Verordnung (EG) Nr. 785/2004 (Versicherungsanforderungen an Luftfahrtunternehmen)
Verordnung (EG) Nr. 785/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates
vom 21. April 2004
über Versicherungsanforderungen an Luftfahrtunternehmen und Luftfahrzeugbetreiber
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 80 Absatz 2,
auf Vorschlag der Kommission [1],
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses [2],
nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,
gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags [3],
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) Im Rahmen der gemeinsamen Verkehrspolitik und zur Förderung des Verbraucherschutzes muss ein angemessener Mindestversicherungsschutz für die Haftung der Luftfahrtunternehmen in Bezug auf Fluggäste, Reisegepäck, Güter und Dritte gewährleistet werden.
(2) Auf dem Luftverkehrsmarkt der Gemeinschaft besteht keine Unterscheidung zwischen Inlands- und Auslandsflügen mehr; dies gibt Veranlassung, für die Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft Mindestversicherungsanforderungen festzulegen.
(3) Es sind gemeinsame Maßnahmen erforderlich, um sicherzustellen, dass diese Anforderungen auch für Luftfahrtunternehmen aus Drittländern gelten, damit die Wettbewerbsbedingungen dieselben wie für Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft sind.
(4) In der Mitteilung vom 10. Oktober 2001 über die Folgen der Attentate in den Vereinigten Staaten für die Luftverkehrsbranche kündigte die Kommission an, sie werde Deckungshöhe und Bedingungen der für die Erteilung einer Betriebsgenehmigung durch die Mitgliedstaaten erforderlichen Versicherungen überprüfen, um ein einheitliches Vorgehen zu gewährleisten. In der Mitteilung vom 2. Juli 2002 über die Versicherung im Luftverkehr nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA gab die Kommission zudem ihre Absicht bekannt, die Entwicklungen auf dem Luftfahrtversicherungsmarkt hinsichtlich der Deckungshöhen und Bedingungen von für die Erteilung von Betriebsgenehmigungen durch die Mitgliedstaaten erforderlichen Versicherungen weiter zu beobachten.
(5) Mit dem Beschluss 2001/539/EG des Rates [4] hat die Gemeinschaft das am 28. Mai 1999 in Montreal vereinbarte Übereinkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr (Übereinkommen von Montreal) abgeschlossen, das in Bezug auf die Beförderung von Personen, Reisegepäck und Gütern im internationalen Luftverkehr neue Haftungsvorschriften festlegt. Diese Vorschriften sollen die Bestimmungen des Warschauer Abkommens aus dem Jahre 1929 und seiner nachfolgenden Änderungen ersetzen.
(6) Nach Artikel 50 des Übereinkommens von Montreal müssen die Vertragsstaaten Luftfahrtunternehmen verpflichten, sich zur Deckung ihrer Haftung nach diesem Übereinkommen angemessen zu versichern. Das Warschauer Abkommen von 1929 und die nachfolgenden Änderungen bestehen auf unbegrenzte Zeit neben dem Übereinkommen von Montreal weiter. Beide Übereinkünfte sehen die Möglichkeit unbegrenzter Haftung vor.
(7) Nach Artikel 7 der Verordnung (EWG) Nr. 2407/92 des Rates vom 23. Juli 1992 über die Erteilung von Betriebsgenehmigungen an Luftfahrtunternehmen [5] muss ein Luftfahrtunternehmen gegen die im Rahmen seiner Haftpflicht zu ersetzenden Schäden, die insbesondere Fluggästen, an Gepäck, an Fracht, an Post und Dritten durch Unfälle entstehen können, versichert sein, wobei jedoch keine Mindesthöhen und Bedingungen für die Versicherung vorgeschrieben sind.
(8) Der von der Europäischen Zivilluftfahrtkonferenz am 13. Dezember 2000 verabschiedeten Entschließung ECAC/25-1 über den Mindestversicherungsschutz zur Deckung der Haftung gegenüber Reisenden und Dritten, die am 27. November 2002 geändert wurde, sollte Rechnung getragen werden.
(9) Mindestversicherungsanforderungen zur Deckung der Haftung in Bezug auf Fluggäste, Reisegepäck, Güter und Dritte müssen für Luftfahrtunternehmen und Luftfahrzeugbetreiber festgelegt werden, die innerhalb des Hoheitsgebiets, in das Hoheitsgebiet, aus dem Hoheitgebiet oder über das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, einschließlich seiner Hoheitsgewässer fliegen.
