Entschädigung nutzlos aufgewendete Urlaubszeit

LG Frankfurt: Entschädigung nutzlos aufgewendete Urlaubszeit

Ein Reisegast nimmt einen Reisevermittler auf Zahlung einer Reispreisminderung wegen Reismängel in Anspruch. Der Hotelgast konnte während seines Aufenthalts in diesem Hotel, den dazugehörigen Strandabschnitt nur eingeschränkt nutzen. Während seine Aufenthaltes fand im Hotel auch ein Kongress statt, infolgedessen eine Bühnenkonstruktion auf dem gesperrten Strandabschnitt auf – bzw. abgebaut wurde.

Das Gericht entschied das dem Hotelgast eine Reisepreisminderung zusteht. Der gesperrte Strandabschnitt stellt einen Reisemangel da, zusätzlich zu der daraus entstandenen Lärmbelästigung.

LG Frankfurt 2-24 S 53/07 (Aktenzeichen)
LG Frankfurt: LG Frankfurt, Urt. vom 07. 12. 2007
Rechtsweg: LG Frankfurt, Urt. v. 07. 12. 2007, Az: 2-24 S 53/07
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Hessen-Gerichtsurteile

Landgericht Frankfurt

1. Urteil vom 07. 12. 2007

Aktenzeichen: 2-24 S 53/07

Leitsatz:

2. Wird der zum Hotel gehörige Strandabschnitt gesperrt, so ist von einem Reisemangel auszugehen.

Zusammenfassung:
3. Im vorliegenden Fall buchte der Kläger Zimmer in einem Hotel mit hoteleigenem Strandabschnitt.  Dieser Strandabschnitt, war für die Hotelgäste aber nur eingeschränkt nutzbar, da dort ebenfalls Auf-, Um- und Abbautätigkeiten einer Bühnenkonstruktion stattfand. Infolgedessen kam es auch zu erheblichen Lärmbelästigungen.

Die Bühne, wurde für einen zeitgleich laufenden Kongress im Hotel benötigt.  Der Kläger erhebt Anspruch gegen die Beklagte auf teilweise Rückzahlung des Reisepreises aufgrund einer eingetretenen Reisepreisminderung wegen Reisemängeln.

Das Gericht entschied das dem Kläger eine Reispreisminderung wegen Reisemängel zusteht. Eine eingeschränkte Strandnutzung stellt einen Reisemangel da, zusätzlich kommt noch der Reisemangel durch Lärm hinzu.

Tenor:

4. Auf die Berufung des Klägers wird das am 23.01.2007 verkündete Urteil des AGs Bad Homburg v.d.H., Az.: 2 C 697/06 (19), teilweise wie folgt abgeändert:

5. Unter Abweisung der Klage im Übrigen wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger 635,32 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.01.2006 zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

6. Von den Kosten des Rechtsstreits in der ersten Instanz haben der Kläger 65% und die Beklagte 35% zu tragen. Von den Kosten des Rechtsstreits in der zweiten Instanz haben der Kläger 82% und die Beklagte 18% zu tragen.

7. Die Revision wird nicht zugelassen.

8. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

9. Von einer Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§540 II, 313a I S. 1 ZPO abgesehen.“

10. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg.

11. Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf teilweise Rückzahlung des Reisepreises aufgrund einer eingetretenen Reisepreisminderung wegen Reisemängeln gemäß §§ 651c Abs. 1, 651d Abs. 1, 638 ABs. 3 und 4 BGB in Höhe von insgesamt 635,32 Euro.

a. Zunächst ergibt sich eine Reisepreisminderung in Höhe von insgesamt 382,72 Euro hinsichtlich der Reisemängel, die das AG festgestellt hat.

Das AGliche Urteil wird nur hinsichtlich des klageabweisenden Teils mit der Berufung angegriffen. Danach steht die Verurteilung bzgl. der 382,72 Euro fest.

b. Der Kläger hat einen weitergehenden Anspruch gegen die Beklagte auf teilweise Rückzahlung des Reisepreises aufgrund einer eingetretenen Reisepreisminderung wegen der eingeschränkten Strandnutzung gemäß §§ 651c Abs. 1,651d Abs. 1, 638 ABs. 3 und 4 BGB in Höhe von 168,40 Euro.

12. Der Kläger hat substanziiert vorgetragen, dass die Nutzung des Strandes aufgrund der abgehaltenen Kongresse ganz erheblich eingeschränkt worden ist. Insbesondere wurde die Hälfte des Strandes abgesperrt. Es kam zu erheblichen Auf-, Um- und Abbautätigkeiten bzgl. der Bühnenkonstruktion. Weiterhin kam es infolge dessen zu erheblichen Lärmbeeinträchtigungen.

13. Dem ist die Beklagte nur völlig unsubstanziiert entgegengetreten, so dass vom klägerischen Vortrag auszugehen ist. Dieser Punkt ist auch gem. §651d Abs. 2 BGB gerügt worden.

14. Nach Auffassung des Berufungsgerichts stellt die eingeschränkte Strandnutzbarkeit auch einen Reisemangel gem.§651c Abs. 1 BGB dar.

