Verantwortlichkeit des Gebäudeeigentümers für Unfall eines Gastes

BGH: Die Verantwortlichkeit des Gebäudeeigentümers für Unfall eines Gastes

Ein Gast nahm den Gebäudeeigentümer auf Schmerzensgeldzahlung und Zahlung einer Lebenslangen Schmerzensgeldrente in Anspruch, weil er in der vom Beklagten vermieteten Wohnung von einer nicht fertiggestellten Loggia abgestürzt ist und eine Querschnittslähmung erlitt.

Der BGH hat die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen und entschieden, dass der Beklagte sich von der Haftung aus § 836 BGB befreien kann, wenn er beweisen kann, dass er das Betreten der Loggia durch die Mieter oder deren Gäste untersagt oder die Mieter auf andere Weise deutlich auf die Gefährlichkeit der Loggia hingewiesen hat.

BGH VI ZR 218/83 (Aktenzeichen)
BGH: BGH, Urt. vom 11.12.1984
Rechtsweg: BGH, Urt. v. 11.12.1984, Az: VI ZR 218/83
OLG Frankfurt , Urt. v. 20.09.1983, Az: 22 U 140/82
LG Darmstadt , Urt. v. 29.04.1982, Az: 4 O 544/81
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Der Bundesgerichtshof

1. Urteil vom 11.12.1984

Aktenzeichen: VI ZR 218/83

Leitsatz:

2. Der Gebäudeeigentümer kann sich von der Haftung für ein Unfall (nach § 836 BGB) befreien, wenn er seine Mieter ausdrücklich auf die Gefahr hingewiesen hat, oder ihnen das Betreten der Gefahrenquelle untersagt hat.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger hat seine Tochter und Schwiegersohn besucht, die im Hause des Beklagten eine Wohnung gemietet haben. Zu dieser Wohnung gehörte eine zu dem Zeitpunkt noch nicht fertiggestellte Loggia. Da die Holzgeländer fehlten, hat der Beklagte die Loggia provisorisch abgesichert, indem er an zwei Stützbalken von außen Bretter angenagelt hat. Der Kläger trat auf die Loggia um frische Luft zu schöpfen, dabei wurde ihm plötzlich schwarz vor Augen und er suchte Halt am oberen Brett der provisorischen Brüstung, dieses löste sich ab und er stürzte 4,5 Meter runter. Dabei erlitt der Kläger eine Querschnittslähmung und verlangte deshalb von dem Beklagten Schmerzensgeld. Der Beklagte trug vor, er habe den Mietern das Betreten der Loggia ausdrücklich untersagt.

Der BGH hat die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der BGH hat entschieden, dass der Beklagte in dem Falle zur Schmerzensgeldzahlung nicht verpflichtet ist, wenn es ihm gelingt zu beweisen, dass er den das Betreten der Loggia durch die Mieter oder deren Gäste untersagt oder die Mieter auf andere Weise deutlich auf die Gefährlichkeit der Loggia hingewiesen hat, da er in einem solchen Falle die ihm zumutbaren Vorkehrungen getroffen hat, um den Kläger vor einem Unfall zu bewahren, wie er sich hier verwirklicht hat.

Tenor:

4. Die Anschlußrevision des Klägers gegen das Urteil des 22. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 20. September 1983 wird zurückgewiesen.

Auf die Revision des Beklagten wird das vorgenannte Urteil im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin zu seinem Nachteil erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand:

5. Der Kläger nimmt den Beklagten aus einem Unfall vom 18. Juni 1981 auf Zahlung von Schmerzensgeld in Anspruch. An diesem Tage hatte der Kläger seine Tochter und seinen Schwiegersohn besucht, die im Hause des Beklagten – einem Neubau – eine im ersten Stock gelegene Wohnung gemietet hatten. Zu dieser Wohnung gehörte eine zu diesem Zeitpunkt noch nicht fertiggestellte Loggia. Es fehlten noch der Bodenbelag und das Holzgeländer. Zur provisorischen Absicherung der Loggia hatte der Beklagte zwei Reihen etwa 10 cm breiter Bretter von außen an zwei Stützbalken angenagelt. Der Kläger trat auf die Loggia, um frische Luft zu schöpfen. Dabei wurde ihm – so behauptet er – plötzlich schwarz vor Augen. Als er am oberen Brett der provisorischen Brüstung Halt suchte, lösten sich beide Bretter. Der Kläger verlor das Gleichgewicht und stürzte etwa 4 1/2 Meter tief ab. Er brach sich mehrere Wirbel und erlitt eine Querschnittslähmung.

