Scheckfalle Erlassvertrag durch Einlösung von Scheck
BGH: Scheckfalle Erlassvertrag durch Einlösung von Scheck
Die Klägerin möchte eine Unterlassung einer Zwangsvollstreckung von der Beklagten. Die Klägerin wurde, in einen vorherigen Urteil, zu einer Zahlung von 27.408 DM an die Beklagte verurteilt. Da sie die Summe nicht aufbringen kann, schlägt sie vor, einen eigenständigen Vergleich in Raten bei der Beklagten abzuzahlen. Diese lehnt den Vergleich jedoch ab. Die Klägerin sieht aber eine Angebotsannahme darin, da der mitgeschickte Teilratenscheck von der Beklagten zu Tilgung eingelöst wurde.
Das Gericht entschied die Klage abzuweisen. Die Klägerin kann nicht einen Vergleich mit der Beklagten schließen ohne deren Zustimmung.
BGH | VIII ZR 258/89 (Aktenzeichen) |
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BGH: | BGH, Urt. vom 28.03.1990 |
Rechtsweg: | BGH, Urt. v. 28.03.1990, Az: VIII ZR 258/89 |
OLG Hamburg, Urt. v. 21.06.1989, Az: 4 U 73/89 | |
LG Hamburg, Urt. v. 30.11.1988, Az: 79 O 188/88 | |
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Leitsatz:
2. Ein einseitig geschlossener Vergleich kann keine Gültigkeit erlangen.
Es müssen vorher beide Vertragspartner den Bedingungen zustimmen.
Zusammenfassung:
3. Die Klägerin wurde in einem vorhergehenden Urteil zu einer Zahlung in Höhe von 27.408 DM an die Beklagte verurteilt. Die Klägerin wendet sich in einem Schreiben an die Beklagte und stellt ihre persönliche finanzielle Lage der Beklagte dar. Des Weiteren war auch ein Verrechnungsscheck in Höhe von 2000 DM dem Schreiben beigefügt. Die Klägerin unterbreitete der Beklagten darin einen Vorschlag zur Abzahlung der Gesamtforderung. Sie möchte monatlich 2000 DM überweisen um auf eine Vergleichssumme von 8000 DM zu kommen.
Weiterhin weist die Klägerin die Beklagte daraufhin, dass mit dieser Ratenzahlung diese Angelegenheit erledigt sei und sie auch nicht weiter von der Beklagten behelligt werden möchte. Die Beklagte möchte allerdings nicht auf diesen Vorschlag eingehen fordert die Summe bis April komplett zurück. Die Klägerin sieht in ihrem Angebot eine Annahme durch die Beklagte und möchte in ihrer Klage gegen die Unzulässigkeit einer Zwangsvollstreckung vorgehen.
Das Gericht entschied die Klage abzuweisen. Die Klägerin kann nicht von einer Angebotsannahme und einen Vergleich ausgehen. Die Beklagte stimmte diesem Vergleich nicht zu.
Tatbestand:
4. Die Beklagte hat gegen die Klägerin ein – rechtskräftiges – Urteil des OLGs Hamburg vom 25. März 1987, das u.a. auf Zahlung von 8.893,50 DM nebst Zinsen lautet, und einen Kostenfestsetzungsbeschluß des LGs Hamburg vom 14. Mai 1987 über 6.699,28 DM nebst Zinsen erwirkt.“
5. Mit Anwaltsschreiben vom 16. April 1987 bezifferte sie ihre damalige Gesamtforderung auf 27.408,13 DM und forderte die Klägerin auf, diesen Betrag bis 28. April 1987 zu zahlen. Titulierte und nicht titulierte Forderungen gehen auf ein Mietverhältnis zurück, das die Beklagte durch fristlose Kündigung vom 25. Juli 1985 beendet hat.
