Schadensersatz wegen Gepäckverlust
AG Düsseldorf: Schadensersatz wegen Gepäckverlust
Die Klägerin macht gegen das beklagte Luftfahrtunternehmen Schadensersatzansprüche wegen verloren gegangen Gepäcks geltend. Die Beklagte hat ihren Hauptsitz in Istanbul, Türkei. Der letzte vertragsmäßige Landeflughafens war Beirut. Die Klägerin erhebt die Klage hier bei dem Amtsgericht Düsseldorf.
Das Amtsgericht Düsseldorf weist die Klage ab. Zuständig ist nach Wahl des Klägers das Gericht des Ortes, an dem sich der Wohnsitz des Luftfrachtführers, seine Hauptniederlassung oder seine Geschäftsstelle befindet, durch die der Vertrag geschlossen worden ist, oder bei dem Gericht des Bestimmungsorts erhoben werden. Der Bestimmungsort ist dabei der Ort des letzten vertragsmäßigen Landeflughafens. Beide Wahlmöglichkeiten schließen die Zuständigkeit des Amtsgerichts Düsseldorf aus.
AG Düsseldorf | 32 C 167/15 (Aktenzeichen) |
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AG Düsseldorf: | AG Düsseldorf, Urt. vom 22.10.2015 |
Rechtsweg: | AG Düsseldorf, Urt. v. 22.10.2015, Az: 32 C 167/15 |
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Leitsatz:
2. Eine Klage auf Schadensersatz wegen verlorengegangener Gepäckstücke ist nach Wahl des Klägers entweder bei dem Gericht des Ortes, an dem sich der Wohnsitz des Luftfrachtführers, seine Hauptniederlassung oder seine Geschäftsstelle befindet, durch die der Vertrag geschlossen worden ist, oder bei dem Gericht des Bestimmungsorts zu erheben, Art. 33 MÜ.
Zusammenfassung:
3. Die Klägerin buchte bei dem beklagten Luftfahrtunternehmen mit satzungsmäßigem Sitz in Istanbul, Türkei einen Flug. Dabei ist ihr Gepäck verloren gegangen. Sie macht nun gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche für das verloren gegangene Gepäck geltend.
Das Amtsgericht Düsseldorf weist die Klage ab. Es sei vorliegend örtlich und international nicht zuständig. Dies ergebe sich aus Art. 33 MÜ, wonach die Klage auf Schadensersatz wegen verlorengegangener Gepäckstücke nach Wahl des Klägers entweder bei dem Gericht des Ortes, an dem sich der Wohnsitz des Luftfrachtführers, seine Hauptniederlassung oder seine Geschäftsstelle befinde, durch die der Vertrag geschlossen worden sei, oder bei dem Gericht des Bestimmungsorts erhoben werden.
Der Sitz der Beklagten befinde sich jedoch in Istanbul, Türkei.Auch der Bestimmungsort befinde sich nicht in Düsseldorf, sondern in Beirut. Dies bestimme sich nach dem Ort des vertragsmäßigen Landeflughafens.
Tenor
4. Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils vollstreckbaren Betrages leistet.
Tatbestand
5. Die Klägerin begehrt Zahlung von Schadensersatz wegen des Verlustes zweier Gepäckstücke auf einem Flug von Düsseldorf nach Beirut. Die Beklagte ist ein Luftfahrtunternehmen mit satzungsmäßigem Sitz in Istanbul, Türkei. Der Ort der Hauptniederlassung ist ebenfalls in Istanbul, Türkei.
6. Die Klägerin forderte per E-Mail vom 17.12.2014 sowie durch Schreiben vom 13.03.2015 die Beklagte erfolglos zur Zahlung von Schadensersatz auf.
7. Die Klägerin behauptet, die verlorengegangenen Gepäckstücke hätten einen Wert von 2.645,00 € bzw. 2.170,00 € gehabt. Die Klägerin ist der Ansicht, das Amtsgericht Düsseldorf sei als Gericht am Ort des Abflugs international zuständig. Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 05.10.2015 behauptet die Klägerin schließlich, der Flug sei in einer Geschäftsstelle in Düsseldorf gebucht worden.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.660,00 € nebst 5-Prozentpunkten an Zinsen über dem Basiszins der Europäischen Zentralbank seit dem 28.03.2015 zu zahlen;
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin außergerichtlich entstandene Anwaltskosten in Höhe von 147,56 € nebst 5-Prozentpunkte an Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 28.03.2015 zu zahlen.
die Klage abzuweisen.
