenen Strecken ist für die Kunden – wie noch näher ausgeführt wird – und damit auch für die Fluggesellschaften von erheblicher Bedeutung. Wird „Interlining“ von der Beklagten jedenfalls auf den Linien von inländischen Flughäfen ins europäische Ausland praktiziert, so ist von einem entsprechenden bereits bestehenden „Geschäftsverkehr“ auszugehen, der „gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist“; es geht nicht erst um die Eröffnung eines solchen Geschäftsverkehrs, die die Beklagte meint, einem neu hinzutretenden Wettbewerber verweigern zu dürfen. Führt die Beklagte das „Interlining“ auf den zum relevanten Markt gehörenden Flugstrecken vom Inland ins Ausland und umgekehrt aus, so kann die Frage offenbleiben, ob sie den fraglichen „Geschäftsverkehr“ auch hinsichtlich rein inländischer Flugstrecken betreibt. Es braucht nicht geprüft zu werden, wie die diesbezügliche Zusammenarbeit der Klägerin mit inländischen Fluggesellschaften zu qualifizieren ist. Schließlich ist zu berücksichtigen, daß die Klägerin ihrerseits, der es nach eigenem Vorbringen beim „Interlining“ gerade auf die Erhöhung der den Kunden zur Verfügung stehenden Flugfrequenz auf parallel beflogene Strecken ankommt, inzwischen mit inländischen und ausländischen Fluggesellschaften Interline-Abkommen geschlossen hat, darunter mit dem … nationalen Luftfahrtunternehmen … sowie mit dem … Unternehmen … …, mit denen sie Strecken parallel befliegt.
101. Das auf dem relevanten Markt festgestellte „Interlining“ genügt seinem Umfang nach einen „Geschäftsverkehr, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist“, zu bejahen. Für dieses Merkmal reicht es aus, daß der fragliche Geschäftsverkehr gleichartigen Unternehmen in der Regel freisteht, ohne daß von ihm umfassend Gebrauch gemacht werden muß. Es handelt sich um ein „verhältnismäßig lockeres Tatbestandsmerkmal“ (vgl. Markert in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 26 Rdnr. 174 ff. m.w.N.). Deshalb schadet es auch nicht, daß die Beklagte nach ihrem Vorbringen auf den inländischen Strecken, auf denen sie eine nahezu monopolartige Stellung hat, hinsichtlich parallel beflogener Strecken kein „Interlining“ praktiziert. Auf die Verhältnisse im rein inländischen Verkehr kommt es weniger an, weil dort ein wirksamer Wettbewerb noch nicht gegeben ist.
102. Die Klägerin ist in bezug auf den allgemein zugänglichen Geschäftsverkehr ein „gleichartiges Unternehmen“. Entscheidend für die Gleichartigkeit von Unternehmen ist, daß sie im Verhältnis zum Normadressaten dieselbe unternehmerische Tätigkeit und wirtschaftliche Funktion ausüben. An die Vergleichbarkeit sind nicht zu strenge Anforderungen zu stellen, da dieses Tatbestandsmerkmal innerhalb des Diskriminierungsverbots nur eine verhältnismäßig grobe Sichtung bezweckt und die nähere Differenzierung der danach noch notwendigen Interessenabwägung überlassen werden soll (vgl. BGH LM Nr. 65 zu § 26 GWB „Lüsterbehangsteine“). Die Klägerin ist, wie die anderen Luftfahrtunternehmen, mit denen die Beklagte „Interlining“ betreibt, eine Linienfluggesellschaft; im Verhältnis zu ihr kommt es grundsätzlich für die Beklagte in Betracht, die gegenseitige Ermächtigung zur Ausstellung von Flugscheinen und die Beförderung von Passagieren aufgrund von Flugscheinen vorzusehen, die auf die jeweils andere Seite ausgestellt sind. Durch eine entsprechende Verhaltensweise würde auch im Verhältnis zur Klägerin jedenfalls das übliche Ergebnis von Interline-Abkommen erreicht, daß den Kunden der beteiligten Fluggesellschaften auf bestimmten Strecken eine höhere Flugfrequenz zur Verfügung gestellt werden könnte.
103. Dies reicht im Streitfall aus, die „Gleichartigkeit“ zu bejahen; es kommt nicht entscheidend darauf an, daß die Beklagte durch eine Zusammenarbeit mit der Klägerin ihren Kunden nicht auch zusätzliche Strecken anbieten könnte. Nach ihrem Vorbringen bezweckt die Beklagte zwar ebenso wie andere Luftfahrtunternehmen mit dem „Interlining“ eine Erweiterung des den Kunden anzubietenden Streckennetzes; dieser Interessengesichtspunkt hat Bedeutung aber erst für die Prüfung der Unbilligkeit der Behinderung.
104. Zum „üblicherweise zugänglichen Geschäftsverkehr“ gehört es auch, auf Freigabeerklärungen als Voraussetzung dafür zu verzichten, daß die eine Fluggesellschaft gegen Erstattung des Flugpreises Beförderungsleistungen aufgrund eines auf eine andere Fluggesellschaft ausgestellten Flugscheines erbringt. Im Hinblick auf den relevanten Markt hat die Beklagte mit einer Vielzahl … Fluggesellschaften in „Endorsement Waiver Agreements“ den Verzicht auf solche Freigabeerklärungen vereinbart. In dem für die grenzüberschreitenden Flüge vom Inland ins … Ausland und umgekehrt bedeutsamen sogenannten Nachbarschaftsverkehr unterhält die Beklagte mit den wesentlichen … Luftfahrtunternehmen entsprechende Vereinbarungen.