(10) Der Versicherungspflicht sollten Luftfahrtunternehmen mit einer gültigen Betriebsgenehmigung, und im Fall von Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft, mit einer gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 2407/92 erteilten Betriebsgenehmigung, unterliegen. Unternehmen, die keine Betriebsgenehmigung besitzen oder deren Betriebsgenehmigung erloschen ist, sind nicht von dieser Pflicht entbunden.
(11) Während das Übereinkommen von Montreal spezielle Vorschriften für die Haftung in Bezug auf Fluggäste, Reisegepäck und Güter enthält, sollte die Haftung für Postsendungen gemäß Artikel 2 jenes Übereinkommens den „auf die Beziehungen zwischen Luftfrachtführern und Postverwaltungen anwendbaren Vorschriften“ unterliegen. In der Gemeinschaft ist der Versicherungsschutz für diese Haftung durch Artikel 7 der Verordnung (EWG) Nr. 2407/92 ausreichend geregelt.
(12) Für Staatsluftfahrzeuge und bestimmte andere Luftfahrzeugarten sollte keine Versicherungspflicht bestehen.
(13) Für Situationen, in denen ein Luftfahrtunternehmen oder ein Luftfahrzeugbetreiber gemäß den Bestimmungen internationaler Übereinkommen, des Gemeinschaftsrechts oder des einzelstaatlichen Rechts in Bezug auf Fluggäste, Reisegepäck, Güter und Dritte haftet, sollte ein Mindestversicherungsschutz vorgesehen werden, ohne dass in diese Bestimmungen eingegriffen wird.
(14) Die Versicherung sollte die luftverkehrsspezifische Haftung in Bezug auf Fluggäste, Reisegepäck, Güter und Dritte decken. Für den Fluggast sollte die Versicherung den Tod und Personenschäden durch Unfall sowie für Reisegepäck und Güter Verlust, Zerstörung oder Beschädigung decken. Für Dritte sollte die Versicherung den Tod, Personenschäden und Sachschäden durch Unfall decken.
(15) Diese Verordnung sollte nicht dahin ausgelegt werden, dass sie eine Doppelversicherung erfordert. Soweit der vertragliche und der ausführende Luftfrachtführer im Sinne von Artikel 39 des Übereinkommens von Montreal für denselben Schaden haftbar gemacht werden können, können die Mitgliedstaaten besondere Maßnahmen zur Vermeidung der Doppelversicherung vorsehen.
(16) Wenngleich Kumulierungen eine Marktpraxis darstellen, die die Versicherbarkeit — insbesondere in Bezug auf die Risiken von Krieg und Terrorismus — begünstigen kann, da die Versicherer so ihre Verpflichtungen besser überschauen können, werden die Luftfahrtunternehmen und Luftfahrzeugbetreiber durch diese Praxis nicht von der Pflicht entbunden, die Mindestversicherungsanforderungen auch dann zu erfüllen, wenn die durch ihren Versicherungsvertrag festgelegte kumulierte Deckungssumme erschöpft ist.
(17) Die Luftfahrtunternehmen müssen nachweisen können, dass sie jederzeit die zur Haftungsdeckung nach dieser Verordnung erforderlichen Mindestversicherungsanforderungen erfüllen. Für Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft und Luftfahrzeugbetreiber, die in der Gemeinschaft eingetragene Luftfahrzeuge einsetzen, sollte die Hinterlegung eines Versicherungsnachweises in einem Mitgliedstaat für alle Mitgliedstaaten ausreichen, wobei die Versicherung von einem Unternehmen vorzunehmen ist, das nach anwendbarem Recht dazu berechtigt ist.
(18) Überfliegen gemeinschaftsfremde Luftfahrtunternehmen oder in Drittländern eingetragene Luftfahrzeuge das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, ohne dass hierbei ein Start oder eine Landung in einem der Mitgliedstaaten erfolgt, so können die Mitgliedstaaten, deren Hoheitsgebiet überflogen wird, im Einklang mit dem Völkerrecht fordern, dass ein Nachweis dafür erbracht wird, dass die in dieser Verordnung aufgestellten Versicherungsanforderungen eingehalten werden, zum Beispiel, indem sie Stichprobenkontrollen durchführen.
