Fehlende Beheizbarkeit eines landestypischen Mittelklasseappartements

LG Bonn: Fehlende Beheizbarkeit eines landestypischen Mittelklasseappartements

Der Kläger hatte bei der Beklagten ein Ferienhaus gebucht. Er verlangte gerichtlich die Minderung des Reisepreises, da das Appartement keinen Heizkörper besaß.

Eine solche Minderung sprach ihm das Amtsgericht zu.

Das Landgericht gab der Berufung der Beklagten statt. Es sei vor dem Hintergrund eines landestypischen Ferienhauses gerade keine Beheizung geschuldet gewesen. Daher liege kein Mangel und somit kein Minderungsrecht vor.

LG Bonn 5 S 156/97 (Aktenzeichen)
LG Bonn: LG Bonn, Urt. vom 14.01.1998
Rechtsweg: LG Bonn, Urt. v. 14.01.1998, Az: 5 S 156/97
AG Bonn, Urt. v. 28.8.1997, Az: 4 C 337/96
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Landgericht Bonn

1. Urteil vom 14. Januar 1998

Aktenzeichen 5 S 156/97

Leitsätze:

2. Bei der Frage, ob eine beheizte Ferienwohnung geschuldet ist, kommt es auf die landestypischen Umstände an.

Bei Buchung eines Mittelklasseappartements auf den Kanarischen Inseln ist keine Beheizung geschuldet.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger hatte bei der Beklagten ein Ferienhaus gebucht. Er verlangte gerichtlich die Minderung des Reisepreises, da das Appartement keinen Heizkörper besaß.

Eine solche Minderung sprach ihm das Amtsgericht zu.

Das Landgericht gab der Berufung der Beklagten statt. Bei der Frage, ob bei einer Buchung ohne besonderer Beschreibung, ob eine Heizungsanlage vorliegt, eine solche geschuldet ist, komme es auf die gebuchte Klasse und die landstypischen Verhältnisse an. Im konkreten Fall sei bei der Buchung eines Mittelklasseappartements auf den Kanarischen Inseln gerade keine Beheizung geschuldet gewesen. Daher liege kein Mangel und somit kein Minderungsrecht vor. Dies gelte auch vor dem Hintergrund, dass die Reiseleitung der Beklagten bemüht war, Abhilfe durch zusätzliche Decken oder aufstellbare Heizkörper zu schaffen. Weitere gerügte Umstände seien lediglich Unnanehmlichkeiten gewesen.

Tenor

4. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Bonn vom 28.8.1997 – 4 C 337/96 – abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Tatbestand

5. Ohne Tatbestand gemäß § 543 Abs. 1 ZPO.

Entscheidungsgründe

6. Die zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg.

7. Das Amtsgericht geht unzutreffend davon aus, daß der Kläger aufgrund eines Mangels der Reise im Sinne von § 651c BGB zu einer Kündigung der Reise gemäß § 651e Abs. 1 BGB berechtigt war.

8. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts stellt der Umstand, daß das von dem Kläger auf Lanzarote gebuchte Appartement über keinerlei Heizung verfügte, keinen Mangel der Reise dar.

a)

9. Die Beklagte schuldete als vertragliche Leistung aus dem Reisevertrag nicht die Unterbringung des Klägers in einem beheizbaren Appartement. Weder der Reiseprospekt noch die Buchungsbestätigung vom 16.11.1995 enthalten die Vereinbarung, daß das gebuchte Appartement über eine Heizung verfügen soll.

b)

10. Ein Mangel der Reise ergibt sich auch nicht aus einer Hinweispflichtverletzung der Beklagten.

11. Die Frage, ob ein Reiseveranstalter auf die fehlende Beheizbarkeit eines Appartements hinweisen muß, hängt ab von dem Reiseziel und der gebuchten Kategorie der Unterkunft (vgl. MünchKomm.-​Tonner, BGB, 3. Auflage 1997, § 651c Rn. 33; Führich, Reiserecht, 2. Auflage 1995, § 9 Rn. 225). Dementsprechend hat das LG Hannover (NJW-RR 1986, 146) eine Hinweispflicht für ein als „erstklassiges Haus“ angepriesenes Hotel in Italien angenommen. Gleiches hat das LG Dortmund (NJW-RR 1986, 1174) angenommen für ein als „großzügig konzipiertes Haus“ angepriesenes Hotel in Istrien für die Reisezeit April. Das LG München (RRa 1995, 11) geht davon aus, daß in südlichen Ländern Heizungen nur ausnahmsweise zur Standardausstattung einer Unterkunft gehören und das Fehlen einer Heizung allenfalls bei einem als „erstklassig“ angepriesenen Hotel einen Mangel darstellen kann.

