Flugverspätung wegen langer Warteschlange bei der Sicherheitskontrolle am Flughafen

LG Bonn: Flugverspätung wegen langer Warteschlange bei der Sicherheitskontrolle am Flughafen

Eine Flugreisende verpasste ihren Flug aufgrund einer langen Warteschlange an der Gepäckkontrolle. Ihre Schadensersatzklage gegen den Flughafenbetreiber wurde abgewiesen, da sie keinen Organisationsfehler seinerseits nachwies.

LG Bonn 1 O 155/18 (Aktenzeichen)
LG Bonn: LG Bonn, Urt. vom 10.10.2018
Rechtsweg: LG Bonn, Urt. v. 10.10.2018, Az: 1 O 155/18
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Landgericht Bonn

1. Urteil vom 10. Oktober 2018

Aktenzeichen 1 O 155/18

Leitsatz:

2. Um einen Schadensersatzanspruch für einen aufgrund langer Wartezeit bei der Gepäckkontrolle verpassten Flug zu begründen, obliegt dem Fluggast nachzuweisen, dass die Verzögerung auf einem Organisationsverschulden der Flughafengesellschaft beruht.

 Zusammenfassung:

3. Die Klägerin hatte für sich und ihren Lebensgefährten einen Flug gebucht, der am 19. Mai 2017 um 21:30 Uhr starten sollte. Um 20 Uhr an diesem Tag fanden sich die Reisenden nach dem Check-In zur Sicherheitskontrolle ein. Aufgrund einer Warteschlange von 100 Personen dauerte diese so lang, dass sie den Flug verpassten. Daher forderte die Klägerin Schadensersatz von der Flughafengesellschaft und behauptete, sie habe ihre Amtspflicht verletzt.

Die Klage wurde abgewiesen. Zur Begründung führte das Landgericht Bonn aus, dass die Klägerin kein Organisationsverschulden der Beklagten nachgewiesen hatte. Die Rechtmäßigkeit der Kontrolle hatte sie nicht in Frage gestellt. Außerdem sei die Dauer von Kontrollen nicht immer vorhersehbar. Daher bestand kein Anspruch auf Schadensersatz.

Tenor:

4. Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

5. Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Amtshaftungsanspruch wegen der Versäumung eines Fluges aufgrund von Sicherheitsmaßnahmen am Flughafen L/C geltend.

6. Die Klägerin und der Zeuge T hatten für den 19.05.2017, 21:30 Uhr bei der Fluggesellschaft S einen Flug von L/C nach N gebucht. Die Klägerin und der Zeuge T erreichten diesen Flug nicht, wobei die Umstände, die dazu führten, im Einzelnen streitig sind.

7. Mit Schreiben vom 20.06.2017 forderte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Beklagte zum Ausgleich der Schäden auf (Anlage K 8). Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 04.10.2017 ab.

8. Die Klägerin behauptet, sie und der Zeuge T seien gut 1,5 Stunden vor dem Abflug mit dem Check-in fertig gewesen. Um 20:00 Uhr hätten sie sich zur Sicherheitskontrolle begeben. Es sei jedoch nur eine Spur von der Flughafenhalle in den Sicherheitsbereich geöffnet gewesen. Auf dem Weg zur Sicherheitskontrolle habe sich eine Warteschlange von mehr als 100 Personen gebildet. Im Sicherheitsbereich seien nur drei Scanner in Betrieb gewesen, so dass nur drei Kontrollspuren geöffnet gewesen seien. Sie habe Mitarbeiter des Flughafens wegen der nahenden Abflugzeit um Priorisierung gebeten, was jedoch abgelehnt worden sei. Eine Mitarbeiterin des Sicherheitspersonals habe mitgeteilt, dass Personalmangel herrsche, S jedoch über die Verspätung informiert sei. Um 21:05 hätten sie und der Zeuge T die Kontrolle passiert. Sodann seien sie zum Boardingschalter gerannt, allerdings sei das Boarding bereits abgeschlossen gewesen.

9. Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte treffe ein Organisationsverschulden, da die Sicherheitskontrolle am 19.05.2017 zwischen 20:00 Uhr und 21:00 Uhr so schlecht organisiert gewesen sei, dass sie und der Zeuge T den Boardingschalter nicht rechtzeitig erreicht hätten. Die eingesetzten Kontrollspuren seien nicht ausreichend gewesen, um das Passagieraufkommen in angemessener Zeit zu erledigen.

10. Die Klägerin behauptet weiter, sie habe für den 20.05.2017, 06:50 Uhr einen Flug von E nach N zu einem Preis von 540,58 € gebucht. Die Fahrt nach E hätten sie mit der DB angetreten, seien jedoch nur bis zum Ler Hbf gekommen, da an diesem Abend keine Bahn mehr zum Eer Hbf gefahren sei. Daher hätten sie von L Hbf bis E Hbf ein Taxi nehmen müssen. Für die Bahnfahrt macht die Klägerin Kosten in Höhe von 22,80 € (Anlage K 4) und für die Fahrt mit dem Taxi in Höhe von 105,00 € (Anlage K 5) geltend. Für die nicht in Anspruch genommene Übernachtung auf N sei ihr ein Schaden in Höhe von 62,08 € entstanden. Für zusätzliche Verpflegung habe sie 7,78 € aufgewendet.

11. Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 738,24 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.06.2017 zu zahlen.

12. Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

13. Sie meint, eine Organisationspflichtverletzung treffe sie nicht, da die Zuführung und Lenkung der Passagiere zu den jeweiligen Kontrollstellen nicht zum Sicherheitsbereich im Sinne des LuftSiG gehöre. Diese liege im Aufgabenbereich des Flughafenbetreibers.

14. Im Übrigen habe sie am Flughafen L/C die Prozesse der Passagierabfertigung durch alle beteiligten Institutionen professionell vorbereitet und ständig überwacht. Die Beklagte behauptet, die im Einzelnen dargelegten Maßnahmen würden eine Wartezeit von 60 Minuten oder mehr ausschließen. Wartezeiten von 30 Minuten seien selten und lägen in der Regel aufgrund von unvorhersehbaren Ereignissen vor. Am 19.05.2017 um 20:00 Uhr seien im vom öffentlichen Bereich des Flughafens durch eine Glasabtrennung abgeteilten Sicherheitsbereich 3 Linien mit jeweils 2 Kontrollspuren geöffnet gewesen. Ab 21:00 Uhr seien wegen der geringeren Anzahl von Passagieren noch 2 Linien mit 2 Kontrollspuren geöffnet gewesen.

15. Die Beklagte behauptet weiter, am 19.05.2017 sei eine durchschnittliche Wartezeit von 5 Minuten im Terminal 2 protokolliert worden. Ab ca. 18:00 Uhr sei diese auf 20 Minuten, in der Zeit von 20:00 bis 21:00 Uhr auf 30 Minuten angestiegen. Im Übrigen hätten die Klägerin und der Zeuge T das Boarding auch bei Verlassen der Sicherheitskontrolle um 21:05 Uhr noch rechtzeitig erreichen können, da der Flugsteig 20 Minuten vor Abflug schließe und das hier maßgebliche Gate zu Fuß 2-3 Minuten von der Sicherheitskontrolle entfernt liege.

16. Die Beklagte bestreitet den klägerseits vorgetragenen Zeitablauf sowie die Uhr- und Wartezeiten mit Nichtwissen.

17. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 19.09.2018 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

18. Die Klage ist unbegründet.

1.

19. Der Klägerin steht wegen der am 19.05.2017 durchgeführten Sicherheitskontrolle kein Schadensersatz aus § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB, Art 34 Satz 1 GG zu, da sie nicht hinreichend dargelegt hat, dass die Beklagte eine Amtspflicht schuldhaft verletzt hat, die für ihren Schaden ursächlich geworden wäre.

20. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 LuftSiG ist die Luftsicherheitsbehörde befugt, Passagiere, die den Abfertigungsbereich eines Flughafens betreten wollen, und das von ihnen mitgeführte Handgepäck zu durchsuchen. Damit soll die Befolgung des Verbots in § 11 Abs. 1 LuftSiG, gefährliche Gegenstände mitzuführen, sichergestellt werden. Gemäß § 5 Abs. 2 LuftSiG können Personen unter den dort genannten Voraussetzungen angehalten werden. Damit müssen die Maßnahmen nach § 5 LuftSiG dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen (vgl. OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 19.01.2017 – 1 U 139/15; LG Düsseldorf, Urteil vom 15.05.2018 – 2b O 179/15, Bl. 58 ff. d.A.). Die Sicherheitskontrolle, die eine hoheitliche Aufgabe darstellt, wurde vorliegend von einem privaten Dienstleister übernommen, der insoweit als Beliehener tätig wird (§ 16a Abs. 1 Nr. 1 LuftSiG).

21. Die Klägerin stützt ihren Anspruch jedoch vorliegend nicht auf die durchgeführte Überprüfung nach § 5 LuftSiG, da sie weder die Rechtmäßigkeit noch die Dauer der konkreten Kontrollmaßnahme (z.B. das ordnungsgemäße Funktionieren der Scanner) in Frage stellt. Auch trägt sie nicht vor, dass die Überprüfung ihrer Person oder des Zeugen T zu einer erheblichen Verzögerung geführt hätte. Die Versäumung des Fluges beruht nach dem Klägervortrag vielmehr darauf, dass die Wartezeit zwischen erfolgtem Check-In und der Sicherheitskontrolle unzumutbar lang gewesen sei und sich vor der Sicherheitskontrolle eine Warteschlange von mehr als 100 Personen gebildet habe.

22. Die Klägerin hat nicht hinreichend dargelegt, dass die Beklagte eine ihr obliegende Amtspflicht verletzt hat, indem sie ihrer Organisationspflicht schuldhaft nicht nachgekommen ist. Es fehlt an einer hinreichenden Darlegung, dass am 19.05.2017 ein Organisationsmangel der Beklagten vorlag, der dazu führte, dass die Klägerin und der Zeuge T den Flug verpasst haben.

23. Für die Frage nach einem Organisationsmangel kann nicht lediglich auf die Zeit abgestellt werden, die ein Passagier bis zur eigentlichen Personen- und Handgepäckkontrolle warten muss. Denn es ist bereits nicht von vornherein absehbar, wie lange die einzelnen Kontrollen andauern werden. Die voraussichtlich zu erwartende Anzahl an Passagieren ist dabei ein zu berücksichtigender Parameter. Je nach Andrang, Zahl der Kontrollstellen und Geschwindigkeit der Kontrollen kann es zu erheblichen Verzögerungen kommen. Auf derartige Verzögerungen im Ablauf muss sich jeder Fluggast einstellen und Wartezeiten entsprechend einkalkulieren. Hierauf beruhen auch die allgemein bekannten Empfehlungen der Fluggesellschaften und Flughafenbetreiber. Vorliegend findet sich in den klägerseits vorgelegten Reiseunterlagen der Hinweis, dass sich Passagiere für den Fall, dass das Einchecken – wie hier – am Flughafen erfolgen soll, mindestens 2 Stunden vor Abflug am Abfertigungsschalter einzufinden haben (Bl. ## d.A.).

24. Allerdings haben die Sicherheitsbehörden die Kontrollen zweckmäßig zu organisieren und Personal in ausreichender Zahl einzusetzen (OLG Frankfurt, a.a.O.; LG Düsseldorf, a.a.O.). Dass die Beklagte diese Pflicht verletzt hat, hat die Klägerin indes nicht dargelegt.

