ErfolgreicheUnterlassungsklage gegen Preisangaben ohne Einbeziehung des Serviceentgelts

Erfolgreiche Unterlassungsklage gegen Preisangaben ohne Einbeziehung des Serviceentgelts

Nachdem während einer Kreuzfahrt für jede Nacht zusätzliche Servicegebühren zu zahlen waren, klagte ein Reisender auf Erstattung dieser Beträge. Der Reiseveranstalter habe im Gesamtpreis der Reise unterschlagen diese Serviceentgelder mit einzubeziehen.

Der Kläger erhielt in zweiter Instanz recht und der Reiseveranstalter wurde verklagt weitere Werbung mit irreführenden Preisberechnungen dieser Art zu unterlassen.

OLG Bamberg 3 U 202/14 (Aktenzeichen)
OLG Bamberg: OLG Bamberg, Urt. vom 01.04.2015
Rechtsweg: OLG Bamberg, Urt. v. 01.04.2015, Az: 3 U 202/14
LG Aschaffenburg, Urt. v. 28.10.2014, Az: 1 HKO 33/14
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Oberlandesgericht Bamberg

1. Urteil vom 01.04.2015

Aktenzeichen 3 U 202/14

Leitsätze:

2. Ein Reiseunternehmen muss ein eventuelles Serviceentgelt pro beanstandungsfreier Nacht auf einem Kreuzfahrtschiff in den Gesamtpreis der Reise miteinbeziehen, auch wenn nicht das Reiseunternehmen sondern das Schifffahrtsunternehmen Empfänger dieses obligatorisch zu zahlenden Betrages ist.

Zusammenfassung:

3. Während einer Kreuzfahrt wurde für jede Nacht an Bord des Schiffes ein obligatorisches Serviceentgelt von den Bordkontos der Passagiere abgebucht. Da im Reisekatalog dieses Serviceentgelt nicht in den Gesamtpreis der Reise mit eingerechnet war, klagte einer der Reisenden auf Erstattung dieser Mehrkosten aufgrund irreführender Werbung.

In erster Instanz bekam der Reiseveranstalter recht, da er mit einem Sternchen-Verweis auf die zuzügliche Gebühr hingewiesen habe und da es sich bei dem Serviceentgelt nicht um eine fest zu berechnende Summe handele. Die Gebühr sei pro beanstandungsfreier Nacht zu entrichten, es könne aber nicht eindeutig gesagt werden wieviele Nächte pro Passagier an Bord der Kreuzfahrtschiffes verbracht würden und wie viele davon beanstandungsfrei seien.

Der Kläger ging in Berufung und wies darauf hin, dass das Entgelt obligatorisch zu zahlen sei, da es jeden Tag automatisch vom betreffenden Konto abgebucht würde. Das Gericht befand, dass es sich in diesem Fall tatsächlich um irreführende Werbung handelte, da der Reiseveranstalter sehr wohl von einem festen zu zahlenden Betrag ausgehen könne, schließlich liege es in seinem Interesse, dass alle Nächte an Bord des Schiffes beanstandungsfrei seien und er als Veranstalter sollte auch davon ausgehen, dass dem so ist. Des Weiteren sei das Entgelt nicht mit einer freiwilligen Zahlung, wie beispielsweise von Trinkgeld, zu vergleichen und somit fester Bestandteil des Reisepreises.

Der Reiseveranstalter wurde verurteilt Preisankündigungen, die derartige Kosten nicht im Gesamtpreis aufführen, zu unterlassen.

Tenor:

4. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 28.10.2014, Az. 1 HKO 33/14, abgeändert:

Die Beklagte wird unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an dem Geschäftsführer, verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr gegenüber Letztverbrauchern für Kreuzfahrten mit der Ankündigung von Preisen zu werben, ohne den jeweiligen Gesamtpreis zu nennen, insbesondere ohne ein obligatorisch erhobenes Serviceentgelt in den Gesamtpreis einzurechnen, sofern dies geschieht wie in der dem Urteil beigefügten Anlage K 26 wiedergegeben.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 178,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 03.05.2014 zu zahlen.