12. Speziell für das Reisegebiet „Kanarische Inseln“ hat das Landgericht Frankfurt die Auffassung vertreten, daß dort Heizungen nicht ortsüblich sind (LG Frankfurt vom 13.05.1985, Nachweis bei Tonner, Der Reisevertrag, 3. Auflage 1995, Anhang zu § 651c Rn. 9).

13. Unter Berücksichtigung dieser nach Auffassung der Kammer zutreffenden Rechtsprechung scheidet eine Hinweispflichtverletzung der Beklagten aus.

14. Es ist allgemein bekannt, daß die Wintermonate auf den Kanarischen Inseln die Hochsaison darstellen, da dort regelmäßig eine frühlingshafte Witterung vorherrscht. Aus diesem Grund sind Heizungen auf den Kanarischen Inseln nicht erforderlich und nur selten anzutreffen. Heizungen können dort nicht als ortsüblich angesehen werden (LG Frankfurt a.a.O).

15. Hinzu kommt, daß es sich bei dem von dem Kläger gebuchten Appartement nach dem Bewertungssystem der Beklagten um ein „landestypisches Mittelklassehaus“ handelte mit einfacher Ausstattung. Im Reiseprospekt heißt es hierzu, daß in dieser Kategorie einfache Strandhotels zu finden sind. Bei einer derartigen Hotelkategorie kann der Durchschnittsreisende nicht davon ausgehen, daß er in dem Appartement eine Heizungsanlage vorfindet. Er muß vielmehr davon ausgehen, daß ein solches Appartement üblicherweise über keine Heizung verfügt. Daher ist auch ein entsprechender Hinweis des Reiseveranstalters nicht erforderlich.

16. Das Amtsgericht geht fehl, wenn es insoweit die rechtlichen Regelungen für Mietwohnungen in Deutschland zugrunde legt. Ein derartiger Vergleich ist mangels Vergleichbarkeit des Klimas in Deutschland und auf den Kanarischen Inseln nicht möglich.

c)

17. Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus einem Organisationsverschulden der Beklagten. Es ist zwar anerkannt, daß die Verletzung organisatorischer Fürsorgepflichten einen Reisemangel darstellen kann (vgl. Führich a.a.O. § 9 Rn. 206 a.E.). Eine derartige Pflichtverletzung könnte sich daraus ergeben, daß die Reiseleitung vor Ort aufgrund der ungewöhnlich schlechten Witterung verpflichtet gewesen sein könnte, einen Heizofen oder weitere Decken zur Verfügung zu stellen.

18. Der Kläger hat jedoch selbst vorgetragen, daß er zusätzliche Decken von der Reiseleitung bekommen hat. Er hat nicht konkret dargelegt, ob, wann und gegenüber wem er weitere Decken verlangt hätte.

19. Im übrigen ist davon auszugehen, daß dem Kläger von der örtlichen Reiseleitung die Beschaffung von elektrischen Heizkörpern angeboten worden ist. Dies ergibt sich aus der von dem Amtsgericht durchgeführten Beweisaufnahme.

20. Aufgrund der Aussagen der Mitarbeiter der Reiseleitung hat die Kammer davon auszugehen, daß die Reiseleiterin … persönlich dem Kläger angeboten hat, einen Heizkörper für ihn zu besorgen. Die Aussage der Ehefrau des Klägers steht der Annahme eines solchen Angebotes nicht entgegen.

21. Danach scheidet auch eine Organisationspflichtverletzung auf Seiten der Beklagten aus.

d)

22. Bei den darüber hinaus von dem Kläger geltend gemachten angeblichen Reisemängeln

23. – Heizleistung der Kochplatte zu gering

24. – Warmwasser im Badezimmer nur über 5 1 Boiler in der Küche zu erhalten

25. – Kleiderschrank zu klein und nur 1 m bis 1,20 hoch

26. – Motor des Kühlschranks zu laut

27. handelt es sich bei rechtlicher Bewertung lediglich um Unannehmlichkeiten, die insbesondere bei einem preiswerten Appartement mit einfacher Ausstattung hinzunehmen sind. Außerdem ist der Vortrag hinsichtlich des Kleiderschranks und der Geräusche des Kühlschranks auch nicht ausreichend substantiiert, so daß auch aus diesem Grund ein Anspruch nicht in Betracht kommt.

2.

28. Da ein Reisemangel nicht vorliegt, scheiden auch Schadensersatzansprüche gemäß § 651f BGB aus, mit der Folge, daß die Klage insgesamt keinen Erfolg haben kann.

3.

29. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

30. Berufungsstreitwert : 5.498,– DM

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