Unwirksamkeit der in Stornierungsbedingungen Entschädigungspauschalen

BGH: Unwirksamkeit der in Stornierungsbedingungen Entschädigungspauschalen

Ein Verbraucherschutzverein klagt in diesem Fall gegen Stornierungsbedingungen, die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) einer GmbH, die Urlaubsaufenthalte in Ferienhäusern und -wohnungen in süd- und westeuropäischen Ländern anbietet, festgeschrieben sind. In der streitgegenständlichen AGB-Klauseln werden bei Rücktritt innerhalb von 40 Tagen vor Mietbeginn 50 % des Mietpreises und bei Rücktritt außerhalb von 40 Tagen vor Mietbeginn 35 % des Mietpreises fällig. Diese Regelung hält der klagende Verbraucherschutzverein für unzulässig. Er fordert von der Beklagten, die Anwendung der Klauseln zu unterlassen.

Der Bundesgerichtshof entscheidet, dass die angegriffenen Klauseln wegen eines Verstoßes gegen § 11 Nr. 5 b AGB-Gesetz unwirksam seien.  Die Pauschalen, die von der Beklagten verlangten würden, seien unangemessen hoch und dem Kunden werde durch die Formulierung der Klauseln der Nachweis abgeschnitten, ein Schaden sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger. Die betreffende Klausel ist dementsprechend unwirksam.

BGH VII ZR 6/92 (Aktenzeichen)
BGH: BGH, Urt. vom 09.07.1992
Rechtsweg: BGH, Urt. v. 09.07.1992, Az: VII ZR 6/92
OLG Düsseldorf , Urt. v. 05.12.1991, Az: 6 U 4/91
LG Düsseldorf , Urt. v. 14.11.1990, Az: 12 O 264/90
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BGH-Gerichtsurteile

Bundesgerichtshof

1. Urteil vom 09. Juli 1992

Aktenzeichen VII ZR 6/92

Leitsatz:

2. Eine AGB-Klausel zu Stornierungsbedingungen eines Veranstalters von Aufenthalten in Ferienunterkünften, die Entschädigungspauschalen unter konkludentem Gegenbeweisausschlusses festsetzt, ist unzulässig.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger, ein Verbraucherschutzverein klagt gegen Stornierungsbedingungen einer GmbH. Diese veranstaltet Urlaubsaufenthalte in Ferienhäusern und -wohnungen in süd- und westeuropäischen Ländern. In der streitgegenständlichen AGB-Klauseln werden bei Rücktritt innerhalb von 40 Tagen vor Mietbeginn 50 % des Mietpreises und bei Rücktritt außerhalb von 40 Tagen vor Mietbeginn 35 % des Mietpreises fällig. Der Kläger hält diese Regelung für unzulässig.

Der Bundesgerichtshof erklärt die angegriffenen Klauseln wegen eines Verstoßes gegen § 11 Nr. 5 b AGB-Gesetz für unwirksam.  Die Pauschalen, die von der Beklagten verlangten würden, seien unangemessen hoch. Dem Kunden werde durch die Formulierung der Klauseln der Nachweis abgeschnitten, ein Schaden sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger.

Tatbestand:

4. Die Beklagte, eine GmbH mit Sitz in Düsseldorf, bietet für Urlaubsaufenthalte gewerbsmäßig Ferienhäuser und Ferienwohnungen in süd- und westeuropäischen Ländern an. Als Grundlage für ihr Angebot gibt sie jährlich einen Prospekt heraus. Der Prospekt für 1990 mit dem Untertitel „Frankreich-Korsika-Spanien-Italien“ enthält auf der Rückseite Vertragsbedingungen, von denen die folgende Klausel Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist:

5. „Es gelten die folgenden Stornierungsbedingungen:

6. a) Bei Rücktritt innerhalb von 40 Tagen vor Mietbeginn 50 % des Mietpreises.