6. Am 25. Juni 1987 richtete die Klägerin ein Schreiben an die Beklagte, in dem sie zunächst ihre persönliche und finanzielle Situation schilderte und dann hinzufügte:
7. „Ich möchte Ihnen deshalb von mir aus folgendes anbieten: Ich zahle Ihnen zum Ausgleich aller Ansprüche insgesamt DM 8.000 in monatlichen Raten von DM 2.000 ab sofort…. Ich nehme an, daß Sie mit dieser Regelung einverstanden sind und füge Ihnen aus diesem Grunde als 1. Rate einen Verrechnungsscheck über DM 2.000 bei, der auf den Abfindungsbetrag verrechnet wird. Das Wichtigste: Bitte haben Sie Verständnis für meine Situation und dafür, daß ich mit dieser Angelegenheit nicht mehr behelligt werden möchte. Für mich soll die Sache endgültig erledigt sein. Ich verzichte deshalb auch darauf, daß Sie mir gegenüber eine Stellungnahme abgeben…. „.
8. Am 29. Juni 1987 reichte die Beklagte den mitübersandten Scheck zur Einziehung ein und schrieb der Klägerin, daß sie deren Vorschlag als Zumutung empfinde und nicht annehme.
9. In ihrem Antwortschreiben vom 3. Juli 1987 brachte die Klägerin unter Hinweis auf den „heutigen“ Erhalt des Schreibens der Beklagten und die zwischenzeitlich erfolgte Einlösung des Schecks ihre Verwunderung über die Mitteilung zum Ausdruck, daß ihr Angebot nicht akzeptiert werde. Die angekündigten weiteren drei Raten über jeweils 2.000 DM überwies die Klägerin am 6. August, 4. September und 28. September 1987.
10. Sie vertritt die Auffassung, aufgrund ihres Schreibens vom 25. Juni 1987 und der Einlösung des ihm beigefügten Verrechnungsschecks sei zwischen den Parteien ein Vergleich entsprechend ihrem Angebot zustande gekommen. Der Vergleich erfasse auch die bereits titulierten Ansprüche der Beklagten.
11. Mit der vorliegenden Klage hat sie demgemäß die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus den eingangs erwähnten beiden Titeln geltend gemacht.
12. Das LG hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung ist zurückgewiesen worden. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
13. Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit dem LG ausgeführt, die Zwangsvollstreckung aus den beiden Zahlungstiteln sei nicht aus den von der Klägerin vorgetragenen Gründen unzulässig.
14. Durch das Schreiben der Klägerin vom 25. Juni 1987 und die Einlösung des Schecks sei weder ein Vergleich noch ein Erlaßvertrag zustande gekommen.
15. Das entsprechende Angebot der Klägerin habe die Beklagte nicht angenommen. Eine ausdrückliche Annahmeerklärung liege nicht vor; in der Scheckeinreichung sei aber auch keine konkludente Annahme zu sehen. Dagegen sprächen die besonderen tatsächlichen Umstände des Falles. Die Klägerin habe nämlich der Beklagten auf deren Gesamtforderung lediglich die ratenweise Zahlung von insgesamt 8.000 DM angeboten. Von der Gesamtforderung seien bereits 15.592,78 DM tituliert gewesen, während die Beklagte bei Annahme des klägerischen Angebots einen weit unsicheren nämlich „untitulierten“ Anspruch erhalten hätte.
16. Nach alledem habe die Klägerin nicht davon ausgehen dürfen, daß die Beklagte entgegen ihrem zwei Monate zuvor ausdrücklich erklärten Willen nunmehr auf ein Angebot eingehen werde, das ihren – der Klägerin bekannten – Interessen offensichtlich zuwider gelaufen sei. Selbst wenn die Klägerin, was allerdings zweifelhaft sei, auf den Zugang der Annahmeerklärung wirksam nach § 151 BGB verzichtet habe, sei ein Vertrag nicht zustande gekommen, weil die Beklagte am selben Tag den Scheck zur Einziehung eingereicht und an die Klägerin geschrieben habe, daß sie deren Vorschlag ablehne.
17. Hiergegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
18. Das Berufungsgericht ist verfahrensfehlerfrei zu dem rechtlich zutreffenden Ergebnis gelangt, daß die Beklagte das im Schreiben der Klägerin vom 25. Juni 1987 enthaltene Abfindungsangebot nicht angenommen hat und daher kein – die Gesamtforderung der Beklagten auf 8.000 DM beschränkender – Vergleich (§ 779 BGB) oder ein Erlaßvertrag (§ 397 BGB) hinsichtlich des 8.000 DM übersteigenden Forderungsteils zustande gekommen ist.