Gründe:

5. Der Kläger verlangt von der Beklagten, einem Reiseunternehmen, die Unterlassung der Werbung mit der Angaben von Preisen entgegen der Preisangabenverordnung.

6. Die Beklagte warb im R. vom 15. Februar 2014 auf Seite 18 für die Kreuzfahrt „Nordeuropa und Großbritannien mit B. Magnifica“ vom 21. April bis 30. April 2014 und gab hierbei die Preise in einer Tabelle geordnet nach Kategorie und Kabinentyp an. Beispielhaft verweist der Kläger auf die Kategorie Innen Bella und Kabinentyp 2-Bett Innenkabine. Hierfür gilt der A.-Sonderpreis p.P. bis 28. Februar 2014 von 749,- €. Dieser Preis wurde oben rechts blickfangmäßig hervorgehoben. In diesem Störer befindet sich ferner ein Sternchenhinweis und die Angabe „zzgl. 6,- € Service-Entgelt pro Nacht an Bord“.

7. Am Ende der Tabelle wird der Sternchenhinweis wie folgt aufgelöst:

*Service Entgelt: Am Ende der Kreuzfahrt fällt zusätzlich ein Service Entgelt in Höhe von 6,- € pro Erwachsener/beanstandungsfrei an Bord verbrachter Nacht an. Für Kinder bis einschließlich 13 Jahren wird kein Service Entgelt erhoben, für Jugendliche von 14-17 Jahren wird ein Service Entgelt von 3,- € pro Person/Nacht berechnet.“ (vgl. Anlage K 26, Bl. 112 dA.).

8. Der Kläger hat in erster Instanz die Auffassung vertreten, dass hiermit der tatsächliche Endpreis für die Kategorie Innen Bella 749,- € + 9 x 6,- € = 749,- € + 54,- € = 803,- € betrage. Weil dieser Endpreis entgegen § 1 Abs. 1 und Abs. 6 der Preisangabenverordnung nicht im Inserat angegeben sei, hat der Kläger wegen dieses Verstoßes sowie wegen irreführender Werbung die Beklagte mit Schreiben vom 12. März 2014 wettbewerbsrechtlich abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert (vgl. Anlage K 27, Bl. 114 d. A.).

9. Bei dem streitgegenständlichen Servcieentgelt

handele es sich um eine obligatorische Gebühr. Es stehe nicht im Belieben des Reisenden, ob und ggf. in welcher Höhe er ein Serviceentgelt zahlen wolle;

das sogen. Bordkonto des Kunden werde automatisch mit 6,- € pro Person und Tag belastet. Dies ergebe sich auch aus dem kleingedruckten Fließtext und aus der Information des Kreuzfahrtveranstalters MSC (vgl. Anlage K 28).

10. Außerdem ergebe sich aus dem Informationsblatt der Reederei B. (vgl. Anlage K 35, Bl. 215 d. A.), dass das Serviceentgelt bereits vorab bei Buchung zusammen mit dem Reisepreis bezahlt werden könne.

11. Der Kläger hat in erster Instanz zuletzt beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meldung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft, oder eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an dem Geschäftsführer, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr gegenüber Letztverbrauchern für Kreuzfahrten mit der Ankündigung von Preisen zu werben, ohne den jeweiligen Gesamtpreis zu nennen, insbesondere ohne ein obligatorisch erhobenes Serviceentgelt in den Gesamtpreis einzurechnen, sofern dies geschieht wie in Anlage K 26 wiedergegeben.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 178,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage zu zahlen.

12. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

13. Zur Begründung hat sie ausgeführt:

Mittels eines Sternchenhinweises werde auf die zusätzlich anfallenden Kosten hingewiesen. Diese Kosten werden als „Service Charge“ oder „Service Entgelt“ bezeichnet. Die Bezeichnung stamme von der Reederei B.

Tatsächlich handele es sich um ein Trinkgeld, welches an Bord des Schiffes von der Reederei erhoben werde. Dieses Geld verlange nicht der Reiseveranstalter, es sei auch nicht an diesen zu zahlen und könne auch nicht an diesen gezahlt werden.