(19) Die Mindestversicherungsanforderungen sollten nach einem gewissen Zeitraum einer Überprüfung unterzogen werden.
(20) Die Verfahren zur Kontrolle der Einhaltung dieser Mindestversicherungsanforderungen sollten transparent und nichtdiskriminierend sein und den freien Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr nicht behindern.
(21) Die zur Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Maßnahmen sollten gemäß dem Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse [6] erlassen werden.
(22) Sollten weitere Vorschriften erforderlich sein, um eine angemessene Versicherungsdeckung für die luftverkehrsspezifische Haftung in Punkten sicherzustellen, die von dieser Verordnung nicht geregelt werden, so sollten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, entsprechende Vorschriften zu erlassen.
(23) Am 2. Dezember 1987 haben das Königreich Spanien und das Vereinigte Königreich in London in einer gemeinsamen Erklärung ihrer Minister für auswärtige Angelegenheiten eine engere Zusammenarbeit bei der Benutzung des Flughafens Gibraltar vereinbart; diese Vereinbarung ist noch nicht wirksam.
(24) Da das Ziel dieser Verordnung, nämlich die Einführung von Mindestversicherungsanforderungen, die durch die Verringerung von Wettbewerbsverfälschungen zum Erreichen der Ziele des Luftverkehrsbinnenmarktes beitragen, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden kann und daher besser auf Gemeinschaftsebene zu erreichen ist, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Verhältnismäßigkeitsprinzip geht diese Verordnung nicht über das für die Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus —
HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
Zweck
(1) Diese Verordnung bezweckt die Festlegung von Mindestversicherungsanforderungen für Luftfahrtunternehmen und Luftfahrzeugbetreiber in Bezug auf Fluggäste, Reisegepäck, Güter und Dritte.
(2) Für die Beförderung von Postsendungen gelten die Versicherungsanforderungen, die in der Verordnung (EWG) Nr. 2407/92 und in den nationalen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten festgelegt sind.
Anwendungsbereich
(1) Diese Verordnung gilt für alle Luftfahrtunternehmen und Luftfahrzeugbetreiber, die innerhalb des Hoheitsgebiets, in das Hoheitsgebiet, aus dem Hoheitsgebiet oder über das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats fliegen, für das der Vertrag gilt.
(2) Diese Verordnung gilt nicht für
a) Staatsluftfahrzeuge im Sinne von Artikel 3 Buchstabe b) des am 7. Dezember 1944 in Chicago unterzeichneten Abkommens über die internationale Zivilluftfahrt;
b) Modellflugzeuge mit einem für den Abflug zugelassenen Höchstgewicht (MTOM) von weniger als 20 kg;
c) Fußgestartete Flugmaschinen (einschließlich motorisierter Hänge- und Paragleiter);
d) Fesselballons;
e) Drachen;
f) Fallschirme (einschließlich Parascending-Schirme);
– für nichtgewerbliche Zwecke oder
– für lokale Flugeinweisungen ohne Überflug internationaler Grenzen
genutzt werden, soweit Versicherungspflichten nach dieser Verordnung für die Risiken von Krieg und Terrorismus betroffen sind.
(3) Die Anwendung dieser Verordnung auf den Flughafen Gibraltar erfolgt unbeschadet der Rechtsstandpunkte des Königreichs Spanien und des Vereinigten Königreichs in der strittigen Frage der Souveränität über das Gebiet, auf dem sich der Flughafen befindet.
(4) Die Anwendung dieser Verordnung auf den Flughafen Gibraltar wird bis zum Wirksamwerden der Regelung ausgesetzt, die in der Gemeinsamen Erklärung der Minister für auswärtige Angelegenheiten des Königreichs Spanien und des Vereinigten Königreichs vom 2. Dezember 1987 enthalten ist. Die Regierungen des Königreichs Spanien und des Vereinigten Königreichs unterrichten den Rat über den Zeitpunkt des Wirksamwerdens.
