Andere Airline als versprochen

LG Kleve: Andere Airline als versprochen

Die Klägerin trat vom Reisevertrag zurück und verlangte die Rückzahlung des Reisepreises, weil sie nicht wie vereinbart von einer deutschen, sondern von einer ausländischen Fluggesellschaft befördert werden sollte.

Das LG Kleve hat der Klägerin Recht zugesprochen und entschieden, dass die Beförderung mit einer anderen Fluggesellschaft, als vereinbart, zum Rücktritt berechtigt.

LG Kleve 6 S 120/01 (Aktenzeichen)
LG Kleve: LG Kleve, Urt. vom 17.08.2001
Rechtsweg: LG Kleve, Urt. v. 17.08.2001, Az: 6 S 120/01
AG Kleve, Urt. v. 27.02.2001, Az: 2 C 406/00
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Nordrhein-Westfalen-Gerichtsurteile

Landgericht Kleve

1. Urteil vom 17.08.2001

Aktenzeichen: 6 S 120/01


Leitsatz:

2. Soll ein Urlauber von einem anderen Luftfahrtunternehmen befördert werden als versprochen, so kann er von der Reise zurücktreten.


Zusammenfassung:

3. Die Klägerin buchte bei dem beklagten Reiseveranstalter eine Reise nach Mallorca. In dem Werbeprospekt für die besagte Reise wurde damit geworben, dass die Beförderung mit einem der aufgelisteten deutschen Luftfahrtunternehmen durchgeführt wird. Die Klägerin nahm das Angebot des Beklagten mit dem Hinweis darauf, dass sie aufgrund hoher Sicherheitsstandards nur von einer deutschen Fluggesellschaft befördert werden möchte. Am Flughafen angekommen stellte sich heraus, dass die Klägerin mit einer ausländischen Fluggesellschaft befördert werden sollte. Die Klägerin hat aus diesem Grund den Rücktritt vom Reisevertrag erklärt und verlangt den bezahlten Reisepreis zurück.

Das Landgericht Kleve hat im Sinne der Klägerin entschieden. Die Klägerin war zum Rücktritt vom Reisevertrag berechtigt und hat einen Anspruch auf Rückzahlung des Reisepreises gemäß § 346 I BGB. In seinem Werbeprospekt hat der Reiseveranstalter damit geworben, dass die Beförderung nur mit deutschen Fluggesellschaften durchgeführt wird. Die Beförderung mit einer deutschen Fluggesellschaft ist also zum Bestandteil des Vertrags geworden. Die Beförderung mit einer anderen Fluggesellschaft stellt einen wesentlichen Reisemangel dar, welcher zum Rücktritt berechtigt. Denn der Reisende entscheidet sich, im Hinblick auf Sicherheit und Service, bewusst für eine deutsche Fluggesellschaft, da nicht in allen Staaten gleich hohe Anforderungen bezüglich des technischen Standards und der Sicherheit gelten.


Tenor:

4. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 27.02.2001 verkündete Urteil des Amtsgerichts Kleve abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.592,– DM nebst 4 % Zinsen seit dem 24.10.2000 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Tatbestand:

5.  Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

6.  Die Berufung ist zulässig und begründet.

7.  Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Rückzahlung des restlichen Reisepreises in Höhe von 1.592,– DM gemäß § 651 a Abs. 4 S. 2 BGB i.V.m. § 346 BGB zu.

8.  Die Klägerin war gemäß § 651 a Abs. IV S. 2 BGB berechtigt, von dem zwischen den Parteien geschlossenen Reisevertrag zurückzutreten, weil die Beklagte eine wesentliche vereinbarte Reiseleistung erheblich geändert hat.

9.  Die Beklagte hat deswegen eine wesentliche Reiseleistung erheblich geändert, weil sie den Flug von … nach … nicht mit der vertraglich vereinbarten Charterfluggesellschaft, sondern mit einer anderen Charterfluggesellschaft, nämlich der Firma … durchgeführt hat.