7. b) Bei Rücktritt außerhalb von 40 Tagen vor Mietbeginn 35 % des Mietpreises.“

8. Der klagende Verbraucherschutzverein ist der Ansicht, diese Regelung verstoße gegen das AGB-Gesetz sowie gegen § 651 i BGB. Mit der gemäß § 13 AGB-Gesetz erhobenen Klage verlangt er deshalb von der Beklagten, diese Klausel nicht mehr zu verwenden.

9. Das Landgericht – sein Urteil ist auszugsweise in VuR 1991, 111 veröffentlicht – hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Mit der – zugelassenen – Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

I.

10. 1. Das Berufungsgericht bejaht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für den vorliegenden Rechtsstreit. Sie ergebe sich für die von der Beklagten angebotenen Ferienhäuser und -wohnungen, die in Vertragsstaaten des Brüsseler Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 (BGBl. 1972 II S. 774) (EuGVÜ) belegen seien, aus Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ. Im übrigen sei die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte jedenfalls durch § 14 Abs. 1 Satz 1 AGB-Gesetz begründet, weil diese Vorschrift als Norm des Internationalen Zivilprozeßrechts in Fällen mit Auslandsberührung zugleich die internationale Zuständigkeit bestimme. Eine ausschließliche Zuständigkeit derjenigen Staaten, in denen sich die fraglichen Ferienhäuser und -wohnungen befänden, gemäß Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ sei nicht gegeben, da Verbandsklagen der vorliegenden Art von der Zielsetzung dieser Vorschrift nicht erfaßt würden.

11. 2. Diese Ausführungen, die von der Revision nicht angegriffen werden, sind nicht zu beanstanden. Sie entsprechen der Senatsrechtsprechung (Senat, Urteil vom 12. Oktober 1989 – VII ZR 339/88 = BGHZ 109, 29, 31 ff = EuZW 1990, 36 m. Anm. Nagel = BB 1990, 658 m. Anm. Lindacher = IPRax 1990, 318 m. Anm. Lorenz 292 = VuR 1990, 79 m. Anm. Tonner = EWiR 1990, 903 m. Anm. Schwerdtner).

12. 3. a) Eine Vorlage der Frage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, ob Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ auf Klagen der vorliegenden Art anzuwenden ist, nach Art. 3 des Protokolls vom 3. Juni 1971 betreffend die Auslegung des EuGVÜ hält der Senat nicht für erforderlich. Eine Auseinandersetzung mit der im Schrifttum seinerzeit geäußerten Kritik (Jayme/Kohler, IPRax 1990, 353, 355) erübrigt sich im Hinblick auf die jüngste Rechtsprechung des EuGH. Aus dieser ergibt sich eindeutig, daß Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ auf den vorliegenden Rechtsstreit nicht anzuwenden ist (vgl. EuGH, Urteil vom 26. Februar 1992 – Rs. C-280/90 = EuZW 1992, 219, 220 m. Anm. Huff (Elisabeth Hacker/Euro-Relais GmbH)).

13.  b) Nach der hier maßgebenden Fassung von Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ sind für Klagen, die dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen sowie die Miete oder Pacht von unbeweglichen Sachen zum Gegenstand haben, die Gerichte des Vertragsstaats, in dem die unbewegliche Sache belegen ist, ausschließlich zuständig. Die in dieser Vorschrift vorgesehene ausschließliche Zuständigkeit hat ihren Grund in der engen Verknüpfung von Miete und Pacht mit der rechtlichen Regelung des Eigentums an unbeweglichen Sachen und mit den im allgemeinen zwingenden Vorschriften, die seine Nutzung regeln (EuGH, Urteil vom 15. Januar 1985 – Rs. 241/83 = Slg. 1985, 99, 126 (Rösler/Rottwinkel); EuGH, Urteil vom 26. Februar 1992 aaO).

