Verletzung der Aufklärungspflicht durch Reisevermittler

AG Frankfurt: Verletzung der Aufklärungspflicht durch Reisevermittler

Die Klägerin hatte bei der Beklagten, einer Reisevermittlerin, telefonisch einen Flug gebucht, den sie aus persönlichen Gründen nicht antreten. Sie stornierte den Flug und verlangte von der Beklagten die Rückerstattung des Reisepreises. Die Beklagte erstatte der Klägerin allerdings lediglich rund 1/10 des Flugpreises. Die Klägerin begehrt nun die Rückerstattung des gesamten Reisepreises, da die Beklagte ihre Aufklärungspflicht missachtet habe, weil die Klägerin nicht über die fehlende Stornierungsmöglichkeit unterrichtet worden sei.

Das Amtsgericht in Frankfurt am Main weist die Klage ab. Die Beklagte habe ihre Aufklärungspflicht bezüglich der Stornierungsbedingungen nicht missachtet. Der betreffende Mitarbeiter der Beklagten habe dem Gericht vielmehr glaubhaft versichern können, dass er die Klägerin beim Buchungsvorgang über die Bedingungen informiert habe.

AG Frankfurt 30 C 346/11 (68) (Aktenzeichen)
AG Frankfurt: AG Frankfurt, Urt. vom 26.08.2011
Rechtsweg: AG Frankfurt, Urt. v. 26.08.2011, Az: 30 C 346/11 (68)
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Hessen-Gerichtsurteile

Amtsgericht Frankfurt am Main

1. Urteil vom 26. August 2011

Aktenzeichen: 30 C 346/11 (68)

Leitsätze:

2. Verletzt der Reisevermittler seine Aufklärungspflicht gegenüber dem Reisenden, so macht er schadensersatzpflichtig.

Zusammenfassung:

3. Die Klägerin hatte bei der Beklagten, einer Reisevermittlerin, telefonisch einen Flug gebucht. Allerdings konnte die Klägerin die Reise aus persönlichen Gründen nicht antreten. Sie stornierte den Flug und verlangte von der Beklagten die Rückerstattung des Reisepreises. Die Beklagte erstatte der Klägerin allerdings lediglich rund 1/10 des Flugpreises und begründete dies mit den geltenden Rücktrittsbedingungen. Die Klägerin behauptet daraufhin, sie sei über die fehlende Möglichkeit der Stornierung nicht informiert worden.

Die Klägerin begehrt die Rückerstattung des gesamten Reisepreises, da die Beklagte ihre Aufklärungspflicht missachtet habe, weil die Klägerin nicht über die fehlende Stornierungsmöglichkeit unterrichtet worden sei. Die Beklagte bittet die Klage abzuweisen. Sie versichert, dass ihr Mitarbeiter die Klägerin beim Buchungsvorgang ordnungsgemß über die Rücktrittsbedingungen informiert habe.

Das Amtsgericht in Frankfurt am Main weist die Klage ab. Zwar sei zwischen der Klägerin und der Beklagten sei wirksamer Reisevermittlungsvertrag zustande gekommen. Allerdings ist das Gericht der Ansicht, dass die Beklagte ihre Aufklärungspflicht bezüglich der Stornierungsbedingungen nicht verletzt habe. Vielmehr habe der betreffende Mitarbeiter der Beklagten dem Gericht glaubhaft versichern können, dass er die Klägerin beim Buchungsvorgang über die Bedingungen informiert habe.

Das Gericht schätzte die betreffende Zeugenaussage als belastbarer als die Aussage der Klägerin ein, weil der Zeuge den Inhalt des Telefonats detailliert wiedergeben konnte und sein gutes Erinnerungsvermögen damit erklärt habe, dass es sich um einen ungewöhnlichen Fall gehandelt habe.

Tenor:

4. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

5. Die Klägerin fordert von der Beklagten Schadensersatz in Höhe der für ein nicht genutztes Flugticket gezahlten Vergütung von 768,- Euro

6. Die Beklagte betreibt ein Reisebüro. Die Klägerin plante für Dezember/Januar 2010/11 eine Reise nach Orlando/Florida. Am 10. November 2010 einigte sich die Klägerin mit dem Mitarbeiter der Beklagten … telefonisch auf einen Flug mit der … von Frankfurt am Main nach Orlando am 29.12.2010 und zurück von Orlando nach Frankfurt am 13.01.2011 zum Preis von 768,- Euro. Der Preis setzte sich aus 503,- Euro Flugkosten und aufgerundet 265,- Euro Steuern und Zuschlägen zusammen, darunter der Kerosinzuschlag von 190,- Euro Die Klägerin zahlte den Preis am selben Tag bei Buchung des Fluges im Reisebüro an die Mitarbeiterin der Beklagten … . Zwischen den Parteien besteht Streit, ob die Mitarbeiter der Beklagten die Klägerin vor Buchung darüber informiert haben, dass für den Fall der Stornierung des Fluges ein Anspruch auf Rückerstattung allenfalls in Höhe eines Teils der Steuern bestand.

7. Aus persönlichen Gründen konnte die Klägerin nicht wie geplant nach Orlando fliegen und stornierte die Buchung. Über die Beklagte erstattete die … der Klägerin am 24.01.2011 einen Teil der Steuern und Zuschläge in Höhe von 74,60 Euro.

8. Die Klägerin behauptet, sie habe sich am 10.11.2010 telefonisch generell nach Flugmöglichkeiten nach Orlando/Florida erkundigt. Die Mitarbeiter der Beklagten hätten pflichtwidrig weder bei der telefonischen Ticketbestellung noch beim Ticketkauf auf die fehlende Stornomöglichkeit hingewiesen.

