Starker Schneefall außergewöhnlicher Umstand
AG Düsseldorf: Starker Schneefall außergewöhnlicher Umstand
Ein Fluggast nimmt eine Fluggesellschaft auf Zahlung eines Schadensersatzes wegen Verspätung in Anspruch. Er buchte für sich und seine Frau eine Flugreise von D nach A über F. Am Eincheckschalter überreichte man ihm gleich die Tickets für den Weiterflug von F nach A mit. Der Flug von D konnte erst 2,5 Stunden später starten, da zu der Zeit sehr schlechtes Wetter in F herrschte und die Maschine keine Landerlaubnis erhielt.
Durch die verspätete Landung erreichte der Kläger den Weiterflug in F nach A nicht und die Fluggesellschaft buchte den Kläger auf eine neue Maschine am Folgetag. Er erreichte A mit 14 Stunden Verspätung. Der Koffer der Kläger traf erst 3 Tage später ein.
Das Gericht entschied, dass durch die vorherrschenden Wetterbedingungen die Fluggesellschaft keine Schuld trifft, da es sich um einen außergewöhnlichen Umstand handelt. Die Klage des Klägers auf Schadensersatz wird abgewiesen.
AG Düsseldorf | 232 C 6288/06 (Aktenzeichen) |
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AG Düsseldorf: | AG Düsseldorf, Urt. vom 30.04.2007 |
Rechtsweg: | AG Düsseldorf, Urt. v. 30.04.2007, Az: 232 C 6288/06 |
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Leitsatz:
2. Eine Fluggesellschaft haftet bei Verspätungen nicht, wenn die nicht vorhersehbare Wetterbedingungen die Ursache hierfür sind.
Zusammenfassung:
3. Im vorliegenden Fall buchte der Kläger für sich und seine Frau eine Flugreise von D nach F mit planmäßiger Abflugzeit um 8:10 Uhr. Von dort sollte es dann weiter gehen von F nach A mit einer geplanten Abflugzeit von 10.40 Uhr. An dem Tag, an dem die Reise beginnen sollte, erhielt der Kläger am Schalter zwei Tickets. Ein Ticket für die Strecke D nach F und das 2. Ticket um von F nach A zu gelangen. Wetterbedingt konnte die Maschine von D nach F in F nicht landen. Die Landebahnen waren teilweise gesperrt und es gab Landebeschränkungen am Flughafen F. Zum Teil konnten die Maschinen überhaupt nicht landen, wodurch sich bereits der Start in D um 2:30 Stunden startete. Mit dieser Verspätung erreichten der Kläger und seine Frau auch den Anschlussflug von F nach A nicht, da dieser pünktlich startete.
Die Beklagte buchte den Kläger und seine Ehefrau auf einen anderen Flug, welcher am 4.3.2006 um 0:15 Uhr startete. Um die Zeit bis zum Start zu überbrücken, nahm sich der Kläger und seine Frau ein Tageszimmer im benachbarten Hotel. Auch der umgebuchte Flug hatte eine Verspätung von 2 Stunden aufzuweisen. Insgesamt hatte die Anreise eine Verspätung von 14 Stunden. Das Reisegepäck des Klägers kam auch erst 3 Tage später an. Für die Tage ohne Koffer kleidete sich der Kläger nebst Ehefrau neu ein. Für die Verspätung und die entstandenen Kosten erhebt der Kläger an die Beklagte einen Anspruch wegen Schadensersatz.
Die Beklagte allerdings, ist der Meinung, dass eine Schadensersatzforderung nicht rechtens sei, da es sich um einen außergewöhnlichen Umstand handelt.
Das Gericht entschied, dass der Kläger Anspruch auf einen Schadensersatzzahlung hätte, aber da es sich bei extremen Wetterbedingungen um einen außergewöhnlichen Umstand handelt ist die Beklagte nicht haftbar zu machen.