6. Der Kläger hat behauptet, der Beklagte habe die Bretter so mangelhaft befestigt, daß sie keiner Belastung hätten standhalten können; die Nägel, mit denen das Brüstungsbrett angeschlagen worden sei, seien nur 2 cm tief in das Holz der Stützbalken eingedrungen. Auf diese unzulängliche Absicherung habe der Beklagte seine Mieter nicht hingewiesen; er habe auch nicht die Benutzung der Loggia untersagt.

7. Der Beklagte hat seine Haftung in Abrede gestellt und behauptet, er habe seine Mieter auf die Unzulänglichkeit der Absicherung der Loggia aufmerksam gemacht, ihnen die Benutzung der Loggia untersagt und sie mehrfach darauf hingewiesen, sie müßten dafür Sorge tragen, daß unbefugte Personen die Loggia nicht betreten. Der Kläger habe gleichfalls gewußt, daß die Absicherung der Loggia nur ein Provisorium gewesen sei; er habe den Unfall durch Leichtsinn und Übermut herbeigeführt.

8. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat den Beklagten auf der Grundlage eines Mitverschuldens des Klägers von einem Drittel zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 60.000 DM nebst Zinsen und einer lebenslangen Schmerzensgeldrente von monatlich 200 DM ab 1. Oktober 1983 verurteilt.

9. Mit der Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Der Kläger hat Anschlußrevision eingelegt, mit der er die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung eines höheren Schmerzensgeldes und einer höheren Schmerzensgeldrente begehrt.

Entscheidungsgründe:

10. I.  Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger gegen den Beklagten aus §§ 836 Abs. 1, 823 Abs. 1, 847 Abs. 1 BGB ein Schmerzensgeldanspruch zu. Die Vermietung der Wohnung habe die Haftung des Beklagten aus unerlaubter Handlung nicht beseitigt. Die Ablösung der provisorisch angebrachten Bretter bedeute eine Ablösung von Teilen des Gebäudes i.S. des § 836 Abs. 1 BGB; daß auch der Kläger auf die Bretter eingewirkt habe, stehe der Haftung des Beklagten aus § 836 Abs. 1 BGB nicht entgegen. Die Ablösung der Bretter habe auf ihrer unzulänglichen Befestigung beruht; es sei fehlerhaft gewesen, sie von außen statt von innen anzunageln; im übrigen seien die Stifte höchstens 3 cm in die beiden Stützbalken eingedrungen, so daß sie einem auch nur mäßigen Druck vom Inneren der Loggia her nicht hätten widerstehen können. Der Entlastungsbeweis sei dem Beklagten nicht gelungen. Für ihn sei die unzulängliche Befestigung der Bretter erkennbar gewesen. Etwaige Warnungen, wie sie der Beklagte behaupte, änderten nichts an seiner Verantwortlichkeit, vielmehr hätte er seinen Mietern und anderen Personen das Betreten der Loggia durch geeignete Vorkehrungen unmöglich machen müssen. Allerdings treffe den Kläger, für den die Behelfsmäßigkeit der Absicherung der Loggia erkennbar gewesen sei, an dem Unfall ein Mitverschulden, das mit einem Drittel zu bewerten sei. Unter Berücksichtigung dieses Mitverschuldens sei ein Kapitalbetrag von 60.000 DM gerechtfertigt, der den Zeitraum bis zum 30. September 1983 erfasse; für die Zeit danach sei insbesondere unter Berücksichtigung des Alters des Klägers (im Unfallzeitpunkt 51 Jahre) ein monatlicher Rentenbetrag von 200 DM angemessen.

11. II. Diese Erwägungen halten den Angriffen der Anschlußrevision des Klägers stand; hingegen führt die Revision des Beklagten zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

12. Zur Revision des Beklagten

13. 1. In ihrem Ausgangspunkt sind die rechtlichen Erwägungen des Berufungsgerichts allerdings nicht zu beanstanden.