10. Vereinbart war zwischen den Parteien allerdings nicht der Flug mit der Fluggesellschaft … unverbindliche Flugzeiten 17.05 Uhr — 19.20 Uhr bzw. 20.20 Uhr — 22.35 Uhr. Die Klägerin hat zwar diesen konkreten Flug in ihrer Reiseanmeldung angegeben, jedoch hat die Beklagte diesen mit ihrer Reisebestätigung nicht bestätigt, so daß insoweit keine Vereinbarung zwischen den Parteien geschlossen worden ist. Die Beklagte hat nämlich in ihrer Reisebestätigung nur allgemein einen Flug von … nach … am 01.10. und zurück am 15.10.2000 bestätigt.

11. Auch von Seiten des Reisebüros ist nach den Angaben der Klägerin dieser von ihr angegebene Flug nicht zugesagt worden.

12. Allerdings ist in der Reisebestätigung der Beklagten ein neues Angebot zu sehen, das die Klägerin spätestens mit Zahlung des restlichen Reisepreises angenommen hat.

13. Welchen Inhalt dieses Angebot der Beklagten hat, bemißt sich nicht nur nach dem Wortlaut der Reisebestätigung, sondern nach den Prospektangaben der Beklagten, auf dem dieses Angebot beruht.

14. Auf Seite 4 des Reisekataloges der Beklagten heißt es unter der Überschrift „Pünktlich und zuverlässig fliegen“:

15. „Urlaubsqualität beginnt mit dem Flug. Deshalb fliegt … fast ausschließlich mit deutschen Gesellschaften. Mit modernen Maschinen der … und …, aber auch … und … sowie …

16. Im Preis- und im Informationsteil des Katalogs der Beklagten ist auf Seite 8 im einzelnen aufgeführt, an welchen Tagen mit welchem Datum die Beklagte von … nach … fliegt und wie viele Flüge an den jeweiligen Tagen durchgeführt werden, wobei die jeweilige Fluggesellschaften unter Angabe des Flugzeugtyps und der unverbindlichen Flugzeiten genau aufgeführt sind. So fliegt die Beklagte am Sonntag — der 1. und 15.10.2000 waren Sonntage — dreimal mit der Fluggesellschaft … sowie je einmal mit … und … wobei der Maschinentyp auf Seite 2 des Katalogs von Typ und Platzkapazität her genau erklärt sind.

17. Angesichts der genauen Angaben im Katalog, mit welchen Fluggesellschaften die Beklagte fliegt und mit welchen Fluggesellschaften sie an welchen Tagen van … nach … fliegt, kann das Angebot der Beklagten „Hin- und Rückflug … am 01.10. bzw. 15.10.2000“ nur dahin verstanden werden, daß die Beklagte den Flug mit einer der dort angegebenen Chartergesellschaften … oder … anbietet, wobei sie sich im Rahmen einer Wahlschuld gemäß § 262 BGB vorbehält, welchen Flug mit welcher Fluggesellschaft sie dem Reisenden später zuteilt mit der Folge, daß nur dieser von Anfang an geschuldet war.

18. Denn bei diesen Angaben handelt es sich nicht mehr um reklamehafte Anpreisungen, sondern um konkrete Leistungsbeschreibungen, die zum Inhalt des Reisevertrages werden. Mögen die Angaben auf Seite 4 des allgemeinen Kataloges noch teilweise Reklameanpreisungen enthalten, so handelt es sich bei dem im Informations-/Preisteil enthaltenen Angaben der Beklagten um so konkrete Angaben hinsichtlich Fluggesellschaft, voraussichtlicher Flugzeit und Flugzeugtyp in Verbindung mit dem Abflugsort, daß diese als verbindliche Angaben anzusehen sind. Im übrigen entspricht die Beklagte damit auch § 1 Abs. 1 S. 2 b der Informationsordnung, wonach zumindest die ausführende Luftfahrtgesellschaft im Prospekt zu benennen ist, da der Reisende wegen des unterschiedlichen Standards der Fluggesellschaften und wegen seines Sicherheitsinteresses insoweit an diesen Angaben ein berechtigtes Interesse hat (siehe hierzu Führich Reiserecht, 3. Auflage, Rdnr. 527, Schmidt, Rechte des Reisenden beim Wechsel der Fluggesellschaft und des Luftfahrzeuges NJW 1996, 1636, 1637 f.).