14. Es handele sich nicht um einen Bestandteil des Reisepreises und könne daher nicht mit eingerechnet werden. Der Veranstalter könne lediglich – wie geschehen – auf das noch zusätzlich zum Reisepreis anfallende Trinkgeld an Bord des Schiffes hinweisen.

15. Sämtliche Mitbewerber der Beklagten würden das beanstandete Service Entgelt nicht einrechnen und nicht einmal darauf hinweisen. Im Übrigen handele es sich nicht um einen endgültig bezifferbaren Preisbestandteil, da die Anzahl der Nächte nicht feststehe. Es sei möglich, einzelne Nächte nicht an Bord des Schiffes zu verbringen. Es sei auch nicht von vorneherein klar, inwieweit die Nächte ohne Beanstandungen hinsichtlich des Services verbracht würden.

16. Das Landgericht hat durch Endurteil vom 28.10.2014 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

17. Dem Kläger stehe kein Unterlassungsanspruch zu, weil kein Verstoß gegen die PAngV (im Sinne einer Marktverhaltensregel) und damit auch keine Irreführung vorliege.

18. Das geforderte Serviceentgelt sei kein Preisbestandteil im Sinne des § 1 Abs. 1 PAngV. Die Angabe von Preisen für Produkte, die lediglich Gegenstand möglicher Folgegeschäfte seien, sei nicht notwendig, selbst wenn diese mitbeworben werden. Vorliegend stelle sich das Serviceentgelt für die angesprochenen Verkehrskreise nicht als ein im Regelfall zwingend zu zahlendes Entgelt dar. Es sei unbestritten vorgetragen worden, dass die Reederei B. das Serviceentgelt auch ohne Beanstandung, nur auf einfaches Verlangen eines Kunden ohne Gründe zurückzahle. Außerdem sei das Serviceentgelt an das Schifffahrtsunternehmen zu zahlen.

19. Die Anlage K 35, Bl. 215 d. A., – Serviceentgelt könne vorab bei Buchung entrichtet werden – lasse kein Datum erkennen und sei von der Beklagten bestritten worden. Vielmehr habe die Beklagte die aktuelle Trinkgeldempfehlung der B. Kreuzfahrten (Bl. 220 d. A.) vorgelegt, wonach dieses nicht bindend und freiwillig sei.

20. Weiterhin hat das Landgericht als unbestrittene Angabe des Geschäftsführers der Beklagten zugrunde gelegt, dass das Serviceentgelt nicht obligatorisch zu entrichten sei. Aus diesem Grunde sei es auch nicht in den Gesamtpreis aufzunehmen.

21. Die Verpflichtung zur Angabe des Gesamtpreises erfahre eine Ausnahme, wenn sich der Gesamtpreis wegen einer Zeit- und Verbrauchabhängigkeit aus Teilpreiskomponenten nicht bilden lasse. In einem solchen Fall bestehe keine Verpflichtung, aus den Preisbestandteilen, die bereits bei Vertragsschluss feststehen, einen gemeinsamen Gesamtpreis zu bilden. Vielmehr seien im Hinblick auf § 1 Abs. 3 und Abs. 6 Satz PAngV die einzelnen Preisbestandteile anzugeben und hinreichend deutlich zu machen. Dies könne auch durch einen Sternchenhinweis erfolgen, sofern dieser am Blickfang teilhabe und dadurch eine klare und unmissverständliche Zuordnung der weiteren Preisangaben zu den herausgestellten Preisangaben gewahrt bleibe.

22. Im Hinblick darauf seien im vorliegenden Fall die einzelnen Preisbestandteile entsprechend den Grundsätzen der Preisklarheit und Preiswahrheit angegeben, insbesondere nehme der Sternchenhinweis mit der Erläuterung des Serviceentgelts am blickfangmäßig beworbenen Sonderpreis teil.

23. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Endurteils (Bl. 228 – 238 d. A.) Bezug genommen.

24. Gegen das am 31.10.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 04.11.2014 Berufung eingelegt und diese innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist am 29.01.2015 begründet.

