Begründung einer Salmonellenvergiftung während einer Reise
AG Bad Homburg: Begründung einer Salmonellenvergiftung während einer Reise
Die Kläger nehmen die Beklagte, eine Reiseveranstalterin, auf Schadensersatz wegen einer Salmonellenvergiftung im Urlaub in Anspruch. Sie sind der Ansicht, dass die Vergiftung durch die Lebensmittel, die im gebuchten Hotel bereitgestellt worden waren, verursacht wurden. Diese Behauptung wird dabei durch die Tatsache unterstützt, dass insgesamt ca. 15% der Urlauber im betreffenden Hotel an einer Salmonellenvergiftung erkrankt seien.
Das Amtsgericht Bad Homburg weist die Klage ab. Die Kläger haben es versäumt, die Ursache der Salmonellenvergiftung besser darzustellen und die Kausalität zwischen der Verpflegung im Hotel und den Erkrankungen genauer zu begründen. Deshalb können andere Faktoren, wie die Ansteckung durch andere bereits infizierte Reiseteilnehmer, nicht ausgeschlossen werden und die Klage könne demnach nicht als begründet angesehen werden.
AG Bad Homburg | 2 C 2400/04 (Aktenzeichen) |
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AG Bad Homburg: | AG Bad Homburg, Urt. vom 25.01.2005 |
Rechtsweg: | AG Bad Homburg, Urt. v. 25.01.2005, Az: 2 C 2400/04 |
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Leitsätze:
2. Erleiden Reisende eine Salmonellenvergiftung während einer Reise, müssen diese genau begründen und darstellen, dass sie sich durch das Hotelessen angesteckt haben.
Eine bloße Behauptung, dass die Salmonellenvergiftung durch das Hotelessen entstanden ist, genügt nicht.
Zusammenfassung:
3. Die Kläger erlitten während einer Urlaubsreise auf Rhodos, die sie bei der Beklagten, einer Reiseveranstalterin, gebucht hatten eine Salmonellenvergiftung. Sie nehmen nun die Beklagte auf Schadensersatz wegen der Vergiftung in Anspruch, weil sie der Ansicht sind, die Vergiftung sei durch die Lebensmittel, die im im gebuchten Hotel bereitgestellt wurden, verursacht worden. Diese Behauptung wird dabei durch die Tatsache unterstützt, dass ca. 15% der Urlauber im betreffenden Hotel an einer Salmonellenvergiftung erkrankt seien.
Das Amtsgericht Bad Homburg hält die Klage für unbegründet und weist diese ab. Den Klägern steht die begehrte Schadensersatzzahlung nicht zu. Der Gericht stellt klar, dass die Kläger es versäumt hätten, die Ursache der Salmonellenvergiftung besser darzustellen. Insbesondere müsse die Kausalität (also der Handlungsverlauf des Vergiftens) in derartigen Fällen immer sehr genau begründet werden.
Zudem müssten auch andere Faktoren, wie die Ansteckung durch andere bereits infizierte Reiseteilnehmer, auszuschließen sein. Die bloße Bahuptung, man habe nur im Hotel gespeist, reicht nicht für die Begründung des Anspruchs auf Schadensersatz und die Klage ist demnach in vollem Umfang abzuweisen.
Tenor:
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger können die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages vorläufig abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft einer als Zoll- oder Steuerbürgin zugelassenen Bank oder öffentlichen Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand:
5. Die Kläger nehmen die Beklagte auf Rückzahlung des Reisepreises und Schadensersatz wegen nutzlos aufgewandter Urlaubszeit in Anspruch. Die Kläger hatten bei der Beklagten eine Reise vom 03.08.2003 – 17.08.2003 nach Rhodos, Hotel …, zu einem Reisepreis von Euro 1.089,00 pro Person gebucht. Als Verpflegungsleistung war zwischen den Parteien Halbpension vereinbart.
