Rücktritt vom Reisevertrag wegen geänderter Flugzeiten

LG Koblenz: Rücktritt vom Reisevertrag wegen geänderter Flugzeiten

Ein Fluggast nimmt einen Reiseveranstalter auf Rückzahlung des gesamten Reisepreises in Anspruch, aufgrund eines Rücktritts wegen geänderten Flugzeiten.

Das Gericht entschied, dass die Berufung der Beklagten keinen Erfolg hat und der Kläger einen Anspruch auf die Rückzahlung des gesamten Reisepreises hat.

LG Koblenz 12 S 164/03 (Aktenzeichen)
LG Koblenz: LG Koblenz, Urt. vom 12.11.2003
Rechtsweg: LG Koblenz, Urt. v. 12.11.2003, Az: 12 S 164/03
AG Neuwied, Urt. v. 21.05.2003, Az: 4 C 1936/02
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Landgericht Koblenz

1. Urteil vom 12.11.2003

Aktenzeichen: 12 S 164/03

Leitsatz:

2. Ein Fluggast kann von einem Reisevertrag zurück treten, wenn die abweichenden Reisezeiten zu einer erheblichen Änderung der Reiseleistung führen.

Zusammenfassung:
3. Im vorliegenden Fall buchte der Kläger eine Pauschalreise, bei der im Prospekt des Reiseveranstalters für den ersten Tag die Anreise und das Einchecken im Hotel geplant waren. Aufgrund der Verlegung der Anreisezeitverzögerte sich die Ankunft um 2 Stunden und störte somit die Nachtruhe der Reisenden.

Der Kläger begehrte die Rückzahlung des Reisepreises aufgrund von Rücktritt.
Das Gericht entschied, dass die Berufung zurückzuweisen ist und der Kläger einen Anspruch auf Rückzahlung des gesamten Reisepreises hat. Bei der Mitteilung der Flugdaten am 29. August 2002 habe es sich nicht um eine Änderung der Abflugzeit gehandelt, jedoch stellen die angegebenen Flugzeiten eine erhebliche Änderung einer wesentlichen Leistung der gebuchten Reise i.S. des § 651 e BGB dar.

Tenor:

4. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des AGs Neuwied vom 21. Mai 2003 wird zurückgewiesen.

5. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Entscheidungsgründe:

6. Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

7. Das AG hat die Beklagte zu Recht zur Rückzahlung des gesamten Reisepreises gemäß §§ 346 Abs. 1, 398 BGB verurteilt. Der Vertragspartner der Beklagten … ist wirksam von dem abgeschlossenen Reisevertrag gemäß § 651 a Abs. 5 S. 2 BGB zurückgetreten.

8. Zwar macht die Beklagte zutreffend geltend, bei der Mitteilung der Flugdaten am 29. August 2002 habe es sich nicht um eine Änderung der Abflugzeit gehandelt, da diese zu dem genannten Zeitpunkt erstmals bekannt gegeben worden seien. Dies ist letztlich für die Entscheidung jedoch ohne Bedeutung. Die angegebenen Flugzeiten stellen eine erhebliche Änderung einer wesentlichen Leistung der gebuchten Reise i.S. des § 651 e BGB dar. Grundlage für die Buchung war der von der Beklagten herausgegebene Prospekt, in dem es bei der Leistungsbeschreibung hinsichtlich des ersten Tages heißt:

„Anreise

Flug ab gebuchten im Flughafen nach Bodrum

Empfang am Flughafen durch unsere Reiseleitung und

Transfer zu ihrem Hotel in der Region Bodrum.“

9. Weder in der weiteren Beschreibung noch in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ist ein Hinweis darauf enthalten, dass auch damit gerechnet werden müsse, dass die Anreise nicht am ersten Reisetag abgeschlossen sein könnte. Unter diesen Umständen kann der Reisende sich darauf verlassen, dass er noch am ersten Tag der Reise in dem angebotenen Hotel sein würde. Dahinstehen kann, ob Verzögerungen von wenigen Minuten hierbei ins Gewicht fallen. Im vorliegenden Fall handelt es sich um mehr als 2 Stunden, in denen eine Nachtruhe nicht möglich war. Dies stellt eine erhebliche Abweichung von der angebotenen Reise dar, die zum Rücktritt berechtigte. Gebucht war nicht ein Strandurlaub, bei dem der Reisende es in der Hand hatte, wann er morgens aufstand und er am nächsten Tag die etwa fehlende Nachtruhe „nachholen konnte, sondern eine Rundreise, die am Morgen um 9 Uhr beginnen sollte. Wenn die Beklagte geltend macht, die Busrundreise diene im Gegensatz zu einem Hotelurlaub nicht primär der Erholung des Reisenden, sondern der Besichtigung und Erkundung des Urlaubslandes, woraus sich bestimmte Unannehmlichkeiten ergäben, so mag dies jedenfalls zum Teil zutreffen. Solche Beeinträchtigungen sind dem Reisenden jedoch bewusst und werden von ihm in Kauf genommen. Gerade deswegen ist es jedoch erforderlich, dass über die eine Rundreise immanenten Beschwernisse weitere nicht hinzukommen.

10. Die Abtretung des Rückzahlungsanspruchs an die Klägerin durch den Vertragspartner der Beklagten ist wirksam. Nr. 11.2 der Reisebedingungen der Beklagten stehen nicht entgegen. Ausgeschlossen ist dort lediglich die Abtretung von Schadensersatz und Gewährleistungsansprüchen. Eine Erweiterung auf Forderungen nach wirksamem Rücktritt oder nach einer Kündigung durch den Reisenden kommt nicht in Betracht. Insoweit hätte es einer eindeutigen Regelung bedurft.

11. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

12. Streitwert : 705,60 Euro.

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