19. Vereinbart war also zwischen den Parteien ein Flug mit wahlweise der Chartergesellschaft … oder … und damit ein Flug mit einer deutschen Charterfluggesellschaft.

20. Hierbei handelt es sich um eine wesentliche Vertragsleistung.

21. Denn nicht nur die Art des Transportmittels wie Bahn, Bus, Flug oder Schiff, sondern auch das Transportunternehmen selbst hat — insbesondere bei Flügen — heutzutage wesentliche Bedeutung für den Reisenden. Nicht nur die Klägerin, sondern auch immer mehr andere Flugreisende nehmen für sich angesichts der zunehmenden Zahl von Flugzeugunglücken und Berichten in den Medien über Sicherheitsstandards und Sicherheitsvorkehrungen bei Fluggesellschaften für sich eine Bewertung der einzelnen Luftverkehrsunternehmen und zwar auch der Charterfluggesellschaften vor und entscheiden sich im Hinblick auf Sicherheit und Service bewußt für ganz bestimmte Charterfluggesellschaften. Aus den Berichten in den Medien ist bekannt, daß nicht in allen Staaten und auch nicht bei allen Luftverkehrsgesellschaften gleich hohe Anforderungen an den technischen Standard gestellt und auf die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften geachtet wird. Gerade im Zusammenhang mit mehreren Flugzeugunglücken ist deutlich geworden, daß eine regelmäßige und sorgfältige Wartung der Flugzeuge für die Flugsicherheit eine erhebliche Rolle spielt. Letztlich ist dies auch eine wirtschaftliche Frage, die für kleinere Unternehmen im Hinblick auf den zunehmenden Wettbewerb sehr belastend sein kann. Aus diesem Grunde achtet der Reisende heutzutage zunehmend darauf, ob die von ihm gewählte Chartergesellschaft aufgrund entsprechender Berichte in den Medien einen guten Ruf genießt. So haben deutsche Charterfluggesellschaften bezüglich des technischen Standards und der Sicherheit einen guten Ruf, so daß viele Reisende Wert legen auf einen Flug mit einer deutschen Fluggesellschaft. Auf diese Reisenden zielt auch der Prospekt der Beklagten ab, wenn sie unter der Überschrift „pünktlich und zuverlässig fliegen“ darauf hinweist, daß sie fast ausschließlich mit deutschen Gesellschaften fliegt.

22. Diese wesentliche Vertragsleistung hat die Beklagte erheblich geändert, indem sie statt der zur Wahl stehenden deutschen Fluggesellschaften … und … die spanische Fluggesellschaft … eingesetzt hat.

23. Allerdings hat sich die Beklagte bezüglich der Fluggesellschaften eine Änderung in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen vorbehalten. Ein solcher Änderungsvorbehalt ist jedoch gemäß § 10 Nr. 4 AGBG nur wirksam, wenn die Vereinbarung der Änderung für den anderen Vertragsteil zumutbar ist.

24. Soweit es in Ziffer 3 der allgemeinen Vertragsbedingungen der Beklagten heißt, „Änderungen der angegebenen Fluggesellschaften bleiben ausdrücklich vorbehalten“, so verstößt diese Bestimmung gegen § 10 Nr. 4 AGBG und ist unwirksam, weil sie nicht erkennen läßt, wann die Vereinbarung der Änderung über den Fluggast zumutbar sein soll (siehe hierzu BGHZ 86, 286, 296).

