Mängelrüge vor Ort

AG Duisburg: Mängelrüge vor Ort

Weil sein Hotelzimmer nicht den Angaben des Veranstalters entsprach, fordert ein Reisender 2 Monate nach Beendigung des Urlaubs eine Preisminderung. Die einmonatige Frist zur Geltendmachung eines solchen Anspruchs sieht er als gewahrt an, weil er bereits vor Ort im Urlaub auf die Unzulänglichkeiten hingewiesen hatte.

Das Amtsgericht Duisburg hat die Klage abgewiesen. Zur Wahrung eines Anspruchs auf Preisminderung habe die Mängelrüge erst nach Beendigung des Urlaubs zu erfolgen. Der fragliche Anspruch sei folglich verfristet.

AG Duisburg 52 C 558/10 (Aktenzeichen)
AG Duisburg: AG Duisburg, Urt. vom 02.06.2010
Rechtsweg: AG Duisburg, Urt. v. 02.06.2010, Az: 52 C 558/10
Fragen & Antworten zum Thema
Verwandte Urteile
Weiterführende Hinweise und Links
Hilfe und Beratung bei Fragen

Amtsgericht Duisburg

1. Urteil vom 02. Juni 2010

Aktenzeichen: 52 C 558/10

Orientierungssatz

2. Eine Mängelrüge vor Ort gegenüber der örtlichen Reiseleitung genügt nicht zur Einhaltung der Frist gemäß § 651g Abs. 1 BGB.

Zusammenfassung:

3. Ein Urlauber buchte bei einem Reiseunternehmen einen Hotelaufenthalt. Weil sowohl das Zimmer, als auch das Hotelgelände, nicht den Beschreibungen in der Urlaubsbroschüre entsprachen, fordert der Reisende nun eine nachträgliche Preisminderung wegen eines Reisemangels im Sinne von §651c BGB.
Der beklagte Reiseveranstalter weigert sich der Zahlung. Abgesehen davon, dass die gerügten Abweichungen keinen Reisemangel begründen würden, hätte der Kläger die Frist zur Geltendmachung eines solchen Anspruchs verstreichen lassen.

Das Amtsgericht Duisburg hat die Klage abgewiesen. Es könne dahin stehen, ob der geltend gemachte materiell-rechtliche Anspruch auf Reisepreisminderung vorliegend gegeben sei. Nach §651 g BGB habe der Reisende die Mängel im Zeitraum von einem Monat nach Beendigung der Reise anzuzeigen. Eine Anzeige während der Reise sei stets als Forderung zur Nachbesserung zu sehen, wohingegen eine Anzeige im Anschluss an die Reise einen Minderungsanspruch begründen könne. Da der Kläger seine Ansprüche jedoch erst 2 Monate nach Beendigung der Reise geltend machte, stehe ihm der fragliche Anspruch vorliegend nicht zu

Tenor

4. Die Klage wird abgewiesen

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand

5. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen, weil ein Rechtsmittel gegen dieses Urteil nicht gegeben ist.

Entscheidungsgründe

6. Die Klage hat keinen Erfolg; sie ist zwar zulässig, aber unbegründet.

7. Der Kläger hat gegen die Beklagte keine Ansprüche auf Zahlungen im Zusammenhang mit der bei der Beklagten gebuchten Reise nach Kreta/Griechenland.

8. Dabei kann dahinstehen, inwiefern wegen einer Minderung des Reisepreises gemäß §§ 651 d Abs. 1, 638 Abs. 3 BGB oder wegen Schadensersatz gemäß § 651 f Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Erstattung eines Teils des Reisepreises in Betracht gekommen wäre, weil ein solcher bereits gemäß § 651 g Abs. 1 BGB ausgeschlossen ist.

9. Danach sind Ansprüche nach den §§ 651 c bis 651 f BGB innerhalb eines Monats nach der vertraglich vorgesehenen Beendigung der Reise gegenüber dem Reiseveranstalter geltend zu machen; nach Ablauf der Frist kann der Reisende nur Ansprüche geltend machen, wenn er ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist verhindert worden ist. Auf die Erforderlichkeit einer Anspruchsanmeldung i.S.v. § 651 g BGB wurde der Kläger auch bereits in der prozessleitenden Verfügung hingewiesen.

10. Der Kläger hat die Ausschlussfrist des § 651 g Abs. 1 BGB versäumt. Da die Reise am 14.08.2009 beendet war, hätten Ansprüche bis zum 14.09.2009 geltend gemacht werden müssen; tatsächlich ist eine Anspruchsanmeldung unstreitig erst mit anwaltlichem Schreiben vom 22.10.2009 erfolgt. Umstände, aufgrund derer dieses Fristversäumnis als unverschuldet anzusehen sein könnte, hat der Kläger bereits selbst nicht behauptet.