Tenor:
5. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
7. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
8. Der Kläger macht gegenüber der Beklagten Ansprüche aufgrund von Flugverspätung geltend.
9. Der Kläger hatte bei der Beklagten für sich und seine Ehefrau, die Zeugin H U, zwei Plätze für den Flug LH 805 am 3.3.2006 von D nach F mit planmäßiger Abflugzeit um 8:10 Uhr sowie auf den Anschlussflug LH 590 von F nach A mit planmäßiger Abflugzeit um 10:40 Uhr gebucht. Beim Einchecken des Klägers und seiner Ehefrau am 3.3.2006 in D erhielten diese bereits auch die Bordkarten für den Weiterflug F-A.
10. Am 3.3.2006 herrschten in F widrige Wetterbedingungen. Aufgrund extremen Schneefalls in F wurden die Landebahnen teilweise gesperrt und es gab Landebeschränkungen am Flughafen F. Teilweise wurde der Flugverkehr insgesamt eingestellt. Tatsächlich verzögerte sich der Abflug des Klägers und seiner Ehefrau von D um 2:30 Stunden.
11. Aufgrund des verspäteten Abflugs erreichten der Kläger und seine Ehefrau den Anschlussflug nach A in F um 10:40 Uhr nicht, da dieser pünktlich startete. Die Beklagte buchte den Kläger und seine Ehefrau auf den Flug der E Airlines am 4.3.2006 um 0:15 Uhr um. Der Kläger und seine Ehefrau nahmen sich am F Flughafen zur Überbrückung der Zeit ein Tageszimmer im Hotel S. Da sich auch der Flug der E Airlines um zwei Stunden verspätete, kamen der Kläger und seine Ehefrau schließlich mit 14 Sunden Verspätung in A an. Das Reisegepäck kam 3 Tage später in A an. Der Kläger kaufte vor Ort für sich und seine Ehefrau Ersatzkleidungsstücke und Kosmetika im Wert von 68,35 EUR. Die Beklagte zahlte an den Kläger pauschal 100,00 EUR für die Ersatzeinkäufe vor Ort.
12. Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger Schadensersatz für ein Tageszimmer im Hotel S am Flughafen F in Höhe von 142,00 EUR, Kosten für Getränke und Essen am F Flughafen in Höhe von 130, 40 EUR (121,40 EUR + 9,00 EUR) sowie Erstattung notwendiger Kosmetika und Kleidungsstücke im Wert von 68,35 EUR (5.70 EUR + 62,65 EUR) geltend. Zudem hat der Kläger zunächst für sich und seine Ehefrau pauschal je weitere 500,00 EUR Schadensersatz aufgrund der Verspätung geltend gemacht.
13. Mit Schriftsatz vom 19.7.2006 hat der Kläger seine Klage um 110,00 EUR erweitert. Er macht nunmehr pauschalen Schadensersatz in Form von Ausgleichsleistungen in Höhe von 1.200,00 EUR nach Art. 7 EGVO geltend. Zudem macht er weiter 10,00 EUR Telefonkosten geltend abzüglich geleisteter Zahlungen von 100,00 EUR durch die Beklagte. Mit Schriftsatz vom 3.8.2006 stützt der Kläger seinen Schadensersatzanspruch nunmehr auf entgangenen Gewinn, mit der Begründung eine Besprechung in A aufgrund der Verspätung verpasst zu haben.
14. Der Kläger behauptet, beim Einchecken sei ihnen versichert worden, dass der Flug in F nach A erreicht werde. Hätte die Beklagte ihm in D mitgeteilt, dass die Möglichkeit bestünde, dass der Anschlussflug F pünktlich verlässt, hätte er den Zug genommen und F noch pünktlich erreicht. Jedenfalls beinhalte die Aushändigung der Bordkarten ein Beförderungsversprechen. Schließlich habe es allein in dem Organisationsverschulden der Beklagten gelegen, dass der Kläger den Anschlussflug in F nicht erreicht habe. Die Beklagte hätte den Anschlussflug warten lassen müssen. In A habe er eine angesetzte fünfstündige Besprechung mit Herrn Y W verpasst, die er mit 1.000,00 EUR (5 x 200,00 EUR) abgerechnet hätte.
16. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.340,75 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.