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck
„Luftfahrtunternehmen“ ein Lufttransportunternehmen mit einer gültigen Betriebsgenehmigung;
„Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft“ ein Luftfahrtunternehmen mit einer von einem Mitgliedstaat im Einklang mit der Verordnung (EWG) Nr. 2407/92 erteilten gültigen Betriebsgenehmigung;
„Luftfahrzeugbetreiber“ die Person oder Rechtspersönlichkeit, die ständige Verfügungsgewalt über die Nutzung oder den Betrieb eines Luftfahrzeugs hat, jedoch kein Luftfahrtunternehmen ist; die als Eigentümer des Luftfahrzeugs eingetragene natürliche oder juristische Person gilt als Betreiber, es sei denn, sie kann nachweisen, dass eine andere Person das Luftfahrzeug betreibt;
– in Bezug auf Fluggäste und nicht aufgegebenes Reisegepäck die Dauer der Beförderung der Fluggäste mit dem Luftfahrzeug einschließlich des Ein- und Aussteigens;
– in Bezug auf Güter und aufgegebenes Reisegepäck die Dauer der Beförderung von Reisegepäck und Gütern ab dem Zeitpunkt der Übergabe an das Luftfahrtunternehmen bis zum Zeitpunkt der Aushändigung an den Empfangsberechtigten;
– in Bezug auf Dritte die Nutzung eines Luftfahrzeugs ab dem Zeitpunkt, zu dem seine Triebwerke für das Rollen oder den tatsächlichen Abflug angelassen werden, bis zu dem Zeitpunkt, zu dem es gelandet ist und seine Triebwerke zum völligen Stillstand gekommen sind; „Flug“ bezeichnet außerdem das Bewegen eines Luftfahrzeugs durch Schlepp- und Schubfahrzeuge oder durch Kräfte, die für den An- und Auftrieb von Luftfahrzeugen typisch sind, insbesondere Luftströmungen;
„SZR“ ein Sonderziehungsrecht gemäß der Definition des Internationalen Währungsfonds;
„MTOM“ das für den Abflug zugelassene Höchstgewicht (Maximum Take-Off Mass), bei dem es sich um einen für den jeweiligen Luftfahrzeugtyp spezifischen und im Lufttüchtigkeitszeugnis des Luftfahrzeugs angegebenen Wert handelt;
„Fluggast“ jede Person, die sich mit Zustimmung des Luftfahrtunternehmens oder des Luftfahrzeugbetreibers auf einem Flug befindet, mit Ausnahme der Dienst habenden Flug- und Kabinenbesatzungsmitglieder;
„Dritter“ jede juristische oder natürliche Person mit Ausnahme der Fluggäste und der Dienst habenden Flug- und Kabinenbesatzungsmitglieder;
„gewerblicher Flug“ einen Flug, der zu gewerblichen Zwecken durchgeführt wird.
Versicherungsgrundsätze
(1) Die in Artikel 2 genannten Luftfahrtunternehmen und Luftfahrzeugbetreiber müssen gemäß dieser Verordnung hinsichtlich ihrer luftverkehrsspezifischen Haftung in Bezug auf Fluggäste, Reisegepäck, Güter und Dritte versichert sein. Die versicherten Risiken müssen Kriegshandlungen, Terrorakte, Entführungen, Sabotage, die unrechtmäßige Inbesitznahme von Luftfahrzeugen und Aufruhr einschließen.
(2) Die Luftfahrtunternehmen und Luftfahrzeugbetreiber gewährleisten, dass für jeden einzelnen Flug Versicherungsschutz besteht, ungeachtet dessen, ob ihnen das betriebene Luftfahrzeug als Eigentum oder durch eine Leasing-Vereinbarung gleich welcher Art oder im Rahmen eines Gemeinschafts- oder Franchise-Betriebs, eines Code-Sharing oder einer anderen gleichartigen Vereinbarung zur Verfügung steht.
(3) Diese Verordnung lässt die Vorschriften über die Haftung aufgrund
– internationaler Übereinkommen, deren Vertragspartei die Mitgliedstaaten und/oder die Gemeinschaft sind,
– des Gemeinschaftsrechts und
– der nationalen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten
unberührt.
Einhaltung der Bestimmungen
(1) Die in Artikel 2 genannten Luftfahrtunternehmen und auf Verlangen auch Luftfahrzeugbetreiber weisen die Einhaltung der in dieser Verordnung aufgestellten Versicherungsanforderungen nach, indem sie bei den zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats ein Versicherungszertifikat oder einen anderweitigen Nachweis der gültigen Versicherungsdeckung hinterlegen.