14.  a) Es trifft zu und wird auch von der Revision des Beklagten nicht in Frage gestellt, daß § 836 BGB auf den Streitfall Anwendung findet. Die Verletzung des Klägers beruht auf einer Ablösung von Teilen des Gebäudes i.S. von § 836 Abs. 1 BGB. Für die Haftung des Beklagten aus dieser Vorschrift ist es ohne Bedeutung, daß zur Ablösung der Bretter der Druck beigetragen hat, den der Kläger auf sie ausgeübt hat, als er an ihnen Halt suchte (vgl. RG HRR 1938 Nr. 436; BGH Urteil vom 16. Juni 1952 – III ZR 142/50 = LM § 836 Nr. 4; Senatsurteil vom 30. Mai 1961 – VI ZR 310/56 – VersR 1961, 803, 805; BGB-RGRK (Kreft), 12. Aufl., § 836 Rdn. 21 m.w.N.). Ohne Rechtsfehler ist das Berufungsgericht weiter zu dem Ergebnis gelangt, daß die Befestigung der Brüstung mangelhaft war und dem Beklagten dies bekannt sein mußte.

15.  b) Mit dem Berufungsgericht ist ferner davon auszugehen, daß den Beklagten nicht schon der Umstand, daß die Brüstung deutlich als Provisorium erkennbar war, von einer Haftung nach § 836 BGB befreit. Zwar muß der Gebäudeeigentümer für den Verkehr nicht alle Gefahren des Gebäudes der in § 836 BGB näher beschriebenen Art vollständig ausschließen. Insoweit gelten auch für die Haftung aus § 836 BGB, der nur einen speziellen Fall der allgemeinen Verkehrssicherungspflichten regelt (BGHZ 55, 229, 235; 58, 149, 156; BGB-RGRK (Kreft) aaO § 836 Rdn. 1 m.w.N.), die für diese entwickelten allgemeinen Rechtsprechungsgrundsätze. Danach sind für die Anforderungen an die Gefahrensicherung insbesondere die Sicherungserwartungen des Verkehrs maßgebend. Sie sind herabgesetzt gegenüber Gefahren, die jedem vor Augen stehen müssen und vor denen man sich deshalb durch die zu verlangende eigene Vorsicht ohne weiteres selbst schützen kann. Wäre für jeden Benutzer der Loggia aus dem Zustand des Provisoriums unschwer zu erkennen gewesen, daß die Bretter wegen ihrer Befestigung einem Druck nicht standhielten und nur als optische Begrenzung vorgesehen waren, so hätte der Beklagte grundsätzlich eine Gefährdung durch ihre Benutzung als Brüstung nicht in Rechnung stellen müssen. Indes war hier nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die fehlerhafte Befestigung der Brüstung nicht ohne weiteres erkennbar, so daß insoweit von einer Gefahr, die vor sich selbst warnt, keine Rede sein kann.

16.  c) Schließlich kann den Beklagten auch nicht ohne weiteres schon der Umstand entlasten, daß er die Loggia zusammen mit der Wohnung, zu der sie gehörte, vermietet hatte, so daß die Gefahrenstelle damit in den räumlichen Bereich einer Sicherungszuständigkeit der Mieter übergegangen war. Durch die Vermietung der Wohnung war der Beklagte als Hauseigentümer nicht von seinen Verkehrssicherungspflichten nach § 836 BGB schlechthin befreit.

17. Dies umso weniger, als auch den Mietern nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht von vornherein deutlich sein mußte, daß die Befestigung der Bretter für ihre Beanspruchung als Brüstung gänzlich unzureichend war.

18. 2. Etwas anderes könnte jedoch dann gelten, wenn der Beklagte die Mieter ausdrücklich vor einem Betreten der Loggia gewarnt, ihnen gar untersagt hätte, die Loggia bis zur Fertigstellung des Geländers zu betreten und Besucher auf die Loggia zu lassen, wie dies der Beklagte in beiden Vorinstanzen unter Beweisantritten behauptet hat.

19.  Das Berufungsgericht hat – im Gegensatz zum Landgericht – derartige Warnungen für unerheblich angesehen, weil sich die Mieter darauf hätten verlassen können, daß die Brüstung im Rahmen ihrer Konstruktion standhalten werde.

20.  Mit diesen Erwägungen wird das Berufungsgericht indes der rechtlichen Bedeutung des Vorbringens des Beklagten nicht gerecht.

21.  a) Es kann dahinstehen, ob, wenn der Beklagte gegenüber seinen Mietern ein ausdrückliches Benutzungsverbot ausgesprochen haben sollte, gegenüber einer Haftung des Beklagten für den Unfall des Klägers nicht schon die Grundsätze eingreifen, nach denen in aller Regel Sicherungsmaßnahmen nur für den zugelassenen Verkehr zu treffen sind, unbefugte Benutzer dagegen nicht zu dem Kreis der geschützten Personen gehören. Dem könnte entgegenstehen, daß der Kläger sich nicht für einen unbefugten Benutzer der Loggia halten mußte, solange er keine Kenntnis von einem derartigen Verbot hatte.