25. Desweiteren hat sich die Beklagte in Ziffer 4 ihrer Vertragsbedingungen eine Änderung vorbehalten. Dort heißt es unter Ziffer a „Änderungen oder Abweichungen einzelner Reiseleistungen von dem vereinbarten Inhalt des Reisevertrages, die nach Vertragsabschluß notwendig werden und die von … nicht wider Treu und Glauben herbeigeführt wurden, sind nur gestattet, soweit die Änderungen oder Abweichungen nicht erheblich sind und den Gesamtzuschnitt der gebuchten Reise nicht beeinträchtigen“.

26. Diese Vertragsbestimmung entspricht zwar § 10 Nr. 4 AGBG und ist damit wirksam. Die für die Änderung geführten Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor, so daß die Änderung der Charterfluggesellschaft nicht zulässig ist. Weder hat die Beklagte dargetan, daß die Änderung der Fluggesellschaft notwendig geworden war, noch daß sie diese nicht wider Treu und Glauben herbeigeführt hat noch handelt es sich, wie noch auszuführen sein wird, um eine nicht erhebliche Änderung.

27. Letztlich kann dies jedoch hier dahinstehen, das § 651 a Abs. 4 S. 2 BGB nicht nur bei einer unzulässigen, sondern auch bei einer zulässigen erheblichen Änderung einer wesentlichen Reiseleistung ein Rücktrittsrecht gibt (siehe hierzu Führich a.a.O., Rdnr. 146 sowie Schmidt a.a.O., S. 1642).

28. Vorliegend hat die Beklagte eine erhebliche Änderung einer Reiseleistung vorgenommen. Dabei kann dahinstehen, ob bereits jede Änderung der zugesagten Charterfluggesellschaft eine erhebliche Änderung darstellt. Vorliegend stellt jedenfalls der Einsatz der Charterfluggesellschaft … eine erhebliche Änderung der zugesagten Reiseleistung dar.

29. Die Beklagte hat in ihrem Katalog angegeben, daß sie fast ausschließlich mit deutschen Charterfluggesellschaften fliegt und hat die Gesellschaften im einzelnen aufgezählt. Danach fliegt sie mit Ausnahme von … ausschließlich mit deutschen Gesellschaften. Daß es sich hierbei nicht nur um eine reklamehafte Anpreisung handelt, wird dadurch deutlich, daß diese Angaben im PreisInformationsteil des Kataloges ihre Bestätigung finden. Bei allen Flügen nach … werden von allen Flughäfen in Deutschland — immerhin 11 — nur die im Hauptkatalog aufgeführten Fluggesellschaften eingesetzt. Dabei handelt es sich mit Ausnahme der Fluglinie … um deutsche Charterfluggesellschaften. Nur auf dem Flug … wird die Fluggesellschaft … eingesetzt. Nach diesen Angaben im Prospekt muß der Reisende den Eindruck gewinnen, daß die Beklagte „nur“ die im Katalog angegebenen Fluggesellschaften einsetzt und als einzige … Gesellschaft nur die Gesellschaft … die aber nach der Beschreibung im Prospekt als genauso pünktlich und zuverlässig erscheint wie die anderen deutschen Gesellschaften.

30. Bei der Firma … handelte es sich dagegen nicht nur um eine entgegen der Vereinbarung der Parteien … Fluggesellschaft, sondern vor allem auch um eine Fluggesellschaft, die im Prospekt der Beklagten überhaupt nicht genannt wird, die damit dem Reisenden unbekannt ist und mit der er aufgrund der Prospektbeschreibung auch nicht zu rechnen braucht. Dies ist aber deswegen von erheblicher Bedeutung, weil der Reisende bei Kenntnis der möglicherweise zum Einsatz kommenden Fluggesellschaften sich vor Vertragsabschluß umfassend darüber informieren kann, inwieweit diese zuverlässig sind. Diese zeitlich unbeschränkte Informationsmöglichkeit hat der Reisende bei einer nachträglichen Änderung der Fluggesellschaft in eine ihm unbekannte Fluggesellschaft nicht mehr, da er den Rücktritt gemäß § 651 a Abs. 4 S. 2 BGB unverzüglich erklären muß.

31. Zinsen kann die Klägerin wie zuerkannt gemäß §§ 286, 288 BGB verlangen.

32. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

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