Unerwartet schwere Erkrankung
AG Bottrop: Unerwartet schwere Erkrankung
Ein Urlauber tritt die von ihm gebuchte Reise kurzfristig nicht an, weil er am Tag des Reiseantritts an einer Magen-Darm Infektion litt. Er fordert nun die Stornierungskosten von seiner Reiserücktrittsversicherung ersetzt.
Diese weigert sich jedoch der Zahlung, da die Diagnose auf dem vom Kläger vorgelegten ärztlichen Attest lediglich auf dessen Ausführungen beruhe und kein Beweis für eine schwere Erkrankung sei.
Das Amtsgericht Bottrop hat die Klage abgewiesen. Die Leistungspflicht eines Versicherers bestehe nur bei objektivem Vorliegen einer Erkrankung. Die bloße Vermutung eines Mediziners reiche hierfür nicht aus.
AG Bottrop | 10 C 202/02 (Aktenzeichen) |
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AG Bottrop: | AG Bottrop, Urt. vom 31.07.2002 |
Rechtsweg: | AG Bottrop, Urt. v. 31.07.2002, Az: 10 C 202/02 |
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Leitsatz:
2. Die Leistungspflicht des Versicherers wegen einer unerwarteten schweren Erkrankung ist nur gegeben, wenn eine schwere Erkrankung objektiv vorliegt.
Zusammenfassung:
3. Ein Urlauber buchte für sich und seine Frau eine Pauschalreise bei einem privaten Reiseanbieter. Weil er in der Nacht vor Reiseantritt an einer Magen-Darm-Infektion erkrankte, trat er die Reise nicht an. Zur Absicherung suchte er noch am selben Morgen seinen Hausarzt auf, schilderte diesem seine Beschwerden und ließ sich die Erkrankung attestieren.
Er verlangt nun von seiner Reiserücktrittsversicherung die Stornierungsgebühren für die abgesagte Reise.
Die Versicherungsagentur weigert sich jedoch der Zahlung. Eine schwere Erkrankung rechtfertige einen Reiserücktritt nur dann, wenn sie objektiv nachweisbar wäre. Dies sei im vorliegenden Fall nicht erkennbar.
Das Amtsgericht Bottrop hat die Klage abgewiesen. Die allgemeinen Geschäftsbedingungen des Versicherers enthielten zwar eine Klausel, die einen Reiserücktritt bei schwerer Krankheit rechtfertige, diese müsse jedoch für den Beklagten zweifelsfrei ersichtlich sein.
Erkrankungen wie ein Magen-Darm-Infekt seien im Rahmen eines einzelnen Behandlungstermins und ohne weitergehende Analyse, nicht objektiv feststellbar. Der Arzt reagiere in diesem Fall lediglich auf die Schilderungen des Patienten.
Die Leistungspflicht der Versicherungsagentur hänge somit von den Ausführungen des Verbrauchers ab. Dies benachteilige den Versicherer, als Vertragspartner, auf eine unangemessene Art und Weise.
Ohne konkrteten Nachweis sei der ärztliche Attest gegenstandlos. Dem Kläger habe aus diesem Grund keinen Anspruch auf die Leistung des Beklagten.
Tenor:
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar
Der Kläger darf die Vollstreckung seitens der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 400,– EUR abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Tatbestand:
5. Die Parteien streiten um die Eintrittspflicht der Beklagten als Reiserücktrittsversicherer .
6. Am 22.02.2001 buchte der Kläger bei der Reisevermittlung B:.. in B… eine Flugreise in der Zeit vom 13.09.2001 bis 27.09.2001 nach Ägypten für sich und seine Ehefrau. Der Reisepreis belief sich auf umgerechnet 1.834,72 EUR. Gleichzeitig schloss der Kläger eine Reiserrücktrittskostenversicherung bei der Beklagten ab.
7. Dem Versicherungsvertrag lagen die Bedingungen für die Reiseversicherungen der E…, Reiseversicherungs Gesellschaft, Niederlassung für Deutschland, zugrunde. Wegen der Versicherungsbedingungen wird auf BI. 23 d.A. Bezug genommen.
8. Der Kläger und seine Ehefrau traten die gebuchte Reise nicht an.
9. Der Kläger wandte sich unter Vorlage der Stornoberechnung der Firma N… an die Beklagte und verlangte Ersatz der Stornokosten. Gleichzeitig legte er ein Attest des Dr. med. G… G… vor. Wegen der Einzelheiten wird auf das vorgelegte Attest (BI. 7 d.A.) Bezug genommen. Ferner legte der Kläger eine ärztliche Bescheinigung vom 29.10.2001 (BI. 25 d.A.) vor.