(2) Im Sinne dieses Artikels bezeichnet der Ausdruck „der betreffende Mitgliedstaat“ den Mitgliedstaat, der dem Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft die Betriebsgenehmigung erteilt hat, oder den Mitgliedstaat, in dem das Luftfahrzeug des Luftfahrzeugbetreibers eingetragen ist. Für gemeinschaftsfremde Luftfahrtunternehmen und Luftfahrzeugbetreiber, die in Drittländern eingetragene Luftfahrzeuge einsetzen, bezeichnet der Ausdruck „der betreffende Mitgliedstaat“ den Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet hinein oder aus dessen Hoheitsgebiet die Flüge durchgeführt werden.
(3) Abweichend von Absatz 1 können die Mitgliedstaaten, die überflogen werden, von den in Artikel 2 genannten Luftfahrtunternehmen und Luftfahrzeugbetreibern Nachweise für eine dieser Verordnung entsprechende gültige Versicherung verlangen.
(4) Unbeschadet der Anwendung von Artikel 8 Absatz 6 ist für Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft und Luftfahrzeugbetreiber, die in der Gemeinschaft eingetragene Luftfahrzeuge einsetzen, die Hinterlegung eines Versicherungsnachweises in dem in Absatz 2 genannten Mitgliedstaat für alle Mitgliedstaaten ausreichend.
(5) Kommt es ausnahmsweise zu einem Zusammenbruch des Versicherungsmarktes, so kann die Kommission nach dem in Artikel 9 Absatz 2 genannten Verfahren geeignete Maßnahmen zur Anwendung von Absatz 1 treffen.
Versicherung für die Haftung in Bezug auf Fluggäste, Reisegepäck und Güter
(1) Hinsichtlich der Haftung für Fluggäste beträgt die Mindestversicherungssumme 250000 SZR je Fluggast. Bei nicht-gewerblichen Flügen, die mit Luftfahrzeugen mit einem MTOM von bis zu 2700 kg durchgeführt werden, können die Mitgliedstaaten jedoch eine niedrigere Mindestversicherungssumme festsetzen, die aber mindestens 100000 SZR je Fluggast betragen muss.
(2) Hinsichtlich der Haftung für Reisegepäck beträgt die Mindestversicherungssumme 1000 SZR je Fluggast bei gewerblichen Flügen.
(3) Hinsichtlich der Haftung für Güter beträgt die Mindestversicherungssumme 17 SZR je Kilogramm bei gewerblichen Flügen.
(4) Die Absätze 1, 2 und 3 finden keine Anwendung auf Flüge über das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten, die von gemeinschaftsfremden Luftfahrtunternehmen und von Luftfahrzeugbetreibern, die in Drittländern eingetragene Luftfahrzeuge einsetzen, durchgeführt werden und bei denen keine Starts oder Landungen in diesem Gebiet erfolgen.
(5) Die in diesem Artikel genannten Beträge können gegebenenfalls nach dem in Artikel 9 Absatz 2 genannten Verfahren geändert werden, wenn Änderungen in den einschlägigen internationalen Verträgen dies als notwendig erscheinen lassen.
Versicherung für die Haftung in Bezug auf Dritte
Kategorie | MTOM(kg) | Mindestversicherungssumme(in Mio. SZR) |
1 | < 500 | 0,75 |
2 | < 1000 | 1,5 |
3 | < 2700 | 3 |
4 | < 6000 | 7 |
5 | < 12000 | 18 |
6 | < 25000 | 80 |
7 | < 50000 | 150 |
8 | < 200000 | 300 |
9 | < 500000 | 500 |
10 | ≥ 500000 | 700 |
(1) Kann ein Luftfahrtunternehmen oder ein Luftfahrzeugbetreiber zu irgendeinem Zeitpunkt keine Versicherungsdeckung für jeden einzelnen Unfall für die Haftung gegenüber Dritten aus Schäden durch Kriegs- oder Terrorrisiken erlangen, so kann dieses Luftfahrtunternehmen oder dieser Luftfahrzeugbetreiber seiner Pflicht, diese Risiken zu versichern, durch eine Versicherung über eine Gesamthaftungssumme nachkommen. Die Kommission verfolgt die Anwendung dieser Bestimmung aufmerksam, damit sichergestellt ist, dass diese Gesamthaftungssumme mindestens den in der Tabelle festgelegten Beträgen entspricht.
