Schadensersatz wegen Diebstahl von hochwertiger Brille
AG Hamburg: Schadensersatz wegen Diebstahl von hochwertiger Brille
Ein Fluggast nimmt eine Fluggesellschaft auf Schadensersatz in Anspruch, da ein Wertgegenstand in Form einer Brille während des Fluges abhanden gekommen ist. Der Reisende packte die Brille mit den Kontaktlinsen und der Kontaktlinsenflüssigkeit in eine Kulturtasche. Diese verstaute sie in ihrem Reisegepäck. Nach dem Flug musste sie den Verlust dieser feststellen.
Das Gericht entschied das der Klägerin eine Entschädigung zusteht. Die Fluggesellschaft habe lediglich eine Empfehlung zu Wertgegenständen ausgesprochen. Da die Brille sich aber zusammen mit der Kontaktlinsenflüssigkeit in einer Tasche befand. Die Klägerin konnte dieser aber nicht folgen, da Flüssigkeiten generell im Handgepäck verboten sei.
AG Hamburg | 18B C 2/08 (Aktenzeichen) |
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AG Hamburg: | AG Hamburg, Urt. vom 13.01.2009 |
Rechtsweg: | AG Hamburg, Urt. v. 13.01.2009, Az: 18B C 2/08 |
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Leitsatz:
2. Eine Fluggesellschaft hat auch Wertsachen zu ersetzen, wenn die Empfehlung für Handgepäck aus Sichheitsgründen nicht entsprochen werden kann.
Zusammenfassung:
3. Im vorliegenden Fall buchte die Klägerin einen Flug von Rom nach Hamburg. Am Abend zuvor packte die Klägerin ihren Koffer im Hotelzimmer. Ihr Lebensgefährte, der Zeuge ging das komplette Zimmer noch einmal ab um zu kontrollieren ob die Klägerin auch alles eingepackt habe.
Dabei sah er auch die abhanden gekommene Kosmetiktasche der Klägerin, welche im Koffer gleich obenauf lag. Am Flughafen selbst legte er noch die Reiseunterlagen dazu und nahm wieder bewusst war dass die Kosmetiktasche noch an derselben Stelle im Koffer lag wie bereits am Abend zuvor. Die Klägerin gab ihr Gepäck bei der Fluggesellschaft auf und nahm es am Zielflughafen wieder an sich.
Beim Öffnen bemerkte sie, das die besagte Kosmetiktasche nicht mehr vorhanden sei. In dieser lag neben den Kontaktlinsen und der Kontaktlinsenflüssigkeit auch eine hochwertige Brille. Die Klägerin erhebt daher Anspruch auf eine Entschädigung von der Fluggesellschaft.
Das Gericht entschied das die Klage zulässig sei, da der Zeuge die Aussage der Klägerin glaubhaft bestätige. Des Weiteren sei von der Fluggesellschaft nur eine Empfehlung gegeben wurden, wertvolle Gegenstände in das Handgepäck zunehmen. Diese Empfehlung konnte aber nicht durch die Kontaktlinsenflüssigkeit wahrgenommen werden. Da diese grundsätzlich im Handgepäck verboten sei.
Tenor:
4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Euro 783,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.10.2007 zu zahlen.
5. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in einer Höhe von 110% des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung eine Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages geleistet hat.
Tatbestand:
7. Die Klägerin begehrt von der Beklagten, einer Fluggesellschaft, Schadensersatz für aus ihrem Reisegepäck abhanden gekommener Gegenstände.
8. Die Klägerin flog am 18.08.2007 mit ihrem Lebensgefährten, dem Zeugen …., und dessen Sohn mit einer Maschine der Beklagten von Rom nach Hamburg. Hierbei gab die Klägerin am Flughafen in Rom ihr Reisegepäck bei der Gepäckabfertigung, die durch das von der Beklagten beauftragten Unternehmen ‚….‘ durchgeführt wurde, auf. Direkt nach der Ankunft am Hamburger Flughafen nahm die Klägerin ihr Reisegepäck am Gepäckband wieder an sich. Der Koffer wies eine ‚Security-check‘-Banderole auf.
9. Die Klägerin behauptet, dass sie, als sie zu Hause die Reisetasche ausgepackt habe, festgestellt habe, dass sich ihre Kulturtasche nicht mehr in ihrer Reisetasche befand, sie sie aber selbst dort hinein gelegt habe. In der Kulturtasche habe sich unter anderem eine Brille mit einem Wert von 783,00 Euro (Anlage K 3) sowie ein Kontaktlinsenetui und Kontaktlinsenflüssigkeit befunden. Des Weiteren behauptet sie, dass sie die Reisetasche von der Aufnahme am Gepäckband bis zum Zeitpunkt, als sie den Verlust der Kulturtasche festgestellt habe, stets in ihrem Gewahrsam behalten habe und in dieser Zeit niemand die Kulturtasche aus der Reisetasche hätte entwenden können.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Euro 783,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB per annum seit dem 13.10.2007 zu zahlen.
die Klage abzuweisen.
