Falsche Übermittlung bei Reisebuchung

LG Hamburg: Falsche Übermittlung bei Reisebuchung

Der Kläger nahm einen Reiseveranstalter auf Reisepreisminderung in Anspruch, weil er in ein anderes als bei der Reiseanmeldung ausgesuchtes Hotel einquartiert wurde.

Das LG Hamburg hat dem Kläger die Zahlung nicht zugesprochen und entschieden, dass ein Reiseveranstalter sich die Fehler des Reisebüros, bei der Reiseanmeldung, nicht zurechnen lassen muss.

LG Hamburg 309 S 134/01 (Aktenzeichen)
LG Hamburg: LG Hamburg, Urt. vom 23.04.2002
Rechtsweg: LG Hamburg, Urt. v. 23.04.2002, Az: 309 S 134/01
AG Hamburg, Urt. v. 24.07.2001, Az: 9 C 158/01
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Landgericht Hamburg

1. Urteil vom 23.04.2002

Aktenzeichen: 309 S 134/01


Leitsätze:

2.Ein Reiseveranstalter haftet nur für die Nichterfüllung/Schlechterfüllung von Angebotenen Leistungen.

Ein Reiseveranstalter ist von der Haftung befreit, wenn ein Reisebüro an den Reisenden eine Leistung vermittelt, welche der Reiseveranstalter tatsächlich nicht anbietet.


Zusammenfassung:

3. Der Kläger buchte über ein Reisebüro, welches als Reisevermittler tätig ist, eine Reise bei dem beklagten Reiseveranstalter. Bei der Reiseanmeldung hat der Kläger eine Reise, aus dem von dem Reisebüro zur Verfügung gestellten Katalog, ausgesucht. Diese Reise bietet der beklagte Reiseveranstalter nicht an. Bei der Buchung ist der Mitarbeiterin des Reisebüros ein Fehler unterlaufen, sodass sie bei dem Beklagten eine ganz andere Reise buchte. Am Urlaubsort wurde der Kläger nicht in das von ihm ausgesuchte, sondern in das vom Reisebüro gebuchte Hotel einquartiert. Der Kläger verlangt deshalb von dem Reiseveranstalter eine Reisepreisminderung. Der Reiseveranstalter verweigert die Zahlung.

Das LG Hamburg hat im Sinne des beklagten Reiseveranstalters entschieden und dem Kläger die Zahlung nicht zugesprochen. Ein Reisevertrag über das vom Kläger ausgesuchte Hotel ist mit dem Reiseveranstalter nicht zustande gekommen. Die Reiseanmeldung des Klägers bezieht sich zwar auf das vom Kläger ausgesuchte Hotel, jedoch wurde durch das Reisebüro eine andere Reise, bei dem Beklagten, gebucht. Dieses Versäumnis des Reisebüros muss sich der Reiseveranstalter nicht zurechnen lassen, da das Reisebüro weder als Vertreter noch Empfangsbote des Beklagten bei der Buchung anzusehen ist. Eine abweichende Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, dass der Reiseveranstalter sich das Verschulden des Reisbüros als Erfüllungsgehilfen zurechnen lassen muss, weil der Beklagte das von dem Kläger ausgewählte Hotel nicht in seinem Angebot hat.


Tenor:

4. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 24. Juli 2001 Geschäftsnummer 9 C 158/01 – wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.

Tatbestand:

5. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO a.F. abgesehen.

Entscheidungsgründe:

6. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Kläger hat in der Sache keinen Erfolg.

7. Im Ergebnis zutreffend ist das Amtsgericht davon ausgegangen, daß den Klägern gegen die Beklagte keine reisevertraglichen Gewährleistungsansprüche unter dem Gesichtspunkt zustehen, daß sie nicht – wie gewünscht – im Hotel … sondern im Hotel … untergebracht worden sind. Ein Reisevertrag über das Hotel … ist nicht zustandegekommen.

8. Die Reiseanmeldung der Kläger gem. Anlage K 1, 1. Blatt, bezieht sich zwar auf ein Hotel …, nach dem Vorbringen der Parteien ist jedoch nicht festzustellen, daß die Reisebestätigung der Beklagten gem. Anlage K 1, 2. Blatt, sich auf diese Anmeldung bezog. Die Beklagte hat hierzu in der Berufungserwiderung vorgetragen, daß sie die Reiseanmeldung regelmäßig nicht zur Kenntnis erhält, da die Reisebüros entweder direkt über das Buchungssystem (Start o.ä.) buchen und die entsprechende Codenummer eingeben oder aber die Reise telefonisch/per Fax buchen; im vorliegenden Fall sei per Start direkt gebucht worden.

9. Dieses Vorbringen der Beklagten ist von den Klägern bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren nicht bestritten worden. Auch dem Vorbringen der Kläger im Schriftsatz vom 6. März 2002 läßt sich nicht substantiiert entnehmen, daß etwa (in Abweichung vom Vorbringen der Beklagten) das Reisebüro der Beklagten die Anmeldung Anlage K 1 zur Kenntnis gegeben und nicht über das Start-System unter Eingabe einer Codenummer gebucht hat. Beweis hierfür ist gleichfalls nicht angeboten worden.