105. Durch die Verweigerung der begehrten Vorteile eines Interline- Abkommens und eines „Endorsement Waiver Agreement“ behindert die Beklagte die Klägerin im Wettbewerb; die Parteien stehen sich bei der Werbung um Flugreisende als Wettbewerber gegenüber. Die Verweigerung wirkt sich für die Klägerin als Marktzutrittsschranke aus; die Klägerin ist, um ihre Transportleistungen im Linienflugverkehr mit Erfolg absetzen zu können, zum einen darauf angewiesen, daß die Beklagte Flugscheine akzeptiert, die die Klägerin auf die Beklagte ausstellt, und daß die Beklagte Flugscheine auf die Klägerin ausstellt, und zum anderen darauf, daß Fluggäste mit auf die Klägerin ausgestellten Flugscheinen Flüge der Beklagten benutzten und auf die Beklagte ausgestellte Flugscheine auf Flügen der Klägerin verwenden dürfen, und zwar ohne vorherige Freigabeerklärung der ausstellenden Fluggesellschaft.
106. Die Geschäftsreisenden, die 90 % der Flugpassagiere im inländischen Linienverkehr ausmachen, wünschen regelmäßig, um keine Zeit verschwenden zu müssen, ihre Flüge aus einem möglichst dichten Flugnetz auswählen zu können. Es leuchtet ein, daß sie einen Hinflug möglichst kurz vor Beginn ihres auswärtigen Termins und einen Rückflug möglichst kurz nach dessen Ende suchen. Dies findet seine Bestätigung in den Ausführungen der Beklagten in ihrem „… Jahrbuch 85“, in dem es heißt: „Für den Geschäftsreisenden – das wichtigste Nachfragepotential der … – dominiert in der Rangliste seiner Forderungen der Flugplan. Er möchte seine Reise in einer für ihn günstigen Zeitenlage und pünktlich antreten … Daneben rangieren in der Anforderungsskala eine möglichst schnelle und reibungslose Passagier- und Gepäckabfertigung sowie hohe Flexibilität bei Buchung oder Stornierung der Reise.Die qualitativen Anforderungen der Geschäftsreisenden an das Produkt erfordern ein dichtes Frequenzangebot zu möglichst vielen Zielorten. Die Beförderungsleistung muß darüber hinaus in attraktiven Zeiten angeboten werden. … Der Geschäftsreisende ist bereit, für dieses Leistungsangebot einen höheren Preis zu zahlen. In der Rangfolge seiner Entscheidungskriterien bei der Auswahl eines Beförderungsangebots ist die Höhe des Preises den qualitative Anforderungen nachgeordnet.“
107. Die Klägerin verfügt selbst bei weitem nicht über ein ausreichend dichtes Flugnetz, um dem Flugreisenden aus ihrem eigenen Flugplan immer einen günstigen Hin- und Rückflug anbieten zu können. Den Erwartungen der Flugkunden kann die Klägerin nur entsprechen, wenn sie bei der Ausstellung von Flugscheinen ihre eigenen Flüge mit denen der Beklagten, die im Inland allein über ein dichtes Flugnetz und eine hohe Flugfrequenz auf den einzelnen Strecken verfügt, für den Fall kombinieren kann, daß sie dem Kunden mit ihren eigenen Flügen nicht die günstigste Verbindung bieten kann.
108. Umgekehrt muß die Beklagte auf entsprechenden Wunsch von Kunden bereit sein, Flugscheine auch auf die Klägerin auszustellen; bei ihr muß der Kunde die Möglichkeit haben, einen ihm günstig erscheinenden Flug der Klägerin mit Flügen der Beklagten zu kombinieren. Berücksichtigen nicht beide Parteien bei der Buchung auch die Flüge der jeweils anderen Seite, wird sich der Kunde allein wegen des dichteren Flugnetzes der Beklagten nur für deren Flüge entscheiden und auf einen einzelnen Flug bei der Klägerin selbst dann verzichten, wenn er für ihn günstiger ist als die Flüge der Beklagten. Die Überlegungen gelten entsprechend für den nachträglichen Wechsel der befördernden Fluggesellschaft. Geschäftsreisende erwarten, aufgrund ihres Flugscheins auch einen anderen Flug als den gebuchten in Anspruch nehmen zu können, wenn dies auch unter der selbstverständlichen Voraussetzung steht, daß der andere Flug noch nicht ausgebucht ist.
109. Auch diese „Flexibilität“ hat für den Geschäftsreisenden, der Zeitpunkt und Dauer seiner Termine nicht immer sicher vorausbestimmen kann, hohe Bedeutung. Bei ein- und derselben Fluggesellschaft ist der erwartete Wechsel problemlos möglich. Verfügt eine Fluggesellschaft über eine hohe Flugfrequenz auf ihren Strecken, wird der Flugreisende, der mit der Möglichkeit rechnet, einen anderen als den anfangs gebuchten Flug in Anspruch nehmen zu müssen, bei ihr buchen, um sich die Möglichkeit des Wechsels offenzuhalten. Bei einer anderen Fluggesellschaft, die nur über eine geringere Flugfrequenz auf den Strecken verfügt, wird er einen – selbst besonders günstig erscheinenden – Flug nur buchen, wenn er im Falle der Verhinderung ggf. auf Flüge der anderen Gesellschaft zurückgreifen kann. Der Wechsel vom Flug der einen Gesellschaft auf den einer anderen Gesellschaft läßt sich grundsätzlich zwar auch auf die Weise verwirklichen, daß der zunächst gelöste Flugschein zurückgegeben wird – was Fluggesellschaften bei Linienflügen allgemein akzeptieren – und ein neuer Flugschein bei der anderen Fluggesellschaft erworben wird. Dieses Verfahren ist aber umständlich im Vergleich zur Nutzung des ursprünglich gelösten Flugscheins für den anderen Flug; es muß der Schalter der Fluggesellschaft aufgesucht werden, und der neue Flugschein muß bezahlt werden, bevor der für den ersten Flugschein entrichtete Preis erstattet ist. Das umständliche Verfahren wird den Kunden bei fehlender „Austauschbarkeit der Flugscheine“ unter den Gesellschaften davon abhalten, bei der Gesellschaft zu buchen, die die deutlich geringere Flugfrequenz auf den Strecken aufweist.
