Ausgleichszahlungsanspruch bei Vorliegen einer Buchungsbestätigung

AG Frankfurt: Ausgleichszahlungsanspruch bei Vorliegen einer Buchungsbestätigung

Die Kläger forderten von einem Luftfahrtunternehmen eine Ausgleichszahlung wegen Nichtbeförderung.

Das Amtsgericht Frankfurt wies die Klage ab, da die Kläger über keine von der Beklagten ausgestellte Buchungsbestätigung verfügten.

AG Frankfurt 30 C 2766/14 (47) (Aktenzeichen)
AG Frankfurt: AG Frankfurt, Urt. vom 20.03.2015
Rechtsweg: AG Frankfurt, Urt. v. 20.03.2015, Az: 30 C 2766/14 (47)
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Amtsgericht Frankfurt

1. Urteil vom 20. März 2015

Aktenzeichen 30 C 2766/14 (47)

Leitsatz:

2. Ausgleichsansprüche aus der europäischen Fluggastrechteverordnung sind vom Vorhandensein einer gültigen Buchungsbestätigung abhängig.

Zusammenfassung:

3. Reisende wurden am Check-In abgewiesen, weil sie nicht auf der Passagierliste standen. Sie klagten vor dem Amtsgericht Frankfurt gegen die Fluggesellschaft und forderten eine Ausgleichszahlung wegen Nichtbeförderung. Die Kläger behaupteten, über eine Buchungsbestätigung zu verfügen, die Beklagte behauptete, ihr läge keine Buchung durch die Kläger vor.

Das Amtsgericht wies die Klage ab, da die Kläger in der Tat über keine gültige Buchungsbestätigung verfügten. Diejenige, die sie in der Beweisaufnahme vorlegten, stammte vom Reiseveranstalter und nicht von der Beklagten, die nachweisen konnte, dass die Namen der Kläger nicht auf der Passagierliste standen. Da die Eröffnung des Anwendungsbereichs der europäischen Fluggastrechteverordnung an das Vorliegen einer gültigen Buchungsbestätigung geknüpft ist, bestanden keine Ansprüche auf eine Ausgleichszahlung seitens der Reisenden.

Tenor:

4.Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger je zu 1/2 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Klägern wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

5. Die Kläger nehmen die Beklagte auf Ausgleichszahlung nach der EG-​Verordnung Nr. 261/04 in Anspruch.

6. Die Kläger hatten über die Website der … beim Anbieter … eine Pauschalreise nach Gran Canaria gebucht. Die Buchungsbestätigung von … (Kopie Bl. 41 d. A.) wies den Hinflug von Frankfurt nach Gran Canaria am 7.9.2013 als … aus. Vor Ort wurde den Klägern eine Beförderung auf diesem Flug verweigert. Am …-​Schalter wurde eine Ersatzbeförderung mit … organisiert, eine Ankunftsverspätung auf Gran Canaria von über 6 Stunden war die Folge. Dafür wurden vorprozessual – wohl vom Pauschalreiseveranstalter – 80,00 Euro gezahlt. Weitere 720,00 Euro Ausgleichszahlung bilden den Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens.

7. Die Kläger machen geltend, über eine bestätigte Buchung des … verfügt zu haben. Die Kläger behaupten, ihre Nichtbeförderung auf diesem Flug basiere auf schlichter Überbuchung desselben; dies ergäbe sich aus entsprechenden Ermittlungen und Mitteilungen der … vor Ort. Wegen der Einzelheiten des Klägervortrags insoweit wird Bezug genommen auf die Schriftsätze vom 12.9.14 (Bl. 19 und 20 d. A.) sowie vom 15.9.14 (Bl. 25 und 26 d. A.).

8. Die Kläger beantragen,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) jeweils 360,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz seit dem 28.1.2014 zu zahlen.

9. Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

10. Sie behauptet, die Kläger seien für den streitgegenständlichen Flug überhaupt nicht gebucht gewesen. Ihre Namen hätten nicht auf der Passagierliste gestanden. Der Flug sei bereits im Zeitpunkt der behaupteten Einbuchung durch den Pauschalreiseveranstalter geschlossen gewesen. Auch die behauptete Überbuchung des Fluges habe es nicht gegeben.