19. Die Beklagte behauptet, dass sie die Verspätung durch zumutbare Maßnahmen nicht vermeiden konnte. Die Verspätung sei ausschließlich eine unmittelbare Folge des schlechten Wetters in F gewesen.
20. Hinsichtlich der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 4.4.2007 verwiesen.
21. Über die Behauptung des Klägers, ein Mitarbeiter der Klägerin habe dem Kläger beim Einchecken zugesagt, dass der Flug in F erreicht werde, ist Beweis erhoben worden durch Vernehmung der Zeugin U. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 4.4.2007 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
22. Die Klage ist zulässig aber unbegründet.
23. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von 1.450,75 EUR aus Art. 19 S. 1 Montrealer Übereinkommen (MÜ). Es liegt zwar eine Verspätung des Fluges LH 805 von D nach F vor im Sinne des Art. 19 S. 1 MÜ. Die Haftung ist aber nach Art. 19 S. 2 MÜ ausgeschlossen.
24. Nach Art. 19 S. 2 MÜ haftet der Luftfrachtführer nicht, wenn er alle zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung des Schadens getroffen hat oder es ihm nicht möglich war solche Maßnahmen zu treffen. Die Verspätung des Fluges LH 805 von D nach F war für die Beklagte trotz Ergreifens aller zumutbaren Maßnahmen nicht zu vermeiden. Sie war vielmehr auf außergewöhnliche Umstände, nämlich extremen Schneefall in F zurückzuführen. Die Verspätung war unmittelbare Folge der schlechten Wetterbedingungen in F. Dass solche Wetterbedingungen in Form extremen Schneefalls am 3.3.2006 vorherrschten, hat die Beklagte unter anderem durch Vorlage des Tagesberichts der Verkehrszentrale (Anlage B1) und durch Vorlage einschlägiger Presseartikel vom 5. 3. und 6.3.2006 (Anlage B2) substantiiert dargelegt und dieses hat der Kläger auch nicht bestritten. Der F Flughafen war teilweise insgesamt geschlossen. Die Start- und Landebahnen mussten immer wieder vom Schnee befreit werden und zu diesem Zweck gesperrt werden. Die Anflugraten wurden seitens des F Flughafens reduziert.
25. Soweit der Kläger meint, dennoch habe der Flug LH 805 von D nach F bei genügender Organisation der Beklagten durchgeführt werden können, hat die Klägerin nicht hinreichend substantiiert dargelegt, worin das behauptete Organisationsverschulden der Beklagten gelegen haben soll. Die Beklagte hatte keinen Einfluss darauf, dass wetterbedingt weniger Landegenehmigungen in F erteilt wurden. Auf diese war sie zur Durchführung des Fluges LH 805 jedoch angewiesen. Aus der Tatsache, dass der Weiterflug nach A planmäßig starten konnte, lässt sich ebenfalls kein Organisationsverschulden der Beklagten herleiten. Aus der Tatsache, dass ein planmäßiger Start möglich war, lässt sich nicht die Schlussfolgerung ziehen, dass die Wetterbedingungen auch eine planmäßige Landung des streitgegenständlichen Fluges LH 805 von D nach F ermöglicht hätten. Schließlich war die Beklagte auch nicht dazu verpflichtet, den Weiterflug nach A warten zu lassen. Aufgrund der ungewissen Wetterbedingungen waren Vorhersagen über die Ankunft von Zubringerflügen ebenfalls nicht zu treffen.
26. Die Beklagte trifft auch keine Pflichtverletzung aufgrund mangelnder Information des Beklagten. Soweit der Kläger behauptet, die Beklagte habe dem Kläger zugesichert, dass der Anschlussflug in F erreicht werde, und habe damit dem Kläger die Möglichkeit genommen, mit dem Zug nach F zu fahren, hat der Kläger den Nachweis, dass die Beklagte dem Kläger zugesichert hat, dass der Anschlussflug erreicht werden wird, nicht geführt. Die glaubhafte Aussage der Zeugin U hat nicht ergeben, dass das Erreichen des Anschlussfluges von dem Bodenpersonal der Beklagten dem Kläger ausdrücklich zugesichert worden ist. Die Zeugin konnte sich an eine derartige Zusicherung nicht mehr erinnern. Die Aushändigung der Bordkarten für den Anschlussflug hat allein organisatorische Gründe und beinhaltet nicht die Zusicherung, dass auch der Anschlussflug erreicht werde.