110. Bei dieser Sachlage hängt der Absatz der klägerischen Transportleistungen wesentlich davon ab, daß die Beklagte Flugscheine der Klägerin gegen Erstattung der Flugpreise für ihre Flüge akzeptiert und daß im umgekehrten Fall ein Passagier statt eines bei der Beklagten gebuchten Flugs einen solchen bei der Klägerin wahrnehmen kann und die Beklagte der Klägerin den Flugpreis erstattet. Es geht nicht nur darum, den Kunden der Klägerin unerhebliche „Unbequemlichkeiten“ zu ersparen. Demgemäß hat die Beklagte in erster Instanz auch ausgeführt, daß „trotz der Attraktivität ihres First Class Service“ die Klägerin auf Kunden verzichten müsse, wenn diese Kunden nicht sicher sein könnten, zu einer ihnen genehmen Zeit den Rückflug antreten zu können.
111. Im Hinblick auf die hohen Erwartungen der Reisenden an die Schnelligkeit des Flugverkehrs und auf die Kürze der bis zum Abflug des nächsten in Betracht kommenden Flugzeugs häufig nur zur Verfügung stehenden Zeit muß der Wechsel auf den anderen Flug „ohne Probleme“ vor sich gehen. Die Einholung einer Freigabeerklärung der Fluggesellschaft, bei der er zunächst gebucht hat, an deren Schalter stellt sich für den Reisenden als eine unnötige Komplizierung des Verfahrens und als nutzlose Verzögerung dar, die zum Verpassen des Fluges führen kann; die Einholung einer Freigabeerklärung wirkt sich besonders hinderlich auf weitläufigen Flughäfen wie dem in … aus. Wird der Wechsel der Fluggesellschaft von der umständlichen Einholung einer Freigabeerklärung abhängig gemacht, liegt die Annahme nahe, daß der Reisende, dem es auf die Schnelligkeit der Beförderung ankommt, sogleich ausschließlich auf die Dienste derjenigen Fluggesellschaft zurückgreift, die es „problemlos“ ermöglicht, den nächsten günstigen Flug aus ihrem eigenen dichten Flugnetz mit hoher Flugfrequenz wahrzunehmen. Die der Klägerin nachteilige Wirkung fehlender „Austauschbarkeit der Flugscheine“ verstärkt sich, wenn, wie die Klägerin unwidersprochen vorträgt, weithin Reisebüros in die Buchung von Geschäftsreisen eingeschaltet werden. Reisebüros werden, um ihre Kunden nicht zu verärgern, kaum geneigt sein, Flugscheine zu vertreiben, bei denen der Wechsel des Flugs mit Schwierigkeiten verbunden ist.
112. Die Klägerin kann nicht darauf verwiesen werden, sie könne der Behinderung dadurch selbst begegnen, daß sie ein eigenes hinreichend dichtes Flugnetz mit hoher Flugfrequenz aufbaue. Zum Aufbau eines solchen Flugnetzes ist die Klägerin in absehbarer Zeit aufgrund objektiver Gegebenheiten nicht in der Lage. Ihr fehlen die hierzu nötigen Flugrechte, die sie sich auch nicht erteilen lassen kann. Unstreitig ist die Beklagte im Inland Inhaberin zahlreicher alter Flugrechte, die sich auf günstige Verkehrszeiten beziehen und die nicht zur Disposition anderer Luftfahrtunternehmen stehen. Der Erteilung neuer Flugrechte an andere Luftfahrtunternehmen setzt die Beschränktheit des inländischen Luftraums und der Kapazitäten der Flughäfen enge Grenzen. Die Beklagte räumt ein, daß jedenfalls hinsichtlich der besonders bedeutsamen Flughäfen … und … neue Flugrechte nicht in ausreichendem Maße zu erlangen sind. In jedem Fall aber müssen neue Bewerber auf Zeiten ausweichen, die nicht schon durch die verkehrsgünstigen Flüge der Beklagten belegt sind.
113. Ebensowenig kann die Beklagte die Klägerin darauf verweisen, im Preiswettbewerb einzutreten und dadurch den Nachteil des eigenen nicht hinreichend dichten Streckennetzes und unzureichender Flugfrequenzen auszugleichen. Wie die Beklagte selbst in ihrem „… Jahrbuch 85“ ausführt, sind die Preise nicht das entscheidende Merkmal im Wettbewerb auf dem fraglichen Markt.
114. Schließlich ist die Behinderung der Klägerin nicht dadurch ausgeräumt, daß sie inzwischen mit einer Reihe von ausländischen und inländischen Fluggesellschaften Interline-Abkommen geschlossen hat. Hinsichtlich des für den gesamten relevanten Markt bedeutsamen rein inländischen Linienflugverkehrs kommt es entscheidend auf eine entsprechende Zusammenarbeit mit der Beklagten an, die hier weiterhin eine nahezu monopolartige Stellung hat.