14. Sie ist nicht weiter auszulegen, als dies ihr Ziel erforderlich macht (EuGH, Urteil vom 14. Dezember 1977 – Rs. 73/77 = Slg. 1977, 2383, 2391 (Sanders/van der Putte); EuGH, Urteil vom 26. Februar 1992 aaO). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ insbesondere nicht anzuwenden auf einen in einem Vertragsstaat geschlossenen Vertrag, durch den sich ein gewerblicher Reiseveranstalter mit Sitz in diesem Staat gegenüber einem Kunden mit Wohnsitz in demselben Staat verpflichtet, diesem für einige Wochen den Gebrauch einer in einem anderen Vertragsstaat belegenen, nicht in seinem Eigentum stehenden Ferienwohnung zu überlassen und die Reservierung der Reise zu übernehmen (EuGH, Urteil vom 26. Februar 1992 aaO). Ein derartiger gemischter Vertrag, kraft dessen gegen einen vom Kunden gezahlten Gesamtpreis eine Gesamtheit von Dienstleistungen zu erbringen ist, liegt außerhalb des Bereichs, in dem der in Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ aufgestellte Grundsatz seine Daseinsberechtigung hat, und ist kein eigentlicher Miet- oder Pachtvertrag im Sinne dieser Vorschrift (EuGH aaO 220).

15. c) Nach diesen Grundsätzen ist Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ im vorliegenden Fall nicht anzuwenden. In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, welche Leistungen die Beklagte aufgrund der mit ihren Kunden geschlossenen Verträge im einzelnen zu erbringen hat. Die bezüglich der angebotenen Ferienunterkünfte zwischen der Beklagten und ihren Kunden geschlossenen Verträge liegen jedenfalls außerhalb des Anwendungsbereichs von Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ. Dementsprechend ist diese Vorschrift auf die vorliegende Klage nicht anzuwenden.

II.

16. 1. Das Berufungsgericht geht davon aus, daß die Verträge, die die Beklagte im Inland unter Einbeziehung der angegriffenen Klausel abschließt, deutschem Recht unterliegen.

17. 2. Diese Ansicht, die von der Revision nicht angegriffen wird, läßt keine Rechtsfehler erkennen. Hierbei kann dahinstehen, ob sich – in Ermangelung einer Rechtswahl – die Anwendbarkeit deutschen Rechts aus Art. 28 Abs. 5 EGBGB ergibt, weil nach der Gesamtheit der Umstände die engsten Verbindungen zur Bundesrepublik Deutschland bestehen (vgl. Senat, Urteil vom 12. Oktober 1989 – VII ZR 339/88 = BGHZ 109, 29, 36 f; Lorenz, IPRax 1990, 292, 294), oder ob dies aus Art. 29 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 EGBGB folgt, weil es sich um Verbraucherverträge über die Erbringung von Dienstleistungen handelt, die nicht ausschließlich in einem anderen Staat als dem Aufenthaltsstaat des Verbrauchers erbracht werden müssen und deshalb nicht unter die Ausnahmevorschrift des Art. 29 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EGBGB fallen (vgl. Lindacher, BB 1990, 661; Palandt/Heldrich, BGB 51. Aufl. Art. 29 EGBGB Rdn. 2).

III.

18. 1. Das Berufungsgericht nimmt an, die Beklagte sei nach den gesamten Umständen nicht lediglich Vermittler, sondern Veranstalter von Urlaubsaufenthalten in Ferienunterkünften. Bei der Verschaffung eines Ferienhauses oder einer Ferienwohnung für einen bestimmten Zeitraum könne es sich lediglich um die Vermittlung eines Mietvertrags zwischen Eigentümer und Reisendem handeln, der „Vermittelnde“ könne sich aber auch wie ein Reiseveranstalter selbst verpflichten, dafür zu sorgen, daß der Reisende den Urlaub in der „gebuchten“ Unterkunft verbringen könne. Für die Unterscheidung komme es auf die jeweilige Vertragsgestaltung an. Selbst wenn der Anbieter ausdrücklich davon spreche, daß er lediglich als „Vermittler“ tätig werde, komme es darauf an, wie er dem Reisenden gegenüber auftrete. Entspreche dieses Auftreten dem üblichen Erscheinungsbild eines Reiseveranstalters, so könne es nach den Grundsätzen von Treu und Glauben geboten sein, die „Vermittler-Klausel“ sowie alle sonstigen entsprechenden Hinweise als unbeachtlich zu behandeln. Ein solches stillschweigendes Auftreten der Beklagten als Reiseveranstalterin sei nach dem Gesamtinhalt des Prospekts aus der objektiven Sicht der Kunden zu bejahen.