19. Mit Recht hat es eine gegenüber der Klägerin abgegebene Annahmeerklärung verneint. Ausdrücklich ist eine solche unstreitig nicht erfolgt. Sie kann auch nicht als stillschweigende (konkludente) in der Scheckeinreichung erblickt werden. Ob sich dies mit den vom Berufungsgericht angestellten Erwägungen rechtfertigen ließe, ist allerdings zweifelhaft, braucht aber nicht entschieden zu werden. Denn jedenfalls kommt der Scheckeinreichung aus einem anderen Grund nicht die Bedeutung einer stillschweigenden Annahmeerklärung zu.
20. Die Annahme ist – von den Sonderfällen der §§ 151, 152 BGB abgesehen – eine empfangsbedürftige Willenserklärung im Sinne des § 130 BGB. Daraus folgt, daß sie an den Antragenden als Erklärungsempfänger gerichtet sein muß (BGH, Urteil vom 25. Januar 1989 – IVb ZR 44/88 = WM 1989, 650, 651 unter 5 c; Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Band II, Das Rechtsgeschäft, 3. Aufl., Seite 225). Soll sie durch eine schlüssige Handlung zum Ausdruck gebracht werden, so ist dem nur genügt, die Erklärung also in Richtung auf den Antragenden abgegeben, wenn die Handlung diesem gegenüber vorgenommen wird (vgl. RGZ 84, 321, 323). Daran fehlt es hier indessen bei der Einreichung des Verrechnungsschecks, die der Bank der Beklagten gegenüber erfolgte und als solche – objektiv – zur Kenntnisnahme durch die Klägerin weder geeignet noch bestimmt war.
21. Eine Annahme des Abfindungsangebotes der Klägerin durch die Beklagte könnte somit – wovon ersichtlich auch die Revision ausgeht – allenfalls noch unter den Voraussetzungen des § 151 BGB erfolgt sein. Aber auch insoweit hat das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend eine Vertragsannahme durch die Beklagte verneint.
22. Nach § 151 BGB kommt der Vertrag durch die Annahme des Antrags zustande, ohne daß die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. Daß die Klägerin hier auf eine ihr gegenüber abzugebende Annahmeerklärung verzichtet hat, ergibt sich, worauf die Revision gegenüber den vom Berufungsgericht geäußerten Zweifeln zu Recht hinweist, eindeutig aus dem Schreiben vom 25. Juni 1987. Im Falle eines derartigen Verzichts bedarf es lediglich der Annahme als solcher, d.h. eines als Willensbetätigung zu wertenden, nach außen hervortretenden Verhaltens des Angebotsempfängers, aus dem sich dessen Annahmewille unzweideutig ergibt (Senatsurteil vom 18. Dezember 1985 – VIII ZR 297/84 = WM 1986, 322, 323 m.w.Nachw.).
23. In welchen Handlungen eine ausreichende Betätigung des Annahmewillens zu finden ist, kann nur in Würdigung des konkreten Einzelfalles entschieden werden. Dabei ist mangels Erklärungsbedürftigkeit der Willensbetätigung nicht auf den Empfängerhorizont (§ 157 BGB) abzustellen. Vielmehr kommt es darauf an, ob vom Standpunkt eines unbeteiligten objektiven Dritten aus das Verhalten des Angebotsadressaten aufgrund aller äußeren Indizien auf einen „wirklichen Annahmewillen“ (§ 133 BGB) schließen läßt. Ein solcher Schluß ist regelmäßig gerechtfertigt, wenn der Anbietende dem Angebotsempfänger eine mit der Erfüllung des angestrebten Vertrages zusammenhängende, den Anbietenden beeinträchtigende Handlung nur für den Fall der Annahme des Angebotes, also des Vertragsschlusses, gestattet und der andere Teil diese Handlung vornimmt, ohne das Angebot durch einen nach außen erkennbare Willensäußerung abzulehnen (Senatsurteil vom 18. Dezember 1985 aaO.; ebenso BGH Urteil vom 6. Februar 1990 – X ZR 39/89).
