Kein Ausgleichsanspruch wegen kurzer Verspätung

AG Frankfurt: Kein Ausgleichsanspruch wegen kurzer Verspätung

Ein Fluggast nimmt eine Fluggesellschaft auf Zahlung einer Entschädigung wegen einer Verspätung in Anspruch. Der Fluggast buchte seine Flüge selber, wobei er zwischen den Flügen lediglich 2 Stunden berechnet hat. Der Teilflug zum Zwischstop traf allerdings mit einer  Stunde Verspätung ein, wodurch der Fluggast den Anschlussflug nicht mehr erreichen konnte.
Das Gericht entschied die Klage abzuweisen, da die Verspätung von 1 Stunde lediglich eine Unannehmlichkeit darstellt und von dem Fluggast eingeplant werden müsse. ausführende Fluggesellschaft auf. Das Gericht wies somit die Klage ab.

AG Frankfurt 31 C 745/10 (Aktenzeichen)
AG Frankfurt: AG Frankfurt, Urt. vom 16.06.2010
Rechtsweg: AG Frankfurt, Urt. v. 16.06.2010, Az: 31 C 745/10
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Amtsgericht Frankfurt

1. Urteil vom 16.06.2010

Aktenzeichen: 31 C 745/10 (16)

Leitsätze:

2. Eine Entschädigung wegen einer Verspätung ist erst ab 2 Stunden zu zahlen, vorher ist es nur eine Unanehmlichkeit mit welcher der Reisende rechnen muss.

Das Montrealer Abkommen trifft nur bei Mitgliedstaaten in ein anderes Land zu, bei Flügen innerhalb eines Landes nicht.

Zusammenfassung:

3. Im vorliegenden Fall buchten die Kläger für sich und ihre Kinder eine Reise nach Ägypten. Die Reise sollte Hurghada über Kairo nach Zürich gehen.  Die Kläger buchten die Flüge selber und der Rückflug war für den 17.10.2009 angedacht. Der erste Teilflug traf mit einer Stunde Verspätung am Zwischenstop in Kairo ein, wodurch die Kläger den Anschlussflug von Kairo nach Zürich nicht mehr schafften.  Das Flugzeug war zwar och nicht losgeflogen, aber die Zeit zum umsteigen und erneuten einchecken war bis 15.05 nicht möglich.  Die Beklagte bot den Klägern daher einen Voucher für 24 Stunden Hotel, Frühstück und Lunch an.  Die Kläger blieben 3 Tage, da der nächste Flug nach Zürich erst am 20. 10. 2009 startete. Die Kläger erheben daher Anspruch auf die Übernahme der restlichen 2 Tag der Hotelkosten und eine Entschädigung wegen Verspätung des ersten Teilfluges durch die Beklagte.

Das Gericht entschied die Klage abzuweisen, da es sich um einen Flug innerhalb von Ägypten handelte und hierfür das Montrealer Übereinkommen nicht zutreffe. Des Weiteren sei die Umstiegszeit durch die Kläger zu knapp bemessen gewesen und die Wartezeit stelle lediglich eine Unannehmlichkeit da. Erst ab einer Wartezeit von 2 Stunden kann von einer Verspätung mit Ausgleichszahlung ausgegangen werden.

Tenor:

4. Die Klage wird abgewiesen.

 Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

 Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

5. Die Parteien streiten um Schadenersatz- und Entschädigungsansprüche wegen eines verspäteten Fluges in Höhe von insgesamt 4.536,31 Euro.

6. Die Kläger buchten über … unter anderem bei der Beklagten einen Flug von Kairo nach Hurghada für sich und die drei Kinder für den 10.10.2009 und einen Rückflug Hurghada nach Kairo für den 17.10.2009. Es wird auf die diesbezügliche Rechnung, Bl. 5 f. d. A., Bezug genommen.

7. Die Kläger behaupten, als Ankunftszeit in Kairo (Rückflug) sei 13:10 Uhr vereinbart gewesen.

8. Tatsächlich landeten die Kläger und ihre Kinder in Kairo um 14:15 Uhr. Der bei einer anderen Fluggesellschaft gebuchte Anschlussflug nach Zürich ging um 15:05 Uhr.

9. Die Kläger behaupten, sie hätten wegen dem erforderlichen Einchecken den Anschlussflug nicht mehr erreicht.

10. Sie flogen erst am 20.10.2009 nach Zürich weiter, wobei sie behaupten, dass es sich hierbei um die nächste freie Flugmöglichkeit gehandelt habe.

11. In Kairo erhielten die Kläger von der Beklagten einen Voucher für 24 Stunden Hotel, … Frühstück und Lunch.

12. Die Beklagte lehnte jedoch eine darüber hinausgehende Kostenübernahme ab.

13. Die Kläger begehren nunmehr die Erstattung von weiteren Hotelkosten für ihre Kinder und sich selbst in Höhe von insgesamt 722 Euro, zusätzliche Kosten für das Parkhaus in D in Höhe von 33,50 Euro, einen Lohnausfall für den Kläger in Höhe von 545,36 Euro und für die Klägerin in Höhe von 235,45 Euro sowie die Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 600 Euro für jede Person.

14. Die Kläger behaupten im Übrigen, ihre Kinder hätten ihre Ausgleichsansprüche an sie abgetreten.

15. Der Kläger haben zunächst beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 4.536,31 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.12.2009 zu zahlen.