12.Sie behauptet, dass es möglich sei, dass sich die Kulturtasche samt Inhalt nie in der Reisetasche befunden habe oder aber, dass sie nach der Wiederaufnahme des Gepäcks am Hamburger Flughafen entwendet worden sein könne.
13. Sollte das Gericht zu der Überzeugung gelangen, dass sich die Kulturtasche in der Reisetasche befunden habe, so ist die Beklagte der Auffassung, dass die Klägerin ein überwiegendes Mitverschulden träfe, da sie die Brille, trotz einer anders lautenden Empfehlung der Fluggesellschaft im Reisegepäck mit aufgegeben habe, anstatt sie im Handgepäck bei sich zu führen.
14. Des Weiteren sei die Klägerin der unverzüglichen schriftlichen Anzeigepflicht bei Verlust ebenfalls nicht nachgekommen.
15. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf deren zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen und Beweisangeboten verwiesen.
16. Das Gericht hat über die Behauptung der Klägerin, dass sie auf dem Flug von Rom nach Hamburg eine Kulturtasche, in der sich ihre Brille, ein Kontaktlinsenetui nebst Kontaktlinsenflüssigkeit befanden, in ihrer Reisetasche transportiert habe, Beweis durch die Vernehmung des Zeugen … erhoben. Weiterhin hat das Gericht die Klägerin persönlich gemäß § 141 ZPO persönlich angehört. Auf die Sitzungsniederschrift vom 09.12.08 wird verwiesen.
Entscheidungsgründe:
17. Die Klage ist zulässig. Der Gerichtsstand ist nach Art. 33 des Montrealer Abkommens durch Wahl des Klägers das Gericht des Bestimmungsortes. Dieser war Hamburg.
18. Die Klage ist auch begründet. Der Klägerin steht ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 783,00 Euro nach Art. 17 Abs. 2 des Montrealer Abkommens vom 28. Mai 1999 zu. Die Klägerin gab am 18.8.2009 ihr Reisegepäck am Gepäckabfertigungsschalter der Beklagten im römischen Flughafen ab und hat es in die Obhut der Beklagten gegeben.
19. Der Umstand, dass sich die Beklagte eines Unternehmens zur Abfertigung des Reisegepäckes der Passagiere bediente, in diesem Fall des Unternehmens ‚…‘, steht der Haftung der Beklagten nicht entgegen, denn diese war Luftfrachtführerin, die sich eines Erfüllungsgehilfen bedient haben mag. Vom Zeitpunkt der Aufgabe des Gepäcks bis zum Zeitpunkt der Aushändigung an den Passagier am Bestimmungsort, befindet sich das Reisegepäck in der Obhut des Luftfrachtführers. Soweit sich dieser eines Unternehmens bedient, das die Gepäckabfertigung durchführt, ändert dies an dem begründeten Gewahrsam und seiner Haftung nichts.
20. Der entstandene Schaden ist in dem Verlust der Kulturtasche zu sehen, in der sich neben einem Kontaktlinsenetui und Kontaktlinsenflüssigkeit auch die Brille der Klägerin befand. Diese Kulturtasche befand sich bei Abgabe des Reisegepäcks der Klägerin in eben diesem und war zum Zeitpunkt des Auspackens in Hamburg nicht mehr auffindbar. In der Zeit nach dem Entgegennehmen des Reisegepäcks am Hamburger Flughafen bis zum Auspacken, befand sich die Reisetasche in unmittelbarem Gewahrsam der Klägerin. In dieser Zeit ist die Kulturtasche nicht entwendet worden. Dies steht zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der glaubhaften Aussage des Zeugen …. fest. Dieser hat den Vorgang der Aufgabe des Reisegepäcks am Gepäckschalter in Rom wie folgt geschildert:
21. Am Vorabend des Reisetages habe die Klägerin zusammen mit dem Zeugen …. die Koffer gepackt. Es habe sich um einen Koffer und um eine Reisetasche mit einem umlaufenden Reisverschluss gehandelt. Am nächsten morgen sei nur noch der Rest in die Gepäckstücke verstaut worden. Der Zeuge selbst, sei dann noch einmal durch das Apartment gegangen, um sich zu versichern, dass alle Gegenstände mitgenommen wurden, was auch der Fall gewesen sei. Während des Eincheckens am Flughafen habe der Zeuge selbst aus seiner Umhängetasche, die er als Handgepäck mitzuführen beabsichtigte, noch die Reiseunterlagen in die Reisetasche legen wollen, damit er sie nicht in der kleinen Umhängetasche mitführen musste. Da der Koffer sich zu diesem Zeitpunkt schon auf dem Band befunden habe, habe er die Reisetasche geöffnet und dabei die obenauf liegende weiße Kulturtasche gesehen. In dem Augenblick als die Klägerin zu Hause festgestellt habe, dass die Kulturtasche fehle, habe er sich noch daran erinnert, diese beim Hineinlegen der Reiseunterlagen in die Reisetasche gesehen zu haben.