11. Der Ansicht des Klägers, ein Anspruchsanmeldeschreiben nach Beendigung der Reise sei im vorliegenden Fall nicht erforderlich kann nicht gefolgt werden, denn eine Mängelrüge vor Ort gegenüber der örtlichen Reiseleitung genügt nicht zur Einhaltung der Frist gemäß § 651 g Abs. 1 BGB. Bereits aus dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift ergibt sich, dass die Anspruchsanmeldung nach Beendigung der Reise zu erfolgen hat, mithin nicht bereits während der Reise. Hiermit gibt der Gesetzgeber klar zum Ausdruck, dass zwischen der Mängelrüge vor Ort und der Anspruchsanmeldung deutlich zu trennen ist (vgl. Führich, Reiserecht, 5. Aufl. [2005], Rn. 449).

12. Aber auch wenn man in Übereinstimmung mit dem Bundesgerichtshof von der Möglichkeit einer Anspruchsanmeldung bereits während der Reise ausgeht, sind die entsprechenden Voraussetzungen hierfür im vorliegenden Fall nicht gegeben. Denn auch in diesem Fall ist eine strikte Trennung der Mängelanzeige und der Anspruchsanmeldung zu fordern. Der Reisende muss über die Mängelanzeige hinaus eindeutig und vorbehaltslos Gewährleistungsansprüche geltend zu machen. Es muss für den Reiseveranstalter eindeutig erkennbar sei, dass der Reisende über die Abhilfe vor Ort hinaus Gewährleistungsrechte geltend macht. Dies ist dem Vortrag des Klägers indes nicht zu entnehmen. Der Kläger trägt nicht vor, wann, wer, wem gegenüber im Einzelnen welche Gewährleistungsansprüche eindeutig geltend gemacht haben will. Darüber hinaus genügt jedenfalls eine Anspruchsanmeldung gegenüber der örtlichen Reiseleitung nicht den Anforderungen des § 651 g Abs. 1 BGB, denn Adressat der Anspruchsanmeldung ist der Reiseveranstalter im Inland (vgl. Führich, Reiserecht, 5. Aufl. [2005], Rn. 446 und 448). Zweck der Vorschrift ist es den Veranstalter im inländischen Organisationsbereich mitzuteilen, dass Mängel vorlagen und auf Grund derer Gewährleistungsansprüche geltend gemacht werden. Die Rüge bzw. Mängelanzeige gegenüber der örtlichen Reiseleitung hat hingegen den Zweck die Möglichkeit einer Abhilfe zu schaffen. Es handelt sich somit um zwei grundsätzlich voneinander zu unterscheidende Zwecke und Organisationsbereiche des Reiseveranstalters.

13. Schließlich genügt auch die von dem Kläger behauptete Anspruchsanmeldung durch die Eltern des Klägers nicht, denn diese waren bereits nicht Vertragspartner der Beklagten. Die Anspruchsanmeldung hat indes von dem Vertragspartner, also dem Kläger, oder durch eine Bevollmächtigten zu erfolgen (vgl. Führich, Reiserecht, 5.Aufl. [2005], Rn. 452 ff). Dass die Eltern des Klägers hierzu bevollmächtigten waren und dies gegenüber der Beklagten offenkundig gemacht haben ist nicht ersichtlich. Darüber hinaus ist auch diesbezüglich nicht substantiiert vorgetragen, wann, wer, wem gegenüber im Einzelnen welche Gewährleistungsansprüche eindeutig geltend gemacht haben will.

14. In Ermangelung eines Anspruchs in der Hauptsache, steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltsgebühren zu.

15. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 713 ZPO.

16. Anlass zur Zulassung der Berufung i.S. von § 511 Abs. 4 ZPO besteht nicht. Die Angelegenheit hat keine grundsätzliche Bedeutung; auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts.

17. Streitwert: 329,40 Euro.

Fragen zu diesem Urteil? Diskutiere in unserem Forum.

Fragen & Antworten zum Thema

Fragen & Antworten zum Thema: AG Duisburg: Mängelrüge vor Ort

Verwandte Entscheidungen

BGH, Urt. v. 11.01.2005, Az: X ZR 163/02
LG Frankfurt, Urt. v. 24.01.2008, Az: 2-24 S 96/07
LG Duisburg, Urt. v. 23.06.2005, Az: 12 S 9/05

Berichte und Besprechungen

Spiegel: Was bei Reisemängeln zu holen ist
Focus: Geld zurück bei Reisemängeln
Stiftung Warentest: Reisemängel: Erfolgreich reklamieren
Forum Fluggastrechte: Mängelrügen im Anschluss an den Urlaub
Passagierrechte.org: Keine Reisepreisminderung bei Mängelrüge vor Ort

Rechtsanwälte für Reiserecht

Hilfe bei rechtlichen Fragen: Rechtsanwälte für Reiserecht oder Rechtsanwälte für Fluggastrechte.