16. Nunmehr beantragen sie,

17. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger als Gesamtgläubiger 3.755,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.12.2009 zu zahlen;

18.  die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 235,45 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem 4.12.2009 zu zahlen;

19.  die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 545,36 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.12.2009 zu zahlen.

20. Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

21 Die Beklagte behauptet insbesondere, dass eine Ankunftszeit nicht zugesichert worden sei. Die Kläger hätten im Rahmen der von ihnen selbst gebuchten Flüge die Umsteigezeiten zu knapp geplant.

22. Bezüglich des weiteren Parteivortrages wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und auf das Sitzungsprotokoll vom 26.5.2010 (Bl. 48 f. d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

23. Die zulässige Klage ist unbegründet.

24. Die örtliche Zuständigkeit des AGs Frankfurt ergibt sich aus § 21 ZPO.

25. Die Kläger haben gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung eines Schadenersatzes in Höhe von insgesamt 1.536,31 Euro. Der klägerische Vortrag legt einen Schadenersatzanspruch nicht dar. Das gilt schon deshalb, weil es an einem Vortrag zum anzuwendenden Recht fehlt. Die Kläger haben insofern nicht vorgetragen, ob die Parteien gem. Art. 27 Abs. 1 EGBGB das anzuwendende Recht gewählt haben oder ob sich das anzuwendende Recht nach Maßgabe von Art. 28 EGBGB, da Art. 29 EGBGB auf den in Rede stehenden Beförderungsvertrag nicht anwendbar ist, bestimmt. Abgesehen davon haben die Kläger auch nicht dargelegt, ob das gegebenenfalls anzuwendende ägyptische Recht einen Schadenersatzanspruch im vorliegenden Fall vorsieht ( vgl. OLG Frankfurt am Main v. 10.9.2008, Az. 19 U 212/06 ).

26. Sollte deutsches Recht anwendbar sein, könnte dahinstehen, ob die erforderliche Aktivlegitimation jeweils gegeben ist, da es bereits an den Voraussetzungen der §§ 634 Nr. 4, 636, 280 f. BGB mangeln würde.

27. Art. 19 des Montrealer Übereinkommens wäre bereits nicht anwendbar. Zwar ist Ägypten Mitglied des Montrealer Übereinkommens, jedoch handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Flug um einen innerstaatlichen Flug, womit der Anwendungsbereich des Montrealer Übereinkommens (Art. 1 Abs. 1 des Montrealer Übereinkommens) nicht eröffnet wäre. Unerheblich ist, dass die Kläger einen Anschlussflug nach Zürich geplant hatten. Denn bei dem „Flug“ im Sinne des Montrealer Übereinkommens handelt es sich nicht um die gesamte Flugreise, bezeichnet vielmehr lediglich die einzelne Einheit an der Luftbeförderung, die von einem Luftfahrtunternehmen durchgeführt wird ( vgl. die Ausführungen zur EG-VO 261/2004 in BGH NJW 2009, 2743 ff. ).

28. Mithin wäre das Gewährleistungsrecht des § 634 BGB anwendbar. Indes würde es selbst unter Zugrundelegung des klägerischen Vortrags, dass der bei der Beklagten gebuchte Flug nicht wie geplant um 13:10 Uhr ankam, sondern erst um 14:15 Uhr, an einem Mangel fehlen.

29. Denn auch im Werkvertragsrecht ist für eine erhebliche Flugverspätung erforderlich, dass dem Fluggast eine Verspätung nicht mehr zuzumuten ist. Solange dem Fluggast das Warten auf den gebuchten Flug zuzumuten ist, kann noch nicht von einer Leistungsstörung ausgegangen werden und es liegt eine ersatzlos hinzunehmende Unannehmlichkeit vor. Unter Berücksichtigung, dass nach Art. 6 der EG-Ausgleichsverordnung Nr. 261/2004 eine Verspätung selbst bei Kurzstrecken bis zu 1.500 km erst nach 2 Stunden vorliegt und eine Gleichbehandlung sachgerecht ist, muss eine Verspätung von bis zu 2 Stunden – bereits unabhängig von der Flugstrecke – als bloße Unannehmlichkeit ersatzlos hingenommen werden ( vgl. Führich, Reiserecht, 5. Aufl. 2005, § 45, Rn. 1042 m. w. N., 1056 ff. m. w. N. ). Dies gilt vorliegend insbesondere deshalb, weil der Anschlussflug nicht bei der Beklagten sondern bei einer anderen Fluggesellschaft gebucht wurde und die Beklagte daher bereits keine Kenntnis bzgl. des Anschlussfluges haben konnte.

30. Die Kläger hätten gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 600 Euro pro Person.

31. § 651 Abs. 2 BGB wäre nicht anwendbar, da streitgegenständlich nicht ein Reisevertrag sondern lediglich ein Luftbeförderungsvertrag ist.

32. Art. 6 der EG-Ausgleichsverordnung 261/2004 wäre nicht anwendbar, da der Anwendungsbereich der Verordnung (Art. 3 der Verordnung) nicht eröffnet ist.

33. Das Gewährleistungsrecht des Werkvertragsrechts sieht eine pauschale Entschädigung bzw. Ausgleichszahlung nicht vor.

34. Auch diesbezüglich könnte mithin insbesondere die Frage der Aktivlegitimation dahingestellt bleiben.

35. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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