6. Die Kläger behaupten, die Klägerin zu 1) habe sich durch die im Hotel … zu sich genommenen Speisen und/oder Getränke eine Salmonellenerkrankung zugezogen. Die Erkrankung sei am 10.08.2003 aufgetreten und habe die gesamte Urlaubszeit angedauert. Der Kläger zu 2) sei am 15.08.2003 ebenfalls an Salmonellenbefall erkrankt. Die Erkrankung habe nach Reiserückkehr noch etwa 8 Tage angedauert. Die Kläger geben an, sie hätten Speisen und Getränke ausschließlich in der Hotelanlage des Hotels eingenommen. Lediglich bei zwei Ausflügen vor der Erkrankung, nämlich am 07.08.2003 und 09.08.2003, hätten sie Flaschengetränke zu sich genommen. Soweit die Kläger mittags ausnahmsweise einmal Speisen zu sich genommen hätten, sei dies ausschließlich im Hotel erfolgt.
7. Eine Vielzahl, nämlich schätzungsweise 120 der etwa 800 Hotelgäste sei nach Verzehr der im Hotel angebotenen Speisen und Getränke an Magen-/Darmbeschwerden erkrankt. Allein von den Reisenden, die über die Beklagte gebucht hätten, seien zumindest 9 Personen an Salmonellen erkrankt.
9. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zu 1) Euro 1.089,00 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
10. die Beklagte ferner zu verurteilen, an die Klägerin zu 1) ein angemessenes Schmerzensgeld zu bezahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird,
11. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu 2) Euro 1.089,00 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
12. die Beklagte ferner zu verurteilen, an den Kläger zu 2) ein angemessenes Schmerzensgeld zu bezahlten, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird,
15. die Beklagte ferner zu verurteilen, an die Klägerin zu 1) ein angemessenes Schmerzensgeld in Höhe von Euro 1.000,00 zu zahlen,
17. die Beklagte ferner zu verurteilen, an den Kläger zu 2) ein angemessenes Schmerzensgeld in Höhe von Euro 800,00 zu bezahlen.
20. Sie hält die Aktivlegitimation des Klägers zu 2) für den Anspruch auf Rückzahlung des Reisepreises nicht für gegeben. Sie bestreitet die Erkrankung und hält im übrigen eine Verantwortlichkeit der Beklagten nicht für gegeben. In dem Hotel seien einwandfreie Speisen und Getränke gereicht worden. Untersuchungen des Wassers der Swimmingpools, ebenso wie der Trinkwasserversorgung und Lebensmittelüberprüfungen hätten ergeben, dass keinerlei Hygienemängel vorgelegen hätten. Die Beklagte hält es für ausgeschlossen, dass die Kläger zwischen Frühstück und Abendessen keine weiteren Speisen und Getränke zu sich genommen hätten. Die Beklagte lehnt eine Verantwortlichkeit für außerhalb der Halbpension eingenommene Speisen und Getränke im Hotel ab.
Entscheidungsgründe:
21. Die Klage ist nicht begründet.
22. Die Kläger haben weder reisevertragliche Gewährleistungsansprüche, noch sonstige Ansprüche gegenüber der Beklagten.
23. Die Kläger haben bereits das Vorliegen eines Reisemangels sowie die Kausalität zwischen der behaupteten Salmonellenerkrankung und verdorbenen bzw. mit Salmonellenerregern infizierten Speisen und Getränken nicht genügend dargetan. Denn die Kläger haben weder vorgetragen, wann genau sie sich die Erkrankung zugezogen haben wollen, noch, auf die Einnahme welcher Gerichte oder Getränke sie die Erkrankung zurückführen. Die Kläger haben lediglich angegeben, sie hätten außerhalb des Hotels keinerlei Speisen und Getränke (mit Ausnahme der Flaschengetränke an den beiden Ausflugstagen) zu sich genommen und ziehen hieraus den Schluss, dass im Hotel gereichte Speisen und Getränke ursächlich für die Salmonellenerkrankung sein müssen. Die Kläger haben jedoch noch nicht einmal behauptet, sich hätten verdorbene Speisen zu sich genommen und seien daraufhin erkrankt.