25. Er verfolgt mit der Berufung seinen erstinstanzlich geltend gemachten Unterlassungsanspruch weiter und beanstandet im Wesentlichen Folgendes:

26. Das angefochtene Urteil stehe im Widerspruch zur einheitlichen, obergerichtlichen Rechtsprechung. Eine höchstrichterliche Rechtsprechung liege hinsichtlich der Preiswerbung für Kreuzfahrten ohne Einrechnung eines Serviceentgelts noch nicht vor. Die vom Landgericht in Bezug genommene BGH-Rechtsprechung in GRUR 2010, 744 betreffe einen gänzlich anders gelagerten Sachverhalt.

27. Fehlgehend sei bereits die Feststellung des Landgerichts, dass das Vorbringen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, die Reederei B. zahle auch ohne Beschwerde, sondern auf Verlangen eines Kunden ohne Gründe das Serviceentgelt zurück, unbestritten sei.

28. Der Kläger habe bereits auf Seite 16 in der Klageschrift ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Serviceentgelt um eine obligatorische Gebühr handele. Sie sei nicht fakultativ und stehe nicht im Belieben des Reisenden, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe er ein Serviceentgelt zahle. Demzufolge habe der Kläger auf die als Anlage K 28 beigefügte Information des Kreuzfahrtveranstalters B. hingewiesen, dass das Bordkonto automatisch mit einem täglichen Serviceentgelt belastet werde.

29. Wenn die Beklagte dieses Vorbringen substantiiert bestreite, sei es nach dem Relationsprinzip nicht erforderlich, dass der Kläger wiederum das Vorbringen der Beklagten bestreitet. Gleichwohl werde noch einmal zur Klarstellung die Behauptung der Beklagten bestritten, dass die Reederei B. auf Verlangen eines Kunden ohne Gründe das Serviceentgelt wieder zurückzahle.

30. Fehlerhaft sei zudem das Abstellen des Landgerichts auf die aktuelle Trinkgeldempfehlung der B. Kreuzfahrten Stand 4/2014. Hier verkenne das Landgericht bereits den Umstand, dass eine Trinkgeldempfehlung nicht mit einem Serviceentgelt gleichzusetzen sei. Der vorgelegte Ausdruck (Bl. 220 d. A.) datiere ausweislich des Datums unten rechts vom 06.08.2014. Die streitgegenständliche geschäftliche Handlung sei jedoch bereits am 15.02.2014 (Anlage K 26) erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt habe jedoch die Trinkgeldempfehlung der B. Kreuzfahrten noch nicht gegolten.

31. Unbestritten habe der Kläger vorgetragen, dass die als Anlage K 35 vorgelegten „nützliche Informationen“ des Kreuzfahrtveranstalters B. aus dem Reisekatalog 2013/2014 herrühren und somit zum Zeitpunkt des Wettbewerbsverstoßes gegolten hätten.

32. Im Übrigen könne es auch dahinstehen, ob die Reederei B. auf Verlangen eines Kunden das Serviceentgelt zurückerstatte. Denn zunächst werde jedes Bordkonto mit diesem Entgelt belastet. Die Belastung des Bordkontos zeige die Unfreiwilligkeit der Forderung, denn ein Trinkgeld verteile der Kunde nach eigenen Vorstellungen, wohingegen er sich das Serviceentgelt zurückholen müsse.

33. Auch die in Bezug genommene obergerichtliche Rechtsprechung gehe davon aus, dass es sich bei dem Serviceentgelt um ein zwingend zu zahlendes Entgelt handele.

34. Der Hinweis, dass der Vertragspartner des Serviceentgeltes das Schifffahrtsunternehmen und nicht die Beklagte sei, verfange nicht.

Aus Sicht des Kreuzfahrtreisekunden komme es nicht darauf an, an wen das Serviceentgelt gezahlt werde; es stelle sich für ihn unabhängig davon als einen Preisbestandteil dar, wenn er damit für genau die gebuchte Leistung zahle.