115. Die Behinderung der Klägerin durch die Verweigerung des begehrten „Interlinings“ ist unbillig. Sie ist unbillig, weil die umfassende Abwägung der schutzwürdigen Interessen der Parteien unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ergibt, daß das Interesse der Klägerin an dem begehrten „Interlining“ das Interesse der Beklagten, ihre mit dem Abschluß von Interline-Abkommen und „Endorsement Waiver Agreements“ verfolgte Geschäftspolitik weiterhin frei zu gestalten und hierbei die Klägerin als Wettbewerberin nicht zu fördern, überwiegt.
116. Für ihr Interesse, ihre bisherige Geschäftspolitik fortzuführen, kann sich die Beklagte im Ansatz auf das Prinzip der ständigen Rechtsprechung des BGHes (vgl. die Entscheidung „Lüsterbehangsteine“, a.a.O.) berufen, daß es auch dem Normadressaten des § 26 Abs. 2 GWB nicht verwehrt ist, den Absatz seiner Erzeugnisse nach eigenem Ermessen so zu gestalten, wie er es für wirtschaftlich richtig und sinnvoll hält. Die Beklagte will weiterhin Interline- Abkommen nur mit solchen Fluggesellschaften abschließen, die – anders als die Klägerin – das Streckennetz der Beklagten ergänzen, und mit inländischen Gesellschaften nur, wenn sie – anders als die Klägerin – nicht dieselben Strecken befliegen wie sie selbst. Hierzu beruft sich die Beklagte darauf, Interline- Abkommen sollten ihrem Sinn und Zweck nach ermöglichen, daß der Fluggast aufgrund eines einheitlichen Flugscheins auf Flugstrecken verschiedener Gesellschaften reisen könne, sie dienten nicht dazu, ihm auf parallel beflogenen Strecken eine höhere Flugfrequenz zur Verfügung zu stellen. Selbst wenn es zutrifft, daß es der Beklagten beim Abschluß von Interline-Abkommen wesentlich um die angeführte Erweiterung ihres Streckennetzes geht, ist bei der Bewertung ihres Interesses an der Fortführung der entsprechenden Geschäftspolitik zu berücksichtigen, daß ihre Vertragspraxis tatsächlich auch zu einer Erhöhung des Flugangebots auf parallel beflogenen Strecken führt. Die Beklagte schließt aus der Anwendung der Interline-Abkommen diejenigen Strecken nicht aus, die sie mit dem Vertragspartner parallel befliegt. Es ist davon auszugehen, daß die Erhöhung der Flugfrequenz – jedenfalls auch – im Interesse der Beklagten liegt. Eine hohe Flugfrequenz ist, wie oben untersucht worden ist, von erheblicher Bedeutung für den Reisenden. Es ist nicht anzunehmen, daß die Beklagte beim Abschluß ihrer Interline-Abkommen das entsprechende Kundeninteresse vernachlässigt. Vor allem aber zeigt der Abschluß von „Endorsement Waiver Agreements“, daß es der Beklagten tatsächlich darauf ankommt, den Flugreisenden die möglichst „problemlose“ Ausnutzung hoher Flugfrequenzen zu ermöglichen; der Verzicht auf Freigabeerklärungen hat Bedeutung nur für parallel beflogene Strecken. Ihr Interesse, auf parallel beflogenen Strecken den Flugreisenden ein dichteres Flugnetz anzubieten, kann die Beklagte auch in der Zusammenarbeit mit der Klägerin verfolgen. Wenn die Beklagte mit der Klägerin kooperiert, kann sie ihre Flüge mit denen der Klägerin kombinieren und ihren Kunden die Möglichkeit in Aussicht stellen, bei Bedarf ihre, der Beklagten, Flugscheine auch für Flüge der Klägerin zu benutzen.
117. Nur von eingeschränkter Bedeutung ist auch das Interesse der Beklagten, der Klägerin, ihrer Konkurrentin, nicht „ihr (der Beklagten) gesamtes Leistungsangebot“ zur Verfügung zu stellen, um damit die Klägerin erst in die Lage zu versetzen, ihr, der Beklagten, Wettbewerb zu leisten; die Klägerin habe kein Recht, das Flugnetz der Beklagten zur Erhöhung der Attraktivität des eigenen Angebots, mithin zur Kundenabwerbung zu nutzen; die Beklagte müsse der Klägerin nicht gestatten, ihre, der Beklagten, Leistung zu ihrem Schaden auszunutzen.
118. Allerdings läuft das Begehren der Klägerin in der Tat darauf hinaus, den wesentlichen Wettbewerbsvorteil der Beklagten, über ein weitaus dichteres Streckennetz und eine höhere Flugfrequenz als die Klägerin zu verfügen, zu „neutralisieren“; der Wettbewerbsvorteil der Beklagten wird durch den „Zugriff“ der Klägerin auf ihr Flugnetz entwertet. Insofern wird die Beklagte in ihrem Wettbewerb mit der Klägerin bei Erfolg des Klagebegehrens zurückgesetzt. Wie ausgeführt, ist die – bisher allein der Beklagten gegebene – Möglichkeit einer Fluggesellschaft, dem Reisenden ein dichtes Streckennetz und eine hohe Flugfrequenz anzubieten, im Wettbewerb von erheblicher Bedeutung. Bei der erforderlichen Abwägung der sich gegenüber stehenden Interessen der Parteien ist aber zu berücksichtigen, daß die Beklagte grundsätzlich bereit ist, im Rahmen von Interline-Abkommen mit anderen Fluggesellschaften ihr Flugnetz Wettbewerbern in diesem Sinne „zur Verfügung zu stellen“; sie selbst greift auf das Flugnetz ihrer Vertragspartner zurück, um dem Reisenden auf den parallel beflogenen Strecken ein hinreichend dichtes Flugangebot zu machen.