25. So ist nicht dargelegt, dass es etwa auch vor dem 19.05.2017 schon wiederholt zu über das hinzunehmende Maß hinausgehende Verzögerungen bei den Sicherheitskontrollen am L/Cer Flughafen gekommen ist. Die Klägerin trägt vor, im Sicherheitsbereich seien nur drei Scanner zur Taschen- und Körperkontrolle in Betrieb gewesen. Die Beklagte behauptet, am 19.05.2017 um 20:00 Uhr seien im Sicherheitsbereich 3 Linien mit jeweils 2 Kontrollspuren geöffnet gewesen. Ab 21:00 Uhr seien wegen der geringeren Anzahl von Passagieren noch 2 Linien mit 2 Kontrollspuren geöffnet gewesen. Die durchschnittliche Wartezeit am 19.05.2017 sei ab ca. 18:00 Uhr mit 20 Minuten protokolliert worden, in der Zeit von 20:00 bis 21:00 Uhr mit 30 Minuten (vgl. die Anlagen zum nicht nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten vom 24.09.2018 (Bl. ## f. d.A.). Punktuelle Änderungen gegenüber dem vom Flughafen prognostizierten und von der Beklagten als Planungsgrundlage genommenen Passagieraufkommen und damit verbundene Verzögerungen auch in dem von der Klägerin behaupteten Umfang vermögen indes noch keine Amtspflichtverletzung zu begründen (vgl. Urteil der Kammer vom 09.03.2016 – 1 O 435/15). Auch der Vortrag, es habe Personalmangel bestanden, verfängt vorliegend nicht. Denn die zitierte Aussage der Mitarbeiterin des Sicherheitspersonals des Flughafens zu einem angeblichen Personalmangel im Bereich der Kontrolle bezog sich nach dem Vortrag der Klägerin allein darauf, dass eine Priorisierung von Passagieren nicht möglich sei, S aber über die Verspätung informiert sei. Auch die klägerseits im Rahmen der persönlichen Anhörung wiedergegebene Aussage eines Mitarbeiters der Sicherheitskontrolle „dass das nicht schneller gehe und man habe Personalmangel“, führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Denn eine Aussage des Mitarbeiters über die Organisation der Sicherheitskontrolle aller Fluggäste im Allgemeinen behauptet die Klägerin nicht.

26. Im Übrigen hat die Klägerin nicht hinreichend darzulegen vermocht, dass ein Organisationsverschulden der Beklagten haftungsbegründend kausal für die Verzögerung und damit für das Nichterreichen des Fluges war. Der Zurechnungszusammenhang zwischen dem Verhalten des Schädigers und der eingetretenen Rechtsgutsverletzung setzt voraus, dass das Verhalten des Schädigers im Sinne der conditio-sine-qua-non-Formel ursächlich für den eingetretenen Schaden geworden ist. Zur Feststellung des Ursachenzusammenhangs darf die pflichtwidrige Handlung nicht hinweggedacht werden, ohne dass der Erfolg entfiele. Weitere Umstände dürfen dagegen nicht hinzugedacht werden (Palandt/Grüneberg, BGB, Vorb. vor § 249 Rn. 25).

27. Die auf dem vorgelegten Lichtbild (Anlage K 2) abgebildete Warteschlange befand sich jedoch unstreitig im öffentlichen Bereich des Flughafens vor der Bordkartenkontrolle, die dem Sicherheitsbereich unmittelbar vorgeschaltet ist. Die Zuführung von Passagieren zu den jeweiligen Kontrollstellen vor dem eigentlichen Sicherheitsbereich im Sinne des § 5 LuftSiG liegt indes nicht im Aufgaben- und Verantwortungsbereich der Beklagten (LG Düsseldorf, a.a.O.). Aus § 8 Abs. 1 Nr. 1 LuftSiG ergibt sich die Verpflichtung des Flughafenbetreibers, die gesamte Flughafenanlage so zu erstellen und zu gestalten, dass die Zuführung von Passagieren und Gepäck und die sachgerechte Durchführung der Sicherheitskontrollen ermöglicht werden. Mithin fällt in den Aufgabenbereich des Flughafenbetreibers, die Passagiere vom Check-In Bereich zu dem jeweiligen Sicherheitsbereich zu leiten und möglichst früh einen gleichmäßigen Passagierzufluss zu den geöffneten Kontrollstationen herbeizuführen. Ebenso wäre es Sache des Flughafenbetreibers gewesen, durch entsprechenden Einsatz von Personal oder die Installation eines Personenleitsystems (Absperrungen; Schilder) Warteschlangen zu organisieren, die einen möglichst reibungslosen Ablauf der Kontrollen sicherstellen. Hierbei handelt es sich um Maßnahmen, die nicht dem Verantwortungsbereich der Beklagten zuzuordnen sind. Gleiches gilt hinsichtlich der ersten Kontrolle der Bordkarte zwecks Überprüfung der Zugangsberechtigung.