22.  b) Hat der Beklagte den Mietern deutlich genug dargestellt, daß der bisherige Zustand der Loggia wegen unzulänglicher Sicherungen eine Benutzung nicht zuließ und ihnen deshalb verboten, Gäste auf die Loggia zu lassen, so hat er damit jedenfalls zunächst ausreichende Vorkehrungen zur Vermeidung der Gefahr getroffen, wie sie sich hier verwirklicht hat. Insoweit muß für die an ihn zu stellenden Sicherungsanforderungen berücksichtigt werden, daß mit der Vermietung der Wohnung den Mietern Einfluß und Kontrolle hinsichtlich der Gefahrenstelle überantwortet war; insoweit wuchs auch ihnen eine Sicherungszuständigkeit zu, auf die sich der Beklagte als Vermieter in Grenzen verlassen konnte. Hat der Beklagte die Mieter auf die Gefährlichkeit der Loggia hingewiesen, gar ihnen deshalb das Betreten der Loggia untersagt, so konnte er davon ausgehen, daß die Mieter für die Beachtung dieses Verbots auch bezüglich ihrer Gäste sorgen würden, solange keine konkreten Umstände hervorgetreten waren, die ihn hieran hätten zweifeln lassen müssen. Das muß grundsätzlich selbst dann gelten, wenn sich das Verbot nur auf Gäste beschränkte, also nicht auch auf die Mieter selbst bezog. Denn auch in dieser eingeschränkten Form konnte das Verbot unter den gegebenen Umständen nur den Sinn haben, Gefährdungen, die von der provisorischen Brüstung ausgingen, auszuschließen; es umfaßte dann selbstverständlich auch den Hinweis für die Mieter, sich von der Brüstung fernzuhalten, weil diese nicht ausreichend gesichert war. Worin im einzelnen die Ursache für die Gefährdung bestand, brauchte der Beklagte nicht besonders herauszustellen.

23. c) Gelingt dem Beklagten der Beweis, daß er das Betreten der Loggia durch die Mieter oder deren Gäste untersagt oder die Mieter auf andere Weise deutlich auf die Gefährlichkeit der Loggia hingewiesen hat, so hat er nachgewiesen, daß er die ihm zumutbaren Vorkehrungen getroffen hat, um den Kläger vor einem Unfall zu bewahren, wie er sich hier verwirklicht hat. Dann wäre er auch nach § 836 BGB von einer Verantwortlichkeit für den Unfall des Klägers freigestellt. Daran würde sich auch nichts dadurch ändern, daß die Gefahrensituation, die durch die mangelhafte Sicherung der Loggia entstanden war, über einen längeren Zeitraum angedauert hat. Es kann auf sich beruhen, ob ein Verbot, eine Gefahrenstelle zu betreten, unter bestimmten Umständen durch Zeitablauf seine Wirksamkeit einbüßt und damit zur Abwendung der Gefahr untauglich wird. Denn dies könnte allenfalls für Fälle gelten, in denen das Bewußtsein der Gefahr durch Zeitablauf schwindet, nicht aber für Fälle, in denen – wie hier – die Fortdauer der Gefahr durch die äußeren Umstände stets vor Augen tritt.

24.  3. Der Revision bleibt jedoch der Erfolg versagt, soweit sie sich gegen die Erwägungen des Berufungsgerichts zum Mitverschulden des Klägers richtet. Die Revision macht geltend, daß dem Kläger bei der nach § 254 BGB vorzunehmenden Abwägung nicht nur seine eigene Unvorsichtigkeit, sondern nach §§ 278, 328 BGB auch ein die Mieter an dem Unfall treffende Mitverschulden zuzurechnen sei. Der Kläger sei als Gast der Mieter in den Schutzbereich des Mietvertrages einbezogen gewesen; deshalb hätten die Mieter in Bezug auf die Obliegenheiten des Klägers zur Vermeidung des Unfalls die Rechtsstellung von Erfüllungsgehilfen eingenommen mit der Folge, daß auch der deliktische Schadensersatzanspruch des Klägers im Umfang des den Mietern anzulastenden Mitverursachungsanteils gemindert sei.