10. Auszugehen ist hiernach davon, daß – worauf die Kammer in der Sitzung vom 26. Februar 2002 hingewiesen hat –, von einem Fehler des Reisebüros auszugehen ist, das bei der Beklagten – durch Buchung unter Eingabe der Codenummer – eine Reise gebucht hat, die nicht dem in der Reiseanmeldung festgehaltenen Buchungswunsch der Kläger entsprach, nämlich eine Reise nicht in das von den Klägern gewünschte Hotel … (welches von der Beklagten gar nicht angeboten wird), sondern in das im Angebot der Beklagten allein enthaltene Hotel … Dieses Versäumnis des Reisebüros muß sich die Beklagte nicht zurechnen lassen. Das Reisebüro ist weder als Vertreter noch Empfangsbote der Beklagten bei der Buchung anzusehen. Zwar ist anerkannt, daß Reisebüros, die von einem Reiseveranstalter mit der Vermittlung von Vertragsabschlüssen ständig betraut sind, eine Handelsvertretertätigkeit im Sinne der §§ 84 ff HGB ausüben und als solche zur Entgegennahme von Vertragsangeboten Dritter ermächtigt sind – mit der Folge, daß das Risiko einer fehlerhaften Übermittlung eines Vertragsangebotes des Reisenden an den Reiseveranstalter durch das Reisebüro den Reiseveranstalter trifft (vgl. BGHZ 82, 219 ff). Im vorliegenden Fall ist indes nicht ersichtlich, daß das Reisebüro von der Beklagten mit der Vermittlung von Vertragsabschlüssen ständig betraut ist/war und in dieser Funktion an die Beklagte gerichtete Vertragsangebote der Reisenden entgegengenommen hat. Im Gegensatz zu dem vom BGH (aaO) entschiedenen Fall verfügt das Reisebüro offensichtlich nicht über Anmeldeformulare der Beklagten. Das hier vorgelegte Anmeldeformular stammt nicht von der Beklagten, sondern vom Reisebüro. In dem Formular ist auch sonst nicht auf die Beklagte oder überhaupt einen bestimmten Veranstalter Bezug genommen. Danach kann nicht davon ausgegangen werden, daß die Kläger mit Bekanntgabe ihrer Reisewünsche an das Reisebüro gegenüber der Beklagten eine auf einen Vertragsabschluß mit dieser gerichtete Willenserklärung abgegeben haben, die lediglich noch vom Reisebüro hätte weitergeleitet werden müssen. Die Aufmachung des Anmeldeformulars spricht vielmehr deutlich dafür, daß das Reisebüro für die Kläger eine ihren Wünschen entsprechende Reise, gleich welchen Veranstalters, herauszusuchen und für die Kläger zu buchen hatte. In einem derartigen Fall kann das Reisebüro jedoch nicht als Hilfsperson (Empfangsbote oder Vertreter) der Beklagten angesehen werden, sondern als Hilfsperson der Kläger, für deren Fehler bzw. Irrtümer die Beklagte den Klägern nicht einzustehen hat.

11. Eine abweichende Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem Hinweis der Kläger, daß nach der Rechtsprechung sowohl eine Reiseagentur als auch ein freies Reisebüro vertragsrechtlich als Erfüllungsgehilfen zu betrachten sei, so daß ein Verschulden des Reisebüros immer dem jeweiligen Veranstalter zuzurechnen sei. Abgesehen davon, daß die von den Klägern in diesem Zusammenhang zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofes (NJW-RR 1990, 114) einen Fall betraf, in dem zwischen Reisebüro und -veranstalter ein Agenturvertrag bestand, und die Entscheidung sich nicht mit der Erfüllungsgehilfenstellung eines nicht durch Agenturvertrag gebundenen Reisebüros befaßt, verweisen die Kläger selbst zutreffend darauf, daß der Reiseveranstalter sich jedenfalls solche Erklärungen des Reisebüros oder seiner Mitarbeiter nicht zurechnen lassen muß, die erkennbar über die Prospektausschreibung des Veranstalters hinausgeht. Von einem solchen Fall ist hier auszugehen, nachdem unstreitig in der Infox-Ausschreibung der Beklagten allein das Hotel … aufgeführt ist und die Beklagte das Hotel … gar nicht in ihrem Angebot hat. Eine etwaige Erklärung des Reisebüros, die Beklagte werde ein Hotel … zur Verfügung stellen, hat damit überhaupt keinen Bezug mehr zum Reiseprospekt bzw. -angebot der Beklagten, sondern geht erkennbar darüber hinaus. Hieran ändert nichts der Hinweis der Kläger, daß sie anhand der Reisebestätigung der Beklagten nicht hätten erkennen können, daß sich das dort bestätigte Hotel … nicht in … befindet. Die Buchung ist nicht auf Grundlage der (späteren) Reisebestätigung erfolgt, sondern zur Zeit der Buchung lag lediglich die Infox-Ausschreibung der Beklagten vor. Ein Blick in diese Beschreibung hätte ohne weiteres ergeben, daß die Beklagte nur das Hotel … im Angebot hatte. Genau dieses Hotel hat die Beklagte mit der Reisebestätigung auch bestätigt: Zwar ist in der Bestätigung nicht ausdrücklich erwähnt, daß das bestätigte Hotel … gemeint ist, dies ergibt sich jedoch aus der in der Bestätigung genannten Code-Nr. …, die sich, wie aus der Infox-Ausschreibung der Beklagten ersichtlich, auf das Hotel … bezieht. Insofern ist den Klägern auch nicht darin zu folgen, daß für niemand ersichtlich und erkennbar gewesen sei, daß die Reisebestätigung ein anderes Zielhotel und einen anderen Zielort bestätigte als in der Reiseanmeldung angegeben.

12. Nach allem war die Berufung zurückzuweisen.

13. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

14. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 ZPO n.F.), eine Nichtzulassungsbeschwerde gem. § 544 ZPO n.F. ist nicht eröffnet (§ 26 Ziff. 8 EGZPO).

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