119. Vor allem aber ist in Rechnung zu stellen, daß der Beklagten der Wettbewerbsvorteil eines besonders dichten Flugnetzes und einer hohen Flugfrequenz aufgrund staatlicher Maßnahmen zugewachsen ist. Die Beklagte hat ihr dichtes Flugnetz aufbauen können, weil in der Vergangenheit für den inländischen Verkehr ihr allein und für den Verkehr ins europäische Ausland nur ihr neben den anderen nationalen Luftfahrtunternehmen Flugrechte erteilt worden sind. Der zu „neutralisierende“ Wettbewerbsvorteil der Beklagten ist überkommen aus einer Zeit, als der Staat die Beklagte durch die Praxis, nur ihr als deutschem nationalem Luftfahrtunternehmen Flugrechte zu erteilen, vor Wettbewerb schützte. Es entspricht der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, daß die Beklagte nach Änderung dieser staatlichen Praxis den überkommenen Wettbewerbsvorteil aufgibt, damit neu auf den Markt tretende Unternehmen überhaupt in die Lage versetzt werden, der Beklagten Wettbewerb zu leisten.
120. Gegenüber dem Interesse der Beklagten, „Interlining“ nur zu betreiben, wenn es – auch – mit einer Ausdehnung des den Kunden angebotenen Streckennetzes verbunden ist, und den überkommenen auf früherem staatlichen Schutz beruhenden durch andere Interline- Abkommen ohnehin relativierten Wettbewerbsvorteil zu bewahren, im Inland allein über das dichte Flugnetz und die hohe Flugfrequenz zu verfügen, verdient das Interesse der Klägerin den Vorzug, daß ihr der Marktzutritt durch das begehrte „Interlining“ überhaupt ermöglicht werde. Ihrem Interesse steht die auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichtete Zielsetzung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zur Seite.
121. Der Klägerin kann nicht vorgehalten werden, daß sie sich selbst in die Lage versetzt habe, „mit allen Teilen“ des Angebots der Beklagten in Wettbewerb treten zu müssen. Die Klägerin wird zwar von Anfang an gewußt haben, daß sie sich dem dichten Flugnetz der Beklagten und ihrer hohen Flugfrequenz gegenübersehen würde. Sie konnte aber damit rechnen, daß ihr die Beklagte das mit anderen Fluggesellschaften praktizierte „Interlining“ nicht verweigern würde. Grundsätzlich kann auch ein Unternehmen, das neu auf den Markt tritt, den Schutz des § 26 Abs. 2 GWB in Anspruch nehmen; ihm kann nicht entgegengehalten werden, daß es seine Geschäftstätigkeit trotz der bestehenden Marktzutrittsschranken begonnen und sich sehenden Auges in die Abhängigkeit des Marktbeherrschers begeben habe (BGH a.a.O. „Lüsterbehangsteine“). Es fehlen Anhaltspunkte dafür, daß sich die Klägerin bewußt in die Abhängigkeit vom Flugnetz der Beklagten begeben würde, weil sie mit Absicht auf den Aufbau eines eigenen hinreichend dichten Flugnetzes verzichten würde, um das damit verbundene Risiko einer geringeren Auslastung ihrer Flugzeuge zu vermeiden. Insofern ist vielmehr festzuhalten, daß der Klägerin der Aufbau eines solchen Netzes zu Beginn ihrer Tätigkeit als Linienflugunternehmen und auf absehbare Zeit aus den oben angeführten Gründen nicht möglich ist. Es ist nicht ersichtlich, daß die Klägerin nicht selbst möglichst viele Kunden befördern und hierdurch ihren Umsatz steigern wollte, daß sie vielmehr das Wachstum ihres Unternehmens bewußt beschränken und nicht auf Expansion setzen würde. Zum Winterhalbjahr 1989/1990 hat die Klägerin ihren Bestand an Flugzeugen erhöht und ihren Flugplan erweitert.