35. Soweit das Landgericht darauf hinweise, dass die Verpflichtung zur Angabe des Gesamtpreises eine Ausnahme erfahre, wenn sich der Gesamtpreis wegen einer Zeit- und Verbrauchsabhängigkeit aus Teilpreiskomponenten nicht bilden lasse, sei nicht festzustellen, dass das Serviceentgelt nicht zeit- oder verbrauchsabhängig sei.

36. Der Kläger beantragt im Berufungsverfahren:

37. Unter Abänderung des am 28.10.2014 verkündeten Urteils des Landgerichts Aschaffenburg, Az. 1 HK O 33/14, zu erkennen:

38. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meldung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft, oder eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an dem Geschäftsführer, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr gegenüber Letztverbrauchern für Kreuzfahrten mit der Ankündigung von Preisen zu werben, ohne den jeweiligen Gesamtpreis zu nennen, insbesondere ohne ein obligatorisch erhobenes Serviceentgelt in den Gesamtpreis einzurechnen, sofern dies geschieht wie in Anlage K 26 wiedergegeben.

39. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 178,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage zu zahlen.

40. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.

41. Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

42. Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet.

43. Der Kläger hat gegen die Beklagte

einen Anspruch auf Unterlassung der Werbung ohne Angabe eines Gesamtpreises, wie in der konkret beanstandeten Werbung vom 15.02.2014 (Anlage K 26) erfolgt, aus §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV.

44. Das Landgericht hat die Befugnis des Klägers gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG zur Geltendmachung des vorliegenden Unterlassungsanspruchs zu Recht bejaht. Gleiches gilt für die streitgegenständliche Werbung als geschäftliche Handlung ebenso wie für die Qualifizierung des § 1 PAngV als Marktverhaltensregel im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG (BGH GRUR 2010, 744 Tz. 25). Dies alles ist in der Berufung beklagtenseits auch nicht weiter angegriffen worden.

45. In Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung ist auch der Senat der Auffassung, dass die streitgegenständliche Werbung, die zuzüglich zum angegebenen Sonderpreis auf das pro beanstandungsfreier Nacht an Bord zu zahlende Serviceentgelt von 6 € verweist, gegen § 1 Abs. 1 PAngV verstößt.

46. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV ist gegenüber Letztverbrauchern der Gesamtpreis anzugeben, der einschließlich Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen ist.

47. Das in der beanstandeten Werbung angegebene Serviceentgelt ist entgegen der Ansicht des Landgerichts ein Preisbestandteil des Reisepreises.

48. Im Ansatz zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass eine einheitliche Leistung dann vorliegt, wenn die Leistungen nur zusammen erworben werden können oder wenn die Zusatzleistung bei Inanspruchnahme der beworbenen Leistung auf jeden Fall und ohne Wahlmöglichkeit des Kunden anfalle (mit Verweis auf BGH GRUR 1991, 845).

49. Hiervon geht auch die vom Landgericht in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10.12.2009, Az. I ZR 149/07, GRUR 2010, 744 aus. Gegenstand dieser Entscheidung war (u. a.) die Werbung für einen Internetzugang über das Kabelnetz, wobei – sofern ein Anschluss noch nicht vorhanden war – eine einmalige Installationspauschale anfiel. Im Hinblick darauf führte der Bundesgerichtshof aus, dass mit dem Abschluss eines Vertrages verbundene Kosten, die nicht bezifferbar oder laufzeitabhängig sind, nicht in einem einheitlichen End- bzw. (nunmehr) Gesamtpreis einbezogen werden können bzw. müssen, allerdings auf andere Art und Weise deutlich gemacht werden müssen.

50. Das Serviceentgelt ist jedoch nicht – wie im dort entschieden Fall – fakultativ zu entrichten.

51. Die Anzahl der an Bord verbrachten Nächte steht fest. Da es zur Hauptleistungspflicht des Reiseveranstalters gehört, eine von Beanstandungen freie Erfüllung des Reisevertrages einschließlich der Serviceleistungen des Personals zu erbringen, kann eine Rückerstattung des Serviceentgelts im Falle berechtigter Beschwerden nicht dazu führen, dass dieses Entgelt freiwillig zu entrichten sei (OLG München, Urteil vom 15.05.2014, Az. 6 U 3188/13, Magazindienst 2014, 842 Tz. 46; KG Berlin, GRUR-RR 2013, 309 Tz. 13; OLG Jena, GRUR-RR 2014, 294 Tz. 18).