22 Die Zeugenaussage ist ergiebig, da sie die Tatsache, dass sich die Kulturtasche in der Reisetasche zum Zeitpunkt der Gepäckaufgabe befunden hat, bestätigt. Des Weiteren ist die Aussage des Zeugen auch glaubhaft, da sie eine umfassende Schilderung der Abläufe darstellt und durch ihn jederzeit in sich schlüssig dargestellt wurde. Auf Nachfragen antwortete der Zeuge jederzeit souverän. Seine Schilderung war nachvollziehbar und stimmig. Dem Gericht haben sich keine Anhaltspunkte gezeigt, die auch unter Berücksichtigung der Nähe des Zeugen zur Klägerin darauf hindeuteten, dass der Zeuge nicht die Wahrheit sagen würde.
23. Das Ergebnis der Beweisaufnahme wird gestützt durch die persönlichen Angaben der Klägerin, die spezifiziert und überzeugend darlegte, dass sie die Brille in die Kulturtasche legte, da sie auf dem kurzen Flug Kontaktlinsen tragen wollte. Hierbei führte sie aus, wie wichtig für sie die Brille war, da aufgrund ihrer starken Kurzsichtigkeit sie sehr genau darauf achte, an welchem Ort sich ihre Brille befände. Die Abläufe in Bezug auf die Brille seien auch immer gleich, so dass sie sich sicher sei, die Brille in die Kulturtasche verstaut zu haben. Des Weiteren sei sie auch nicht während des Aufenthaltes in Rom abhanden gekommen.
24. Ein Haftungsausschluss kommt nach Art. 17 II Satz 2 des Montrealer Abkommens nicht in Betracht, da der Schaden nicht auf die Eigenart des Reisegepäcks oder einem ihm innewohnenden Mangel zurückzuführen ist.
25. Auch die durch die Beklagte geäußerte Ansicht, die Klägerin träfe ein überwiegendes Mitverschulden, da sie die Brille in der aufgegebenen Reisetasche und nicht im Handgepäck transportierte trotz der Empfehlung der Beklagen in ihren Geschäftsbedingungen, trifft nicht zu. So heißt es zwar in Punkt 8. Haftung in den Geschäftsbedingungen: „…Es wird empfohlen, Wertgegenstände, Medikamente, verderbliche oder zerbrechliche Gegenstände im Handgepäck (bis max. 6 kg erlaubt) zu befördern.“ (Anlage B3), dieses ist jedoch lediglich eine Empfehlung, die auf die Kulturtasche und die Brille zumal nicht abzielt, da eine Brille ein Gegenstand des täglichen Lebens ist und nicht unter die Begriffe innerhalb der oben zitierten Auflistung zu fassen ist. Im Übrigen ist aufgrund des Inhalts dieser Kulturtasche, da sie neben der Brille auch die Utensilien für ihre Kontaktlinsen einschließlich der Kontaktlinsenflüssigkeit enthielt, für das Handgepäck nicht geeignet. Dass die Klägerin insoweit die Gegenstände ihrer Sehhilfen an einem Ort in ihrer Kulturtasche zusammen aufbewahrte, erscheint für die Kontrolle sinnvoll und nachvollziehbar.
26. Eine teilweise oder gänzliche Befreiung von der Haftung des Luftfrachtführers gemäß Art. 20 des Montrealer Abkommens kommt in diesem Fall ebenfalls nicht in Betracht, da keine unrechtmäßige Handlung oder Unterlassung, sei es auch nur fahrlässig, durch die Klägerin verursacht wurde oder zu dem Verlust der Kulturtasche samt Inhalt beigetragen hat.
27. Der Schaden wurde durch die Klägerin auch wie in Art. 31 II und III des Montrealer Abkommens vorgeschrieben, unverzüglich nach der Entdeckung telefonisch und jedenfalls in der vorgeschriebenen 7-Tage-Frist schriftlich per Email am 20.08.2007 (Anlage K 4) angezeigt.
28. Die in Art. 22 II des Montrealer Abkommens festgeschriebene Haftungshöchstgrenze von einem Betrag bis zu 1.000 Sonderziehungsrechten je Reisendem wird durch die beantragte Summe in Höhe von 783,00 Euro, die den Wert der verloren gegangenen Brille darstellen, nicht überschritten. Gemäß Art. 23 Abs. 1 Satz 3 des Montrealer Übereinkommens, der die Umrechnung in Beträge der Landeswährung zum Zeitpunkt der Entscheidung vorsieht, betrug die Haftungshöchstgrenze am Tag der Entscheidung (09.01.2009) 1.121,94 Euro.
29. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Verzugszinsen in der geltend gemachten Höhe gemäß §§ 286, 288, 280 BGB, da die durch die Klägerin zur Kostenerstattung aufgegebene Frist (15.10.2007) am 13.10.2007 durch die Ablehnung der Kostenerstattung seitens der Beklagten verweigert wurde und sie sich seit diesem Zeitpunkt in Verzug befindet.
30. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 I 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708, 711 ZPO.
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