15. Zwar ist dem AG sicherlich insoweit grundsätzlich Recht zu geben, dass die Beklagte in ihrer Prospektbeschreibung (Bl. 18 d.A.) grundsätzlich keine Gewähr dafür übernommen hat, dass der gesamte Strand zur Nutzung durch den Kläger während seiner Reisezeit zur Verfügung stehen würde.

16. Jedoch ist hier nach Auffassung des Berufungsgerichts maßgeblich zu berücksichtigen, dass die nicht unwesentliche eingeschränkte Nutzbarkeit des Strandes auf einem bewussten und beabsichtigten Verhalten des Leistungsträgers der Beklagten beruht, der die Hotelgäste zum Zwecke der Durchführung von im Hotel abgehaltenen Kongressen quasi von Teilen des Strandes ausgesperrt hat und infolge der Auf-, Um- und Abbautätigkeiten bzgl. der Bühnenkonstruktion für weitere Beeinträchtigungen wie z.B. Lärm und Schmutz gesorgt hat. Dieses Verhalten des Leistungsträgers, der Erfüllungsgehilfe der Beklagten ist, muss sich die Beklagte gem. §278 BGB zurechnen lassen.

17. Nach einer Gesamtwürdigung der Umstände hält das Gericht für den nicht unwesentlichen Mangel der eingeschränkten Nutzbarkeit des Strandes eine Minderungsquote von 10% für angemessen und ausreichend.

18. Der Kläger hat auch ausreichend dargetan, dass diese Beeinträchtigung über den gesamten Urlaub hinweg vorgelegen hat.

19. Bei einem Gesamtreisepreis von 1.684,00 Euro ergibt sich bei einer Minderungsquote von 10% ein Minderungsbetrag von 168,40 Euro.

20. Dieser Rückzahlungsanspruch ist auch nicht gem. §651g Abs. 1 BGB ausgeschlossen. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist auch dieser Mangel von dem Anspruchsschreiben des Klägers vom 07.10.2005 umfasst. Diesem Anspruchsschreiben war nämlich als Anlage die Gesprächsnotiz vor Ort vom 27.09.2005 beigefügt, in dem der Mangel „Nutzbarkeit des Strandes“ ausdrücklich erwähnt wird.

21. Aus dem Gesamtzusammenhang des „Resümee“ der Anspruchsanmeldung ergibt sich auch, dass dieser Mangel geltend gemacht wird.

22. Dies ist insgesamt ausreichend, um eine ausreichende Anspruchsanmeldung im Sinne von §651g Abs. 1 BGBanzunehmen (vgl. auch Führich, Reiserecht, 5. Aufl., 2005, Rn. 451 (S. 373)).

c. Der Kläger hat einen weitergehenden Anspruch gegen die Beklagte auf teilweise Rückzahlung des Reisepreises aufgrund einer eingetretenen Reisepreisminderung wegen der Durchführung von Kongressen in dem gebuchten Hotel gemäß §§ 651c Abs. 1, 651d Abs. 1, 638 ABs. 3 und 4 BGB in Höhe von 84,20 Euro.

23. Zutreffend ist das AG davon ausgegangen, dass ein Reisemangel auch darin liegen kann, dass ein Hotel durch eine übermäßige, dem Vertragszweck nicht entsprechende Nutzung seinen Charakter als Hotel verlieren kann.

24. Das AG ist davon ausgegangen, dass ein solcher Fall hier noch nicht vorgelegen hat.

25. Hier ist sicherlich von einem nicht einfach zu beurteilenden Grenzfall auszugehen. Nach Auffassung des Berufungsgerichts rechtfertigen vorliegend die gegebenen Einzelumstände aber doch die Annahme eines Reisemangels im Sinne von § 651c Abs. 1 BGB. Insgesamt erreichten die Beeinträchtigungen durch die Kongressveranstaltungen (z.B. Lärm infolge der Auf-, Um- und Abbautätigkeiten, Absperrungen von gewissen Bereichen, Geschäftsatmosphäre) ein solches Ausmaß, dass die Grenze von einer bloßen Unannehmlichkeit zu einem Reisemangel überschritten worden ist.

26. Auch aus der Prospektbeschreibung ergibt sich nicht, dass das gebuchte Hotel möglicherweise als Tagungsort für Kongresse genutzt wird.

27. Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann der Kläger letztlich auch nicht darauf verwiesen werden, die Hotelbereiche zu meiden, die vom Kongress betroffen sind.

28. Der Kläger hat nämlich nicht nur Teile eines Hotels gebucht, sondern nun einmal das Gesamthotel, so dass es ihm auch grundsätzlich möglich sein muss, alle Hotelbereiche ohne Beeinträchtigungen aufzusuchen.

29. Dieser Punkt ist auch gem. §651d Abs. 2 BGB gerügt worden.

30. Nach einer Gesamtwürdigung der Umstände hält das Gericht für den Mangel „Kongressveranstaltungen“ eine Minderungsquote von 5% für angemessen und ausreichend.