122. Schließlich kann die Beklagte nicht damit gehört werden, die Klägerin verzerre den Wettbewerb, weil sie zu gleichen Preisen ein besseres Produkt anbiete. Wenn der überkommene Wettbewerbsvorteil der Beklagten, auf dem Markt über ein weitaus dichteres Flugnetz mit höherer Flugfrequenz als ihre Wettbewerber zu verfügen, „neutralisiert“ ist, kann sich ein hiervon unbeeinflußter Preis- und Leistungswettbewerb entfalten. Den Anbietern von Linienflügen bleibt die Entscheidung überlassen, ob sie mit günstigen Preisen oder besseren Leistungen um die Kunden werben wollen. Die Beklagte kann der Klägerin nicht die Entscheidung vorwerfen, statt mit niedrigeren Preisen mit besseren Leistungen für sich zu werben. Sie selbst hat in ihrem „… Jahrbuch 85“ dem Preis als Wettbewerbsmerkmal nur eine geringere Bedeutung beigemessen. Die Beklagte macht weiterhin geltend, daß „Interlining“ zwischen Fluggesellschaften das Angebot gleicher Produkte voraussetze. Ob „Interlining“ bei gänzlich verschieden ausgestalteten Linienflügen nicht praktizierbar wäre, kann vorliegend offenbleiben; eine solche Divergenz liegt hinsichtlich der Angebote der Parteien ersichtlich nicht vor. Wie die entsprechende der Klägerin erteilte Fluggenehmigung des Bundesministers für Verkehr zeigt, bietet die Klägerin wie die Beklagte Flüge in der sogenannten Business-Klasse an; eine gewisse Differenzierung in den Leistungen der beteiligten Gesellschaften hinsichtlich Platzgestaltung auf den Flügen und Bordservice steht einem „Interlining“ jedenfalls nicht entgegen; insoweit ist innerhalb dieses Systems Raum für Leistungswettbewerb. Es ist auch nicht einzusehen, warum die Beklagte sich dem Wettbewerb der Klägerin nicht sollte stellen können, wenn ihr der Wettbewerbsvorteil, allein über ein dichtes Flugnetz mit hoher Flugfrequenz zu verfügen, genommen wird. Sie kann ihrerseits in einen Preiswettbewerb eintreten oder mit ihrem „Produkt“ den Kundenwünschen in besonderer Weise entgegenkommen. Das vorgelegte Werbematerial des Beklagten aus neuester Zeit zeigt im übrigen, daß sie letzteres nicht vernachlässigt. Im übrigen bleibt der Beklagten ungeachtet des „Interlinings“ mit der Klägerin der Vorteil, aufgrund alter Flugrechte ihre verkehrsgünstigen Flüge vermarkten zu können; auch wenn Fluggäste aufgrund von „Interlining“ ihre Flüge in Anspruch nehmen, werden die entsprechenden Flugpreise an die Beklagte gezahlt.
123. Was die allgemeine Bedeutung des „Interlinings“ für den Wettbewerb auf dem Markt für Linienflüge betrifft, so kann es offenbleiben, ob – wie die Beklagte meint – das „Interlining“ zurückgeht, wenn eine Vielzahl von Fluggesellschaften miteinander in Wettbewerb stehen, was der … Markt erkennen lassen soll. Bei den derzeitigen Marktverhältnissen in Deutschland ist das „Interlining“ notwendig, um neuen Luftfahrtunternehmen den Marktzutritt zu eröffnen und damit überhaupt Wettbewerb zu ermöglichen. Für die jetzt zu treffende Entscheidung braucht auch nicht untersucht zu werden, wie sich die Verhältnisse entwickeln werden, wenn für Linienflüge in der europäischen Gemeinschaft ein einheitlicher Markt mit ungehindertem Wettbewerb bestehen wird.
124. Soweit die Klägerin in ihre zweitinstanzlichen Anträge Flugscheine einbezieht, die nach dem Großkundenabonnement ausgestellt sind, geht ihr Begehren über den Gegenstand des LGlichen Verfahrens hinaus; ihre erstinstanzlichen Anträge und das LGliche Urteil beziehen sich nicht auf derartige Flugscheine. Gegen die entsprechende Klageerweiterung bestehen keine Bedenken (§ 264 Nr. 2 ZPO); der Klagegrund bleibt im wesentlichen derselbe. Es geht auch insoweit um die Diskriminierung der Klägerin durch die Verweigerung des „Interlinings“ und des Verzichts auf die Freigabeerklärungen, bezogen nur auf eine bestimmte Art von Flugscheinen. In jedem Fall ist es sachdienlich (§ 263 ZPO), den Streit der Parteien auch in dieser Hinsicht im vorliegenden Verfahren zu entscheiden.
125. Die Hauptanträge der Klägerin sind, soweit es um die Einbeziehung der nach dem Großkundenabonnement ausgestellten Flugscheine geht, unbegründet. Allerdings stellt auch die diesbezügliche Weigerung der Beklagten eine unbillige Behinderung der Klägerin i.S. des § 26 Abs. 2 Satz 1 GWB dar. Die Behinderung der Klägerin erfolgt in einem „Geschäftsverkehr, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist“. Dabei ist nicht der Zugang zum Großkundenabonnement der „Geschäftsverkehr“, sondern das in dieser Hinsicht oben näher untersuchte „Interlining“. Besteht überhaupt ein „Geschäftsverkehr“ des „Interlinings“, kommt es nicht mehr darauf an, welche Flugscheine im einzelnen in ihn einbezogen sind; deshalb ist es auch ohne Bedeutung, daß das Großkundenabonnement nur für den rein inländischen Flugverkehr gilt und daß nach dem Vortrag der Beklagten Großkundenabonnements nicht Gegenstand von Interline- Abkommen sind.
126. Wie ausgeführt, ist die Behinderung der Klägerin darin zu erkennen, daß es ihr verweigert wird, ihren Kunden die problemlose Inanspruchnahme des dichten Flugnetzes der Beklagten anzubieten, bzw. daß Kunden der Beklagten nicht die problemlose Inanspruchnahme der Flüge der Klägerin ermöglicht wird. Die Weigerung der Beklagten bezieht sich gerade auch auf Flugscheine, die nach dem Großkundenabonnement ausgestellt sind. Die Weigerung ist von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung, auch wenn nur 28,2 % der die inländischen Linienflüge der Beklagten in Anspruch nehmenden Reisenden das Großkundenabonnement ausnutzen, wie die Beklagte anführt, und nicht 45 % dieser Reisenden, wie die Klägerin geltend macht. Wenn die Klägerin von einem Marktanteil der von der Beklagten eingeräumten Höhe von vornherein ausgeschlossen wird, wird ihr der Marktzutritt wesentlich erschwert.