9. Die Klägerin ist der Ansicht, der Ticketpreis sei ihr auch aus dem Grund zurückzuerstatten, dass die … kein Ticket ausgestellt habe. Sie habe jedenfalls Anspruch auf Rückerstattung der Flugnebenkosten von rund 265,- Euro einschließlich des Kerosinzuschlags.

10. Die Klägerin beantragt,

11. die Beklagte zu verurteilen, an sie 768,- Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.12.2010 zu zahlen.

12. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

13. Die Beklagte behauptet, der Mitarbeiter der Beklagten … habe die Klägerin im Telefonat am 10.11.2010 ausführlich über den Ticketpreis und die Nebenkosten informiert sowie über den Umstand, dass es sich hierbei um einen Tarif handele, der keine Stornomöglichkeiten enthalte. Auch die Mitarbeiterin der Beklagten …, die am selben Tag das Ticket gebucht und die Rechnung gestellt habe, habe die Klägerin noch einmal auf die fehlende Stornomöglichkeit hingewiesen.

14. Das Gericht hat Beweis erhoben, aufgrund des Beweisbeschlusses vom 15.06.2011 durch Vernehmung des Zeugen …. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 12.08.2011 verwiesen. Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze und das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 27.05.2011 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

15. I. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

16. 1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe der für das Ticket aufgewendeten Kosten von 768,- Euro wegen Verletzung von Aufklärungspflichten aus dem Reisevermittlungsvertrag (§§ 280, 675 Abs. 1 BGB)

17. Zwar ist zwischen den Parteien ein Reisevermittlungsvertrag zustande gekommen. Die Klägerin hat sich in dem Telefonat mit … nicht konkret nach dem anschließend gebuchten … erkundigt, sondern allgemein nach vorhandenen Angeboten für Flüge von Frankfurt nach Orlando/Florida mit Hund in einem bestimmten Zeitraum.

18. Die Beklagte hat jedoch keine Aufklärungspflicht aus dem Reisevermittlungsvertrag verletzt. Dies steht nach Beweisaufnahme nicht zur Überzeugung des Gerichts fest. Das non liquet geht zulasten der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin.

19. Zwar hat die Klägerin im Rahmen ihrer informatorischen Anhörung bekundet, Herr … habe ihr am Telefon lediglich den Preis des … genannt, nicht hingegen Besonderheiten hinsichtlich des Preises oder der Flugbedingungen.

20. Der Zeuge … jedoch hat glaubhaft bekundet, er habe der Klägerin am Telefon nicht nur den Preis, sondern auch die Steuern und die Stornobedingungen genannt. Er nenne bei Ticketverkäufen grundsätzlich mündlich die Stornobedingungen. Grundsätzlich schicke er den Kunden die Stornobedingungen noch einmal per Email. Das habe Frau … jedoch nicht gewollt. Sie habe vielmehr sofort im Reisebüro vorbeikommen, das Ticket abholen und kaufen wollen. Dies sei sehr ungewöhnlich. Deswegen könne er sich noch so gut an den Fall erinnern.

21. Zwar ist die informatorische Anhörung der Klägerin aus Gründen der Waffengleichheit zu werten wie eine Zeugenaussage, da es sich um ein Vieraugengespräch handelte. Es besteht jedoch kein Grund die Aussage des Zeugen … als weniger glaubhaft zu bewerten als die informatorische Anhörung der Klägerin, zumal der Zeuge … den Inhalt des Telefonats detailliert wiedergegeben und sein gutes Erinnerungsvermögen nachvollziehbar damit erklärt hat, dass es sich um einen ungewöhnlichen, von der Norm abweichenden Fall handelte.

22. 2. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe der gezahlten Steuern und Zuschlägen über die erstatteten 74,60 Euro hinaus, auch nicht in Höhe des Kerosinzuschlags von 190,- Euro (§§ 280, 675 Abs. 1 BGB). Denn auch insoweit hat die Klägerin die Verletzung einer Aufklärungspflicht nicht bewiesen. Der informatorischen Anhörung der Klägerin steht auch insoweit die Aussage des Zeugen … entgegen. Der Zeuge … hat – auch insoweit glaubhaft – bekundet, er habe der Klägerin erklärt, nur die Steuern und Gebühren seien teilweise erstattbar. Erst nach Rücksprache mit der Fluggesellschaft könne man ermitteln, in welcher Höhe sie erstattbar seien. Darüber informiere er die Kunden immer. Der eigentlich interessante Teil der Steuern und Zuschläge, der Kerosinzuschlag sei seit letztem Jahr, also auch zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit der Klägerin, nicht mehr erstattbar.

23. 3. Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch keinen bereicherungsrechtlichen Anspruch auf Rückerstattung der Vergütung aus § 812 BGB

24. Es kann insoweit dahinstehen, ob die … der Klägerin tatsächlich ein Ticket ausgestellt hat. Ein Indiz dafür ist jedenfalls der Ausdruck aus dem elektronischen Ticketsystem auf Bl. 64 ff. d.A., bei dem es sich nach Aussage des Zeugen … um einen Ausdruck aus der Ticketregistrierung bei der … handelt. Denn der Beförderungsvertrag als Rechtsgrund für die Zahlung der Vergütung ist bereits mit Einigung über die Flugbuchung am 10.11.2010 zustande gekommen. Die Beklagte als Reisebüro handelte insoweit als Vertreterin der …. Dies ergibt sich zumindest aus den Umständen (§ 164 Abs. 1 S. 2 BGB).

25. 4. Auch ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Schadensersatz bestünde in diesem Fall nicht. Denn der Beklagten ist es nicht zuzurechnen, wenn die Lufthansa nach Vermittlung der Reise das Ticket nicht ausstellt.

26. II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

27. Streitwert: 768,- ZPO

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