52. Soweit das Landgericht dieser Bewertung die Angaben des Geschäftsführers der Beklagten zugrunde gelegt hat, dass die B. das Serviceentgelt auch ohne Beanstandung eines Reisegastes auf einfache Rückforderung zurückerstatte, durfte es diese Angaben nicht als unstreitig zugrunde legen (BGH v. 15.5.2001 – VI ZR 55/00). Der Kläger verweist zu Recht darauf, er habe bereits mit der Klageschrift vorgetragen, dass es sich um eine obligatorische Gebühr handele; zum weiteren Nachweis hat der Kläger die Anlage K 28 vorgelegt, aus der hervorgeht, dass der Kreuzfahrtveranstalter B. das Bordkonto eines jeden Reisegastes mit einem täglichen Serviceentgelt belastet. Hierbei handelt es sich um eine als „nützlich“ bezeichnete Information aus dem Reisekatalog des Kreuzfahrtveranstalters.

53. Dem steht auch nicht die beklagtenseits vorgelegte aktuelle Trinkgeldempfehlung des Reiseveranstalters entgegen; diese datiert vom August 2014, also nach der hier streitgegenständlichen Werbung vom Februar 2014.

54. Nach alledem stellt das automatisch dem Bordkonto eines jeden Reisegastes belastete Serviceentgelt ein obligatorisch zu zahlendes Entgelt dar (so auch OLG München, Urteil vom 15.05.2014, Az. 6 U 3188/13, Magazindienst 2014, 842; KG Berlin, GRUR-RR 2013, 309; OLG Jena, GRUR-RR 2014, 294).

55. Dass nicht die Beklagte, sondern das Schifffahrtsunternehmen Vertragspartner bzw. Empfänger des Service-Entgeltes ist, steht der Bewertung als Preisbestandteil des Gesamtpreises nicht entgegen. Hierzu gehören auch die Entgelte für Leistungen Dritter, die zwangsläufig in Anspruch genommen werden müssen (vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 11.04.2013, Az. 3 U 4/12, BeckRS 2014, 00351 – Kreditkartenzuschlag).

56. Ein Vergleich mit der Kurtaxe geht fehl, da es sich hierbei um eine vom Gast zu entrichtende öffentlich-rechtliche Abgabe im Sinne des Kommunalabgabengesetzes handelt. Soweit allerdings den Reiseveranstalter öffentliche Abgaben treffen, die auf den Gast umgelegt werden, wie z. B. die Tourismusabgabe, sind diese wiederum Preisbestandteil im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV (OLG Köln GRUR-RR 2014, 298 – Tourismusabgabe).

57. Schließlich ist auch keine Ausnahme von der Einbeziehung in den Gesamtpreis nach § 1 Abs. 3 PAngV gegeben. Das Serviceentgelt ist – auch im Hinblick auf die Einschränkung der beanstandungsfrei verbrachten Nacht – weder zeit- oder verbrauchsabhängig in diesem Sinne.

58. Da in der beanstandeten Werbung (Anlage K 26)

der Gesamtpreis einschließlich des zu entrichtenden Serviceentgelts nicht angegeben ist, liegt ein Verstoß gegen § 1 Abs. 1 PAngV vor. Die Werbung der Beklagten ist damit gemäß §§ 3, 4 Nr. 11 UWG unzulässig.

59. Dementsprechend war auch die Abmahnung des Klägers berechtigt. Die Beklagte hat die insoweit geltend gemachte Abmahnkostenpauschale, deren Höhe von 178,50 € nicht bestritten wurde, zu ersetzen.

60. Das Urteil des Landgerichts ist daher abzuändern und die Beklagte wie tenoriert zu verurteilen.

61. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

62. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

63. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO). Der Senat weicht nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs oder anderer Oberlandesgerichte ab. Über den entschiedenen Einzelfall hinaus hat der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung mehr.

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