Kollision von Flugzeug und Treppenfahrzeug
AG Rüsselsheim: Kollision von Flugzeug und Treppenfahrzeug
Die Kläger hatten bei der Beklagten, einem Luftfahrtunternehmen, einen Flug von Antalya nach Frankfurt am Main gebucht. Der Flug startete allerdings erst mit sieben Stunden Verspätung, weil das Flugzeug kurz vor dem Start mit einem Treppenfahrzeug kollidierte, wodurch die Maschine beschädigt wurde und nicht planmäßig starten konnte. Die Kläger begehren von der Beklagten nun eine Zahlung der Ausgleichspauschalen gemäß Art. 7 Abs. 1 b) der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 i. H. v. EUR 400,- pro Person.
Das Amtsgericht Rüsselsheim hält die Klage für überwiegend begründet. Ein außergewöhnlicher Umstand im Sinne des Art. 5 Abs. 3 der Verordnung liege nicht vor, weil das Treppenfahrzeug mit dem Be- und Entladen der Maschine beschäftigt war und die Beklagte für diesen Vorgang verantwortlich sei. Ein außergewöhnlicher Umstand würde allerdings tatsächlich vorliegen, wenn es zu einer Kollision mit einem Treppenfahrzeug einer anderen Maschine gekommen wäre.
AG Rüsselsheim | 3 C 581/12 (31) (Aktenzeichen) |
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AG Rüsselsheim: | AG Rüsselsheim, Urt. vom 12.12.2012 |
Rechtsweg: | AG Rüsselsheim, Urt. v. 12.12.2012, Az: 3 C 581/12 (31) |
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Leitsatz:
2. Kollidiert ein Treppenfahrzeug mit einem Flugzeug zusammen, liegt kein außergewöhnlicher Umstand im Sinne des Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 vor, wenn das Treppenfahrzeug zu dem Be- und Entladen der Maschine dient.
Zusammenfassung:
3. Die Kläger hatten bei der Beklagten, einem Luftfahrtunternehmen, einen Flug von Antalya nach Frankfurt am Main gebucht. Der Flug sollte ursprünglich am 02.10.2011 um 23.00 Uhr durgeführt werden. Tatsächlich startete die betreffende Maschine aber erst sieben Stunden später. Grund dafür war eine Kollision des Flugzeugs mit einem Treppenfahrzeug, wodurch die Maschine beschädigt wurde und nicht planmäßig starten konnte.
Die Kläger begehren von der Beklagten nun eine Zahlung der Ausgleichspauschalen gemäß Art. 7 Abs. 1 b) der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 i. H. v. EUR 400,- pro Person wegen der siebenstündigen Verspätung. Außerdem sei ein Koffer bei der Kollision irreparabel beschädigt worden, weswegen die Kläger zudem Schadensersatz i. H. v. EUR 80,- fordern.
Das Amtsgericht Rüsselsheim hält die Klage für überwiegend begründet. Im vorliegenden Fall könne sich die Beklagte nicht auf einen haftungsentlassenden außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art. 5 Abs. 3 der Verordnung berufen, weil das Treppenfahrzeug mit dem Be- und Entladen der Maschine beschäftigt war und somit die Beklagte für diesen Vorgang verantwortlich ist. Ein außergewöhnlicher Umstand würde allerdings tatsächlich vorliegen, wenn es zu einer Kollision mit einem Treppenfahrzeug einer anderen Maschine gekommen wäre.
Den Schadensersatz i. H. v. EUR 80,- sah das Amtsgericht Rüsselsheim jedoch als nicht begründet an, weil die Kläger keine ausreichenden Beweise (Fotos etc.) vorgelegt hätten, die belegen, dass der Koffer tatsächlich irreparablen Schaden genommen habe. Der Wert des Koffers konnte so nicht nachgewiesen werden und der Schadensersatz ist verweigert worden.
Tenor:
4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger je 400 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 22.10.2011 zu zahlen; im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen mit Ausnahme der durch die Anrufung des unzuständigen Amtsgerichts Frankfurt am Main entstandenen Verfahrenskosten, die die Kläger alleine zu tragen haben. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten ist gestattet, eine Zwangsvollstreckung gegen Hinterlegung oder Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Forderung abzuwenden, soweit nicht die Kläger vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Tatbestand:
5. Die Parteien streiten um Ausgleichsansprüche nach der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 sowie Schadensersatz aus Beschädigung von Reisegepäck.
6. Die Kläger waren im Rahmen einer Pauschalreise bei der Beklagten als ausführendem Luftfahrtunternehmen auf den Flug von A. nach F. (DE 7461) am 02.10.2011 eingebucht. Die Beklagte führte diesen Flug nicht planmäßig um 21.10 Uhr aus, sondern mit über 7-stündiger Verspätung am 03.10.2011 um 4.00 Uhr.
7. Die Kläger begehrten vorprozessual erfolglos von der Beklagten Ausgleichszahlungen sowie Schadensersatz für einen beschädigten Reisekoffer in Höhe von 80 €. Die Beklagte wies die Zahlungsansprüche am 22.10.2011 zurück.