31. Bei der Bemessung der Minderungsquote ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass der Mangel „Kongressveranstaltungen“ sich bereits bei anderen Reisemängeln, die eben im Zusammenhang mit den Kongressveranstaltungen stehen, niedergeschlagen hat und insoweit schon nicht unwesentlich berücksichtigt worden ist. Der Kläger hat auch ausreichend dargetan, dass diese Beeinträchtigung über den gesamten Urlaub hinweg vorgelegen hat. Bei einem Gesamtreisepreis von 1.684,00 Euro ergibt sich bei einer Minderungsquote von 5% ein Minderungsbetrag von 84,20 Euro.

32. Dieser Rückzahlungsanspruch ist auch nicht gem. §651g Abs. 1 BGB ausgeschlossen.

33. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist auch dieser Mangel von dem Anspruchsschreiben des Klägers vom 07.10.2005 umfasst. Diesem Anspruchsschreiben war nämlich als Anlage die Gesprächsnotiz vor Ort vom 27.09.2005 beigefügt, in dem der Mangel „Kongressveranstaltung“ mehrfach ausdrücklich erwähnt wird.

34. Aus dem Gesamtzusammenhang des „Resümee“ der Anspruchsanmeldung ergibt sich auch, dass dieser Mangel geltend gemacht wird.

35. Dies ist insgesamt ausreichend, um eine ausreichende Anspruchsanmeldung im Sinne von §651g Abs. 1 BGBanzunehmen (vgl. auch Führich, Reiserecht, 5. Aufl., 2005, Rn. 451 (S. 373).

d. Weitergehende Minderungsansprüche stehen dem Kläger nicht zu.

36. Zutreffend ist das AG davon ausgegangen, dass dem Kläger im Zusammenhang mit der Abhaltung von Kongressen in dem gebuchten Hotel monierten weiteren Einrichtungs- und Umbauarbeiten mangels ausreichender Substanziierung keine weiteren Minderungsansprüche zustehen.

37. Auf die diesbezüglichen Ausführungen des AGs kann zur Vermeidung von Wiederholungen umfassend verwiesen werden.

38. Eine weitere Substanziierung unter Vorbringen neuer Tatsachenbehauptungen ist nunmehr erst in der Berufungsschrift erfolgt. Dieses neue Vorbringen war nicht gem. §531 II ZPO zuzulassen. Es ist nicht ersichtlich, dass dieser Vortrag nicht schon in der ersten Instanz hätte vorgebracht werden können.

39.  Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit gemäß §651f Abs. 2 BGB.

40. Die Voraussetzungen eines entsprechenden Entschädigungsanspruchs gemäß §651f Abs. 2 BGB liegen nicht vor.

41. Aufgrund der oben beschriebenen Reisemängel war die Reise des Klägers i.S.v. §651f Abs. 2 BGB noch nicht erheblich beeinträchtigt. Nach der Rechtsprechung der Kammer und der wohl noch herrschenden Meinung liegt eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise vor, wenn Reisemängel in dem Ausmaße vorliegen, dass eine Reisepreisminderung in Höhe von mindestens 50% gerechtfertigt ist.

42. Die Kammer hält an dieser Rechtsprechung fest. Nach Auffassung der Kammer gebietet die Entscheidung des EuGH vom 12.03.2002 (NJW 2002, 1255, 1256) nicht zwingend eine Abänderung der bisherigen Rechtsprechung der Kammer. Die Entscheidung des EuGH, wonach Art. 5 Richtlinie 90/314/EWG dem Verbraucher grundsätzlich einen Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens verleiht, der auf der Nichterfüllung oder einer mangelhaften Erfüllung der eine Pauschalreise ausmachenden Leistungen beruht, verlangt nicht zwingend die Herabsetzung der Voraussetzungen im Hinblick auf die Erheblichkeit der Beeinträchtigung der Reise im Sinne von §651f Abs. 2 BGB (anders aufgrund der EuGH-Entscheidung jetzt LG Duisburg, RRa 2006, 69, 70).

43. Im Hinblick auf die zu untersuchenden Reisetage ist – auch unter Berücksichtigung der vom AG festgestellten Minderungsquoten – festzuhalten, dass die 50%-Grenze an keinem Urlaubstag überschritten worden ist.

44. Danach scheidet ein Anspruch gem. §651f Abs. 2 BGB aus.

45.  Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Ersatz von Anwaltskosten scheidet aus.

46. Ein solcher Anspruch ist weder erstinstanzlich noch zweitinstanzlich schlüssig vorgetragen worden.

47. Zum einen hat der Kläger nicht vorgetragen, dass ihm selbst gem. §10 I 1 RVG eine Rechnung seitens des Anwalts gestellt worden ist und zum anderen hat er nicht vorgetragen, dass er die Anwaltskosten bereits gezahlt hat.

48. Da es sich um eine Nebenforderung handelt, bedurfte es auch keiner weitergehenden Hinweise (vgl. §139 II ZPO).

49. Die Kostenentscheidung beruht auf §§92 I, 97 I ZPO.

50. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des §543 II ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BGHes als Revisionsgericht.

51. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§708 Nr. 10, 713 ZPO.

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