27. Die Beklagte traf auch keine weitergehende Aufklärungspflicht. Soweit der Kläger behauptet, die Beklagte hätte ihm bereits beim Einchecken über die Verspätung informieren müssen, hat der Kläger nicht darlegen und beweisen können, dass die Beklagte bereits zu diesem Zeitpunkt von der Verspätung wusste. Die Beklagte wusste zum Zeitpunkt des Eincheckens zwar – wie sich auch aus dem Tagesbericht der Verkehrszentrale ergibt –, dass es in F wegen der Wetterbedingungen zu Problemen kommen kann. Der Kläger konnte jedoch nicht darlegen und beweisen, dass die Beklagte zu diesem Zeitpunkt bereits auch Kenntnis davon hatte, dass der streitgegenständliche Lufthansaflug LH 805 davon betroffen sein würde und es zu einer Verspätung von 2:30 Stunden kommen würde. Schließlich hat der Kläger nicht nachgewiesen, dass er bei sofortiger Information mit der Bahn den Anschlussflug noch erreicht hätte. Auch die Züge im Fernverkehr hatten, wie sich aus den beigefügten Presseberichten ergibt, Verspätung.
28. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Ausgleichszahlungen nach Art. 5 Abs. 1 c i. V. m. Art. 7 der EG-Ausgleichsverordnung (EG-VO 261/2004) in Höhe von 1.200,00 EUR. Ein Anspruch auf Ausgleichszahlung besteht nicht im Falle der Verspätung, sondern lediglich im Falle der Annullierung. Art. 6 EG-VO 261/2004, der die Rechte der Passagiere bei Verspätung regelt, verweist nicht auf die Regelung des Art. 7 EG-VO 261/2004 über Ausgleichsleistungen. Der Flug von D nach F war lediglich um 2:30 Stunden verspätet und wurde nicht annulliert. Auch der Weiterflug nach A ist nicht annulliert worden, sondern pünktlich abgeflogen. Dass der Kläger diesen Flug nicht erreicht hat, ist Folge der Verspätung des ursprünglichen Fluges von D nach F. Diese Verspätung hatte die Beklagte aber nicht zu vertreten.
29. Der Kläger hat auch nach der EG-Ausgleichsverordnung (EG-VO 261/2004) keinen Anspruch auf Schadensersatz. Die EG-Ausgleichsverordnung gewährt bei Flugverspätungen keinen Schadensersatz für wirtschaftliche Folgeschäden, sondern nur Unterstützungsleistungen und Betreuungsleistungen ( Führich , Reiserecht, § 45 Rn 1052).
30. Der Kläger hat schließlich auch keinen Anspruch auf Unterstützungsleistungen in F nach Art. 6 Abs. 1 i) ii) EG-VO 261/2004. Der Aufenthalt in F und die dadurch entstandenen Kosten beruhen nicht auf der Verspätung des Weiterfluges, sondern auf der Verspätung des Zubringerfluges. Der Flug nach A ist pünktlich gestartet. Art. 6 Abs. 1 i) EG-VO enthält insoweit keine Regel. Die durch den Aufenthalt in F bedingten Kosten sind Folge der Verspätung des Zubringerflugs LH 805 von D nach F und damit als Verspätungsschaden nur nach Art. 19 MÜ erstattungsfähig. Im vorliegenden Fall ist jedoch die Haftung nach Art. 19 S. 2 MÜ ausgeschlossen.
31. Der Kläger hat als unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits nach § 91 Abs. 1 ZPO zu tragen.
32. Die Vollstreckbarkeitsentscheidung ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
33. Der Streitwert wird bis zum 27.7.2006 auf 1.340,75 EUR und ab dem 27.7.2006 auf 1.450,75 EUR festgesetzt.
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