Entscheidungsgründe

11. Die Klage ist unbegründet.

12. Den Klägern steht gegenüber der Beklagten der geltend gemachte Anspruch auf Ausgleichszahlung nach Art. 4 in Verbindung mit Art. 7 der EG-​Verordnung Nr. 261/04 nicht zu. Anspruchsbegründende Voraussetzung ist gemäß Art. 3 Abs. 2 der Verordnung u. a., dass die betroffenen Fluggäste über eine bestätigte Buchung für den betreffenden Flug verfügen. Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Zwar hat vorliegend eine Buchung im Sinne von Art. 2 Buchstabe g) der Verordnung in dem Sinne vorgelegen, dass die Kläger über einen Flugschein sowie eine Buchungsbestätigung verfügen, aus der hervorgeht, dass diese Buchung jedenfalls vom Reiseunternehmen akzeptiert wird. Die Buchungsbestätigung, die den streitgegenständlichen Flug betrifft, stammt insoweit nicht von der Beklagten, sondern von dem Reiseveranstalter bzw. … (Kopie Bl. 41 d. A.), auch die Flugscheine sind nicht von der Beklagten, sondern vom Veranstalter … ausgestellt worden (Kopie Bl. 21 und 22 d. A.), gleiches gilt für die Bestätigung/Rechnung (Kopie Bl. 23 und 23 d. A.). Jedoch liegt keinerlei irgendwie geartete Bestätigung der Buchung durch die Beklagte vor. Dafür wäre es grundsätzlich ausreichend, wenn durch die Einbuchung der Reisenden durch den Pauschalreiseveranstalter oder das Reisebüro die Namen der Reisenden auf die offene Passagierliste der Beklagten gelangen. Wie diese auf den Auflagenbeschluss des Gerichts vom 9.1.2015 im Schriftsatz vom 3.2.2015 ausgeführt hat, wird die Passagierliste schlicht ausgedruckt, nachdem die von den Reiseveranstaltern bzw. Tickethändlern gemeldeten Passagiere im System der Beklagten aufgelaufen sind. Diesen Ausdruck der Passagierliste hat die Beklagtenseite im Termin am 4.3.2015 vorgelegt; das Gericht konnte feststellen, dass sich die Namen der Kläger auf dieser Passagierliste nicht befinden. Da von irgendwelchen Manipulationen vorliegend nicht ausgegangen werden kann, muss das Gericht davon ausgehen, dass sich die Namen der Kläger zu keinem Zeitpunkt auf der Passagierliste des streitgegenständlichen Fluges befunden haben. Den von … bzw. … ausgestellten Buchungsunterlagen (Buchungsbestätigung und Flugschein) fehlt damit die tatsächliche Grundlage. Dementsprechend ist der Klägerseite mit Gerichtsbeschluss vom 9.1.2015 aufgegeben worden, konkret darzutun, auf welche (wohl elektronische) Weise der streitgegenständliche Flug – durch Reisebüro oder Reiseveranstalter – bei der Beklagten gebucht worden ist, und wie – gegenüber Reisebüro der Reiseveranstalter – die Buchung bestätigt worden ist. Dazu verhält sich der Klägerschriftsatz vom 26.1.2015, dem indes nichts dazu zu entnehmen ist, wie – gegenüber Reisebüro oder Reiseveranstalter – die Buchung durch die Beklagte bestätigt worden ist. Dem Beklagtenschriftsatz vom 3.2.2015 ist insoweit zu entnehmen, dass es eine solche Bestätigung auch nicht geben würde, vielmehr diese in der Aufnahme der gebuchten Reisenden in die Passagierliste besteht. Diese Aufnahme in die Passagierliste ist vorliegend ganz offensichtlich nicht erfolgt. Dementsprechend ist bei der Eingabe in die EDV entweder dem Reiseveranstalter, der die Kläger einbuchen wollte, ein Fehler unterlaufen, oder aber es liegt ein Fehler im System der Beklagten, welches trotz ordnungsgemäßer Einbuchung die Kläger als Passagiere nicht mit auf die Passagierliste aufgenommen hat. Der Klärung dieser Frage sollte der Auflagenbeschluss vom 9.1.2015 dienen, was im Ergebnis nicht der Fall war. Das Gericht kann nur feststellen, dass sich die Kläger tatsächlich nicht auf der Passagierliste des streitgegenständlichen Fluges befunden haben, wobei der Grund dafür im Unklaren bleibt. Diese Unklarheit gereicht der Klägerseite zum Nachteil, da es sich bei der bestätigten Buchung um eine anspruchsbegründende Voraussetzung handelt, für deren Vorliegen die Klägerseite die volle Darlegungs- und Beweislast hat. Der entsprechende Beweis konnte nicht erbracht werden. Damit kann vorliegend von einer bestätigten Buchung im Sinne von Art. 3 Abs. 2 der Verordnung nicht mehr ausgegangen werden. Ob … den Klägern gegenüber erklärt haben, Grund der Nichtbeförderung auf dem streitgegenständlichen Flug sei eine Überbuchung desselben, ist insoweit unerheblich. Auch eine irgendwie geartete Indizwirkung im Hinblick auf das Vorliegen einer bestätigten Buchung kommt diesem Vortrag nicht zu, da sich die Beklagte selbstredend nicht – wahre oder unwahre – Erklärungen von … zurechnen lassen müsste. Dementsprechend war der Klage der Erfolg zu versagen.

13. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 und 2 ZPO.

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