24. Es ist allgemein bekannt, dass man sich eine Salmonellenerkrankung auch in anderer Weise als durch verdorbene Lebensmittel zuziehen kann. Es handelt sich um eine hoch ansteckende Krankheit, bei der der Mensch selbst zur Infektionsquelle werden kann. Eine Salmonellenerkrankung kann zahlreiche Ursachen haben. Insbesondere kann eine Infektion nicht nur über den Verzehr von Speisen und Getränken, sondern z. B. auch durch Kontakt mit infizierten Menschen oder aber durch Kontakt mit sanitären Einrichtungen erfolgen. So könnte z. B. eine Infektion etwa auch am Flughafen oder auf während der Ausflüge benutzten Toiletten erfolgt sein.
25. Auf die Glaubhaftigkeit des Vortrags der Kläger, sie hätten außerhalb der gebuchten Halbpension bei den beiden Ausflügen lediglich Flaschengetränke zu sich genommen, braucht hier nicht weiter eingegangen zu werden. Davon abgesehen, dass auch die Flaschen mit Erregern infiziert sein konnten, haben die Kläger jedenfalls selbst angegeben, dass sie in dem Hotel selbst, und zwar über die gebuchte Halbpension hinaus, durchaus Speisen und Getränke eingenommen haben. Die Beklagte haftet jedoch lediglich für die Ordnungsmäßigkeit der gebuchten Verpflegungsleistung, dies ist die Halbpension. Für außerhalb der vereinbarten Verpflegungsleistung verzehrte Speisen und Getränke haftet die Beklagte nicht, da das Hotel insoweit nicht Erfüllungsgehilfe der Beklagte ist (vgl. Seyderhelm, Reiserecht, Rdnr. 65 zu § 651 d BGB).
26. Die Kläger können im übrigen den Beweis dafür, dass im Hotel infizierte Speisen und Getränke ursächlich für eine Salmonelleninfektion waren, nicht führen. Die angebotenen Beweismittel sind untauglich.
27. Auch die Grundsätze des Prima-facie-Beweises kommen im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung, da es an einem hierfür typischen Geschehensablauf fehlt. Erforderlich für den Anscheinsbeweis wäre die Feststellung eines Sachverhaltes, der nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder einen bestimmten Geschehensablauf hinweist, wenn der Fall das Gepräge des Üblichen und Gewöhnlichen trägt. Dies wäre z. B. der Fall, wenn eine Vielzahl von Gästen in derselben Nacht nach dem eingenommenen Abendessen oder infolge des Verzehrs von verdorbenem Ei im Zuge des Frühstücks an Salmonelleninfektion erkrankt wäre. Hierfür muss der Reisende jedoch Art, Dauer und Intensität, nicht nur eigenen Erkrankung, sondern auch den etwaigen Krankheitsverlauf der angeblich erkrankten Mitreisenden, substantiiert vortragen. Die Kläger haben jedoch die Erkrankungen lediglich pauschal behauptet. Der Umstand allein, dass ein Arzt wegen der Anzahl der erkrankten Gäste in dem gebuchten Hotel übernachtete, genügt hierfür nicht.
28. Magen-/Darmerkrankungen können vielfältige Ursachen haben. Neben der weit verbreiteten Reisediarrhö besteht insbesondere die Möglichkeit eines Virusinfektes, die sich unter Hotelgästen ausbreiten kann, für die jedoch nicht das Hotel und damit auch nicht die Beklagte, Verantwortlichkeit tragen kann.
29. Dem von den Klägern zitiertem Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 13.10.2000 kann nicht gefolgt werden. Im übrigen setzt sich das Urteil mit einem Einzelfall auseinander, nämlich einem Urlaub auf einer Malediveninsel, auf der es keinerlei Möglichkeit gab, außerhalb des Hotels Speisen und Getränke zu sich zu nehmen. Die Klage war daher abzuweisen.
30. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
31. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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