(2) Die in diesem Artikel genannten Werte können gegebenenfalls nach dem in Artikel 9 Absatz 2 genannten Verfahren geändert werden, wenn Änderungen in den einschlägigen internationalen Verträgen dies als notwendig erscheinen lassen.
Durchsetzung und Sanktionen
(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die in Artikel 2 genannten Luftfahrtunternehmen und Luftfahrzeugbetreiber diese Verordnung einhalten.
(2) Im Sinne von Absatz 1 und unbeschadet des Absatzes 7 kann ein Mitgliedstaat in Bezug auf das Überfliegen durch gemeinschaftsfremde Luftfahrtunternehmen oder durch in Drittländern eingetragene Luftfahrzeuge ohne Landung oder Start in einem Mitgliedstaat wie auch in Bezug auf Landungen solcher Luftfahrzeuge in einem Mitgliedstaat zu anderen Zwecken als der Beförderung den Nachweis verlangen, dass die Versicherungsanforderungen nach dieser Verordnung erfüllt sind.
(3) Erforderlichenfalls können die Mitgliedstaaten weitere Nachweise von dem betreffenden Luftfahrtunternehmen, Luftfahrzeugbetreiber oder Versicherungsunternehmen verlangen.
(4) Sanktionen für Verstöße gegen diese Verordnung müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.
(5) Für Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft können diese Sanktionen — vorbehaltlich und unter Wahrung der einschlägigen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts — den Entzug der Betriebsgenehmigung einschließen.
(6) Für gemeinschaftsfremde Luftfahrtunternehmen und für Luftfahrzeugbetreiber, die in Drittländern eingetragene Luftfahrzeuge einsetzen, können die Sanktionen die Verweigerung der Landeerlaubnis im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließen.
(7) Können die Mitgliedstaaten nicht feststellen, dass die in dieser Verordnung festgelegten Bedingungen erfüllt sind, so untersagen sie den Start eines Luftfahrzeugs so lange, bis das betreffende Luftfahrtunternehmen oder der betreffende Luftfahrzeugbetreiber den Nachweis eines angemessenen Versicherungsschutzes entsprechend dieser Verordnung erbracht hat.
Ausschussverfahren
(1) Die Kommission wird von dem durch Artikel 11 der Verordnung (EWG) Nr. 2408/92 des Rates vom 23. Juli 1992 über den Zugang von Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft zu Strecken des innergemeinschaftlichen Flugverkehrs [7] eingesetzten Ausschuss unterstützt.
(2) Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten die Artikel 5 und 7 des Beschlusses 1999/468/EG unter Beachtung von dessen Artikel 8. Der Zeitraum nach Artikel 5 Absatz 6 des Beschlusses 1999/468/EG wird auf drei Monate festgesetzt.
(3) Der Ausschuss gibt sich eine Geschäftsordnung.
(4) Im Übrigen kann der Ausschuss von der Kommission zu jeder anderen Frage gehört werden, die die Anwendung dieser Verordnung betrifft.
Bericht und Zusammenarbeit
(1) Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 30. April 2008 einen Bericht über die Durchführung dieser Verordnung vor.
(2) Die Mitgliedstaaten legen der Kommission auf Antrag Informationen über die Anwendung dieser Verordnung vor.
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt zwölf Monate nach dem Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.
Geschehen zu Straßburg am 21. April 2004. Im Namen des Europäischen Parlaments
Der Präsident
P. Cox
Im Namen des Rates
Der Präsident
D. Roche
[1] ABl. C 20 E vom 28.1.2003, S. 193.
[2] ABl. C 95 vom 23.4.2003, S. 16.
[3] Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 13. Mai 2003 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht), Gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 5. Dezember 2003 (ABl. C 54 E vom 2.3.2004, S. 40), Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 11. März 2004 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 30. März 2004.
[4] ABl. L 194 vom 18.7.2001, S. 38.
[5] ABl. L 240 vom 24.8.1992, S. 1.
[6] ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23.
[7] ABl. L 240 vom 24.8.1992, S. 8. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 284 vom 31.10.2003, S. 1).
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