10. Die Beklagte rügt die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts.
11. Das Gericht hat durch Verfügung vom 01.09.2015 darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen für eine internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts nicht dargelegt wurden. Wegen der weiteren vom Gericht erteilten Hinweise wird auf die Verfügung des Gerichts vom 01.09.2015 (Blatt 32 GA) Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe
12. Die Klage ist unzulässig. Das Gericht Düsseldorf ist für den Rechtsstreit international nicht zuständig. Die Klägerin macht Ansprüche wegen Gepäckverlusts aus dem Montrealer Übereinkommen geltend.
13. Für Schadensersatzansprüche wegen Gepäckverlustes ergibt sich die örtliche und internationale Zuständigkeit aus Artikel 33 Abs. 1 MÜ. Ein Gerichtsstand gemäß Artikel 33 Abs. 1 Montrealer Übereinkommen (MÜ) ist vorliegend nicht ersichtlich. Nach Artikel 33 Abs. 1 MÜ muss die Klage auf Schadensersatz wegen verlorengegangener Gepäckstücke nach Wahl des Klägers entweder bei dem Gericht des Ortes, an dem sich der Wohnsitz des Luftfrachtführers, seine Hauptniederlassung oder seine Geschäftsstelle befindet, durch die der Vertrag geschlossen worden ist, oder bei dem Gericht des Bestimmungsorts erhoben werden. Sowohl der Sitz der Beklagten als auch die Hauptniederlassung der Beklagten befinden sich in Istanbul, Türkei. Ob die Beklagte eine Geschäftsstelle im Sinne des Artikels 33 MÜ in Düsseldorf unterhält, kann offen bleiben. Denn die Beklagte trägt nicht ausreichend substantiiert vor und es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Klägerin den Luftbeförderungsvertrag in einer Geschäftsstelle in Düsseldorf mit der Beklagten geschlossen hat. Zwar hat die Klägerin in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 05.10.2015 behauptet der Flug sei in Düsseldorf gebucht worden. Dieser Vortrag ist allerdings gänzlich unsubstantiiert und daher unbeachtlich. Es fehlen jegliche Angaben dazu, wann und auf welche Weise (telefonisch oder persönlich in einer etwaigen Geschäftsstelle) der Flug gebucht worden sein soll.
14. Der Bestimmungsort im Sinne von Artikel 33 MÜ ist der Ort des letzten vertragsmäßigen Landeflughafens (LG Stuttgart, Urteil vom 19.08.1997, 3 KFH, 202/96; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Auflage 2015, Artikel 33 MÜ, Rand-Nr. 13 m.w.N., zitiert nach Beck-Online). Streitgegenständlich ist hier ein Flug von Düsseldorf nach Beirut, mithin ist der Ort des vertragsmäßigen Landeflughafens Beirut.
15. Auch aus anderen Vorschriften ergibt sich vorliegend keine internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts. Die EuGVVO findet auf den vorliegenden Fall keine Anwendung, da die Beklagte kein Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft ist, Artikel 2, 4, 59, 60 EuGVVO.
16. Die doppelfunktionalen Zuständigkeitsnormen der §§ 12 ff. ZPO und insbesondere § 29 ZPO sind im vorliegenden Fall nicht anwendbar, da sie von Artikel 33 MÜ verdrängt werden (OLG Karlsruhe, Urteil vom 17.10.2008, 15 U 159/07; Münchener Kommentar, HGB, Artikel 28 WA, Rand-Nr. 7, 20; zitiert nach Beck-Online).
17. Die von dem Klägervertreter zitierten Urteile des EuGH stehen dem nicht entgegen, da sich diese Urteile nicht auf Schadensersatzansprüche nach dem Montrealer Übereinkommen, sondern auf Ansprüche aus der Verordnung EG 261/2004 beziehen. Hierfür gelten andere Zuständigkeitsnormen. So heißt es in dem von dem Klägervertreter zitierten Urteil des EuGH vom 09.07.2009 (10-202/08) ausdrücklich, dass für Ansprüche aus der Verordnung EG 261/2004 und aus dem Münchener Übereinkommen unterschiedliche Regelungsrahmen gelten und dass nur die Zuständigkeit für Ansprüche aus der Verordnung EG 261/2004 anhand der Verordnung EG 44/2001 zu prüfen ist. Für Ansprüche aus dem Montrealer Übereinkommen gilt dies nicht. Hier richtet sich die Zuständigkeit – wie bereits aufgezeigt – nach Artikel 33 MÜ.
18. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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