19. 2. Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.

20. a) Für die Buchung eines Aufenthalts in einem Ferienhaus oder in einer Ferienwohnung kommen verschiedene Vertragsgestaltungen in Betracht. So kann der Vertragspartner des Urlaubers sich darauf beschränken, die Anmietung des Ferienhauses oder der Ferienwohnung zu vermitteln (Senat, Urteil vom 18. Oktober 1973 – VII ZR 247/72 = BGHZ 61, 275, 278 f). Er kann sich aber auch als Veranstalter gegenüber dem Urlauber selbst verpflichten, für die Bereitstellung des Ferienhauses oder der Ferienwohnung zu sorgen (Senat, Urteil vom 18. Oktober 1973 – VII ZR 247/72 = BGHZ 61, 275, 279; Senat, Urteil vom 17. Januar 1985 – VII ZR 163/84 = WM 1985, 319, 320; Senat, Urteil vom 12. Oktober 1989 – VII ZR 339/88 = BGHZ 109, 29, 38). Ob das eine oder das andere vorliegt, hängt von der jeweiligen Vertragsgestaltung ab, insbesondere davon, wie der Urlauber die Erklärungen und das Verhalten des Anbieters verstehen und werten darf (vgl. Senat, Urteil vom 18. Oktober 1973 – VII ZR 247/72 = BGHZ 61, 275, 279; Senat, Urteil vom 21. März 1974 – VII ZR 87/73 = WM 1974, 636). Hierbei ist der Grundsatz des § 651 a Abs. 2 BGB, nach dem die Erklärung des Anbieters, nur Verträge zu vermitteln, im Hinblick auf die sonstigen Umstände unbeachtlich sein kann, bei der Buchung eines Aufenthalts in einer Ferienunterkunft als alleinige Reiseleistung entsprechend anzuwenden (Senat, Urteil vom 17. Januar 1985 – VII ZR 163/84 = WM 1985, 319, 320 m.N.). Zwar gilt § 651 a Abs. 2 BGB der systematischen Stellung nach nur für den Pauschalreisevertrag (§ 651 a Abs. 1 Satz 1 BGB), bei dem eine Gesamtheit von Reiseleistungen erbracht wird. An einer solchen Gesamtheit fehlt es hier; insbesondere handelt es sich bei der im Preis inbegriffenen Reiserücktrittskostenversicherung nur um eine unbedeutende Nebenleistung (vgl. Staudinger/Schwerdtner, BGB 12. Aufl. § 651 a Rdn. 12, 16; MünchKomm/Tonner 2. Aufl. § 651 a Rdn. 14). Die Bestimmung des § 651 a Abs. 2 BGB gibt jedoch lediglich einen Grundsatz wieder, den die Rechtsprechung zuvor über den Pauschalreisevertrag hinaus entwickelt hatte und den der Gesetzgeber nicht auf diesen beschränken wollte (Senat aaO).

21. b) Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht im vorliegenden Fall annimmt, daß die Beklagte nicht als Vermittler, sondern als eigener Veranstalter auftritt, der den Kunden selbst für die Bereitstellung der Ferienunterkünfte verantwortlich ist. Soweit die Revision rügt, das Berufungsgericht habe Sachvortrag und Beweisangebote der Beklagten übergangen, hat der Senat die entsprechenden Verfahrensrügen geprüft und für nicht durchgreifend erachtet, § 565 a ZPO.