127. Die diesbezügliche Behinderung der Klägerin ist unbillig, sie findet nicht etwa darin ihre Rechtfertigung, daß die Beklagte mit dem Großkundenabonnement einen zulässigen Mengenrabatt gewähren und damit ein unbedenkliches Mittel des Leistungswettbewerbs einsetzen würde. Dabei kommt es nicht darauf an, ob das Großkundenabonnement der Beklagten die die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit von Mengennachlässen und Sondernachlässen regelnden Merkmale der §§ 7 ff. RabattG erfüllt. Das sich auf den rein inländischen Linienverkehr beziehende Großkundenabonnement der Beklagten behindert nämlich dessenungeachtet Wettbewerber der Beklagten im Linienflugdienst. Das Großkundenabonnement schafft eine übermäßige Bindung der Kunden an die Beklagte; die Bindung der Kunden geht über die mit einem Mengenrabatt üblicherweise verbundene Anlockung von Kunden hinaus. Zwar richtete sich das Werbemittel des Großkundenabonnements bei seiner Einführung 1983 noch nicht gegen Wettbewerber der Beklagten im Linienflugdienst, weil es damals solche Wettbewerber noch nicht gab. Nach dem Auftreten anderer Luftfahrtunternehmen als der Beklagte im inländischen Linienflugverkehr wirkt es sich aber als Mittel des Behinderungswettbewerbs gegen diese aus; wie der Prozeßvortrag der Beklagten zeigt, setzt sie das Mittel auch bewußt dazu ein, Kunden in dem mißbilligenswerten Umfang an sich zu binden.
128. Die übermäßige Bindung der Kunden an die Beklagte wird zunächst dadurch erreicht, daß das Großkundenabonnement im Grundsatz keine Mengenstaffelung aufweist, sondern nur einen einzigen Ermäßigungssatz von 20 % kennt. Um nicht die erworbenen Berechtigungskupons verfallen zu lassen, muß der Kunde die recht hohe Zahl von 60 Flügen im Vierteljahr bei der Beklagten durchführen, und zwar – will er den einzelnen Berechtigungskupon bestmöglich auszunutzen – jeweils Hin- und Rückflug. Erreicht er dies, so wird ihm der recht hohe Ermäßigungssatz in vollem Umfang gewährt. Der Kunde hat nicht die Möglichkeit, sich von Anfang an gegen Gewährung eines deutlich niedrigeren Ermäßigungssatzes für die Inanspruchnahme einer geringeren Zahl von Flügen bei der Beklagten zu entscheiden. Die Auflage eines Großkundenabonnements, das nur eine recht hohe Zahl von Berechtigungskupons mit einem entsprechend hohen Ermäßigungssatz vorsieht, schränkt die Möglichkeiten der Kunden ein, neben dem Großkundenabonnement der Beklagten auch noch ein Großkundenabonnement eines anderen Wettbewerbers zu erwerben und es wirtschaftlich auszunutzen. Zudem ist zu bemerken, daß das Großkundenabonnement der Beklagten den Preisnachlaß nur unvollkommen der abgenommenen Menge anpaßt. So kann die Verwendung des vorab zu einem bestimmten Preis gekauften Berechtigungskupons zu einer Reduktion sowohl auf nur einem kurzen Einzelflug führen als auch auf einem Hin- und Rückflug über eine lange Strecke.
129. Vor allem aber führt das Großkundenabonnements der Beklagten insofern zu einer Sogwirkung zu Lasten der Wettbewerber, als der Reisende, solange noch nicht alle Berechtigungskupons des Großkundenabonnements verbraucht sind, genötigt ist, will er sich wirtschaftlich vernünftig verhalten, nur Flüge der Beklagten in Anspruch zu nehmen; er muß „vorsorglich“ immer bei der Beklagten buchen. Flüge anderer Unternehmen kommen für ihn regelmäßig von vornherein nicht in Betracht, mögen sie auch im Einzelfall günstiger sein. Die Sogwirkung beruht auf einer Ausgestaltung des Großkundenabonnements, die die das mit der überragenden Marktstellung der Beklagten verbundene dichte Streckennetz und die dichte Flugfrequenz übermäßig zur Geltung bringen. Durch das Aufkleben des Berechtigungskupons bei Lösen des Flugscheins tritt eine Bindung an die betreffende Fluggesellschaft ein; der Kunde kann zwar danach noch auf einen anderen Flug dieser Gesellschaft wechseln, nicht aber mehr auf einen günstigeren Flug einer anderen Gesellschaft. Um sich die Möglichkeit offenzuhalten, bei einer Verhinderung den nächst passenden Flug wahrzunehmen, wird der Kunde von Anfang an auf das Großkundenabonnement nur Flugscheine der Fluggesellschaft erwerben, die auf der Strecke eine hohe Flugfrequenz bieten. Seine Überlegung wird sowohl für den Hin- als auch für den Rückflug gelten, da für beide die Verwendung eines einzigen Berechtigungskupons ausreicht. Da die Beklagte hinsichtlich der Strecken über die weitaus höhere Flugfrequenz verfügt, wird sich der Kunde regelmäßig nur für ihre Flüge entscheiden. Nur in den – offensichtlich seltenen – Fällen, in denen die Klägerin dem Kunden hinsichtlich Hin- und Rückreise nicht nur günstige Flüge zu den in Aussicht genommenen Zeiten anbieten kann, sondern der Kunde auch sicher sein kann, daß eine Terminsverschiebung auszuschließen ist, kommt überhaupt bei Verzicht auf die Inanspruchnahme des Großkundenabonnements der Beklagten für diese Reise eine Entscheidung für die Klägerin in Betracht. Ansonsten ist der Kunde selbst dann gehindert, Flüge der Klägerin in Anspruch zu nehmen, wenn sie ihm günstiger erscheinen und er deshalb für den Einzelfall auf die Inanspruchnahme des Preisnachlasses der Beklagten zu verzichten bereit ist.