28. Überdies vermag die Kammer vor dem Hintergrund der Schilderung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, Beginn des Boarding sei um 21:00 Uhr gewesen, wobei der Boardingschalter der Fluggesellschaft bereits um 21:05 Uhr bzw. 21:10 Uhr geschlossen gewesen sei und ihr zu diesem Zeitpunkt schon andere Passagiere entgegen gekommen seien, die berichteten, dass der Boardingschalter geschlossen sei, nicht auszuschließen, dass die Ursächlichkeit für das Nichterreichen des Fluges allein in einem frühzeitigen bzw. schnell durchgeführten Boarding durch die Fluggesellschaft lag, was die Beklagte ebenfalls nicht zu verantworten hätte. Schließlich vermag die Kammer nicht festzustellen, dass sich die Klägerin – wie ausweislich der Buchungsunterlagen (Bl. ## d.A.) gefordert – mindestens zwei Stunden vor Abflug am Abfertigungsschalter der Fluggesellschaft eingefunden hat. Insoweit trägt sie lediglich vor, 1,5 Stunden vor Abflug mit dem Check-In fertig gewesen zu sein. Dass Letzteres mindestens eine halbe Stunde in Anspruch genommen hat, legt die Klägerin nicht dar.

2.

29. Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 67 PolG NRW, 39 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 OBG NRW. Denn die Gepäckkontrolle setzt weder eine konkrete Gefahr noch eine polizeirechtliche Verantwortlichkeit als „Störer“ voraus und der Besitzer oder Eigentümer der kontrollierten Gepäckstücke ist auch kein „unbeteiligter Dritter“ (OLG Frankfurt, LG Düsseldorf, a.a.O.).

3.

30. Auch eine Entschädigung aus dem Rechtsinstitut der öffentlich-rechtlichen Aufopferung bzw. des enteignenden Eingriffs liegt nicht vor, da es an dem erforderlichen Sonderopfer fehlt (BGH, Hinweisbeschluss vom 14.12.2017 – III ZR 48/17; LG Düsseldorf, a.a.O.). Ein solches setzt voraus, dass eine an sich rechtmäßige hoheitliche Maßnahme beim Betroffenen unmittelbar zu Nachteilen führt, die er aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen hinnehmen muss, die aber die Schwelle des enteignungsrechtlich Zumutbaren übersteigen. Die Einwirkungen auf die Rechtsposition des Betroffenen müssen die Sozialbindungsschwelle überschreiten, also im Verhältnis zu anderen ebenfalls betroffenen Personen eine besondere Schwere aufweisen oder im Verhältnis zu anderen nicht betroffenen Person einen Gleichheitsverstoß bewirken. Hier ist eine Einzelfallbetrachtung notwendig. Ein verschuldensunabhängiger Ersatzanspruch besteht indes nicht. Dies wäre nur dann der Fall, wenn eine willkürliche oder beliebige Verzögerung der hoheitlichen Kontrollmaßnahme vorläge. Die Klägerin stützt ihren Anspruch jedoch nicht auf die Dauer der Personen- und Handgepäckkontrolle, sondern darauf, dass eine für das Passagieraufkommen zu geringe Anzahl an Kontrollspuren geöffnet war.

II.

31. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

32. Streitwert: 738,24 €

Rechtsbehelfsbelehrung:

33. Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Landgericht Bonn statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Landgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Landgericht Bonn, Wilhelmstr. 21, 53111 Bonn, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

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