22. aa) Zutreffend stellt das Berufungsgericht darauf ab, daß die Beklagte in dem von ihr herausgegebenen Prospekt (zur Bedeutung des Prospekts vgl. Senat, Urteil vom 18. Oktober 1973 – VII ZR 247/72 = BGHZ 61, 275, 279) gezielt eine eigene Vertrauenswerbung entfaltet und daß sie sich dabei nicht auf die Rolle eines Vermittlers beschränkt. Zudem teilt sie dort die für den Vertragsschluß entscheidenden Umstände mit. Der Prospekt unterscheidet sich nach seiner Aufmachung nicht von dem Katalog eines Reiseveranstalters. Das Titelblatt trägt in großen Lettern die Firma der Beklagten ohne GmbH-Zusatz mit dem Untertitel „Ihr Spezialist für PrivatFerienhäuser“. Einen Hinweis auf eine Vermittlerstellung der Beklagten enthält das Titelblatt nicht. Auf Seite 2 des Prospekts spricht die Beklagte ihre Kunden als ihre eigenen Gäste an. Ebenfalls auf Seite 2 des Prospekts richtet die Beklagte in einem Postskriptum einen Hinweis an alle, die noch nicht mit ihr „verreist“ seien, und macht darauf aufmerksam, daß im „Reisepreis“ eine Reiserücktrittskostenversicherung eingeschlossen sei, die zusätzlich zu den üblichen Leistungen auch gegen Zahlungsunfähigkeit des Vermittlers versichere. Ferner bestimmt Nr. 24 der Rubrik „Wichtige Informationen“, daß der Kunde den Mietpreis – einen einheitlichen Preis – in zwei Raten an die Beklagte zu zahlen habe; eine Vermittlungsprovision wird nicht ausgewiesen.

23. In Nr. V der Vertragsbedingungen erklärt sich die Beklagte für die Entgegennahme von Mängelanzeigen zuständig und verlangt, daß der Kunde sie, die Beklagte, wenn keine Abhilfe an Ort und Stelle erfolge, unverzüglich nach Auftreten der Mängel zu benachrichtigen habe, damit sie, die Beklagte, „Abhilfe schaffen“ könne. Außerdem schreibt sie in Nr. V dieser Bedingungen vor, daß Ansprüche wegen nicht vertragsgemäßer Erbringung von „Reiseleistungen“ innerhalb eines Monats nach vertraglich vorgesehener Beendigung der Mietdauer ihr gegenüber schriftlich geltend gemacht werden müssen. Bei dieser Sachlage tritt die Beklagte nach den gesamten Umständen ihren Kunden aus deren Sicht als Veranstalter gegenüber, der sich selbst als für die Bereitstellung der Ferienunterkunft, insbesondere auch für deren ordnungsgemäßen Zustand, verantwortlich bezeichnet (vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 1990, 186; Palandt/Thomas, BGB 51. Aufl. § 651 a Rdn. 5).

24. bb) Die Beklagte kann sich demgegenüber nicht darauf berufen, daß sich ihre Tätigkeit ausweislich der Vertragsbedingungen auf „die ordnungsgemäße Vermittlung von Ferienhäusern und -wohnungen“ beschränke und daß sie „weder Reiseveranstalter noch Vermieter, sondern lediglich Vermittler von Ferienhäusern und -wohnungen“ sei. Diese Vermittlerklauseln und alle weiteren Hinweise im Prospekt auf eine Vermittlerrolle der Beklagten sind unbeachtlich. Daran ändert auch nichts, daß die Beklagte im Prospekt auf einen von dem Kunden mit dem „Eigentümer des Mietobjektes“ abzuschließenden „Vermittlungsvertrag“ (Rubrik „Wichtige Informationen“ Nr. 21) hinweist und für deren Beziehung mehrfach mietrechtliche Begriffe verwendet. Denn nach den sonstigen Umständen veranlaßt die Beklagte die Erwartung des Kunden, daß sie als Veranstalter für
die Bereitstellung von Ferienunterkünften verantwortlich sei. Etwaige zusätzlich von ihr begründete Rechtsbeziehungen zwischen dem Kunden und dem Eigentümer sind insoweit unerheblich (vgl. Senat, Urteil vom 18. Oktober 1973 – VII ZR 247/72 = BGHZ 61, 275, 282).