24. Demgemäß hat der erkennende Senat in dem zitierten Urteil vom 18. Dezember 1985 entschieden, daß dann, wenn eine den Abschluß eines Abfindungsvertrages anbietende Partei zum Zwecke der Vertragserfüllung einen Scheck mit der Bestimmung übergeben hat, er dürfe nur bei Annahme des Vertragsangebotes eingelöst werden, und wenn sie gleichzeitig auf eine Annahmeerklärung der Gegenseite verzichtet hat, in der widerspruchslos erfolgenden Einreichung des Schecks zur Einziehung regelmäßig die Annahme des Vertragsantrages zu erblicken ist.
25. Dies müßte auch hier gelten, wenn isoliert auf den Vorgang der Scheckeinreichung abgestellt werden dürfte. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung wäre aufgrund des Schreibens der Klägerin vom 25. Juni 1987 im vorliegenden Fall – ebenso wie in dem der Entscheidung vom 18. Dezember 1985 (aaO.) zugrundeliegenden – davon auszugehen, daß der Beklagten der Scheckeinzug nur bei Annahme des Abfindungsangebotes erlaubt war.
26. Wie bereits ausgeführt (oben II l b bb), kommt es indessen für die aus der maßgeblichen Sicht eines unbeteiligten objektiven Dritten vorzunehmende Wertung auf alle äußeren Indizien, also auf das nach außen erkennbare Gesamtverhalten des Angebotsempfängers an, soweit es Rückschlüsse auf seinen „wirklichen Willen“ erlaubt. Läßt sich hieraus gesamtschauend das Fehlen eines wirklichen Annahmewillens erschließen, so kann das Gegenteil nicht dennoch einem einzelnen Vorgang entnommen werden, der – wie hier die Scheckeinreichung – für sich allein als Betätigung eines Annahmewillens zu deuten wäre.
27. So liegt der Fall im Unterschied zu dem durch Senatsurteil vom 18. Dezember 1985 (aaO.) entschiedenen hier. Die Klägerin hat selbst vorgetragen, die Beklagte habe sich nach Erhalt des Abfindungsangebots mit diesem und dem Verrechnungsscheck zunächst zu ihrem Prozeßbevollmächtigten begeben, um sich mit ihm zu beraten. Dieser habe das Schreiben der Beklagten mit Datum vom 29. Juni 1987 auf deren Briefpapier diktiert und ihr empfohlen, den Verrechnungsscheck sofort einzuziehen. Noch vor der Scheckeinreichung hat die Beklagte mithin durch die Formulierung des Ablehnungsschreibens als Ergebnis der Besprechung mit ihrem Prozeßbevollmächtigten nach außen ihren wirklichen Willen manifestiert, das Abfindungsangebot der Klägerin nicht anzunehmen.
28. Bei dieser Sachlage braucht nicht entschieden zu werden, ob sich das gleiche Ergebnis – worauf das Berufungsgericht abgestellt hat – auch allein damit rechtfertigen ließe, daß die Beklagte „am selben Tag“, an dem der Scheck eingereicht worden ist, an die Klägerin geschrieben hat, sie lehne das Abfindungsangebot ab. Daher erübrigt es sich gleichfalls, der auf § 551 Nr. 7 ZPO gestützten Rüge der Revision nachzugehen, die diesbezüglichen Ausführungen in dem angefochtenen Urteil stellten keine ordnungsgemäße Begründung dar.
29. Die Vollstreckungsabwehrklage erweist sich auch nicht deshalb als wenigstens teilweise begründet, weil die Beklagte die Schecksumme und die von der Klägerin überwiesenen Beträge vereinnahmt hat. Selbst wenn hierdurch in Höhe von 8.000 DM eine endgültige Erfüllung eingetreten wäre, hätte sich diese nicht auf die durch die beiden Vollstreckungstitel festgestellten Ansprüche der Beklagten, sondern nach der Regel des § 366 Abs. 2 BGB auf die – geringere Sicherheit bietenden – nicht titulierten Forderungen erstreckt.
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