130. Der unbilligen Behinderung der Klägerin durch das Großkundenabonnement der Beklagten ist aber nicht dadurch zu begegnen, daß Flugscheine nach diesem Großkundenabonnement entsprechend den Hauptanträgen der Klägerin in das ihr zu gewährende „Interlining“ mit der Beklagten einbezogen werden. Eine solche Einbeziehung liefe darauf hinaus, daß die Klägerin an der entsprechenden Wettbewerbsmaßnahme der Beklagten beteiligt würde; hierauf hat sie keinen Anspruch. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, Preisnachlässe Kunden zu gewähren, die im Verhältnis zu ihr nicht die Voraussetzungen des Großkundenabonnements erfüllen, also nicht die geforderte Zahl von Flügen bei ihr absolvieren, sondern einen Teil der Flüge bei der Klägerin durchführen.
131. Auch ist von der Beklagten nicht zu verlangen, daß sie Preisnachlässe Kunden gewährt, die die Berechtigungsscheine bei der Klägerin erworben haben. Diese Erwägungen sind grundsätzlicher Natur; für sie ist es ohne Bedeutung, daß sich die „öffnung“ der Großkundenabonnements der Parteien für die Gegenseite derzeit in einer Weise praktizieren ließe, die nicht zu finanziellen Einbußen der Beklagten führen würde: Die Klägerin wäre damit einverstanden, daß bei Ausnutzung der Großkundenabonnements jeweils der um 20 % reduzierte Preis erstattet würde und jede Partei das Entgelt für die von ihr vertriebenen Berechtigungskupons behielte. Solange die Beklagte mehr Großkundenabonnements als die Klägerin vertreibt, stünde sie sich bei dieser Verrechnungsart günstiger als die Klägerin.
132. Auch der Hilfsantrag der Klägerin zu IV. ist insoweit unbegründet, als die Klägerin mit ihm die Verurteilung der Beklagten zum Abschluß eines Vertrags über die Anerkennung der Großkundenabonnements begehrt. Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, daß die Klägerin keinen Anspruch darauf hat, daß nach Großkundenabonnements ausgestellte Flugscheine in das „Interlining“ einbezogen werden; die Beklagte schuldet mithin auch nicht den Abschluß einer entsprechenden Vereinbarung.
133. Demgegenüber hat der im Berufungsverfahren eingeführte Hilfsantrag der Klägerin auf Unterlassung Erfolg. Er ist hinreichend bestimmt. In ihm kommt durch die Bezugnahme auf die Anlage SzW 9 hinreichend deutlich zum Ausdruck, in welcher Ausgestaltung das Großkundenabonnement der Beklagten verboten werden soll. Daß die bezeichnete Anlage das Großkundenabonnement der Beklagten aus dem ersten Quartal 1987 betrifft, ist unschädlich. Nach dem Antrag der Klägerin kommt es maßgeblich auf dieses Großkundenabonnement an; im übrigen hat die Beklagte auch nicht vorgetragen, daß sich die Ausgestaltung ihres Großkundenabonnements zwischenzeitlich geändert hätte. Gegen die diesbezügliche Klageerweiterung bestehen keine Bedenken. Die Beklagte hat das Angebot und die Anwendung des Großkundenabonnements in der näher umschriebenen Ausgestaltung nach § 26 Abs. 1 Satz 1, § 35 Abs. 1 Satz 1 GWB zu unterlassen, weil es diskriminierend ist. Der Beklagten ist allerdings hinsichtlich bereits vertriebener Großkundenabonnements und hinsichtlich solcher Großkundenabonnements, die noch unmittelbar nach Erlaß dieses Urteils vertrieben werden, eine Aufbrauchsfrist einzuräumen. Durch ein sofort wirksames uneingeschränktes Verbot, das sich auch auf die erwähnten Großkundenabonnements beziehen würde, entstünde der Beklagten ein unverhältnismäßiger Nachteil; durch die Anwendung im wesentlichen bereits vertriebener Großkundenabonnements für eine Übergangszeit wird die Klägerin auch nicht unzumutbar beeinträchtigt. Zwar hat die Beklagte keine Aufbrauchsfrist beantragt, ihr tatsächliches Vorbringen läßt ein Interesse an einer solchen Frist aber erkennen.
134. Das Begehren der Klägerin auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung der Beklagten nach dem Hauptantrag zu V. ist begründet. Gegen die vom LG grundsätzlich bejahte Verpflichtung der Beklagten, für Verletzungshandlungen Schadensersatz zu leisten, hat die Beklagte keine Berufungsangriffe vorgebracht.
135. Die von der Beklagten im Berufungsverfahren erhobene Widerklage auf negative Feststellung ist zulässig. Die entsprechende auf Vertragsschluß gerichtete Leistungsklage der Klägerin ist nur hilfsweise gestellt worden. Die Beklagte konnte nicht sicher sein, daß über den entsprechenden Hilfsantrag der Klägerin entschieden werden würde, ihr Feststellungsbegehren konnte sie mithin nicht als erledigt ansehen. Die Widerklage ist auch begründet, da die Klägerin, wie oben ausgeführt, keinen Anspruch auf Abschluß eines Vertrages über die Anerkennung der Großkundenabonnements hat.
136. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO, die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
137. Streitwert für die Berufung: 6.000.000 DM.
138. Streitwert für die Anschlußberufung: 3.000.000 DM.
139. Hinsichtlich 1.000.000 DM besteht Identität des Streitgegenstands.
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