IV.

25. 3. a) Das Berufungsgericht führt aus, auf die Verträge, die die Beklagte unter Einbeziehung der angegriffenen Klausel abschließe, sei von den reisevertragsrechtlichen Vorschriften jedenfalls § 651 i Abs. 2 BGB entsprechend anzuwenden. Im Hinblick auf diese Vorschrift seien die von der Beklagten verlangten Pauschalen unangemessen hoch. Die angegriffene Klausel verstoße auch gegen § 11 Nr. 5 AGB-Gesetz, weil dem Kunden durch deren Formulierung der Nachweis abgeschnitten werde, ein Schaden sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger.

26. b) Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg. Es kann hier offenbleiben, ob die angegriffene Klausel gegen § 651 i BGB verstößt, wenn auch das Reisevertragsrecht auf Veranstaltungsverträge zur Bereitstellung von Ferienunterkünften entsprechend anzuwenden ist (vgl. Senat, Urteil vom 9. Juli 1992 – VII ZR 7/92, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Denn die angegriffene Klausel ist jedenfalls wegen Verstoßes gegen § 11 Nr. 5 b AGB-Gesetz unwirksam.

27. aa) Nach der Rechtsprechung des Senats gilt die Vorschrift des § 11 Nr. 5 b AGB-Gesetz nicht nur bei Schadenspauschalierungen, sondern entsprechend auch bei Abwicklungsregelungen im Sinne des § 10 Nr. 7 AGB-Gesetz (Senat, Urteil vom 25. Oktober 1984 – VII ZR 11/84 = WM 1985, 57, 59; Senat, Urteil vom 8. November 1984 – VII ZR 256/83 = WM 1985, 93, 94 = BauR 1985, 79, 82 = ZfBR 1985, 81, 82). Auch im Anwendungsbereich des § 651 i BGB ist § 11 Nr. 5 b AGB-Gesetz deshalb als Maßstab heranzuziehen (vgl. Senat, Urteil vom 26. Oktober 1989 – VII ZR 332/88 = WM 1990, 193, 195; OLG Hamburg WM 1982, 139, 140; OLG Frankfurt NJW 1982, 2198, 2199; Baumgärtel/Strieder, Handbuch der Beweislast im Privatrecht Band 1 2. Aufl. § 651 i BGB Rdn. 4; MünchKomm/ Wolter 2. Aufl. § 651 i Rdn. 13 m.w.N.; a.M. Staudinger/Schwerdtner, BGB 12. Aufl. § 651 i Rdn. 54, 58).

28. bb) Das Berufungsgericht nimmt zutreffend an, daß sich aus der Formulierung der Klausel ein konkludenter Ausschluß des Gegenbeweises ergibt. Die lapidare Formulierung „Es gelten die folgenden Stornierungsbedingungen:“ muß vom Kunden dahin verstanden werden, daß es sich bei den anschließend genannten Prozentsätzen um feststehende Sätze handelt, die ihm im Falle des Rücktritts keine andere Möglichkeit lassen, als die entsprechenden Beträge zu bezahlen (vgl. OLG Frankfurt NJW 1982, 2198, 2199; LG München I AGBE II § 11 Nr. 5 b Nr. 58; LG Berlin AGBE IV § 9 Nr. 102; LG Frankfurt FVE, Zivilrecht Nr. 263 S. 972, 982). Ein Verstoß gegen § 11 Nr. 5 b AGB-Gesetz ist bereits dann gegeben, wenn der Ausschluß des Gegenbeweises wie hier konkludent erfolgt (vgl. Senat, Urteil vom 25. Oktober 1984 – VII ZR 11/84 = WM 1985, 57, 59). Die angegriffene Klausel ist daher wegen Verstoßes gegen § 11 Nr. 5 b AGB-Gesetz unwirksam.

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