10. Mit Schreiben vom 11.12.2001 lehnte die Beklagte ihre Eintrittspflicht ab. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ablichtung des Schreibens (BI. 6 d.A.) Bezug genommen.
11. Der Kläger behauptet, er sei in der Nacht vom 12. auf den 13.09.2001 an Durchfall erkrankt und habe die Reise deswegen nicht antreten können. Bei dieser Erkrankung habe es sich um eine schwere Erkrankung im Sinne von § 2 Ziff. 1 der Bedingungen der Beklagten gehandelt. Der Reiseantritt sei nicht zumutbar gewesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Erklärungen des Klägers zu Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 31.07.2002 (BI. 64 – 65 d.A.) Bezug genommen.
13. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.380,49 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 12.12.2001 zu zahlen.
16. Sie bestreitet ihre Einstandspflicht, da der Kläger nicht nachweisbar von einer unerwartet schweren Krankheit betroffen gewesen sei. Die vorgelegten Atteste seien nicht ausreichend, um eine unerwartet schwere Erkrankung nachzuweisen. Die ärztlichen Feststellungen beruhten ausschließlich auf eigenen Angaben des Klägers.
17. Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugin M… L…,. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 31.07.2002 (BI. 65/66 d.A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
19. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung der vertraglich geschuldeten Stornokosten aus dem abgeschlossenen Reiserücktrittskostenversicherungsvertrag.
20. Gemäß § 2 Ziff. 1 der Versicherungsbedingungen besteht der Versicherungsschutz, wenn die planmäßige Durchführung der Reise nicht zumutbar ist, weil die versicherte Person selbst oder eine Risikoperson während der Dauer des Versicherungsschutzes von einer unerwarteten schweren Erkrankung betroffen wird. Die unerwartet schwere Erkrankung ist dabei nach § 3 Ziff. 3 der Bedingungen durch Vorlage eines ärztlichen Attestes nachzuweisen.
21. Nach der Rechtsprechung muss eine schwere Erkrankung hierbei objektiv gegeben sein, d.h. der ärztliche Verdacht der schweren Form einer Krankheit, die auch leicht verlaufen kann, genügt nicht, wenn sich keine Indizien für die schwere Form feststellen ließen (vgl. OLG München, VersR 1987, S. 1032).
22. Dem Kläger ist vorliegend nicht der Nachweis gelungen, dass er aufgrund einer schweren Erkrankung im Sinne der Bedingungen der Beklagten nicht in der Lage war, die Reise anzutreten.
23. Die vom Kläger vorgelegten Atteste sind insoweit nicht aussagekräftig. Das Attest vom 13.09.2001 (BI. 7 d.A.) beinhaltet lediglich die Aussage, dass der Kläger aufgrund einer akuten Erkrankung die geplante Reise vom 13.09.2001 bis 27.09.2001 nach Ägypten nicht antreten kann. Bezüglich der Beweisfrage, ob eine schwere Erkrankung vorliegt, ist dieses Attest damit schon unergiebig.
24. Das Attest vom 29.10.2001 enthält als Diagnose Gastroenteritis. Diese Diagnose allein sagt jedoch nichts darüber aus, ob bei dem Kläger eine schwere Erkrankung vorlag. Es ist auch denkbar, dass eine derartige Erkrankung einen leichten Verlauf nimmt, insbesondere nicht weiter behandlungsbedürftig ist. Gegen eine schwere Erkrankung spricht insbesondere auch, dass der Kläger laut dem vorgelegten Attest nicht noch einmal zur Behandlung erschien.
25. Der Kläger selbst hat im Rahmen seiner persönlichen Anhörung mitgeteilt, dass er nach Auftritt der Erkrankung lediglich 3 – 4 Tage auf dem Sofa verbracht und die mitgegebenen Medikamente eingenommen habe, jedoch keinen weiteren Arzt aufgesucht habe.
26. Die Zeugin L… hat die Angaben des Klägers zu dem Krankheitsverlauf bestätigt. Ihrer subjektiven Einschätzung zufolge hätte der Kläger die Reise nicht antreten können. Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Zeugin medizinischer Laie ist und über die Zumutbarkeit einer Flugfähigkeit nach Ägypten bei Verdacht einer Gastroenteritis naturgemäß keine Angaben machen konnte.
27. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Ziff. 11, 711 ZPO.
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