8. Die Kläger behaupten, der streitgegenständliche Koffer sei durch Aufschlitzen irreparabel beschädigt worden. Er sei erst 6 Monate alt gewesen und habe einen Kaufpreis von 120 € gehabt. Der Zeitwert betrage daher 80 €.
10. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu 1) 480 € und an die Klägerin zu 2) 400 € jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19.10.2011 zu zahlen.
13. Die Beklagte behauptet, das für den streitgegenständlichen Flug vorgesehene Flugzeug sei im Rahmen eines Umlaufes auf der Route Duisburg – Stuttgart – Antalya – Frankfurt am Main nach der Landung in Stuttgart beschädigt worden. Ein Treppenfahrzeug sei gegen einen Flügel des Fluggeräts gefahren und habe diesen strukturell beschädigt. Es sei daher ein Ersatzfluggerät eingeflogen worden, um den weiteren Flugumlauf sicherzustellen.
14. Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
15. Die Klage ist überwiegend begründet.
16. Die Kläger haben im zuerkannten Umfange einen Anspruch auf Zahlung der ausgleichspauschalen gemäß Art. 7 Abs. 1 b) der Verordnung (EG) Nr. 261/2004.
17. Unstreitig wurde der Flug Antalya – Frankfurt am Main (DE 7461) am 01.10.2011 nicht planmäßig ausgeführt. Aufgrund der 7-stündige Abflugverspätung haben die Kläger nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 18.02.2010, Az.: Xa ZR 95/06) gegen die Beklagte als ihre Fluggäste einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen im zuerkannten Umfange.
18. Diesem Ergebnis steht nicht entgegen die Einlassung der Beklagten, das für den streitgegenständlichen Flug vorgesehene Fluggerät sei im Vorumlauf in Stuttgart beschädigt worden. Nachdem die Kläger diese Einlassung der Beklagten bestritten haben, war die Beklagte zu näheren Darlegungen des Vorfalls verpflichtet. Insoweit ist nämlich von der Beklagten nicht vorgetragen worden, ob der behauptete Unfall mit einem Treppenfahrzeug im Rahmen der Ausübung des normalen Flugbetriebes ( Schaffung eines Zugangs zum Flugzeug; z.B. für das Reinigungspersonal oder die Fluggäste und dgl. ) bei dem für den streitgegenständlichen Flug vorgesehene Fluggerät erfolgte oder nur beiläufig. Soweit nämlich das Treppenfahrzeug und dessen Heranfahren an das Fluggerät zum Be-und Entladen diente, wäre die Kollision dem normalen in die Risikosphäre der Luftfahrtgesellschaft fallenden Flugbetrieb zuzuordnen. Die Tätigkeit des Betreibers des Treppenfahrzeuges wäre insoweit als Tätigkeit eines Erfüllungsgehilfen der Luftfahrtgesellschaft einzuordnen, um nämlich die Durchführung der Flugreise zu ermöglichen. Anders wäre die Sachlage nur zu beurteilen, wenn ein abgestelltes Fluggerät durch ein zufällig vorbeikommendes Fahrzeug beschädigt wird, ohne dass letzteres der Fluggesellschaft zur Erfüllung ihrer Tätigkeiten im Rahmen ihres normalen Flugbetriebes dient.
19. Der streitgegenständliche Vorfall kann daher nicht als außergewöhnlicher Umstand im Sinne von Art. 5 Abs. 3 der Verordnung eingestuft werden. Damit kann sich die Beklagte nicht entlasten.
20. Der Kläger zu 1) hat jedoch keinen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz wegen der behaupteten Beschädigung von Reisegepäck. Die Beklagte hat die diesbezüglichen Umstände bestritten, so dass der Kläger zu 1) nicht nur für die Beschädigung als solches, sondern auch für Grund und Höhe des geltend gemachten Schadensersatzanspruches beweispflichtig ist. Weder die vom Kläger vorgelegten Fotos eines beschädigten Gepäckstückes noch die Kopie des Berichts über die Beschädigung an aufgegebenem Gepäck können diesen Nachweis führen. Es handelt sich insoweit um Privaturkunden, deren Beweiswert sich nach § 416 ZPO bestimmt. Insbesondere ist der geltend gemachte Zeitwert von 80 € nicht nachgewiesen. Die Klage war daher insoweit abzuweisen.
21. Der Zinsanspruch ist aus dem Zahlungsverzug der Beklagten begründet (§§ 286 ff BGB). Verzug ist jedoch erst mit der Ablehnung der Beklagten am 22.10.2011 eingetreten. Die einseitige Fristsetzung in einem Forderungsschreiben führt nicht zum Verzug gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Insoweit bedarf es einer Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner über die kalendermäßig bestimmten Leistungszeitpunkt. Wegen der Zinsmehrforderung war die Klage gleichfalls abzuweisen.
22. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 2, 281 Abs. 3 ZPO.
23. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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