25. Diese Auffassung teilt der Senat nicht. Es kann auf sich beruhen, ob die Überlegungen der Revision schon daran scheitern, daß eine Einbeziehung des Gastes des Mieters in den Schutzbereich des Mietvertrages zu verneinen ist (vgl. BGB-RGRK (Gelhaar), 12. Aufl., Rdn. 168 vor § 535; Erman-Schopp, BGB, 7. Aufl., § 535 Rdn. 32; MünchKomm-Voelskow, §§ 535, 536 Rdn. 133; Palandt- Heinrichs, BGB, 43. Aufl., § 328 Anm. 3 a ii; jeweils m.w.N.). Denn jedenfalls fehlt es an einer Gehilfenstellung der Mieter. Sie waren allenfalls Erfüllungsgehilfen des Beklagten als Vermieter in Bezug auf dessen Verpflichtung, den Gast von der Gefahrenstelle fernzuhalten; keinesfalls aber waren sie Erfüllungsgehilfen des Klägers hinsichtlich einer ihn als Gast gegenüber dem Beklagten als Vermieter treffenden Obliegenheit.

26. Zur Anschlußrevision des Klägers

27. 1. Der Anschlußrevision ist mit ihren gegen die Abwägung der Verursachungsanteile gerichteten Angriffen kein Erfolg beschieden. Sie macht geltend, den Kläger treffe kein Mitverschulden. Er habe, weil er sich wegen eines Unwohlseins an die frische Luft habe begeben müssen, nur die Loggia oder den gleichfalls noch nicht fertiggestellten und deshalb nicht minder gefährlichen Treppenaufgang betreten und wegen seiner Angst- und Beklemmungsgefühle nicht bloß in der geöffneten Loggiatür verharren können; im übrigen habe er die unzulängliche Befestigung der Bretter nicht erkennen können und am Geländer erst Halt gesucht, als er – erstmalig – einem Schwindelanfall ausgesetzt gewesen sei.

28. Mit diesem Vortrag greift die Anschlußrevision die Tatsachenwürdigung des Berufungsgerichts an, die der Nachprüfung durch das Revisionsgericht entzogen ist (§§ 549, 550 ZPO). Es ist nicht erkennbar, daß das Berufungsgericht bei der Beurteilung des Mitverschuldens relevanten Tatsachenstoff übersehen hätte. Damit scheidet insoweit die revisionsrechtliche Überprüfung des Berufungsurteils aus. Die Abwägung der Verursachungsanteile ist grundsätzlich Sache des Tatrichters (vgl. Senatsurteile vom 10. Dezember 1974 – VI ZR 105/73 – VersR 1975, 373 f. und vom 24. Juni 1975 – VI ZR 159/74 – VersR 1975, 1121 f.).

29. 2. Ohne Erfolg bleibt auch der Angriff der Anschlußrevision, mit dem sie geltend macht, das Berufungsgericht habe bei der Beurteilung der Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes wesentliche Tatsachen außer Acht gelassen. Es habe nicht berücksichtigt, daß im Zeitpunkt des Einzugs der Mieter eine Baugenehmigung für den Ausbau des Dachgeschosses weder beantragt noch erteilt gewesen sei, daß der Beklagte aber für die noch nicht fertiggestellte Wohnung den vollen Mietzins verlangt und damit verwerflich gehandelt habe; im übrigen bleibe die Schmerzensgeldfestsetzung hinter dem von einem anderen Gericht für vergleichbare Verletzungen zuerkannten Schmerzensgeldanspruch zurück.

30. Auch dieser Vortrag ist revisionsrechtlich unerheblich. Auch in diesem Punkt erstrebt die Anschlußrevision eine neue Tatsachenwürdigung, ohne daß erkennbar wäre, daß das Berufungsgericht in rechtsfehlerhafter Weise Sachverhaltselemente, die für die Bemessung des Schmerzensgeldes von Bedeutung sind, unberücksichtigt gelassen hätte. Das Fehlen der Baugenehmigung steht mit dem Unfall nicht in einem inneren Zusammenhang. Die Bemessung des Schmerzensgeldes, bei der § 287 ZPO eingreift, ist grundsätzlich Sache des Tatrichters (vgl. Senatsurteile vom 8. Juni 1976 – VI ZR 216/74 – VersR 1976, 967, 968 und vom 2. November 1976 – VI ZR 134/75 – VersR 1977, 255, 257). Es ist nicht ersichtlich, daß der Tatrichter die bisher für die Bemessung des Schmerzensgeldes üblichen Sätze deutlich verlassen hätte.

31. III. Die Sache war daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, um ihm Gelegenheit zu geben, zur Frage des vom Beklagten behaupteten Betretungsverbots – ggf. nach Erhebung von weiteren Beweisen – zu befinden.

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